Diese Rezension enthält einen kleinen Spoiler im letzten Absatz.

[Inhalt]

Wir leben in einer modernen Welt. Traditionelle Ehen zwischen Mann und Frau stellt längst nicht mehr die einzige Variante der Ehe dar. Es gibt sie, die homosexuellen Ehepartner, die – auch wenn eine ignorante Gruppe von Menschen es nicht wahrhaben will – die gleichen Probleme durchmachen und die gleichen Gefühle empfinden können, wie die traditionelle Art dieser im Grunde doch universalen Institution. In The Kids Are All Right geht es um Nic (Annette Bening) und Jules (Julianne Moore), ein Lesbenpaar, wohnhaft in Kalifornien, mit zwei Kindern: Laser (Josh Hutcherson), 15 Jahre alt, und Joni (Mia Wasikowska), 18 Jahre alt. Jede von den beiden Müttern hat jeweils eines der Kinder geboren. Es ist eine normale moderne Familie. Aber etwas ist doch nie wirklich normal. Irgendwo will man ja doch wissen, wer der eigentliche Vater der Kinder ist. So beginnen Laser und Joni Interesse daran zu gewinnen ihren richtigen Vater kennen zu lernen. Joni findet Papiere auf denen Spendernamen draufstehen. Der Mann, der dem Lesbenpaar sein Sperma im Wege einer Samenbank gegeben hat, wird ausfindig gemacht: Paul (Mark Ruffalo). Er ist Resterauntbesitzer und als einfacher, lässiger Mann stets zufrieden mit seinem Leben, obwohl er keinen Abschluss hat oder nie wirklich etwas gelernt hat. Die beiden Kinder lernen ihren richtigen Vater endlich näher kennen und bauen zu ihm eine Beziehung auf. Dass Paul nun im Leben der Kinder tritt gefällt Nic aber wenig, sie hat Angst ihre Familie dadurch zu verlieren. Und dabei hat sie nicht ganz Unrecht…

[Kritik]

The Kids Are All Right ist eine Familien „Dramödie“, die durch ihre Prämisse mit dem Lesbenpaar zunächst ziemlich unkonventionell erscheint, dies aber im Grunde überhaupt nicht ist. Es steht nichts anderes im Vordergrund als die Familie. Und die ist – so wie das Leben halt will – eine, die zwei Mütter als Eltern hat. Regisseurin Lisa Cholodenko schrieb mit Stuart Blumberg (Girl Next Door) das Drehbuch für diese Familiengeschichte. Was dabei herausgekommen ist, ist eine witzige, charmante und aufrichtige Portraitierung einer modernen Familie. Das Lesbenpaar hat die gleichen Probleme wie ein normales Paar. Nic als Ärztin muss stets erreichbar sein und hat einiges zu tun in ihrem Beruf. Jules dagegen hat es noch nicht geschafft etwas anständiges aufzubauen, auch wenn sie ein abgeschlossenes Architekturstudium besitzt. Die beiden sind ein Paar, das aus guten Gründen (männliche) Homo-Pornos schaut und ein normales Leben mit den Kindern führt. Die Probleme, die zwischen den beiden entfachen, werden durch Paul ausgelöst. Es ist der biologische Vater ihrer Kinder und eigentlich sollte er kein Teil der Familie werden. Fragen kommen auf: Sind wir zwei Mütter denn nicht genug?

Die Antwort auf die Frage ist einfach: Nein. Jedenfalls in diesem Fall. Die Kinder sind neugierig und einmal gewusst wer der Vater ist, der nach den ersten Treffen immer sympathischer wird, kann man diese Person nicht so schnell wieder loslassen. The Kids Are All Right hat bis zu diesem Zeitpunkt zunächst nur seine Komödienseite offenbart. Mit dem Eintritt von Paul kommen zwar immer noch Witze auf, die werden aber mit der Zeit immer mehr umhüllt mit weiteren Gedanken und Aktionen der Beteiligten, die die ganze ungewohnte Situation, die sich aufgelockert zu haben schien, nur noch schlimmer machen. Ab einem bestimmten Zeitpunkt wandelt sich der Film und zeigt seine dramatische Seite, die ich persönlich um einiges überzeugender empfand als die ersten Witze. Der Grund dafür sind die Akteure, die gerade hier zeigen können, wie gut sie sind und ob sie überzeugen können. Zum Glück können sie es. Und wie sie es können.

Gerade in diesen bestimmten Kernmomenten zeigt die dreifach Oscar nominierte Bening ihre überzeugende Darstellungskunst. Man glaubt ihr alles, ihren Schmerz, ihren Kummer, ihre Sorgen. Es gibt eine eindringliche Szene im Film, in der sie etwas erfährt oder wenigstens vermutet zu glauben. Man hört sie nur atmen, die Kamera ist nur auf sie gerichtet, sie schaut die anderen Personen um sich herum an, ihre Gedankenwelt gibt sie nicht ausdrücklich preis, aber man weiß mit einem Blick auf ihr Gesicht was sie durchmacht und es schmerzt irgendwo in einem selbst.

Neben Bening sind die anderen Akteure auch hervorragend in ihren Rollen, mit ihren authentische Gesten, Blicken und glaubwürdigen Verhaltensweisen jedes einzelnen Charakters. Man könnte sagen, dass The Kids Are All Right der Film mit dem besten Ensemblecast in diesem Jahr ist. Denn ganz besonders erfreut hat mich die Darstellung von Joni durch Mia Wasikowski, die man wohl zunächst nur aus Alice im Wunderland kennen wird. Sie spielt die 18-jährige Joni so gut, so gefühlvoll und authentisch, dass ich ihr ihre Rolle voll und ganz abgekauft. habe. Natürlich hilft es erst 21 Jahre alt zu sein, um gerade so eine Rolle, so nah an der Realität, zu spielen, aber nichtsdestotrotz ist ihre Performance in jeder Hinsicht perfekt, genau so wie quasi der Rest des Casts. Im Film wird sie aus dem Elternhaus ausziehen um aufs College zu gehen. Als dieser Zeitpunkt endlich erreicht wird und das Drama ihren Abschluss findet werden mit Sicherheit – gerade auch durch Wasikowskis Performance – dem ein oder anderen die Augen feucht. Mit dieser letzten Sequenz endet The Kids Are All Right, ein Film, der die universalen Familienthemen aufgreift, sie sympathisch und emotional auflädt und die Zuschauer wieder in die Welt entlässt, die sie eigentlich nicht verlassen haben.

[Wertung]

Gnislew: 4 out of 5 stars (4 / 5)

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