Bei der Sichtung einiger Rezensionsmuster bin ich zu dem Schluss gekommen, dass ich den Filmproduktionen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in Zukunft wieder etwas mehr Aufmerksamkeit schenken sollte. Nach der Überraschung „Die Tote in der Zisterne“ gab es mit „Der Besuch der alten Dame“ ein weiteres TV-Highlight, das den Weg in meinem DVD-Player gefunden hat.

[STORY]

Die Milliardärin Claire Zachanassian (Christiane Hörbiger) stattet ihrer verarmten Geburtsstadt Güllen einen Besuch ab und zur Überraschung aller Einwohner, möchte sie dem Örtchen eine Finanzspritze zukommen lassen, die Güllen wieder in ganz neuem Glanz erstrahlen lassen würde.

Allerdings ist diese Zuwendung an eine moralisch bedenkliche Bedingung geknüpft: Alfred III (Michael Mendl) soll sterben. Und diese Bedingung hat für Claire einen historischen Hintergrund.

In ihrer Jugend wurde Claire von Alfred III geschwängert, doch dieser wollte das Kind nicht akzeptieren und bestritt die Vaterschaft. Claire wurde vor dem gesamten Dorf damals gedemütigt und bloß gestellt.

Da Geld nun mal den Charakter verdirbt, beginnt bald in ganz Güllen eine Hetzjagd auf Alfred III. Die Aussicht auf das große Geld ist verlockender als alte Freundschaften. Gemeinsam mit seiner Frau und seinen letzten verliebenden Freunden sucht Alfred III nach einem Weg zu überleben und nach einer guten Lösung für alle für die Problematik.

[MEINE MEINUNG]

Mit „Der Besuch der alten Dame“ findet wieder einmal eine Verfilmung eines Theaterstücks von Friedrich Dürrenmatt den Weg auf die Leinwand. Vielleicht wird der ein oder andere nun die Hände über dem Kopf zusammen schlagen, wurden doch sicher viele Leser mit den Werken Dürrenmatts im Deutschunterricht gequält, doch keine Angst „Der Besuch der alten Dame“ ist keine trockene Theaterkost mit der man arme Schüler quält, sondern ein wirkliches filmisches TV-Highlight. Sobald Claire vor dem gesamten Dorf ihre Bedingung kundgetan hat, beginnt der Film seine gesamte Faszination zu entfalten und entpuppt sich als äußert spannende Charakterstudie.

Bei einem Blick auf den Inhalt könnte man nun vielleicht meinen, dass „Der Besuch der alten Dame“ etwas reißerisch daherkommt, doch bis auf eine Jagdsequenz ist dem gar nicht so. Vielmehr merkt man der TV-Verfilmung die Herkunft von der Theaterbühne an, was sich vor allem in den ruhigen und oft für heutige Verhältnisse recht langen Kameraeinstellung widerspiegelt.

Doch „Der Besuch der alten Dame“ wird damit nicht langweilig. Nikolaus Leytner (Die Entscheidung, Der Schuß) gelingt es nämlich seine Figuren großartig in Szene zu setzen und den Fokus gut auf die Eigenarten der einzelnen Charaktere zu lenken.

Apropos Charaktere. Kommen wir noch schnell zur Besetzung des Films. Mit Christiane Hörbiger (Niete zählt Hauptgewinn, Lamort) spielt eine der ganz großen deutschen Schauspielerinnen die Rolle der Claire. Und dies mehr als nur fantastisch. Ganz ehrlich, mich würde es nicht wundern, wenn Hörbiger für ihre Leistung in „Der Besuch der alten Dame“ mit einigen Filmpreisen belohnt werden würde. Und auch ihre weiteren Schauspielerkollegen überzeugen auf ganzer Linie. Hervorheben möchte ich dabei Michael Mendl (Die Gustloff, Ein schöner Tag) als Alfred III, steht er doch als mögliches Mordopfer im Mittelpunkt der Geschichte. Mendl kann man seine Angst vor einem Mordanschlag wirklich in jeder Szene aus dem Gesicht lesen.

[FAZIT]

Wenn „Der Besuch der alten Dame“ in kürze in der ARD über den Bildschirm flackert, sollte man sich dieses TV-Highlight nicht entgehen lassen. Wenn die Rundfunkgebühren auch weiterhin in solche guten Produktionen gesteckt werden, werde ich in Zukunft auf jeden Fall wieder öfters die öffentlich-rechtlichen Programme einschalten.

[FILMFAKTEN]

Titel: Der Besuch der alten Dame
Alternativtitel: The Visit
Jahr: 2008
Land: Deutschland
Länge: 87 Minuten
Regie: Nikolaus Leytner
Drehbuch: Susanne Beck, Friedrich Dürrenmatt
Darsteller: Christiane Hörbiger – Claire Zachanassian
Michael Mendl – Alfred Ill
Muriel Baumeister – Mia Mohr
Lisa Kreuzer – Angelika Ill
Dietrich Hollinderbäumer – Matthias Büsing
Dietrich Mattausch – Polizist Lutz Wolff
Helmut Berger – Oliver Marx
Hans von Borsody – Pfarrer Gottfried Unseld
Rolf Hoppe – Georg Riemann
André Pohl – Andreas Postel
Wolfgang S. Zechmayer – Marc Worth
Kathrin Beck – Moni Büsing
Genre: Drama
Vertrieb: Ziegler Film / ARD Degeto

[Wertung]

Gnislew: 3.5 out of 5 stars (3,5 / 5)

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