„Money is like poison. At the very end it always kills you.“ –

Thriller rund um das Thema „Afrika“ und politisch brisante Konfliktherde, sind ja nicht nur seit Edward Zwicks „Blood Diamond“ oder Terry Georges „Hotel Ruanda“ bei den Kinomassen langsam en vogue… Und wenn Hollywood halt interessante „afrikanische“ Themengebiete ausschlachten kann, dann kann es ja halt nicht lange dauern, bis auch der erste rein afrikanische Thriller/Krimibeitrag um die Gunst des aufmerksamen (auch europäischen) Kinopublikums buhlen darf. Wie im Falle von Regisseur Djo Mungas aktuellem Schaffen „Viva Riva“, welches geschickt die Erwartungshaltungen des Publikums nicht nur unterläuft, sondern geradezu ignoriert. Denn da, wo amerikanische „Mainstream“ Beiträge zu afrikanischen Konfliktherden und bestimmten Endzündungsmechanismen (entweder Blutdiamanten oder „what so ever“) sich ab und an in Klischees suhlen und politisch „gewollt“ engagiert / ambitioniert zeigen, geht „Viva Riva“ seinen ganz eigenen Weg, nämlich als allerreinster, dreckiger und atmosphärisch exzellenter, dichter, mit viel Verve und Sleaze versehener, zu keiner Zeit langweiliger „Black Sexploitation“ Krimiirsinn zwischen der täglichen gesellschaftlichen Gewalt, den verotteten sozialen Strukturen, Koks, Money, Sex und Nutten, welcher jenes bis her immer durchdeklinierte politisches Gezedere um das Leid Afrikas großteils und bis auf wenige Verweise geschickt ausklammert, für den erfahrenen und nach mehr dürstenden Kinogänger bisweilen also auf den ersten Blick etwas oberflächlich erscheinen mag. Dieses Manko kann aber durch einen geschärften Blick auf die menschliche Hybris / Verkommentheit in Bezug auf die Gier nach Reichtum und Macht in „Afrika“ zu jederzeit kompensiert werden. Im Kern offenbart sich „Viva Riva“ als allerhärtester B-Movie Stoff, welcher durch seine auch bis zum Schluss durch das Finale kompromisslose Gangart, seine Kontroversen auslösenden Sex-und Gewalteinlagen, das „Einschwenken“ in den sozialen Schmuddel, das entsprechend authentisch festgehaltene Elend und auch das ewige gegeneinander „fast“ aller Protagonisten gar „American Low Budget, 90er Jahre B-Movie Nightlife“ und Inszenierungs Echoes Marke „Reservoir Dogs“ und „Lucky Number Slevin“ erfährt und sie als Schlag ins Gesicht des „Mainstream“ Publikums postwendend zurückschickt, welches mit der ehemals von Quentin Tarantino zelebrierten, ins Leben gerufenen Gewalt, welche in einem nun rein afrikanischem Thriller als gewollter, inszenierter Kampf um die moderne Seele Afrikas wiederholt wird, nun mal gar nicht rechnet…

„If you carry on like this, they will cut you up into little pieces.“ –

Das „Viva Riva“ in Anbetracht dieser Dinge nicht zur reinen, belanglosen und letzten Endes abgewetzten Trash- und B-Movie Keule verkommt, sondern zu einem am Ende anschaulichem, unterhaltsamen „Blick“ auf den wohl nie (?) zu durchbrechenden Teufelskreislauf aus Gewalt und Elend in Afrika gerät, welcher durch das westliche Kapital immer wieder ausgelöst wird (etwa wenn mit der letzten Einstellung / Szenerie vor Einblendung der „End Credits“ der Wunsch des heranwachsenden Protagonisten offenbart wird, erwachsen, frei und im humanen Sinne selbständig, gar selbstbestimmend zu sein, um der um sich greifenden Armut entkommen zu wollen), ist in erster Linie dem solide und motiviert aufspielendem Cast, andersherum aber auch dem Script geschuldet, welches sich nicht davor drückt, die Ambivalenzen seiner „wichtigsten“ Protagonisten, nebst einigen genüsslich durchgekauten (und selten überzogenen Klischees, etwa wenn der „Möchtegern“ Zuhälter Cesar (Hoji Fortuna) sich seinem übertriebenem Pornogenuss widmet), offen und ehrlich zur Schau zur stellen.

