(c) Sony Pictures Home Entertainment

Zwölf muschelförmige Raumschiffe landen gleichzeitig in unterschiedlichen Regionen der Welt. Ihre Besatzung und deren Absichten – ein Rätsel. Es gibt keine Verständigung. Um globale Paranoia und einen potentiellen Krieg zu verhindern, soll ein Elite-Team und die Linguistin Louise Banks (Amy Adams) und den Mathematiker Ian Donnelly (Jeremy Renner) im Auftrag des US-Militärs Kontakt herstellen. Doch das unermüdliche Streben nach Antworten gerät bald zum Rennen gegen die Zeit – die eigene und die der gesamten Menschheit. (ergänzte Verleihinfo)

Filminfos

O-Titel: Arrival (USA 2016)
Dt. Vertrieb: Sony
VÖ: 24. März 2017
EAN: 4030521747739
FSK: ab 12
Länge: ca. 116 Min.
Regisseur: Denis Villeneuve
Drehbuch: Eric Heisserer nach der Erzählung „Story of Your Life“ von Ted Chiang
Musik: Jóhann Jóhannsson
Darsteller: Amy Adams, Jeremy Renner, Forest Whitaker, Michael Stuhlbarg, Tzi Ma u.a.

Handlung

Wie jeden Morgen im Uni-Semester fährt Dr. Louise Banks von ihrem einsamen, leeren Haus am See zur Universität. Der Hörsaal ist allerdings weniger von Menschen erfüllt, als von einem ständigen Bimmeln und Trillern. Die Handys und Laptops der wenigen Studenten wollen einfach nicht verstummen. Eine Studentin bittet die Linguistin, die TV-Nachrichten einzuschalten. Zwölf Alien-Raumschiffe sind in verschiedenen Regionen der Welt gelandet, und es gibt derzeit keinerlei Verständigung mit ihnen. Sie scheinen auch nicht untereinander zu kommunizieren, was das Rätsel um ihre Ankunft (Arrival) noch vergrößert. Als der Alarm losgeht, ist für jeden im Hörsaal klar, dass das College evakuiert wird.

Der Auftrag

Louise braucht nicht lange zu warten, bis die Army bei ihr aufkreuzt. Colonel Weber (Whitaker) bittet sie, eine akustische Aufzeichnung zu übersetzen. Die Geräusche sind nicht dekodierbar. Das sagt sie ihm auch: Ohne ein Verständnis des Sprechers ist keine Dechiffrierung möglich. Als er geht, bittet sie ihn, den Kollegen Danvers auf die Probe zu stellen. Als hätte sie eine Vorahnung, wählt sie das Sanskrit-Wort für „Krieg“. Mitten in der Nacht kehrt Weber zurück und überbringt ihr Danvers‘ Antwort – sie ist falsch. Sie hat zehn Minuten fürs Packen. Zusammen mit einem bebrillten Typen, der ihrer grundlegenden These widerspricht, Sprache sei die Grundlage der Zivilisation, fliegt sie nach Montana.

Sperrgebiet

Das muschelförmige, schwarze Raumschiff der Fremden schwebt etwa drei Meter über der grünen Prärie von Montana, die ringsum in Nebel, Army-Zelte und Militärfahrzeuge gehüllt ist. Vor der Grenze zu diesem Sperrgebiet hat sich eine riesige Menschenmenge angesammelt – mit welcher Absicht? Nach einer ersten Immunisierungsspritze bringt ein Jeep Louise und den bebrillten Mathematiker Ian Donnelly zu einer Hebebühne, die sich direkt unter dem Südpol des gigantischen Flugkörpers befindet. Alle 18 Stunden tut sich hier eine Öffnung auf, dann ertönt ein Alarm.

