[Einleitung]

„Wie alles begann“. Originstories sind aufgrund ihrer Thematik meist interessanter als die Story, die inhaltlich danach bzw. tatsächlich davor erzählt wurde. So begann X-Men in seiner Filmform als etabliertes Universum mit reicher Hintergrundgeschichte, die jedoch nur stückweise beleuchtet wurde. Fragen blieben bewusst offen und man wurde einer Welt vorgestellt, in der Mutanten leben, inmitten der Menschen, die sie eigentlich eingesperrt sehen wollen. Der erste X-Men Film funktionierte als eigenständiger Film in einer neuen aufregenden Welt mit Mutanten, die besondere Fähigkeiten aufweisen, die man so vielleicht noch nicht gesehen hat. Man fragt sich dennoch: Warum ist Professor X im Rollstuhl? Warum besitzt er so eine innige Verbindung zu Magneto? Wie hat das ganze überhaupt angefangen? Dafür ist die Originstory da, die alles erklärt und dabei noch zu unterhalten weiß. Das ist X-Men First Class, der Ursprung der Mutanten in der Welt der menschlichen Ahnungslosen. Dort spricht man noch nicht von Professor X und Magneto. Charles und Erik, bitte. Es sind doch auch nur zwei Seelen, die ihren Sinn auf der Welt suchen, zwar nicht als Mensch, aber als Mutant.

[Inhalt]

Es sind die 60er, der Kalte Krieg ist noch präsent, die Großmächte USA und UdSSR befinden sich in einem spannungsgeladenen Verhältnis. Inmitten dieses Zwiespalts bekommt die Menschheit Wind von der Existenz der Mutanten. Zunächst nur die CIA, die durch eine Agentin Charles Xavier (James McAvoy) und Raven (später Mystique;Jennifer Lawrence), schon in Kindesalter befreundete Mutanten, ausfindig machen konnte, direkt unter ihr Kommando stellt und versucht sich die Kräfte derer sich zugunsten zu machen. In hintergründigeren Gebieten treibt Dr. Schmidt aka Sebastian Shaw (Kevin Bacon) sein Unwesen. Dieser Bösewicht strebt den dritten Weltkrieg an im Hinblick auf die Vernichtung der Menschheit und die Erhebung der Mutanten als wahre Wesensform auf der Welt. Er hatte schon 1944 Bekanntschaft mit dem jungen Erik (Bill Milner) gemacht, den er gepeinigt hat, durch den er mehr über Mutanten erfahren hat und selbst zu einem wurde. Erik (Michael Fassbender), nun in seinen 20ern, hingegen hat nur eines vor: Dr. Schmidt töten. Auf seinem Rachefeldzug treffen sich Erik und Charles und verbünden sich gegen den gemeinsamen Feind. Die erste Klasse kann so langsam beginnen. Die Schüler werden dafür noch rekrutiert.

[Kritik]

Matthew Vaughn, zuletzt noch der Mann für die etwas normaleren Superhelden in Kick-Ass, hat sich hier verpflichtet diese überaus wichtige Geschichte über die X-Men zu erzählen. Wie Erik und Charles sich kennen gelernt haben, welche Motive sie dazu bewegt haben die Personen zu werden, die sich in der Zukunft mit entgegengesetzten Idealen und Gruppen von Mutanten gegenüberstehen. Die einen sehen die Menschen als Feind, die anderen streben Kooperation mit ihnen an. Doch zu vor, wie es der Trailer so schön sagt, waren die beiden Anführer Freunde. Es ist einfach interessant mit anzusehen wie sich diese großen Persönlichkeiten entwickelt haben zu diesen Anführern der beiden Mutantengruppierungen. Regisseur Vaughn drückt am Anfang des Films etwas auf die Tube, stellt die Freundschaft zwischen Charles und Raven als gegeben bzw. als schnell geschlossen dar und versucht erst die Motivationen und Gedanken der Protagonisten hervorkommen zu lassen, als sie älter sind. So gibt es jedenfalls nicht nur Charles und Eriks Perspektiven, sondern auch die von Raven. Für mehr großartige Bezugnahme auf andere Charaktere und deren Lebensgeschichte ist schlichtweg keine Zeit, wenn man noch die Handlung voranbekommen will in den gut zwei Stunden des Films.

