Sherlock Holmes, der wohl berühmteste Detektiv der Welt. Seine spannenden Abenteuer und seine Persönlichkeit fesseln seit ihrem Erscheinen jede Generation. Unter Holmesianern gilt die aufwändig produzierte Serie als beste Adaption der Geschichten um den Meisterdetektiv. Die 1. Staffel der legendären TV-Serie überzeugt durch erstklassig umgesetzte Bücher und einen Hauptdarsteller, der alle anderen Holmes-Interpreten in der Pfeife raucht: Jeremy Brett.

Die DVD besteht aus einem erstmals veröffentlichten, umfangreichen Buch über die Entstehung der Serie (96 Seiten), in dessen Deckel vier DVD-Discs eingebettet sind, die 13 Episoden mit einer Gesamtlänge von über elf Stunden zeigen.

Filminfos

O-Titel: The Return of Sherlock Holmes (GB 1984-1985)
Dt. Vertrieb: KochMedia
FSK: ab 12
Länge: ca. 664 Min.
Regisseure: Derek Marlowe, Paul Annett, John Bruce, David Carson, Ken Grieve, Alan Grint
Drehbuch: diverse, u.a. Richard Harris, Derek Marlowe, John Hawkesworth
Musik: diverse
Darsteller: Jeremy Brett (Holmes), David Burke (Watson), Natasha Richardson (Violet Hunter) u.v.a.

Handlung von Episode 1: „Ein Skandal in Bohemia“ (eigentlich: Ein Skandal in Böhmen)

Man schreibt den 20. März des Jahres 1888, und als Watson sich bei Holmes einfindet, bekommt er wieder einmal eine eindrucksvolle Kostprobe von Holmes’ außergewöhnlicher Beobachtungsgabe und Deduktionsvermögen. Doch in diesem neuesten Fall stößt der Meisterdetektiv selbst auf eine Meisterin ihres Faches, die ihm fortan Respekt vor dem weiblichen Geschlecht einflößt.

Ein maskierter Mann, der sich „Graf von Tramm“ nennt, wendet sich an Holmes. Er habe in jungen Jahren die Dummheit begangen, sich in Warschau mit der Schauspielerin Irene Adler einzulassen, doch ihre Wege trennten sich. Nun wolle er eine sittenstrenge Dame der besten Kreise heiraten, um den Thron zu besteigen. Die 1858 geborene Abenteurerin besitzt jedoch noch Briefe von ihm – die man als Fälschung hinstellen könnte – aber auch ein Bild, welches sie zusammen zeigt. Dieses Bild würde sie, so droht die Adler, an die Braut schicken, um jede Heirat zu sabotieren.

Ob Holmes wohl behilflich sein könnte, dieses kompromittierende Bild zu beschaffen? Die Dame lebe ja schließlich hier in London. Mehrere Versuche, das Bild zu finden und durch Einbrecher zu beschaffen, seien bereits gescheitert. Das Bild muss aber in Irene Adlers nächster Nähe sein, damit sie es bei jeder Gelegenheit gleich zur Hand hat. Wo kann es nur sein?

Holmes ist bereits, den Auftrag zu übernehmen, aber das gut bezahlte Unternehmen erfordert alle seine Verkleidungskünste. Und auch Watson muss seine Rolle spielen. Sie erfahren, dass Miss Adler klammheimlich einen Juristen geheiratet hat und nun eine Frau Norton ist. Und ausgerechnet den verkleideten Holmes, der sie beschattet, nehmen sie als ihren Trauzeugen in Dienst. Welch ein Spaß, findet Holmes. Und er hat sogar eine beachtliche Geldsumme dafür bekommen! Aber noch hat er das Bild nicht…

Mein Eindruck

In der Tat findet der Meisterdetektiv in Irene Adler eine ebenbürtige Gegnerin. Und so lässt er sich nach einem actionreichen Manöver und einem zu des Fürsten Zufriedenheit erledigten Auftrag das Bild der Dame übergeben – es ist ihm kostbarer als alle Diamanten, die der Fürst zu bieten hat.

An dieser humorvoll inszenierten Story hat mich besonders die offensichtliche Ähnlichkeit mit Edgar Allan Poes berühmter Erzählung „Der entwendete Brief“ geärgert. Dort wird besagter Brief von einem Mann (einem Minister) vor der Nase der Suchenden versteckt, und es ist eine Dame der besten Gesellschaft, die den kompromittierenden Brief durch den berühmten Pariser Detektiv Auguste Dupin suchen lässt. Die Geschlechter sind also umgekehrt verteilt wie in Doyles Story. Auch der Ausgang ist anders, aber sonst ist das zentrale Motiv dasselbe. Hier hat der Lehrling vom Meister gelernt.

Die deutsche Version unterschlägt die kurze Szene, in der die Kokainspritze Holmes’ zu sehen ist und auf die Watson ihn empört-besorgt anspricht. In dieser restaurierten Fassung ist diese Szene, mit Untertiteln versehen, wieder eingefügt.

