England im Jahr 871: Das in mehrere Königreiche zersplitterte Land leidet unter der Besatzung durch die Dänen. Uhtred, der Sohn eines sächsischen Adligen in Northumbria, wird als Kind von den Wikingern entführt und in ihre Reihen aufgenommen. Doch eines Tages geschieht das Ungeheuerliche: Sein Ziehvater Ragnar wird seinem eigenen Pächter Kjartan verraten und ermordet. Uhtred, nunmehr obdachlos, muss fliehen – doch um seinen rechtmäßigen Platz in der Erbfolge zurückzuerobern, lässt er sich auf eine gefährliche Allianz mit dem frisch gekrönten Sachsenkönig Alfred von Wessex ein… (korrigierte Verleihinfo)

Die Uhtred-Saga wurde als Serie mit dem Titel „The Last Kingdom“ umgesetzt und startete im Oktober 2015 zuerst auf BBC America und kurz darauf auf BBC Two. Seit Dezember 2015 wird die erste Staffel in Deutschland von Netflix per Streaming angeboten. Inzwischen ist auch die 2. Staffel auf Blu-ray/DVD/Streaming verfügbar.

Filminfos

O-Titel: The Last Kingdom. Season 1 (USA/GB/HU 2015)
Dt. Vertrieb: Universal
FSK: ab 16
Länge: ca. 488 Min.
Regisseur: Nick Murphy, Anthony Byrne, Ben Chanan und Peter Hoar
Drehbuch: Stephen Butchard nach den Uhtred-Romanen von Bernard Cornwell
Kamera: Chas Bain
Darsteller: Rutger Hauer (Ravn), Matthew McFadyen (Uhtreds Vater), Alexander Dreymon (erwachsener Uhtred), Amy Wren (Brida), Ian Hart (Pater Beocca); u.a.

Die 8 Episoden

Jede Episode ist an die 60 Minuten lang. Davon entfallen jeweils 1:45 Min. auf den Vorspann (inkl. Rekapitulation ab Folge 2) und etwa 60-90 sec auf den Abspann.

Folge 1

Im Jahr 866 ist die Welt noch in Ordnung, als König Egbert über Northumbrien, das Land zwischen Tweed und Tyne, herrscht. Sein Vasall Graf Osbert herrscht an der Ostküste von der Bebbanburg aus, zusammen mit seinem Bruder Aelfric und zwei Söhnen namens Uhtred und Osbert. In letzter Zeit tauchen vermehrt dänische Drachenschiffe vor der Ostküste aus: Dänen aus Jütland. Eines Tages kehrt von Osberts Sohn Uhtred leider nur sein Kopf zurück, der von einem Dänen vor das Burgtor geworfen wird.

Yorks Fall

Nun geht die Erbfolge auf Osbert junior über, der erst zehn Jahre alt ist. Er wird kurzerhand in Uhtred umgetauft. Natürlich sinnen der König im Bischofssitz Eoferwic (= York) und Uhtreds Vater, der Fürst, auf Vergeltung für diese Herausforderung. Doch die Dänen haben York bereits eingenommen, so dass der König sich erst mit König Aella einig werden muss, wie und wann die befestigte Stadt erstürmt werden kann. Dass die Northumbrier uneins sind, wird ihnen zum Verhängnis. Kaum dringen sie auf das vermeintlich schwach verteidigte Schlachtfeld vor, umgehen die versteckten Dänen die Reihen der Krieger und machen sie von hinten nieder. Graf Osbert wird getötet.