Erstkontakt

Im Innern des Flugkörpers, in den sich ein Tunnel öffnet, herrscht eine andere Art Schwerkraft. Erstens ist sie geringer und zweitens nicht zum Erdmittelpunkt ausgerichtet. Louise, die eh schon beklommen war, braucht einen Schubs, damit sie den Sprung in den Tunnel wagt. In ihrem orangefarbenen Schutzanzug scheint sie zudem kaum Luft zu bekommen und droht, jeden Moment zusammenzubrechen. Weber und Donnelly sind sehr besorgt um sie. Aber der mitgebrachte Kanarienvogel zwitschert munter weiter: Die Luft ist rein.

Das erste „Wort“

Der Weg führt zu einer transparenten Trennwand, hinter der sich zunächst nur graue Nebel erkennen lassen. Dann nähern sich zwei siebenfüßige Gestalten, die Donnelly erst Heptapoden, also Siebenfüßer, nennt, dann Abbott und Costello. Nachdem der erste akustische Kontakt gefloppt ist, benutzt Louise ein kleines Whiteboard, um Buchstaben zu schreiben: „HUMAN“, und auf sich und Ian zu weisen. Das ist nicht gerade förderlich. Im nächsten Schritt zieht Louise den Hazmat-Anzug aus und zeigt sich in ihrer Menschlichkeit. Als sie ihre fünffingrige Hand an die Trennwand legt, antwortet ihr ein siebenfingriger Fühler und spritzt ein kreisförmiges Zeichen in die Luft. Es ist der Durchbruch. Denn auf diesen kreisförmigen Zeichen beruht die Schrift bzw. Sprache der Heptapoden. Aber die wichtigste Frage der Army lautet: Was wollen die Aliens hier auf der Erde? Die Antwort ist wenig beruhigend: „Waffe anbieten“…

Unterdessen

Die meisten Länder der Welt halten die Aliens keineswegs für so friedlich, wie Louise es tut. Besonders der Militärchef Chinas, General Shang (Tzi Ma), befiehlt seine Kriegsflotte zum Aufmarsch vor einem der Alien-Schiffe. Schon haben sich 144 = 12 x 12 Anhänger einer Pfingstler-Sekte durch Suizid ins heilige Jenseits befördert. Plünderungen, Krawalle sind an der Tagesordnung – nein, nicht in Hamburg, sondern in allen Metropolen der Welt. Die Russen und Sudanesen machen es den Chinesen nach und fahren schweres Geschütz auf.

Hetzer im TV und Internet bezichtigen die US-Regierung die Hände in den Schoß zu legen, statt die Aliens Mores zu lehren und einen Schuss vor den Bug zu verpassen. Die Soldaten vor Ort hören am Telefon, dass ihre Lieben daheim vor Angst schier ausflippen und krank werden. Es muss etwas getan werden. Die nächste Fracht, die an Bord des Raumschiffs gebracht wird, hat es buchstäblich in sich.

Kritisch

Louise und Ian sind allein bei den Aliens, um herauszufinden, was die Aliens unter „Waffe anbieten“ verstehen. Louise ist der Ansicht, dass unter „Waffe“ auch Werkzeug“ oder „Geschenk“ verstanden werden kann. Und wer soll der Geber sein? Zu ihrer Erstaunen erfährt sie, dass sie der Geber ist und sie ein Geschenk oder eine Gabe zu überbringen hat. Als sie sich noch das Hirn zermartert, worin ihre Gabe bestehen könnte, zählt der Zeitzünder der Bombe bis Null…

Mein Eindruck

Die Antwort auf die Frage, was die Fremden zur Erde gekommen sind, erhält Louise erst im dramatischen Finale, als die Army schon alles zur Evakuierung bereit macht, um sich auf den Ausbruch des Krieges gegen die Aliens vorzubereiten. Louise habe eine Gabe, mit der sie die Menschen dazu bringen könne, die Aliens in 3000 Jahren vor dem Aussterben zu bewahren. Louise ahnt lediglich, worin ihre Gabe besteht, denn die Teilchen des Puzzles, das sie zusammenmuss, sind schwer zu verstehen und alle sehr verschieden.