Im Hinblick auf Raven wurde schön ausgearbeitet, warum sie zunächst auf der „guten“ Seite neben Charles steht und danach von Eriks Ideologie überzeugt wird und schließlich auf seine Seite wechselt. Es ist schön mitanzusehen, dass gerade Ravens Probleme zeitweise in den Vordergrund gestellt werden. Als Mutant in ihrer wahren Gestalt ist sie für das normale Menschenbild einer schönen Frau zu hässlich, zu anders. Erik macht ihr deutlich, dass sie sich nicht für die Menschheit umwandeln muss, um gewürdigt zu werden. Konsumiert von dem gleichen Gedanken beschäftigt sich der Film auch mit Hank (Nicholas Hoult), dessen Aussehen als „Big foot“ ihn auch gehörig stört und für das er sich ständig Witze anhören muss.

Charles und Eriks Verbindung wird demgegenüber sehr toll von James McAvoy und Michael Fassbender portraitiert. Zwischen den beiden entwickelt sich tatsächlich so etwas wie eine innige Freundschaft, die schlussendlich der eigenen Ideologie weichen muss. Als zukünftiger Gegenspieler ist gerade Eriks Charakter der wichtigere von den beiden, da emotional weit aus tiefgründiger und komplexer. Fassbender, als einer der solidesten Schauspieler seiner Generation, verleiht seinem Charakter die nötige Härte, aber auch die nötige Verletzlichkeit. Aber auch McAvoy bringt mit seiner sympathischen Art das Wesen des zukünftigen Professor X in ein freundliches, wohliges Gesamtbild ohne dabei ein Abbild von Patrick Stewart zu sein.

X-Men First Class ist über der doch sehr angemessenen Beschäftigung mit den Charakteren ein Film, der sich gerne auch mal gehen lässt und eine herrlich witzige Atmophäre schafft. Insbesondere deutschen Zuschauer des Films werden einige Szenen des Films sicherlich mehr ansprechen als andere. Die Biermarke „Bitburger“findet ihre Erwähnung, aber auch die deutsche Sprache an sich, die von Kevin Bacon so schön oft mit leichter Anstrengung in der Stimme gebrauchen muss. Weiterhin gibt es ein bekanntes deutsches Gesicht zu sehen: Ludger Pistor gibt ein Cameo, das sich zum Glück im Rahmen hält. Des Weiteren nimmt First Class Bezug auf die kommenden X-Men Filme mit kleinen, ungezwungenen Insidejokes, was den Film erneut um ein Stück sympathischer macht.

Dass ich bisher noch nicht ein Wort über die Action im Film geschrieben habe verdeutlicht nur, dass X-Men First Class für mich nicht nur ein stupider Sommerblockbuster ist, der sich für den Unterhaltungsfaktor auf seine Actionszenen stützt. Viel mehr hat der Film mir gerade durch seine angenehm überschaubare Erzählung der Originstory gefallen, die dann gen Ende tatsächlich noch einen emotionalen Höhepunkt erreichen konnte. Daneben ist die Action im Film in Verbindung mit den Mutantenkräften und dem passend rockigen Score natürlich fantastisch in Szene gesetzt. Bis auf Angels (Zoe Kravitz) Kraft mit Schmetterlingsflügeln zu fliegen und Spuckfeuerbomben abzufeuern, konnten die anderen Mutantenkräfte, insbesondere Eriks Macht über Magnetfelder, größtenteils die Lücke von Storm oder Cyclops füllen.

X-Men First Class reiht sich stimmig in die X-Men Reihe ein und ist als eigenständiger Film vollumfänglich zufriedenstellend. Mit tollen Schauspielern ausgestattet und von einem überaus kompetenten Regisseur inszeniert ist First Class mit Herz und Spaß der geeignete Einstieg in das Universum der X-Men.

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