Die Wikinger

Einer der Anführer der Dänen ist ein Earl namens Ragnar Ragnarsson. Auf seinem Pferd reitend macht er einen sächsischen Soldaten nach dem anderen nieder. Dieser Anblick erbittert Uhtred derart, dass er wutentbrannt den Krieger angreift. Lachend wehrt Ragnar den Angriff des Jungen ab, lässt ihn aber wegen seines Mutes am Leben. Ja, er nimmt ihn sogar als Ziehsohn in seine Reihen auf. Denn die Dänen haben Großes vor und können jede Hand und jeden schlauen Kopf gebrauchen: Das erste der fünf angelsächsischen Königreiche haben sie bereits unter ihre Kontrolle gebracht, die restlichen vier werden folgen. Dann können sie in England eine zweite Heimat errichten und sie gerecht untereinander aufteilen. Denn Ragnar ist mit den Söhnen von Ragnar Lothbrok verbündet. Zwei der Anführer lernt Uhtred bald kennen. Durch den blinden Ravn, Ragnars Vater (Rutger Hauer) erfährt so manches Wissenswerte über Ubba, den abergläubischen Axtschwinger, und Earl Guthrum, der noch blutrünstiger ist. Ubba wird von seinem Wahrsager Storri begleitet.

Kriegszüge

Uhtred hat immer das Leben in der Burg ärgerlich gefunden. Die ganze Zeit musste er von dem Mönch Beocca Lesen und Schreiben lernen, aus Büchern, die von heiligen Märtyrern handelten. Nun endlich kann er von Ragnars Leuten Kampftechnik lernen und körperliche Ertüchtigung erlangen. Er nimmt den Thorshammer bzw. Donnerkeil als Glaubenszeichen an. Zugleich beobachtet er die Dänen ganz genau. Ihr Plündern und Brandschatzen von Küstensiedlungen hat Methode: So locken sie die Soldaten des jeweiligen Königs hervor und geradewegs in eine passende Falle. So fällt Ost-Anglien, und Mercien folgt wenig später. Stets wird ein Marionettenregent eingesetzt, damit es nicht zu großen Aufständen kommt.

Ragnar lässt seine Familie nachkommen: Sigrid, Ragnar jr. und die Tochter Thyra. Sie richten sich auf einem eroberten Anwesen häuslich ein. Mit dem kräftigen Ragnar jr. freundet sich Uhtred bald an. Schon früh verbünden sie sich gegen den Raufbold Swen, den Sohn des Schiffsbauers Kjartan, mit dem Uhtred zeit seines Lebens Ärger haben wird. Swen hat es auf Thyra abgesehen.

Uhtreds Onkel Aelfric kommt mit Pater Beocca, um Uhtred auszulösen. Er hat inzwischen den Besitz der Bebbanburg an sich gerissen. Beocca verrät Uhtred insgeheim, dass Aelfric ihn töten wolle, um einen eigenen Erben an seine Stelle zu setzen. Die Dänen unter Ragnar wollen lieber einen Getreuen in der Bebbanburg als Aelfric, daher lehnen sie den gebotenen Preis ab und kaufen Uhtred selbst, wodurch sie ihm sicherlich das Leben retten.

Bei einer Attacke Swens auf Thyra bewahrt Uhtred die Ehre des Mädchens. Als Vergeltung verbannt Ragnar Kjartan von seinem Land und nimmt Swen ein Auge. Als Uhtred fast erwachsen ist, kehren Kjartan und Swen zurück, um Rache zu nehmen. Sie haben sich mit Graf Aelfric, Uhtreds Onkel, verbündet. Die Krieger töten Ragnar und seine Frau, entführen Thyra und brennen das Gehöft nieder. Doch Uhtred und seine sächsische Freundin Brida entgehen dem Angriff ebenso wie der junge Ragnar, der in Irland weilt. Uhtred und Brida nehmen ein wenig von Ragnars gut verstecktem Silber und machen sich auf den Weg

Doch Uhtred will seinem verräterischen Onkel zeigen, dass er noch lebt. Das erweist sich als Fehler, denn Aelfric verbreitet die Nachricht, dass es Uhtred selbst war, der einen sächsischen Aufstand gegen Earl Ragnar anführte. Als unmittelbare Folge müssen Uhtred und Brida aus Northumbrien fliehen, wo die Dänen UND Sachsen sie verfolgen…