Handlung von Episode 2: „Die tanzenden Männchen“

Ein Ehepaar kümmert sich gerade friedlich um seinen schönen englischen Garten, als die Frau etwas erblickt, das sie in Panik in feudale Herrenhaus eilen lässt. Sie schließt sich ein. Ihr Gatte entdeckt ein paar harmlos aussehende Kreidezeichnungen, die aussehen wie tanzende Männchen. Captain Hilton Cubitt fährt aus dem fernen Derbyshire zu dem einzigen Mann, der ihm helfen kann: Holmes.

Der ist glücklich, wieder mal einen Code knacken zu dürfen, denn als solchen betrachtet er die tanzenden Männchen. Man beachte nur einmal die Fähnchen am Ende jedes Wortes. Aber woher könnte Mrs Cubitt diesen Code kennen? Ihr Gatte erzählt, wie er Elsie Patrick vor drei Jahren kennenlernte und sich sofort in sie verliebte. Er versprach ihr, sie nie nach ihrer Vergangenheit zu fragen. Doch als vor drei Monaten ein Brief aus Chicago eintraf, veränderte sie sich. Sie verbrannte den Brief, doch dann tauchten die Männchen auf, und ihre Nervosität wurde immer schlimmer.

Holmes analysiert drei codierte Botschaften. Um herauszufinden, was „ABE SLANEY“ bedeutet, schickt er je ein Telegramm an den Polizeipräsidenten von Chicago und an Scotland Yard. Unterdessen ereignet sich auf Captain Cubitts Herrensitz ein tragisches Unglück. Als Holmes die Nachricht erhält, bei ABE SLANEY handle es sich um einen gesuchten Schwerverbrecher, eilt er mit Watson nach Derbyshire, um Schlimmes zu verhüten.

Er kommt zu spät, um das Unglück zu verhüten. Nun ist es an ihm, den Verbrecher der gerechten Strafe zuzuführen, doch die Polizei ist der Ansicht, dass Mrs Cubitt ihren Mann umbringen wollte…

Mein Eindruck

Diese Folge zeigt Holmes bei der exakten Rekonstruktion des Tathergangs, die zwei erstaunliche Ergebnisse zeitigt: Es gab einmal zwei zeitgleiche Schüsse, die wie einer klangen, und einen dritten Schuss, den der Schütze auf sich selbst abfeuerte! Das Dienstpersonal hörte natürlich nur zwei Schüsse. Außerdem klärt er mit Elsie Patrick und weiteren Informationen aus Chicago das Geheimnis der tanzenden Männchen auf. Sie sind der Code, dessen sich eine Verbrecherorganisation dortselbst bediente und die Elsie, als Tochter eines Bandenführers, nur zu gut kannte…

Die Inszenierung ist bemerkenswert wirkungsvoll gelungen. Der Regisseur / Kameramann machte sich zudem einen Spaß daraus, die weißen Strichmännchen quer über das Bild laufen zu lassen, als erschienen sie im Bewusstsein des träumenden Captain Cubitt.

Handlung von Episode 3: „Das Marineabkommen“

Holmes und Dr. Watson werden zum Krankenbett von Percy Phelps gerufen, einem Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes Ihrer Majestät. Percy kennt Watson noch von der Schule, deshalb ist der Empfang relativ herzlich. Wo drückt der Schuh? Percy sind die Dokumente eines eminent wichtigen Flottenabkommens mit Italien aus seinem Büro gestohlen worden. Das war vor zehn Wochen. Dabei hatte ihm sein Onkel Lord Holdhurst, der derzeitige Außenminister, ihm erstmals einen wichtigen Auftrag gegeben. Und nun das! Die Sorge warf ihn aufs Krankenbett, und erst jetzt, gepflegt von seiner Verlobten Miss Harrison, ist er halbwegs wiederhergestellt.

Wer würde ein Geheimdokument stehlen und wozu? Der Dieb würde versuchen, die Dokumente an eine ausländische Macht zu verkaufen und unweigerlich würde auch die Presse Wind von dessen Inhalt bekommen. Weil aber bislang in den Medien nichts darüber zu lesen war, vermutet Holmes stark, dass die Dokumente momentan gar nicht im Besitz des Diebes sind. Doch die Zeit drängt: Bald wird die Regierung eine offizielle Erklärung dazu abgeben. Dann sind die Dokumente auf dem Markt nichts mehr wert.

Der Dieb muss rasch reagieren. Holmes legt sich auf die Lauer und erwartet ihn. Er erlebt eine Überraschung.

Mein Eindruck

Was tut man nicht alles für einen Schulfreund und fürs britische Vaterland! Watson und Holmes hängen sich gleichermaßen rein, doch Holmes kommt zu einer verblüffenden Lösung. Das ist durchaus spannend, und Holmes bekommt Gelegenheit, sich mit seinem Stockdegen, den er stets mitführt, gegen das Messer des Einbrechers durchzusetzen. Außerdem brilliert die Inszenierung durch den effektvollen Einsatz von Schatten an der Wand.