Dem Zuschauer ergeht es kein bisschen besser als ihr, denn er betrachtet die Ereignisse und den inneren Erkenntnisprozess aus ihrem Blickwinkel, weiß also nicht mehr als sie. Die Handlung ist ein Prozess, durch die der Zuschauer hindurchgehen muss, um den Film verstehen zu können. In den fünf Dokumentationen der Silberscheibe bekommt der Zuschauer ein paar Hinweise und „Krücken“, aber gehen muss er schon selber.

Sprache als Weltanschauung

Louises These lautet von vornherein, dass Sprache die Grundlage der Zivilisation sei, und der Film gibt ihr völlig recht. Die Verständigung mit den Heptapoden beruht auf Schriftsprache, den Logogrammen. Louises und Ians Aufgabe besteht darin, diese Logogramme (die eine weitergehende Funktion als chinesische Ideogramme haben, insofern sie vollständige Aussagen darstellen) in menschliche Sprache zu übersetzen. Das Problem dabei: Die fremde Sprache hat ein anderes Verständnis von der Natur der Zeit.

Unser herkömmliches Verständnis von Zeit als einem subjektiven, menschlichen Begriff beruht auf der strikten Abfolge von Ursache und Wirkung: Die Wirkung kommt niemals vor der Ursache. Und: Zeit ist untrennbar mit dem subjektiven, menschlichen Begriff des Raums verbunden. Deshalb lässt sich Zeit nur anhand einer Bewegung im Raum messen: ein Sonnenumlauf, ein Mondumlauf, die Bewegung eines Cäsium-Atoms in einer Atomuhr usw.

Kreisförmige Zeit

Was aber, wenn es ein alternatives Konzept von Zeit gibt? Ted Chiang wendet eine Theorie von Fermat und deren Gleichungen auf die menschliche Erfahrung an. Wenn man für eine Aktion oder einen Prozess einen Anfangs- und Endpunkt festlegt, bekommt man einen zielgerichteten Zeitablauf, der ewige Wiederkehr widerspiegelt. Das findet in den ringförmigen Logogrammen der Aliens seine optische Entsprechung, aber auch seine sprachliche.

Als Louise die Sprache der Heptapoden lernt, verändert sich ihr Bewusstsein. Ian fragt sie einmal, wie sie träumt und ob ihr Gehirn neu verdrahtet wird. Sie bejaht nicht, aber der Zuschauer muss sich an dieser Stelle endlich fragen, was die Bilder von Louises Tochter Hannah in diesem Film zu suchen haben.

Hannah

Seit dem Anfang des Films werden uns Bilder von Hannah in drei verschiedenen Altern gezeigt, als Baby, als Mädchen, als Teenager. Aufgrund unseres kausalen Denkens nehmen wir an, dass Hannah in der Vergangenheit gelebt hat und inzwischen an einer seltenen Krankheit gestorben ist. Vielleicht sieht deshalb Louises Heim so düster und leer aus.

Im Verlauf des Films jedoch werden die Bilder, in denen Hannah auftaucht, von goldenem Licht erfüllt, das Freude und Glück signalisiert. Und weil sie nicht aufhören, ja, sogar in den kritischsten Momenten wie korrekte Assoziationen auftauchen, müssen wir uns fragen, ob sie nicht bereits dem alternativen Zeitbegriff angehören: Louise erinnert sich an die Zukunft.

Die Wahl

Nun tauchen zwei wesentliche Fragen auf: Wer ist Hannahs Vater? (Die Antwort liegt sehr nahe.) Und: Wie kann es Louise nur über sich bringen, ein Kind zu empfangen, von dem sie bereits weiß, dass es als Teenager sterben wird? Ist sie verantwortungslos – oder auf einem ganz anderen Trip? Die Antwort muss sich der Zuschauer selbst erarbeiten, am besten in einer Diskussion. Er befindet sich ja in der gleichen Lage wie Louise: Das Ende des Lebens ist immer das gleiche, aber was macht er aus der gegebenen Frist?