Folge 2

Nachdem sie den Wahrsager Storri gefangen genommen haben, wagen sich Uhtred und Brida nach Bury St. Edmunds, dem Hauptort von Ostanglien. Hier liegt der verletzte König Edmund in den letzten Zügen. Ubba und Guthrum haben ihn gefangengesetzt. Mit seiner Geisel in der Hinterhand ist Uhtred in der Lage, sich Ubba anzubieten. Doch Ubba hat Aelfrics Lügengeschichte gehört und traut Uhtred nicht. Dieser muss mitansehen, wie König Edmund wie weiland der heilige Sebastian von Pfeilen durchbohrt wird, kann aber entkommen.

Nun steht im nur noch ein Weg offen: nach Süden, nach Wessex. In Winchester regiert König Aethelred. Doch dessen Bruder Alfred entwickelt großen Ehrgeiz und hat in Pater Beocca klugen geistlichen Beistand. Dank Beocca wird den flüchtigen Dänen Uhtred und Brida Obdach gewährt und der Rat des Kriegers gehört: die Dänen in eine Falle zu locken.

Folge 3

König Aethelred stirbt an der in der Schlacht erlittenen Wunde. Doch nicht etwa sein Sohn Aethelwold, ein Säufer und Schürzenjäger, wird sein Nachfolger, sondern vielmehr Alfred. Denn der genießt die Unterstützung der Kirche und der Adligen von Wessex. Gerade weil Uhtred die vorrückenden Dänen so gut kennt, nimmt Alfred ihn in seine Dienste. Ubba und Guthrum geraten außer sich, als sie Uhtred, den Verräter, an König Alfreds Seite erblicken. Die Verhandlungen über den Abzug der Dänen scheitern, vorerst. Uhtred verpflichtet sich für ein Jahr und lehrt die Sachsen die Kampftaktik der Dänen.

Als der junge Ragnar aus Irland zurückkehrt, geht Brida mit ihm und verlässt Uhtred. Doch für wie lange?

Folge 4

König Alfred ist ein schlauer Fuchs. Er hat seine Spione überall und lässt alles aufschreiben. Um Uhtred an sich und die englische Kirche zu binden, bietet er ihm seine Patentochter Mildrith zur Frau an, und Uhtred geht darauf ein. Wenn er von ihrem riesigen Schuldenberg gewusst hätte, hätte er sicher die Finger von ihr gelassen. Doch sie ist schön genug, um sie zu begehren, und ihr Land nahe Exeter ist nicht zu verachten. Schade, dass sie dort einen Dieb namens Oswald als Verwalter hat.

Alfred schließt einen faulen Friedensvertrag mit den Dänen. Als Geisel überlässt er Guthrum und Ragnar auch Uhtred. Sie sitzen in der Festung Wareham fest und bangen um ihr Leben. Wehe, wenn Ubba zurückkehrt…

Folge 5

Uhtred gelingt es, mit Ragnars Hilfe den Dänen zu entkommen. Er schlägt sich zum Cynuit-Hügel durch, wo die Kämpen König Alfreds ausharren, belagert von Ubba. Doch im Alleingang wagt er ein gewagtes Manöver: Er will die Schiffe von Ubbas Dänen verbrennen. Es kommt zu einem Zweikampf auf Leben und Tod. Werden die Westsachsen ihm zu Hilfe eilen?

Folge 6

Uhtred braucht Silber, um seinen Stammsitz Bebbanburg zurückerobern zu können. Trotz des Friedens überschreitet er, als Däne verkleidet, mit einigen Westsachsen die Grenze zu Cornwalum, um dort Beute zu machen. Hier leben keine Sachsen, sondern ihre Vorgänger, die keltischen Britonen. Sie pflegen noch sehr seltsame Bräuche. Am Hof von König Peredur verliebt er sich in die Zweit- bzw. Schattenkönigin Iseult, die seherische Fähigkeiten besitzt – solange sie jungfräulich ist. Vielleicht weiß sie sogar, wo Peredur sein Silber versteckt hat.

