Zwölf Stunden absolute Gesetzlosigkeit. Alle Verbrechen, inklusive Mord, sind in der alljährlichen PURGE-Nacht erlaubt. Amerika ist erneut im Ausnahmezustand: In „The Purge 3 – Election Year“ wird der knallharte Überlebenskampf zu einem Phänomen, das inzwischen auch mordlustige Touristen aus aller Welt anzieht. Gleichzeitig plädiert eine aufstrebende Senatorin für die Abschaffung der alljährlichen Säuberung, die sich vor allem gegen die Armen und Unschuldigen richtet, und gerät damit ins Visier der hochrangigen Eliten.

Zwei Jahre sind vergangen, seitdem Leo Barnes (Frank Grillo) sich während der PURGE-Nacht im letzten Moment dagegen entschied, an dem Mann Rache zu üben, der Schuld am Tod seiner Tochter hatte. Es ist Wahljahr und mittlerweile arbeitet er als Sicherheitschef der Senatorin Charlie Roan (Elizabeth Mitchell). Mitten in ihrer Präsidentschaftskampagne steht die alljährliche PURGE-Nacht bevor, die ihre politischen Gegner natürlich nicht ungenutzt lassen wollen. Nach einem hinterhältigen Verrat ist die bedingungslose Jagd auf die Senatorin eröffnet und Leo hat alle Hände voll zu tun, die Senatorin aus der Schusslinie zu bringen und die Nacht zu überleben…

Filminfos

O-Titel: The Purge 3 – Election Year [Blu-ray] (USA 2016)
Dt. Vertrieb: Universal
VÖ: 19.1.2017
ASIN: B01LXHPR5G
FSK: ab 16
Länge: ca. 109 Min.
Regisseur/ Drehbuch: James DeMonaco
Darsteller: Elizabeth Mitchell (Senatorin Roan), Frank Grillo (Leo), Terry Serpico, Edwin Hodge, Mykelti Williamson u.a.

Handlung

Charlie Roan ist eine Überlebende. Vor 18 Jahren wurde sie während der Purge-Nacht das Opfer eines Psychopathen: Sie wurde als einzige am Leben gelassen, nachdem sie hatte mitansehen müssen, wie ihre Familie abgeschlachtet wurde. Kein Wunder also, dass die Senatorin für die Abschaffung der seit 25 Jahren geltenden Purge-Nacht kämpft. Dadurch wird sie zu einem Dorn im Auge der regierenden weißen Oberschicht, die sich den Namen NFFA – New Founding Fathers (Neue Gründungsväter) – gegeben hat. Es sind mächtige Waffenfanatiker, die den Glauben, durch organisierten Gewaltausbruch könne man sein Gewissen „reinigen“, zur Staatsreligion erhoben haben.

Home, safe home

Jedes Jahr zum Frühlingsanfang am 21. März verfällt daher das ganze Land in den Zustand der Anarchie zurück (siehe PURGE Teil 2). Doch diesmal werden auch Politiker zum Abschuss freigegeben, und damit ist natürlich Charlie gemeint. Sie ist durch Männer des Secret Service geschützt, doch unter ihnen befinden sich zwei von der NFFA gekaufte Verräter. Nur Leo Barnes, der vor Jahren seine Tochter verlor, hält strikt zur Senatorin und hat für sie ihr Heim einbruchssicher gemacht – glaubt er jedenfalls.

Scharfe Mädels

Auch andere Bürger der amerikanischen Hauptstadt richten sich auf eine gewalttätige Nacht ein: Jede Purge-Nacht dauert zwölf Stunden. Joe Dixon ist ein schwarzer Besitzer eines Feinkostladens. Er verfügt über einen festen Freundes- und Kundenkreis, darunter den Ex-Mexikaner Marcus, der mit einem Scharfschützengewehr umgehen kann, und Laney Rucker, die einen Notfallwagen fährt – solche Wagen sind off-limits für die Angreifer. Noch. Bevor es losgeht, vertreiben Joe und Laney zwei Ladendiebinnen, die sich später rächen wollen. Joe wird von seiner Versicherung im Stich gelassen, die gerade ihre Prämie vertausendfacht hat. Nun muss er seinen wertvollen laden selbst mit der Waffe in der Hand verteidigen. Kaum hat sich Marcus zum ihm gesellt, taucht die erste Gruppe Angreifer auf – maskierte Mädels mit Kalaschnikows…

Flucht ins Ungewisse

Als die Söldner der NFFA in Charlie Roans Haus eindringen, bringt Leo die Senatorin durch eine Falltür in Sicherheit. Zum Abschied zündet er eine Sprengfalle, fängt sich aber eine ganz besondere Kugel ein: Sie enthält einen Peilsender. Damit können die Söldner ihn aufspüren und verfolgen. Er schafft es zu Laneys Notfallwagen und gelangt zum Untergrundkämpfer Dante Bishop und dessen Guerillatruppe. Die betreibt ein verborgenes Lazarett, wo Leo verarztet wird.