Was mich aber störte, ist die Behauptung, jemand könne neun Wochen lang mit einem „Nervenfieber“ darniederliegen. Das kommt besonders im Lichte heutiger Behandlungsmöglichkeiten recht unwahrscheinlich vor. Aber vor 100 Jahren kann ja alles ganz anders gewesen sein.

Handlung von Episode 4: „Die einsame Radfahrerin“

Violet Smith radelt vom Lande bis in die Londoner Baker Street, um Holmes zu bitten, um ihr zu helfen: Sie werde verfolgt. Sie arbeitet als private Musiklehrerin bei Mr Carruthers in Surrey, der ihren Onkel in Afrika kannte. Für die Unterrichtung seiner Tochter Sarah erhält Violet die astronomische Summe von 100 Pfund Sterling im Jahr. Klar, dass sie ihm zusagte und das Angebot seines Kompagnons Mr. Woodley ausschlug, der ihr obendrein einen Antrag machte. Carruthers ist ebenfalls an ihr interessiert, doch ist bereits mit Cyril Morton, einem Ingenieur, verlobt.

Doch nun werde sie fast jeden Tag von einem seltsamen Radfahrer verfolgt, wenn sie von Chiltern Hall, ihrem Arbeitsplatz, von und zum Bahnhof radle. Doch der Verfolger nähere sich ihr nie mehr als auf ein paar Schritte und stoppe auch, wenn sie anhalte. Äußerst merkwürdig. Sie hat den Eingang zu dem Haus von Carlington Hall im Auge, in dessen Nähe er sich meist herumtreibe. Aber warum bloß? Holmes nimmt den Auftrag an und legt sich mit Watson auf die Lauer.

Mein Eindruck

Diese Episode ist höchst spannend, denn so rätselhaft sie auch zunächst scheinen, so spannend und actionreich ist doch ihr Finale. Hier sehen wir Holmes auch in voller Aktion, als er einen Boxkampf mit Mr Woodley nach allen Regeln der Kunst austrägt – schließlich war Holmes selbst mal Boxer. Etwas bizarr ist allerdings die unorthodoxe Trauung durch einen Exgeistlichen.

Handlung von Episode 5: „Der verkrüppelte Mann“

Holmes und Watson besuchen die Militärkaserne in Aldershot, wo das Mellows-Regiment stationiert ist. Der eigentliche Kommandant, Oberst Barclay ist vorige Nacht ums Leben gekommen, und nun ist es seinem Stellvertreter um Ehrenrettung zu tun. Doch Holmes ist gnadenlos und verlangt Fakten, Fakten, Fakten! Nun denn: Um 23:00 Uhr fand Barclays Bursche Bates seinen Herrn erschlagen neben einer seltsam geformten Keule und Mrs Barclay unweit daneben, aber am Leben. Die Keule stammt nicht aus dem Haus, und die Tür war von innen verschlossen.

Am Tatort vernimmt Holmes die Dienerschaft und es kommt heraus, dass das Ehepaar nachts zuvor einen heftigen Streit hatte. Das war, nachdem Mrs Barclay einen Wohltätigkeitsbasar besucht hatte. Erst als Holmes ihr klarmacht, dass sie unter Mordverdacht stehe, redet Nancy Barclay. Sie haben auf jener Wohltätigkeitsveranstaltung einen Buckligen wiedererkannt, der aus dem Orient kam. Es handelt sich um Henry Wood, ihr erster Verlobter aus Indien. Damals war er ein hübscher junger Mann und sie die hübscheste Frau des Regiments.

Doch ihr Vater war gegen diese Verbindung, denn Wood kam aus ärmlichen Verhältnissen, und gab Barclay den Vorzug, der begütert war. Und bevor sie miteinander durchbrennen konnten, brach der Audfstand der Sepoys aus, bei dem alle englischen Forts in Indien belagert wurden. Eines Nachts sollte ein Bote zu einem britischen general geschickt werden, um Entsatz zu holen, und Henry Wood meldete sich freiwillig. Barclay zeigte ihm den Weg, wie er durch die feindlichen Linien gelangen könne, doch sie habe – bis gestern – nie erfahren, was aus ihm geworden sei. Als Henry ihr alles erzählte, sei ihr klar geworden, was für ein mieses Schwein ihr Gatte war. Aber hat sie ihn deshalb umgebracht, fragt sich Holmes.

Mein Eindruck

Ein Locked Room Mystery, wie Holmes es liebt! Und doch konzentriert sich die Inszenierung nicht auf dieses Rätsel (das alsbald gelöst ist), sondern auf die brutale Realität des indischen Krieges während des Sepoy-Aufstandes zwischen 1857 und 1858, in dem es zu blutigen Massakern kam, als sowohl die indischen Truppen – Sepoys – als auch die britischen Hilfstruppen der Sikhs und der Gurkhas äußerst rücksichtslos kämpften. Es wurde sogar ein indischer Kaiser proklamiert. Nach der volständigen Vernichtung der Rebellen wurde Indien zum britischen Vize-Königreich und Königin Victoria 1877 zur Kaiserin von Indien erklärt.