Uhtreds Truppe soll die Burg eines Rivalen angreifen. Doch zu seiner Bestürzung erweist sich der Feind als – noch mehr Dänen! Da er mit seinen wenigen Männern und Peredurs Leuten unterlegen ist, verbündet er sich mit dem Seeräuber Skorpa und schlägt Peredur vernichtend. Er nimmt sich Iseult und den Silberschatz. Doch Peredurs Priester Asser hat alles mitangesehen und bringt die schlimme Kunde direkt zu König Alfred. Der verurteilt Uhtred zum Tode…

Folge 7

Während des Gottesurteils, einen Schwertkampf mit Leofric, ergreifen die Dänen unter Guthrum ihre Chance und überrennen Exeter. Alfred, seine Familie und Uhtred mitsamt Gefährten entkommen nur mit viel Glück. Uhtred sieht in Alfred den einzigen Weg, um seinen Besitz Bebbanburg und seinen Titel als Adliger von Northumbrien zurückzubekommen. Deshalb folgt er ihm ins Marschland der Flussmündung des Severn: Angleney. Keine Dänenarmee, die noch bei Trost ist, würde sich in den Sumpf wagen.

Doch Uhtred gelingt es, die Flotte Skorpas, der sich mit Guthrum verbündet hat, zu zerstören und die Seeleute im Sumpf zu dezimieren. Unterdessen versucht Uhtreds Gefährtin Iseult ihre Heilkunst sowohl am König wie auch an dessen Sohn. Der Säugling droht am Sumpffieber zu sterben. Mit Blutmagie heilt Iseult den kleinen Edward. Doch Blutzauber fordert immer auch ein Opfer…

Folge 8

Alfreds Sohn ist gerettet, Priester kommen und verbreiten die Nachricht von Alfreds Überleben. Der König lässt alle Kämpfer Englands nach Wessex rufen. Da Skorpa und Guthrum nur noch über ein dezimiertes Heer gebieten, muss und kann eine einzige Schlacht über Englands Zukunft entscheiden. Doch der König hat nicht mit dem Verrat in den eigenen Reihen gerechnet…

Mein Gesamteindruck

Die erste Staffel der Serie verarbeitet die beiden ersten Bände von Bernard Cornwells Uhtred-Zyklus: „Das letzte Königreich “ und „Der weiße Reiter“ (siehe Titelliste dieser Besprechung). Anno 866 stehen die englischen önigreiche vor der Auslöschung, denn die Invasion der Dänen überrennt sie einfach. Letzte Bastion der – selbst 400 Jahre zuvor eingewanderten – Sachsen ist das Königreich Wessex, wo 871 Alfred widerrechtlich zum König gekrönt wird.

Grenzgänger

Der Sachse Uhtred, vormals Osbert, wird zum Grenzgänger zwischen den beiden Kulturen, Völkern und ihren jeweiligen Armeen. Wider Erwarten prädestiniert ihn genau die Vertrautheit mit den Dänen, bei denen er aufwuchs und zum Mann wurde, zu einer Funktion als Diplomat, Kämpfer und Berater, quasi ein mittelalterlicher Geheimagent in einer jeweils wechselnden Spezialtruppe. Die Sachsen halten den langmähnigen Heiden für einen dümmlichen Haudrauf und Werkzeug, die Dänen betrachten ihn als Verräter. Eines ist klar: Der Sieger wird Uhtreds Geschichte schreiben. Vorerst gibt es davon zwei Versionen.