Nora beispielsweise (gut: Manie Malone) treibt ihr differenziertes Spiel mit der auf Gewalt bedachten Männerwelt, um in ihrem täglichem Sex- und Beziehungswahnsinn überhaupt überlebensfähig zu sein bzw. ihre Chance aus einem Ausbruch einer korrupten und dekadenten, aber auch sozial armseligen Gesellschaft bewahren zu können. Ebenso verkörpert Marlene Longange als dank der Gewalt ihres gesellschaftlichen Umfeldes getriebene, lesbische und moderne Variante einer Militärkommandantin und Frau die eigentliche „Heldin“ des Filmes, welche sich dank ihrer wachsenden Emanzipation am Schluss samt brennenden Benzinfässern gegen eine korrupte Männerdomäne nicht nur behaupten, sondern gar durchzusetzen zu weiß. Eine revisionistische / metaphorische Lesart auf die gesellschaftliche Unterdrückung der „Frau“ im modernem „Afrika“ und deren zukünftige Entwicklung erweist sich auch an dieser Stelle als omnipräsent. Hoji Fortunas Auftritt als abgebrühtes „Gangsterschwein“ César offenbart einige interessante Facetten, denn dessen Handeln als optischer Gentleman Gangster, welcher die althergebrachten Traditionen in „Afrika“ und Werte wie „Ehre und Respekt“ im Angesicht der gestohlenen Benzinfässer bewahren möchte, erweist sich zwar als eiskalt und berechnend, aber dabei stets nachvollziehbar/glaubwürdig und korrekt.

„I want nothing to do with this.“ –

Wobei ausgerechnet beim titelgebenden Protagonisten Riva (solide: Patsha Bay) wenig differenziert erörtert wird, warum er einst zu einem „Betrüger“ und „Hochstapler“ avancierte. Etwaige Gründe, etwa einer ausbeuterischen Gesellschaftsschicht das „Kapital“ in entsprechender Form zu entreißen, um damit z.B. die eigene Familie, Mutter, Vater etc. als moderner, afrikanischer „Robin Hood“ über die Runden bringen zu können, werden recht zügig, zwar verständlich aber halt doch zu phlegmatisch abgehandelt. Dessen negative Persönlichkeitsmerkmale als „charmanter“ Gauner und halt doch skrupelloses Schwein (siehe die „Benzinfässer) bleiben ebenso allzu schnell an der entsprechenden thematischen Oberfläche haften. Schade, hier wurde etwas narratives / scriptechnisches Potenzial verschenkt, was man im Angesicht des gebotenen aber locker verschmerzen kann. Dafür wird man widerum mit traumhaften Locations / exzellent eingefangen Bildern entschädigt. Kameramann Antoine Roch („Vergissmichnicht“) fängt das pulsierende „Leben“ eines in sich geschlossenen, nach eigenen, althergebrachten Regeln lebenden Kosmos, welcher am Ende schlussendlich in einem Kampf um die Zukunft Afrikas aufgebrochen wird, wenn die wichtigsten Protagonisten in einem tödlichem Duell aufeinander treffen, nahezu perfekt ein. In beinahe schon dokumentarischer Form mutet er dem „Betrachter“ von „Viva Riva“ eine Menge an authentischen, visuellen und nahegehenden Alltagsgrausamkeiten zu.

Fazit: „Viva Riva“ schmeckt wie noch mal krosses und kurz angebratenes Bobotjie, ziemlich lecker also, wobei nur die entsprechenden Beilagen am Ende fehlen. Freunde von unmainstreamiger Genrekost und mit Freude an entsprechenden Sexploitationeinlagen werden mit „Viva Riva“ definitiv auf ihre Kosten kommen, denn Regisseur Djo Munga liefert einen höchst sehenswerten Film ab, welcher zwar einige negative, aber auch positive Parallelen zum bisher geprägten Thriller/Krimigenre evoziert. „Viva Riva“ sollte man im Kinojahr 2012 gesehen haben.

[Wertung]

blockbusterandmore: 3.5 out of 5 stars (3,5 / 5)

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