Diese Science-Fiction-Film ist im Grunde gar keiner, denn die fremde Sprache könnte jede andere auf der Welt auch sein, etwa die der Hopi-Indianer. Diese haben bis heute einen alternativen Begriff vom Wesen der Zeit. (In den Navajo-Krimis von Tony Hillerman wird dies ganz am Rande angedeutet.) Wenn Zeit immer wiederkehrt, wie schon Nietzsche behauptete, dann ist es möglich, die Zukunft zu kennen. Dies hat massive emotionale Auswirkungen auf diejenigen, die sie auf diese Weise wahrnehmen. Louise ist ein Fallbeispiel, doch sie macht das Beste daraus: Sie schreibt ein Buch mit dem Titel „Die universale Sprache“ und unterrichtet Schulklassen aus jungen und erwachsenen Schülern.

Die Heldin

Irgendwie muss der Krieg gegen die Aliens, die ihr gerade dieses wunderbare Geschenk gemacht haben (nämlich Selbsterkenntnis), abgewendet werden. Und sie hat endlich das Mittel dazu, sobald sie sich dazu durchringt, ihre verrückte Erkenntnis, die Zukunft zu WISSEN, in Aktion umsetzt. Sie muss es etwas Verbotenes tun; etwas, wofür die Militärs sie an die Wand stellen wollen: Sie muss mit dem Feind sprechen und diesem etwas geben, das seinen Verstand VERÄNDERT…

Die Blu-ray

Technische Infos

Bildformate: 2,39:1 (16:9 Widescreen)
Tonformate: DTS-HD 5.1 (D, ES), DTS-HD 7.1 (EN), DD 5.1 (RU)
Sprachen: D, Englisch, Russisch, Spanisch (Bonus: nur EN)
Untertitel: D, Englisch, Russisch, Spanisch, Schwedisch Dänisch, Finnisch, Norwegisch, Estnisch, lettisch, Litauisch, Türkisch, Ukrainisch (Bonus: nur D, EN, ES)

Extras:

  • Xenolinguistik: ARRIVAL verstehen
  • Eternal Recurrance (Ewige Wiederkehr): Die Filmmusik
  • Akustische Signatur: Das Sound-Design
  • Nichtlineares Denken: Der Bearbeitungsprozess
  • Der Grundsatz von Zeit, Erinnerungen und Sprache
  • Ultraviolet-Download-Code

Mein Eindruck: die Blu-ray

Das Bild der Blu-ray ist naturgemäß gestochen scharf, wenn auch nicht 4K-Niveau. Zu vermerken ist der choreografierte Wechsel von Dunkel (als dem Unbekannten) und Licht (als dem Bekannten), von warmen Rottönen (Liebe) zu kühlen Blautönen (Angst). Die Gegenwart Louises ist voller Blau, denn es ist eine Welt der Paranoia. Louises alternative Realität (= Zukunft) ist von warmer Liebe erfüllt, die in Hannah manifestiert ist.

Der Klang ist abhängig von der jeweiligen Tonspur. Russen bekommen lediglich DD 5.1, Deutsche immerhin schon DTS-HD 5.1, aber nur Englischsprecher dürfen grandioses DTS-HD 7.1 genießen. Der Unterschied ist natürlich nur auf entsprechend hochwertiger Heimkino-Austattung festzustellen. Untertitel gibt es für das Baltikum, Skandinavien, England, Deutschland und Spanien, was die Abwesenheit von Französisch und Italienisch umso stärker betont.

Bei den Untertiteln der Dokus gibt es ebenfalls eine deutliche Hierarchie: Englischsprecher bekommen den vollen Untertitel-Umfang zu hören, und nur Sprecher von Deutsch und Spanisch erhalten ebenfalls Untertitel in ihrer Sprache. Der Rest geht leer aus.

Bonusmaterial:

  1. Xenolinguistik: ARRIVAL verstehen (30:02 min)

    Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein ziemlich vollständiges Making-of. Der Skriptautor Eric Heisserer hatte die Chance, eine Story von Ted Chiang zu verarbeiten und bot dieses Drehbuch dem Produzenten Levine an. Der war fasziniert, denn der Kern der Story ist ein sehr menschliches, universales Thema. In Enis Villeneuve fand man den optimalen, innovativen Regisseur.