Religionskrieg

Aber die Invasion der Dänen bedeutet auch einen Krieg der Religionen. Da die Sachsen Christen sind und ihr König Alfred ein Superchrist, erscheinen ihnen solche ungetauften Typen wie Uhtred als seelenlose Monster. Alfreds Frau Aelswith graut vor Uhtred, und der Adelige Odda der Jüngere will Uhtred durch Intrigen ins Jenseits befördern. Daher sollte es nicht verwundern, wenn König Alfred den Krieger zu seinem Werkzeug machen will und ihn notfalls auch verrät, etwa als Geisel in der von Dänen besetzt gehaltenen Festung Wareham.

Warum nur will sich Uhtred nicht taufen lassen, fragen sich die Sachsen – und seine sächsische Frau Mildrith erst recht. Der Grund wird erst mit der Zeit, als sich die Figur entwickelt, deutlich: Es ist die christlich-sächsische Kirche, der er sich vollständig unterwerfen müsste. Die Kirche ist eine landesweite Organisation, die keineswegs als NGO oder non-profit auftritt: Sie lebt von Zehnten (Mildrith ist hochverschuldet), Zinsen und natürlich jeder Menge Spenden. Dass sie sich ein Stück Land nach dem anderen unter den Nagel reißt, widerspricht offenbar nicht ihrem menschenfreundlichen Auftrag. In einem Prozess erhebt der Bischof von Devonshire sogar Anspruch auf Uhtreds Land. Begründung: nicht entrichtete Schulden.

In der Serie kommt die Kirche und ihre Vertreter – einzige Ausnahme ist Pater Beocca – moralisch ganz schlecht weg. Aber politisch ist die Kirche ein Machtfaktor, der nicht zu vernachlässigen ist. Und die Dänen? Sie bringen keinen einzigen Priester mit, und nur ein als „sorcerer“ (Hexer) verunglimpfter Wahrsager namens Storri tritt auf, um Ubba zu beraten. Dass er von Brida entkleidet und mit einem Zweig gequält wird, degradiert den Wahrsager zur Lachnummer. Endstand des Krieges der Religionen: Eins zu null für die Christen. Zu den letzten Szenen zählt die Taufe eines Dänenjarls.

Figuren

Es ist sehr zufriedenstellend zu verfolgen, wie sich alle Hauptfiguren weiterentwickeln. Der Grenzgänger Uhtred wird zunehmend zu einem Botschafter fremden Gedankenguts und Wissens – er darf sogar seine britonische Königin Iseult Heilhandlungen am Königskind vornehmen lassen. „Hat Gott in seiner unendlichen Weisheit nicht auch die Heiden erschaffen?“ fragt er Alfred. Wer würde sich schon über Gottes Weisheit stellen wollen?

Alfred entwickelt sich aus einem furchtsamen Theologen und Historiker – er lässt alles aufschreiben und den römischen Philosophen Boethius übersetzen – über die Zwischenstation eines magenkranken Zweiflers zu einem handelnden und entscheidenden Herrscher, der sich auch schon mal mit dem Blut seiner Feinde besudelt. Die Serie zeichnet diese erstaunliche Wandlung binnen sieben Jahren minutiös nach. Der Darsteller Alfred überzeugt durch eine glaubhafte, beeindruckende Darstellung.

Zu Uhtreds Freunden zählen Brida, Leofric und Pater Beocca. Brida bleibt, obwohl ursprünglich Sächsin, auf dänische Werte und Bräuche geeicht. Leofric, der sächsische Hauptmann, nimmt sogar dänische Kampftaktiken an – solange es seinem Sieg dient. Er ist der einzige, der Uhtred „Arschling“ nennen und zum Zweikampf auf Leben und Tod herausfordern darf. Er ist der kriegerische Mentor Uhtreds.

Pater Beocca schließlich wird ein echter Kriegermönch. Der anfängliche Federfuchser in der Bebbanburg ist zeitlebens Uhtreds Mentor und Beschützer, nicht immer erfolgreich. Am Schluss aber wirft er Uhtred denjenigen Speer zu, mit dem der Held den grausamen Skorpa niederstrecken wird. Frauenfiguren wie Hild, die ehemalige Nonne (ihr Name bedeutet „Kampf“), Mildrith und Iseult durchlaufen alle Wandlungen. Da die Inszenierung niemanden verurteilt, bleibt es dem Zuschauer überlassen, jede Figur zu bewerten.