Diese Folge scheut sich nicht, die Brutalitäten offen zu zeigen, die Henry Wood am eigenen Leib erfahren musste, nachdem Barclay ihn an die Sepoys verraten hatte. Zarte Gemüter seien also gewarnt! Doch letzten Endes gehört unserere Sympathie dem leidgeprüften Wood. Interessant ist noch die Parallele zum biblischen König David, den Nancy Barclay zitiert. David begehrte Uriahs Weib Bathseba, nachdem er sie im Bade gesehen hatte, und schickte seinen Feldherrn Uriah in den sicheren Tod, um ihn zu „beerben“.

Handlung von Episode 6: „Das gefleckte Band“

Holmes weckt Watson, denn sie haben wieder eine Klientin. Im Wohnzimmer hat eine tief verschleierte Frau Platz genommen, die sich als Helen Stoner vorstellt. Als sie den Schleier lüftet, blickt ihnen ein kaum dreißigjähriges, leidgeprüftes und blasses Gesicht entgegen. Das Haar wird bereits von grauen Strähnen durchzogen. Was hat soviel Leid hervorgerufen, fragt sich Watson.

Sie habe Todesangst, erzählt sie. Dabei will sie in zwei Monaten heiraten. Ihr Verlobter hält ihre Ängste für Einbildung, doch sie hat guten Grund dafür: Ihre Schwester Julia ist bereits an einer unbekannten Ursache im Zimmer nebenan gestorben. Niemand weiß, wodurch. Helen bittet Holmes um Rat.

Der Detektiv sagt sein Kommen zu, denn er nimmt den Fall ungewöhnlich ernst. Und mit Recht, denn kaum ist die junge Frau wieder gegangen, erscheint Dr. Grimesby Roylott, ihr Vater, unter dem sie offenbar zu leiden hat. Sein jähzörniges und grobes Auftreten sowie die Drohungen, die er gegen Holmes, sollte er sich einmischen, ausstößt, charakterisieren ihn als gefährlichen Choleriker. Und wer weiß, was er an gefährlichen Dingen aus Indien, wo er Helens Mutter kennenlernte, mitgebracht hat?

Als Holmes mit Watson und Miss Helen den Tatort untersucht, fallen ihm verschiedene Merkwürdigkeiten auf. Es werden noch sehr viel mehr, als es ihnen gelingt, auch Dr. Roylotts Arbeitszimmer in Augenschein zu nehmen. Durch Renovierungsarbeiten, die lediglich einen Vorwand bilden, ist Helen gezwungen, im gleichen Zimmer wie das Todesopfer zu nächtigen. Als sich Watson mit Holmes nachts auf die Lauer legt, ist ziemlich klar, dass der Detektiv mit einem weiteren Mordanschlag rechnet. Vorsichtshalber hat er einen Revolver mitgenommen – bei Leuten wie Dr. Roylott kann man nie wissen.

Im entscheidenden Moment dringen seltsame Laute und Schreie aus den Zimmern. „Vorsicht, Watson – es besteht höchste Gefahr!“ flüstert Holmes, als sie ins Haus eindringen. Denn natürlich kennt Holmes bereits die Lösung des Rätsels.

Mein Eindruck

Mit großer Freude habe ich diese Folge angeschaut, denn auch hier handelt es sich wieder einmal um ein Beispiel des „Locked room mystery“, das bei Autor Doyle so beliebt war (siehe „Das Zeichen der Vier“): Obwohl Helen Stoners Schwester wohlbehütet eingeschlossen war, ist sie am nächsten Morgen mausetot. Um dieses Rätsel zu lösen, ist natürlich kein Geringerer als Sherlock vonnöten.

Bei seinem Vorgehen wirkt Holmes diesmal allerdings recht unorthodox, ja geradezu versessen darauf, ein wenig Action zu genießen. Obwohl er das Rätsel in Nullkommanix gelöst hat, muss er noch dem Täter das Handwerk legen. (Sicher spart die Polizei dadurch eine Menge Kosten für den Einsatz vor Ort.) Dazu ist a) eine Falle aufzustellen und b) der Köder zu platzieren. Sodann haben sich die beiden Jäger Holmes und Watson auf die Lauer zu legen, wobei sie der aggressiven lokalen Faune ebenso aus dem Weg gehen müssen wie den in der Nähe kampierenden Zigeunern. Im entscheidenden Augenblick gilt es dann noch dem Köder – die zähneklappernde Helen Stoner – das Leben zu retten und das Mordinstrument zu verjagen. Die Folge inszeniert die Schlange mit ungewöhnlicher Bedrohlichkeit.