Opferlamm

Doch Leo hat ein scharfes Auge für Organisationen: Dantes Truppe bereitet etwas Großes vor – die Ermordung des Ministers, der für die Purge-Nacht zuständig ist. Die bestürzte Senatorin ist dagegen: Der Mord würde den Minister zu einem Märtyrer machen und ihrer Sache schweren Schaden zufügen. Doch kurz darauf wird sie selbst von den Söldnern der NFFA aus Laneys Notfallwagen entführt. In eben jener Kathedrale, in der der Minister sein Hochamt zelebriert, soll sie als Opferlamm vor den Augen der „Kirchengemeinde“ getötet werden…

Mein Eindruck

Die satirischen Untertöne und Seitenhiebe auf die amerikanischen Mythenwelt sind unübersehbar in Szene gesetzt. Da treten Uncle Sam und Miss Liberty als Schreckgespenster auf, Abraham Lincoln und George Washington machen den braven Bürgern den Garaus. Aber die Mythen reichen weit in die Vergangenheit: Gladiatorenkämpfe werden mit Schwert, Morgenstern und Streitaxt ausgetragen.

Mythen in Tüten

Und die heiligen Opferlämmer werden wie zu Vater Abrahams Zeiten mit dem Messer gemeuchelt, um sie ausbluten zu lassen (das sogenannte „Schächten“, der nur dies ist koscher). All diese Szenen dienen der Demontage des Anspruches der „Neuen Gründerväter“, Amerika neu zu erschaffen und mit einem neuen, allerdings uralten Mythos zu alter Größe zurückzuführen. Es ist so ziemlich der gleiche (An-) Spruch, den auch Populisten wie Donald Trump im Munde führen. Da erscheint die pazifistische Senatorin auf einmal wie Hilary Rodham Clinton. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Maskenball der Zombies

Die Satire funktioniert ebenso tadellos wie die lebhaft und hautnah inszenierte Action. Die Purger spielen eine Art Maskenball, als wäre dies Venedig und nicht Washington, D.C. Schwarzhäutige Teenage-Gören verkleiden sich als jüdische Prinzessinnen und ballern mit ihren Kalaschnikows. Anklänge an „Spring Break“ (mit James Franco) und „Sucker Punch“ (von Zack Snyder) sind sicherlich nicht unbeabsichtigt: ballernde, killende Mädels sind offenbar in Mode.

Action bis der Arzt kommt

Die Action zeigt uns in die Luft fliegende Apartments, schwere Feuergefechte in Kathedralen und anderswo, Gladiatorenkämpfe am Schluss einen Zweikampf zwischen Leo und dem Söldnerführer, der mit Revolver und Messer bis aufs Blut ausgetragen wird. Wer braucht noch verbrauchte Wildwest-Klischees, wenn er solche fein choreografierten Actionduelle vorgesetzt bekommt, fragt sich der verwunderte Zuschauer. Da fallen logische Schwächen in der Plausibilität mancher Handlungen und Überlegungen kaum auf.

Der Soundtrack des Desasters

Den Ausklang für dieses bizarre Maskenfest bildet David Bowies Song „I‘m afraid of Americans“, der die ironische Zeile enthält: „God is an American“. Den Auftakt trägt ebenfalls ein Engländer bei: Ein gewisser Marc Bolan gründete die Band T. Rex und sang ein nett klingendes, aber recht boshaftes Liedchen mit dem Titel „20th Century Boy“. Klingt etwas stark nach Nostalgie, oder? Das dachte sich wohl die Produktion und schob gleich einen Gangsta Rap nach. Mitglieder der Black Community bilden einen großen Anteil an der Schauspielerriege, die in diesem Streifen auftritt. Ein Rap passt also bestens dazu.

Die Blu-ray

Technische Infos

Sprache: Italienisch (DTS 5.1 Surround), Deutsch (DTS 5.1 Surround), Englisch (DTS-HD 5.1), Französisch (DTS 5.1 Surround), Spanisch (DTS 5.1 Surround)
Untertitel: Deutsch, Spanisch, Dänisch, Niederländisch, Finnisch, Hindi, Isländisch, Italienisch, Norwegisch, Portugiesisch, Schwedisch, Arabisch
Bildseitenformat: 16:9 – 2.40:1
Extras: Unveröffentlichte & ungekürzte Szenen, Ein Blick in The Purge, Im Spotlight: Leo

Mein Eindruck: die Blu-ray

Das Bild ist auf der Blu-ray von bester HD-Qualität und der DTS-Ton in den meisten Tonspuren ausgezeichnet. Nur im englischen Original ist der Klang noch einen Tick besser, denn er verfügt als einziger über die HD-Qualität, die man von einer Blu-Ray erwartet.

EXTRAS

Alle Beiträge liegen im Originalton mit Untertiteln vor.