Action, Sex, Humor

Wie unten genauer berichtet, betont die Serie nach dem Vorbild von „Vikings“ und GoT die Action auf Seiten der Männer. Dass auch Frauen wie Brida – die einzige Frau, die Hosen tragen darf – und Hild kämpfen widerspricht dem nicht sondern unterstreicht den Gewaltcharakter der damaligen Auseinandersetzungen in England. Die Action ist glaubwürdig und sinnvoll choreografiert. Es gibt keine Übermenschen, dafür aber viele Opfer, die zu beklagen sind.

Als Ausgleich dürfen sich die Augen des männlichen wie weiblichen Zuschauers immer wieder auf nackten Körpern ausruhen, die sich im Clinch des Sex näherkommen – und manchmal sogar zu Geistesblitzen führen. Voyeuristische Blickwinkel und Detailaufnahmen, die nur die sexuelle Mechanik zeigen, sind zum Glück tabu. „Rammeln, pflügen“ – die deutsche Synchronisation wirkt unbeholfen und bieder.

Aber dieser derbe Humor gehört mit zum realistischen Bild, das die Serie zeichnen will. Warum sollten sich die Kämpfer nicht über das unterhalten, was sie gewöhnlich mit Frauen tun? Frauen tun es ja umgekehrt auch – mit Ausnahmen wie der frommen Aelswith. Es wird nicht an die große Glocke gehängt, sondern einfach nur mit Bildern erzählt, wenn Ironie zur Geltung kommt. Uhtred muss mehr als einmal erfahren, wie leicht es ist, in die Bredouille zu geraten. Die Dänen zeigen, wie grausam und blutig ihre Spielart des Humors sein kann. Sie machen beispielsweise König Edmund von Ostanglien zum Heiligen, indem sie ihn wie St. Sebastian mit Pfeilen spicken. Das macht verständlich, warum die Reihe erst ab 16 Jahren (FSK) freigegeben worden ist. (FSK ist eine Empfehlung, keine Vorschrift.)

Die Blu-ray

Technische Infos

Bildformate: 1,78:1 (16:9)
Tonformate: D in DTS-HD 5.1, Englisch in DTS-HD 5.1
Sprachen: D, Englisch
Untertitel: D, Englisch
Extras: Making-of, Erschaffung einer Welt, Die Stunts, Wende-Cover, 2 Trailer

Mein Eindruck: die Blu-ray

Der Klang in DTS-HD ist einwandfrei, doch das Bild lässt zu wünschen übrig. Gerade im Halbdunkel offenbart sich zuweilen ein unansehnliches Gegriesel, auf das ich gerne verzichtet hätte.

Zu den Untertiteln, die in Deutsch und Englisch vorliegen, ist anzumerken, dass sie jeweils an die Haupttonspur gekoppelt sind, also Deutsch an Deutsch und Englisch an Englisch. Eine Kombination von deutschem Filmton und englischen Untertiteln wollte mir nicht gelingen. Mir fiel auf, dass die deutschen Untertitel stark von der Synchronisation abwichen. Wer kann, sollte sie möglichst hinzuschalten.

Übrigens ist das englische Original wesentlich expliziter als die Synchronisation. Da wird kein Blatt vor den Mund genommen. Außerdem sind hier alle Atem- und Hintergrundgeräusche zu hören, was den Dialogen viel mehr Realismus verleiht.

EXTRAS

  1. Making-of (11:32 min): Die Handlung halt sich ziemlich an die Vorlage der beiden ersten Uhtred-Romane „Das letzte Königreich“ und „Der weiße Reiter“. Natürlich wurde kräftig gekürzt, und eine Seeschlacht bekommt man ebensowenig zu sehen wie die Schlacht am Ashdown Hill am Ende der 2. Folge. Aber Bernard Cornwell erteilt dem Drehbuchautor Stephen Butchard seinen Segen.