Daher hat mir diese Story wesentlich besser gefallen als die erste, stehe ich doch auf Geschichten, in denen etwas passiert und die Handlung ordentlich vorankommt. Auch diese Geschichte basiert wieder einmal auf „culture clash“, denn der Arzt Dr. Roylott hat eine Menge Fremdkörper aus Indien mit in seine Heimat gebracht, und das sind keineswegs seine beiden hübschen Töchter…

Der deutsche Autor Klaus-Peter Walter hat in seinem Roman „Sherlock Holmes im Reich des Cthulhu“ plausibel erklärt, dass sich eine Schlange weder mit Pfeifen noch mit Milch dressieren lässt. Hier ist Doyle einem Irrglauben aufgesessen.

Handlung von Episode 7: „Der blaue Karfunkel“

Ein Mann wird in London spätabends überfallen, und der Dienstmann Jim Peterson eilt ihm zu Hilfe. Doch seltsamerweise eilt der Überfallene ebenso von dannen wie seine Peiniger. Das, was er zurücklässt, nimmt der brave Jim vorsichtshalber an sich und bringt es seiner Frau Betty: eine so schöne Gans käme doch zu Weihnachten gerade recht, oder? Da wäscht sie ihm erst einmal den Kopf: Was er sich da eingebrockt habe? Und woher komme denn der blaue Edelstein, den sie im Kropf der Gans gefunden habe, hm?!

Statt zur Polizei, die Jim sicher verdächtigen würde, schickt Betty ihn zu Sherlock Holmes, für den ihr Sohn schon Spitzeldienste erledigt und Jim schon Depeschenzustellung erledigt hat. Holmes ist sofort im Bilde: Der Edelstein ist „Der blaue Karfunkel“, ein chinesisches Juwel, auf dessen Weg schon einige Verbrechen passiert sind. Er gehört der Gräfin Morcar, die danach schon seit Tagen per Zeitungsinserat suchen lässt.

Der Klempner Horner wurde unschuldig verhaftet, weil er angeblich den Stein gestohlen habe. Doch neben dem Stein und der Gans gehört zu Jims Fundsachen auch ein Hut, der die Initialen seines Besitzers trägt: H.B. Nach diesem lässt Holmes per Annonce suchen: Er möge seinen Hut und seine Gans abholen. Vom Stein sagt er kein Wort. Aber auf dem Weg, den die Gans gegangen ist, stoßen er und Watson vielleicht auf den wahren Dieb und können so einen Justizirrtum an John Horner verhindern. Außerdem hat die Gräfin 1000 Pfund für die Wiederbeschaffung des Steins ausgesetzt…

Mein Eindruck

Es ist Weihnachten und den Menschen ein Wohlgefallen. Folglich müssen zwar die Gänse dran glauben, doch Unschuldige wie Horner sollten möglichst verschont bleiben, findet Holmes. Nachdem er sich mit Watson in Covent Garden und diversen Gänsebesitzern herumgetrieben hat – es gibt erstaunlich viele davon in London – kommt er dem wahren Dieb des blauen Karfunkels (Karfunkel sind in der Regel ROT) auf die Schliche. Doch als er ihn gestellt und entlarvt hat, sollte er ihn eigentlich der Polizei übergeben. Watson, der bislang immer Holmes’ Gewissen gespielt hat, ist befremdet. Holmes lässt den Dummkopf einfach laufen. Aber wenigstens sorgt er auf Watsons Anraten dafür, dass John Horner aus dem Gefängnis freikommt. Es bleibt jedoch im Dunkeln, was er den Bobbys gesagt hat, um Horner zu entlasten.

Handlung von Episode 8: „Das Haus ‚Zu den Blutbuchen’“

Holmes überlegt, ob er das seltsame Ansinnen einer gewissen Violet Hunter (Natasha Richardson, die 2009 ums Leben kam) beachten soll. Sie fragt ihn nämlich brieflich, ob sie den Posten einer Gouvernante annehmen soll. Ist er denn neuerdings unter die Berufsberater gegangen? Und da kommt sie auch schon, nach fünf Jahren plötzlich arbeitslos. Ihre einzige Chance sei es, für diesen merkwürdigen Mr. Rucastle in seiner Villa Blutbuchen als Kindermädchen seines Sohnes zu arbeiten. Aber eines sei merkwürdig: Sie soll zuvor ihr wunderschönes Haar abschneiden! Holmes bezweifelt dennoch die Seriosität des Angebots nicht.

Wie man sich irren kann! Watson schüttelt den Kopf. Denn schon bald schickt Violet Hunter Briefe, die alles andere als beruhigend wirken. Es gibt einen finsteren Hausverwalter, der der einzige ist, dem der Bluthund gehorcht. Der Junge, um den sie sich kümmern soll, ist ein Tierquäler, und der Dachboden ist eine verbotene Zone. Allnächtlich taucht zudem ein junger Mann vor der Villa auf, der etwas von ihr zu wollen scheint und versucht, das Grundstück zu betreten, aber vom Bluthund verjagt wird.

