Jugendbuchverfilmungen sind in Hollywood der letzte Schrei. Ob nun „Twilight“, „Die Tribute von Panem“ oder „Maze Runner“, die Verfilmungen diese Bücher spülen einen nicht gerade geringen Betrag in die Kassen der Studios. Auch der deutsche Film versucht sich dann und wann mal an Verfilmungen von Jugendbücher, wenn auch wie im Falle von „Krabat“ mit nur meiner Meinung nach minderer Qualität. Mit „Boy 7“ kommt nun erneut eine Jugendbuchverfilmung aus Deutschland in Kinos, die auf dem gleichnamigen Buch von Mirjam Mous basiert. Dabei darf man den deutschen „Boy 7“ allerdings nicht mit der niederländischen „Boy 7“ verwechseln, der ebenfalls dieses Jahr erschienen ist und auf dem gleichen Stoff basiert.

[INHALT]

Sam (David Kross) erwacht ohne jegliche Erinnerung in einem U-Bahnschacht. In seinem Rucksack findet er einige Indizien, um seine Identität zu erfahren und dahinter zu kommen, was mit ihm geschehen ist.

Zusammen mit Lara (Emilia Schüle) verschanzt er sich und kommt nach und nach hinter seine Vergangenheit und warum er in den Nachrichten des Mordes bezichtigt wird.

[MEINE MEINUNG]

Nur drei Sätze Inhaltsangabe. Klingt etwas wenig, trifft den Nagel allerding genau auf den Kopf. Und diese drei Sätze verraten tatsächlich den Kernplot der Jugendbuchverfilmung „Boy 7“ ohne dabei wichtige Storyelemente zu spoilern.

Regisseur Özgür Yildirim (Chiko, Blutzbrüdaz) liefert dabei einen soliden Genrefilm ab und setzt dabei auf den Faktor, dass der Zuschauer jederzeit genauso viel weiß die beiden Hauptfiguren Sam und Lara. Und genau durch diesen Faktor, wird „Boy 7“ auch interessant. Die temporeiche Eröffnungssequenz zieht den Zuschauer dabei direkt ins Geschehen ein und macht schnell klar, was mit Sam nicht stimmt. Und sofort will man auch wissen, wie es zum Gedächtnisverlust gekommen ist.

Nach der anschließenden Begegnung mit Lara nimmt Yildirim dann erst einmal Tempo aus dem Film. Um sein Gedächtnis wieder aufzufrischen hat Sam sich selbst nämlich eine Art Tagebuch geschrieben. Wenn Sam nun aus diesem Tagebuch liest, wird das vorgelesene in Rückblenden gezeigt und so kommen nun Sam und der Zuschauer gleichzeitig hinter seine Vergangenheit und schließlich auf warum er in der Situation.

Dieser Filmkniff gefällt mir in „Boy 7“ wirklich gut. Während in vielen Filme eingestreute Rückblenden eher störend sind und oft aufgesetzt wirken, macht Yildirim diese hier zu einem Kernelement, welches sich prima in die Erzählstruktur einbindet. Die Rückblenden sind in „Boy 7“ eben der eigentliche Film. Zumindest bis zu dem Punkt, wo das Geschehen der Rückblenden zur aktuellen Zeit aufgeschlossen hat. So baut „Boy 7“ geschickt das Finale der Geschichte auf, welches dann allerdings gegenüber dem Rest des Films etwas abfällt.

Wo „Boy 7“ bis zum Finale eine spannende Geschichte über eine fiktive Besserungsanstalt für kriminelle Jugendliche und geheime Technologien zur Manipulation bietet, ist das Finale anschließend eine mittelmäßige Inszenierung des Kampfes zwischen Gut und Böse. Wo die Rückblenden mit der Unwissenheit von Sam und dem Zuschauer spielen und die Geschichte es so schafft den Zuschauer in Bezug auf die Auflösung durchaus auf die ein oder andere falsche Fährte schickt, verpufft die so erzeugte Stimmung etwas im 08/15-Finale.

Glücklicherweise macht das Finale von „Boy 7“ den Film nicht kaputt, sondern macht aus einem sehr guten Film nur einen guten Film. Der Rest des Films macht nämlich einfach zu viel Spaß.

Spaß macht es auch den Hauptdarstellern zu zuschauen. David Kross (Anleitung zum Unglücklichsein, Same Same But Different) kann sowohl als Sam ohne Gedächtnis als auch in den Rückblenden überzeugen und auch in den Actionszenen des Films macht Kross eine gute Figur. Kross kommt durchweg sympathisch rüber und trägt somit den Film.

Ebenso kann Emilia Schüle (Vaterfreuden, Rock It!) als Lara überzeugen. Die Chemie zwischen ihr und Kross ist wunderbar, zudem spielt Schüle wirklich gut. Lara ist als kleine Rebellin angelegt und Schüle gelingt es genau diese Charakterzüge zu präsentieren ohne dabei lächerlich zu wirken. Gerade bei filmischen Figuren die gegen das im Filmuniversum etablierte System sind, passiert schnell, dass die entsprechende Rolle unfreiwillig komisch wirkt, Schüle gehört auf jeden Fall zu den Schauspierlinnen die so eine Rolle spielen können ohne eben in dieses Muster zu verfallen.

Und auch in den anderen Rollen ist „Boy 7“ gut besetzt. Jens Harzer (Requiem, Picasso in München) spielt so den fiesen Isaak sehr eindringlich. Jörg Hartmann (Das Ende der Geduld, Sein letztes Rennen) passt prima in die Rolle des schmierigen Klinikleiters Direktor Fredersen und Liv Lisa Fries (Staudamm, Unbelehrbar) überzeugt als Safira, die mit Sam und Lara in der Rehabilitationsklinik „einsitzt“.

[FAZIT]

„Boy 7“ ist ein guter Genrefilm aus Deutschland und der Beweis, dass sich im deutschen Film etwas bewegt. Das Finale des Films schwächt den Gesamteindruck von „Boy 7“ zwar ein wenig, doch was der Film bis dahin abliefert ist durchaus sehenswert. Wer Lust halt einen futuristisch angehauchten Thriller aus Deutschland zu sehen, sollte sich „Boy 7“ nicht entgehen lassen.

[FAKTEN]

Titel: Boy 7
Genre: Action, Drama, Science-Fiction, Thriller
Regie: Özgür Yildirim
Drehbuch: Philip Delmaar, Marco van Geffen, Özgür Yildirim, Mirjam Mous
Darsteller: David Kross – Sam (Boy 7)
Emilia Schüle – Lara (Girl 8)
Ben Münchow – Louis (Boy 6)
Jens Harzer – Isaak
Jörg Hartmann – Direktor Fredersen
Liv Lisa Fries – Safira
Buddy Ogün – Plattfuß (Boy 55)
Erscheinungsjahr: 2015
Land: Deutschland
Laufzeit: 108 Minuten
Altersfreigabe: FSK freigegeben ab 12 Jahren
Verleih: Koch Media

[Wertung]

Gnislew: 3.5 out of 5 stars (3,5 / 5)

Die Rechte für das Beitragsbild liegen beim Filmfest München.

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