    Das Besondere an dieser BBC-Produktion ist die Inszenierung: Statt steif deklamierender und umherstolzierender Ritter fängt die Handkamera und Steadicam das pralle, schmutzige Leben ein, wie es reale Menschen im Frühmittelalter geführt haben mögen. Regisseur Nick Murphy zeigt fast jede Szene aus dem Blickwinkel der Hauptfigur, was bedeutet, dass auch der Zuschauer nicht weiß, was da gleich auf ihn zukommt. In der finalen Schlacht von Aethendun ist der Zuschauer dann mittendrin im Schildwall der Westsachsen und erwarten bang den unmittelbar folgenden Aufprall des dänischen Schildwalls, der das Hauen und Stechen einläutet. Unmittelbarer geht’s nicht mehr.

    Neben Produzenten und dem Kameramann geben vor allem die Darsteller ihre freundlichen Kommentare ab: zum Regiestil, zum Realismus und natürlich zu den lieben Kollegen. Besonders Rutger Hauer gefiel mir mit seiner Abgeklärtheit und seiner Freude: für ihn sei ein alter Jungen-Traum wahrgeworden.

  2. Erschaffung einer Welt (15:18 min): Nachdem Produzenten und Darsteller einleitende Worte gesagt haben, erklärt der Bühnenbildner und Production Designer Marty Jones, was er sich dabei gedacht hat, mitten in Ungarn mehrere Burgen und Städte zu bauen. Die Schauspieler sind hin und weg, dass sie am Winchester-Set in einer vollständigen mittelalterlichen Stadt spielen dürfen. Auch mehrere vorhandene Klöster oder Burgen wurden innen für den Film hergerichtet, um alle Details möglichst glaubhaft präsentieren zu können.

    Warum Ungarn? Alles ist billiger als in UK oder USA – die Arbeiter, Handwerker, Drehgenehmigungen, Stuntleute und Statisten (sehr viele). Die Handwerker etwa bauten ein 30 Meter langes Wikingerboot im Maßstab 1:1 nach, zerlegten und transportierten es, um es zusammenzubauen. Schließlich wurde es (in der Cynuit-Szene) abgebrannt!

    Die Kostümbildnerin und die Makeup-Spezialisten erklären, dass es deutliche Unterschiede zwischen Sachsen und Dänen zu sehen gibt. „Die Dänen sind die Rock-Stars des Films“, und die Sachsen die grauen Mäuse. Uhtred ist mit seinem grauen Eberpelz irgendwo dazwischen. Dass er kein Sachse ist, lässt sich leicht ans einen langen Haaren ablesen. Alle Sachsen tragen ihr Haar kurz. Die „Dänen“ werden sogar von echten Skandinaviern gespielt, so etwa Ubba, Ragnar Lothbroks („Vikings“) letzter überlebender Sohn. Alle Dänen sind tätowiert. „Odin steckt im Detail“, drückt es ein Produzent aus.

  3. Die Stunts (12:40 min): Was wäre ein solches Action-Drama ohne Kämpfe und Schlachten? Sie – und die Sexszenen – sind das Salz in der Suppe. Es ist kein Geringerer als Stunt-Koordinator Levente Leszak selbst, der die Stunts und ihre – unsichtbare – Choreografie erklärt. Er tritt sogar selbst im Film auf und zwar in der allergefährlichsten Szene: Er spielt Ragnar den Älteren, der als lebende Fackel den Schwertkampf mit Kjartan und seinen Schergen aufnimmt. „Einen 45 Sekunden langen Brand-Stunt dürfte man in der Filmgeschichte lange suchen müssen“, bemerkt er trocken.