In der Tat: Hier geht es nicht mit rechten Dingen zu, finden Holmes und Watson und machen sich auf den Weg nach Winchester, um der Villa Blutbuchen einen Besuch abzustatten. Sie ahnen nicht, dass sie sich in Gefahr begeben müsen, um ein Leben zu retten. Und Violet Hunter muss Mut beweisen, will sie ein Verbrechen verhüten.

Mein Eindruck

Die Geschichte Violets beginnt mit ihrer rätselhaften Verwandlung in eine andere – ein klassisches Poe-Motiv der vertauschten Identität. Außerdem kommt noch das Geheimnis des verbotenen Turmzimmers hinzu – ein klassisches Mächenmotiv. Der Showdown, in dem Holmes und Watson mit Violet zusammenarbeiten müssen, ist ein Wunderwerk an spannendem Zeitablauf der Ereignisse. Nichts davon darf verraten werden. Doch am Schluss ereilt den wahren Verbrecher die gerechte Strafe.

Handlung von Episode 9: „Der griechische Dolmetscher“

Dieser Fall wird Sherlock Holmes von seinem sieben Jahre älteren Bruder Mycroft zugetragen, von dem Dr. John Watson fast kaum etwas weiß. Holmes bietet ihm daher eines Tages an, ihn zum Diogenes-Klub zu begleiten, in dem Mycroft Holmes Mitglied ist. Das sei einer der merkwürdigsten Klubs der Hauptstadt: Man sei zu Schweigen verpflichtet, und die Mitglieder müssten einander ignorieren. Folglich erwartet Watson nicht viel von Mycroft.

Er wird aufs Angenehmste enttäuscht. Holmes erklärt, Mycroft verfüge über eine noch schärfere Beobachtungsgabe und schlussfolgere besser als er selbst. Diese Fähigkeiten demonstriert Mycroft anhand eines harmlosen Passanten. Doch leider fehlt ihm die Tatkraft und Entschlossenheit seines Bruders, um Verbrecher auch dem Arm des Gesetzes zuzuführen. Daher macht er ihn auf den Fall des Mr. Melas aufmerksam.

Der Herbeigerufene erzählt Holmes seine ungewöhnliche Geschichte. Kaum aus Athen angekommen, sei er entführt worden. Vor zwei Tagen habe ihn ein gewisser Mr. Harold Latimer in seiner Kutsche aufs Land hinausfahren lassen, doch seltsamerweise waren die Fenster mit Papier verklebt. Als Mr. Latimer einen Totschläger gezückt und ihm mit körperlichem Schaden gedroht habe, habe er, Melas, sich in sein Schicksal gefügt. Latimers Komplize, ein kichernder Dicker mit Brille, habe ihm ebenfalls gedroht.

In einem Landhaus hielten die beiden einen ausgemergelten und bandagierten Landsmann namens Paul Kratidis gefangen, dem Melas die Forderungen der Verbrecher übersetzen musste. Er sollte Papiere unterschreiben und seine Zustimmung zu einer Vermählung geben. Kratidis weigerte sich jedoch. Als eine Frau namens Sophie hereintrat, fielen sie und Kratidis sich wie Bruder und Schwester in die Arme. Melas gelang es, ein paar Informationen zu gewinnen. Doch nach Sophies Auftauchen musste er verschwinden. Man warf ihn auf der Straße aus der Kutsche.

Doch als er sich an Mycroft wandte, machte dieser einen verhängnisvollen Fehler: Er suchte per Annonce nach Sophie Kratidis und Harold Latimer. Dadurch hat er Mr. Melas in Gefahr gebracht, denn nun wissen sicher auch Latimer und sein Komplize über Melas’ Verrat Bescheid. Sherlock übernimmt den Fall. Da Mycroft inzwischen eine Antwort auf seine Annonce bekommen hat, weiß man, wo Sophie Kratidis zu finden ist. Zusammen mit Inspektor Gregson fahren die Detektive und Watson auf Sophies Gut nach Beckenham. Doch Melas kann nicht mit: Er wurde bereits erneut entführt.

Die Gesetzeshüter müssen sich beeilen, um das Schlimmste zu verhüten.

Mein Eindruck

Entführung, Erpressung, Menschenraub – die Story geht ans Eingemachte. Ohne Zweifel ist hier die Tatkraft und Entschlossenheit von Sherlock Holmes gefragt und nicht etwa nur die kontemplative Sophisterei seines Bruders Mycroft. Was der Story allerdings fehlt, ist ein handfester Showdown. Die Verbrecher sind bereits über alle Berge, als Holmes und seine Truppe im Gutshaus eintreffen. Deshalb erfolgt in der TV-Folge eine Verfolgungsjagd auf dem Zug nach Dover, und diese Verfolgung führt endlich zum gewünschten Sieg der Gerechtigkeit.