  1. Unveröffentlichte & ungekürzte Szenen (8:05 min)

: Manche der insgesamt 7 Szenen enthalten nur wenige Sekunden mehr Inhalt als die Finalversion, aber diese Sekunden haben‘s in sich: etwa eine Masturbation. Andere wieder ziehen sich hin und man ist froh um jede Kürzung.
  2. Ein Blick auf The Purge (5:30 min): 

Der Autor/Regisseur, mehrere Darsteller und die beiden Produzenten äußern sich über die Eigenschaften des neuen PURGE-Films. DeMonaco wollte einen Polit-Thriller drehen, keinen Horrorstreifen. Er zeigt die religiöse Verbrämung der Politik, wie sie unter Republikanern und ihren fundamentalistischen Wählern üblich ist. Er wollte den Klassenkrieg zeigen, der die US-Gesellschaft in zwei tief gespaltene Lager teilt: die wenigen Habenden und die vielen Habenichtse, die entrechtet und ausgebeutet werden. Diese Mehrheit fürchtet inzwischen Autorität und jeder Mord, den ein Polizist begeht, verschärft diese Furcht. Insofern ist der Film eine warnende Geschichte.

    Aber es geht auch um Wunscherfüllung. Die dunkelsten Begierden, die aus der Furcht erwachsen, finden hier ein Ventil. Es werden wohlweislich keine sexuellen Verbrechen gezeigt, aber die klaustrophobische Atmosphäre des Prologs gibt dem Zuschauer einen Vorgeschmack auf das, was hätte gezeigt werden können. Die Anführerin der Amazonen vor Joes Feinkostladen formuliert ihre Wünsche ganz präzise und auf den Punkt gebracht. Sie will alles tun dürfen, was sie will, und sie will das jetzt und ohne Einschränkung

  3. Im Spotlight: Leo (3:31 min): 

Frank Grillo ist einer der beiden Hauptdarsteller. Als Secret Service Cop Leo Barnes ist es sein Job, das Leben der Senatorin Roan (E. Mitchell) zu schützen. Das gelingt ihm auch, aber nur dank seiner überragenden Fähigkeiten. Grillo verfügt über Erfahrungen im Boxen und im Kampfsport. Das verschaffte ihm einen gewissen Vorteil im finalen Duell mit dem Söldnerführer. Für diese Szene von anderthalb Minuten Länge waren zehn Stunden Vorbereitung und fünf Stunden Dreharbeit nötig. Grillo: „Gegenüber Purge 2 hat Teil 3 doppelt so viele und doppelt so harte Action-Stunts.“




Unterm Strich

Wer sich gut hundert Minuten actionreich und gruselig unterhalten lassen möchte, ohne sein Oberstübchen an der Garderobe abgeben zu müssen, der dürfte hier genau richtig sein. Schon Teil 2 der Purge-Reihe war nicht ohne satirische Untertöne, aber trotzdem mit Action vollgepackt: Die vorgesehenen Opfer drehten den Spieß um. Hier wird genauso verfahren, aber noch eine kritische Schippe draufgelegt.

Acht Jahre sind seit jenen schrecklichen Tagen vergangen, die Teil 2 schilderte. Nun, im Wahljahr 2016, steht das zerrissene Land mal wieder vor der Entscheidung zwischen gewaltbereiten Waffenfanatikers der NRA-gesteuerten Republikanern und den pazifistischen Demokraten. Doch es diesmal noch eine große aktive Grauzone: eine Stadtguerilla, die sich unter Dante Bishops Führung leicht zu einem landesweiten Flächenbrand ausweiten könnte. Insofern warnt der Film vor dem, was aus der Spaltung der politischen Landschaft noch erwachsen könnte: So eine außerparlamentarische Opposition ist auch und besonders in Deutschland nicht unbekannt.

Diese Chance haben auch die Ausländer erkannt, die nun in Scharen mit dem Flieger ins Land strömen, um in den USA zu morden, zu meucheln, Gladiator zu spielen und überhaupt generell die Sau rauszulassen. (Dass in Russland gerade vorgeschlagen wurde, Prügeleien zwischen internationalen Hooligans öffentlich und organisiert auszutragen, ist kein Witz, sondern passt ins Bild: Die Leute scheinen sich nach einem Ersatz für Krieg zu sehnen.) Der Pazifismus von Senatorin Roan wirkt dagegen wie das letzte Aufbäumen einer Ewiggestrigen. Aber ihr Weg ist der einzige, der eine gerechte und friedliche Zukunft für Kinder und Enkel verheißt.

Angesichts des Erfolgs dieses Streifens an den US-Kinokassen ist mit einer Fortsetzung fest zu rechnen.

Die Blu-ray

Die Silberscheibe bietet einwandfreie High-Density-Quality, was Klang und Bild anbelangt. Nur der englische O-Ton ist noch besser als die fremdsprachigen Tonspuren. Die Extras sind zwar nicht berauschend, aber offenbar sind bei dieser Art von Action-Thriller der Zuschauer nicht gerade auf halbstündige Werkstattberichte erwünscht. Fünfeinhalb Minuten plus ein dreiminütiges Special über Hauptfigur Leo müssen reichen. Die unveröffentlichten Szenen hätte man auf jeden Fall weglassen können.

[Wertung]

Mima2016: 3.5 out of 5 stars (3,5 / 5)

2 Gedanken zu „Maskenball der Zombies: Washington im Rausch der Anarchie“

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