    Bei so viel Einsatz dürfen auch die normalen Schauspieler nicht zurückstehen. Sie bekamen Reit- und Fechtstunden. Da Alexander Dreymon schon Kampfsport betreibt, musste er nur noch ordentlich reiten lernen. Das Pferd von Mildrith ging allerdings immer rückwärts, wenn sie vorwärtsgehen signalisierte. Da Sicherheit vor Schauwert Vorrang hatte, kämpften die zahlreichen ungarischen Stuntleute ebenso wie die Schauspieler mit Gummiwaffen (und das kann man in Großaufnahmen sehen).

    Durchdacht ist auch der Aufbau eines Schildwalls. Er hat drei Ebenen, auf denen die Schilde jeweils Unterkörper und Bauch, Oberkörper und Kopf schützen. Woher diese Information kommt, sagt Leszak allerdings nicht, Vielleicht hat er dieses System einfach bei „Vikings“ abgeguckt. Dort ist es in der 1. und 2. Staffel zu sehen.

  4. Trailer:
    • „Guardians“: Ein offenbar russischer Actionfilm über die Bekämpfung einer Alien-Invasion in Russland.
    • „Hardcore“: Ein Jump-and-Run-Game in Egoshooter-Optik, das sich als Spielfilm ausgibt.

Unterm Strich

Als Fan von „Game of Thrones“ (vols. 1-7) und „Vikings“ (vols. 1-4) freute ich mich schon auf eine weitere actionbetonte Dramaserie. Zudem kannte ich bereits den titelgebenden ersten band des Uhtred-Zyklus. Umso erfreuter war ich, als ich feststellte, dass die Serie der Vorlage treu ist, was die Figuren und semi-historischen Abläufe anbelangt. Nein, sogar der zweite Band ist in die erste Staffel eingebaut worden, was das Ganze in einer gewaltigen finalen Schlacht enden lässt.

Sicher, der Drehbuchautor hat alle nutzlosen und teuren Episoden, die in den Büchern vorkommen, gestrichen. Wer will schon wissen, dass Uhtred zum Admiral König Alfreds avanciert? In der Endfassung der ersten Staffel fordert Alfred eine Flotte, um als Seemacht den Dänen Paroli bieten zu können. Doch dieser Impuls wird nicht in die Tat umgesetzt – vielleicht sparte sich dies die Produktion für die zweite Staffel auf. Es gäbe noch viele weitere Abweichungen aufzuzählen. Ich will es mit einem Hinweis bewenden lassen.

Mich hat die Serie genauso gut unterhalten wie „Vikings“, dessen Handlung nur etwa 70-80 Jahre vorher einsetzt (mit dem Überfall auf das Kloster Lindisfarne anno 793). Action, Abenteuer, Liebe, Sex und Humor – alles wurde in das Drama integriert, in das Uhtred verwickelt wird. Er selbst wird zum Mann heranreifen, aber die Ironie am Lob, das ihm Pater Beocca spendet, ist bitter: Uhtred hat Iseult verloren und seinen Sohn, einen Säugling – alles im Dienst am König. Aber Uhtred weiß und sagt es Brida klipp und klar: „Uhtred Ragnarsson kann niemals Uhtred von Bebbanburg werden.“ Den ihm geraubten Stammsitz zurückzuerobern ist sein Ziel, und das ist auch der größte Spannungsbogen für alle Staffeln der Serie.

Die Blu-ray

Klang und Extras der Blu-ray stellten mich vollauf zufrieden, die Bildqualität hingegen nicht immer. Zu häufig sind die grieseligen Bildwiedergaben, besonders auf Disc 2 (Folgen 4-6), wenn Szenen mangelhaft ausgeleuchtet sind. DIE Unterschiede zwischen deutschen Untertiteln und Synchronisation sind beträchtlich. Deshalb war meine Freude an der O-Fassung wesentlich größer.

[Wertung]

Mima2016: 3 out of 5 stars (3 / 5)

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