Zwei positive Aspekte vermittelt die Erzählung. Die Gesetzeshüter fühlen sich selbstverständlich auch für die in England lebenden Ausländer wie Mr. Melas und die beiden Kratidis’ zuständig und handeln ihrer Verantwortung gemäß. Zweitens haben wir nun auch Mycroft kennengelernt. Er mag ja angesehener Buchprüfer sein und über Scharfsinn verfügen, doch hilft dies den Klienten seines Bruders herzlich wenig, wenn er keine Anstalten macht, die Übeltäter zur Strecke zu bringen.

Wären Mycroft und Sherlock jemals ein Team geworden, so wäre vielleicht Mycroft der lenkende Kopf geworden und Sherlock die ausführende Hand. Ihre Schnittmenge besteht in Beobachtungsgabe und Schlussfolgerungsfähigkeit. Sherlock verfügt zudem über Kunstsinn und Kreativität. Es wird erwähnt, dass er dies möglicherweise von seiner Oma geerbt hat, die die Schwester eines französischen Kunstmalers gewesen sei. Mycroft verblasst ihm gegenüber, doch taucht er immer wieder in Doyles Holmes-Erzählungen auf, so etwa als Berater in Regierungskreisen in der Story „London im Nebel“.

Handlung von Episode 10: „ Der Baumeister von Norwood“

Ein junger Anwalt namens John Hector McFarlane wendet sich hilfesuchend an Holmes, bei dem er sich auf die Zeitungsmeldung über den Brand im Viertel Lower Norwood bezieht. Der Baumeister Jonas Oldacre, der dabei ums Leben gekommen sein soll, war sein Mandant. Nun werde er selbst als Mordverdächtiger gesucht, weil er der letzte Besucher Oldacres war. Aber er sei unschuldig! Dumm nur, dass er seinen signierten Spazierstock beim Besuch vrgessen habe.

Inspektor gewährt McFarlane auf Homes’ Bitte hin Zeit für seinen erstaunlichen Bericht. Denn Oldacre setzte seinen Anwalt, der lediglich der Sohn seiner früheren Freundin ist, als Alleinerben ein. McFarlane erledigte die Ausfertigung des Testaments wie gewünscht. Dieses sei zwar wohl verbrannt, aber er kann Holmes Oldacres Testamentsentwurf übergeben, bevor er abgeführt wird. Der Entwurf sieht schludrig hingesudelt aus, wie im Vorortzug geschrieben.

Als Holmes und Watson Mrs McFarlance besuchen, schildert sie Oldacre als einen grausamen Mann, der fähig ist, Schmerz zuzufügen, deshalb habe sie ihn abgewiesen und einen gütigen, wenn auch ärmeren Mann geheiratet. Ihr Sohn erfuhr davon und war bestürzt – ein Tatmotiv? Holmes fährt zur Brandstätte von Oldacres Haus: Nur der Vorbau ist niedergebrannt, der Rest steht einwandfrei. Doch er stößt auf einige merkwürdige Fundstücke und Umstände, die ihn erneut an der Effizienz der Londoner Polizei zweifeln lassen. Und deshalb lässt er schließlich selbst Feuer legen…

Mein Eindruck

Auch dies ist ein klassischer Fall, in dem Indizien Holmes auf die richtige Spur führen. Aber er muss noch ein paar Informationen von den Lanstreichern der gegend einholen und verkleidet sich zu unserem Vergnügen als Penner, der am Lagerfeuer den Geschichten eines „Standeskollegen“ lauscht, die höchst interessant sind: denn dieser Kollege jammert über die Untreue seines eigenen Kollegen, der ihn schnöde im Stich gelassen habe und einfach verschwunden sei. Später stößt Holmes auf eine bauliche Ungereimtheit in Baumeister Oldacres Haus, der er sofort auf den Grund geht – mit einem kleinen Feuerchen unterm Dach…

Handlung von Episode 11: „Der Dauerpatient“

Holmes und Watson sind beim Barbier, wo Holmes hypernervös einen bestimmten takt auf die Armlehne klopft. Der Grund: Mrs Hudson macht Frühjahrsputz und hat beide ausgesperrt. Welch ein Zustand! Watson demonstriert seine Deduktionskraft, indem er versucht, die Klopfzeichen als Morsecode zu entschlüsseln – völlig daneben!

Die Kutsche des Nervenarztes Percy Trevelyan steht schon vorm Haus, als sie zurückkehren. Er wendet sich an Holmes, weil sich in seinem Haus in der Brook Street sonderbare Dinge ereignen. Vor zwei Jahre habe ihn ein Mr Blessington (von engl. „blessing“ = Segen) in seiner Bude aufgesucht und ihm angeboten, ihm eine richtige Arztpraxis zu kaufen und auszustatten. Im Gegenzug verlangte der Gönner drei Viertel von Trevelyans Einnahmen. Der Arzt ließ sich darauf ein, worauf sich Blessington ein Zimmer über der Praxis einrichtete, das er fortan bewohnte – sozusagen als Dauerpatient.