    Villeneuve wollte Amy Adams als Hauptdarsteller und hatte das rare Glück, dass das Thema mit dem Kern ihres Wesens korrespondierte, so dass sie sofort zusagte, trotz anderer Pläne (sie war gerade Mutter geworden). Und sie hatte die reizvolle Aufgabe, den Zuschauer fast den ganzen Film darüber zu täuschen, was eigentlich mit ihr los ist. Der Rest ergab sich aus diesem Kern, und der Erfolg bei Beschreiten ungewohnter Wege kam spätestens bei den Filmfestspielen in Venedig: Sieger!?

    Ich hätte aber doch gern gewusst, warum Villeneuve behauptet, er könne keine SF-Filme in seinem Heimatland Kanada drehen.

  2. Eternal Recurrance (Ewige Wiederkehr): Die Filmmusik (11:24 min)

    Der Komponist Jóhann Jóhannsson wollte die fremdartigen Prinzipien der Aliensprache in die Musik übertragen. Er setzt den Begriff der ewigen Wiederkehr in Klänge um. So haben etwa seine Pianoklänge keinen Anschlag, denn das wäre ja ein Signal für einen Beginn. Aber es gibt auch keine Umkehr, wie sie etwa in „Tomorrow Never Knows“ (1966) von den Beatles praktiziert wurde: Keine rückwärts erklingenden Gitarren, sondern stetig erklingende Chöre von Männern oder Frauen, einmal sogar Assoziationen an Walgesänge. Stets werden zig Aufnahmen übereinander gelegt – bis 16 x 8 Schichten. Der Regisseur verlangte Wagemut, und die Musik wagt sich in Bereiche vor, die das heimische Soundsystem an seine Grenzen bringen. Alle meine DVD-Stapel sind umgefallen!?

  3. Akustische Signatur: Das Sound-Design (14:00 min)

    Klang-Designer Sylvain Bellemare betrachtet Sound als einen Charakter, der in der Handlung mitspielt, unauffällig zwar, doch unüberhörbar als Tor zu einer anderen Ebene der Wahrnehmung. So gelingt es ihm, die Sounds, die in und um das Alien-Raumschiff zu vernehmen sind, als natürlich zu kennzeichnen, die Geräusche in den Militärzelten aber als unnatürlich: letztere sind allesamt verzerrt, weil ihre Übertragung und Wiedergabe als künstlich erkennbar sein sollen.

    Dave Whitehead und Michelle Child übernahmen in Neuseeland die Aufgabe, die Sprache der Heptapoden zu erfinden und in glaubwürdige Formen zu überführen, als Töne und als optische Logogramme. Es ist äußerst interessant, was sich die beiden Kiwis dafür einfallen ließen.

  4. Nichtlineares Denken: Der Bearbeitungsprozess (11:19 min)??

    Der Prozess des Schnitts war diesmal ganz besonders schwierig, gibt Cutter Joe Walker zu. Er arbeitete bereits an „Sicario“ mit D. Villeneuve, aber „Arrival“ stellte ihn vor die Aufgabe, zwei Handlungen miteinander zu verschmelzen, ohne dem Zuschauer zu verraten, wann die 2. Handlung spielt, in der Vergangenheit oder der Zukunft. Eine Verbindung bilden daher optische Motive und emotionale Assoziationen. Die Spezialeffekte-Designer bekamen relativ wenig zu tun (nur 200 Aufnahmen), denn Villeneuve wollte lieber Modelle statt Green Screens. Walker gibt freimütig zu, dass ihn diese Arbeit zu neuer Demut geführt hat: Wenn man weiß, dass etwas perfekt wäre, wozu dann noch einmal alles umwerfen, etwas noch Perfekteres zu erreichen? Ein Dokumentation über Pablo Picasso verhalf ihm zu der Einsicht, dass es geht.

  5. Der Grundsatz von Zeit, Erinnerungen und Sprache (15:24 min)

    Ted Chiang erläutert seine Grundideen und deren Anwendung. Diese habe ich oben bereits verarbeitet. Seine Frage lautete ursprünglich: Wie reagiert eine Figur auf das Wissen, dass etwas Unausweichliches passiert, das sie nicht verhindern kann? Und wenn man dieses Wissen hat, kann man dann überhaupt noch von freiem Willem sprechen oder gleich dem Determinismus die Schuld geben und sich erhängen? Dies ist die Wahl, vor der Louise steht, doch die Aliens und ihre Sprache geben ihr die Lösung in die Hand…

Unterm Strich

Ich musste mir den Film noch ein zweites Mal anschauen, um zu überprüfen, was ich beim ersten Mal verstanden zu haben glaubte – es klang fast zu gut, um wahr zu sein. Ich kannte schon Chiangs Novelle, die mit mehreren Preisen ausgezeichnet worden war, kannte also die Grundidee. Was Villeneuve & Co. daraus gemacht haben, hat nur noch die Grundzüge mit der Story zu tun, so etwa den Namen der Hauptfigur, Alien-Landung und die fremde Sprache. Aber Film ist eben ein anderes Medium: Hier muss alles viel größer und toller aussehen. Das zumindest klappt ausgezeichnet.

Trotz des SF-Gewandes verarbeitet die doppelte Handlung auf überzeugende Weise eine sehr menschliche, universale Thematik: Ist ein Leben noch lebenswert, das vor einem unabwendbaren Verlust steht? Wenn ich die Zukunft kenne, habe ich dann noch freien Willen? Aber die Zukunft ist in diesem Fall eh nicht veränderbar, und wozu dann noch etwas Neues anfangen? Sind dann nicht Erstarrung und Determinismus das Ende lebenswerten Lebens?

Der Film widerlegt diese Befürchtungen aufs Schönste und Befriedigendste. Denn Liebe ist der Weg zur Erfüllung, weil Liebe nicht nur Hingabe und Anerkennung bedeutet, sondern auch Verständigung und damit auch endlose Weiterentwicklung zu etwas Neuem. Somit ist der Determinismus widerlegt. Warum Louises Denken und Wahl am Ende Hannahs Vater so wütend gemacht hat, dass er seine Tochter verließ, muss jeder Zuschauer für sich selbst ergründen. Louise kennt die Antwort, warum nicht auch wir?

Wie Villeneuve sagt: Die Vereinsamung der Menschen nimmt trotz der ständig steigenden Kommunikation zwischen ihnen laufend zu. Nur Liebe kann etwas dagegen bewirken. Aber nur, solange man an sie glaubt und Hoffnung schöpft. Der Titel „Arrival“ bezieht sich nämlich nicht (nur) auf die Landung der Aliens, sondern auf die Ankunft eines ganz speziellen Wesens in Louises Körper…

Die Blu-ray

Die Silberscheibe ist technisch einwandfrei und bietet nicht nur besten Sound in zahlreichen Sprachen an, sondern auch ein gestochen scharfes Bild. Ein Vergleich mit dem 4K-Niveau wäre etwas unfair. (Die 4K-Edition kostet rund 30 Euro.) Die fünf Dokumentationen umfassen nicht nur das Making-of, sondern bieten auch reizvolle Einblicke in die innovative Musik, in das Sound Design und den alles entscheidenden Schnitt.

Wer’s noch nicht begriffen hat, wird in der letzten Doku in das alternative Konzept der Zeit, des Gedächtnisses und der Alien-Sprache eingeführt. Ted Chiang ist Softwareentwickler und spricht auf einem Niveau, das gewisse Kenntnisse voraussetzt, aber er ist auch Erzähler und als solcher um Verständlichkeit bemüht – genau wie der gesamte Film, der sich an ein intelligentes, offenes Publikum richtet.

[Wertung]

Mima2016: 5 out of 5 stars (5 / 5)

Lass ein paar Worte da:

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.