Alles lief bestens bis Blessington vor ein paar Wochen aufgeregt und angstvoll von seinem täglichen Spaziergang zurückkehrte und alle Fenster mit Gittern und Türen mit besseren Schlössern versehen ließ. Der Grund: Er bewahrt all sein Geld in einer Truhe am Fußende des Bettes auf. Das war Anfang Mai. Gestern nun kamen zwei russische Gentlemen, von denen der ältere vorgab, an Katalepsie (Starrsucht) zu leiden, während der jüngere dolmetschte. Als der Patient erstarrte, ging Trevelyan in sein Labor, um Amylnitrat für eine Infusion vorzubereiten. Als er zurückkam, war der alte Mann weg, der jüngere ebenso! Da trat Blessington aus seinem Zimmer und rief, es sei alles in Ordnung und nichts gestohlen, aber nur Sherlock Holmes könne ihm jetzt noch helfen!

Holmes und Watson begleiten Trevelyan höchst beunruhigt ins Arzthaus, wo Blessington sie jedoch mit geladener Pistole bedroht, bis sie ihm beweisen können, wer sie sind. Er ist schweißüberströmt, als sei er in Todesangst. Dennoch leugnet er, die zwei Russen zu kennen oder gesehen zu haben. Holmes ist nicht bereit, sich zum Narren halten zu lassen und geht wieder. Am nächsten Morgen findet man Blessington erhängt in seinem Zimmer. Holmes macht sich auf die Spurensuche und widerspricht damit der sonnenklaren Theorie des Polizeiinspektors, der Mann habe sich aus Furcht selbst erhängt.

Schon bald findet Holmes jede Menge Spuren, die das Gegenteil beweisen…

Mein Eindruck

Wie so häufig, ergeben die rätselhaften Ereignisse kein klares Bild: Sie sind ein klassisches „Mystery“. Nach erfolgtem Verbrechen liefern die Spuren zwar Hinweise auf die Täter, aber kein Motiv. Dies ergibt sich erst aufgrund von Holmes’ etwas chaotischem Kriminalarchiv. Im März 1880 fand der Banküberfall der Worthington-Bande statt – und alle Täter bis auf einen landeten im Kittchen. Nun muss man bloß noch 1 und 1 zusammenzählen…

Das interessanteste Feature dieser Folge sind wohl die beiden Russen, von ndenen der ältere mit schwerem Akzent spricht. In Wahrheit ist er natürlich überhaupt kein Russe! Wieder mal geigt Holmes gar schauerlich, wodurch sich Watson in der Abfassung seines Berichts gestört fühlt. Kühl schlägt der Meisterdetektiv den Titel „Der Dauerpatient“ vor, und Watson fällt wirklich keine treffendere Alternative ein. Man fragt sich wirklich, wie es Watson je mit einem solchen Schnösel ausgehalten hat!

Handlung von Episode 12: „Die Liga der rothaarigen Männer“

Mr Jabez Wilson hat sich an Holmes gewandt, weil er sich betrogen fühlt. Und das kam so. Der Londoner Pfandleiher hat einen Assistenten namens Vincent Spaulding, der gerne fotografiert und dafür öfters im Keller arbeitet. Vince las Wilson am 27. April 1890 die Annonce des „Bundes der Rothaarigen“ vor. Und weil Wilson selbst stolzer Besitzer eines feuerroten Schopfes ist, meinte Vince, er könne doch mal auf die Anzeige hin vorstellig werden. Ein reicher Ami habe in seinem Testament verfügt, nur männliche Londoner Rothaarige dürften von seinem Bund der Rothaarigen profitieren. Sie bekämen nämlich die königliche Summe von vier Pfund Sterling im Monat.

Als Wilson sich für die vakante Stelle im Bund bewirbt, wird er von einem Mann gemustert, der sich Duncan Ross nennt. Obwohl Massen von rothaarigen Bewerbern das Haus des Bundes belagern, wird Wilson – nach einer kleinen, aber schmerzhaften Prüfung der Echtheit seines Schopfes – angenommen. Für seine 4 Pfund muss er lediglich zwischen 10 und 14 Uhr persönlich in diesem Gebäude anwesend sein und die „Encyclopedia Britannica“ abschreiben. Das sieht nach einer Lebensstellung aus, denn bekanntlich ist die „Britannica“ ziemlich umfangreich.

Doch schon nach acht Wochen erhält er die fristlose Kündigung und auf Anfrage ist kein Duncan Ross aufzutreiben. Eine Postkarte teilt ihm mit, der „Bund der Rothaarigen“ sei aufgelöst. Wie sich zeigt, ist Ross ein Anwalt, der gesucht wird. Und als Wilson auch Vincent Spaulding beschreibt, ist Holmes’ Interesse geweckt: Es handelt sich offenbar um keinen anderen als John Clay, einen gesuchten Kriminellen.

Mit dem Polizisten Jones und dem Bankdirektor Merriweather legt sich Holmes mit dem erstaunten Wilson und Dr. Watson auf die Lauer. Aber nicht in Wilsons Haus, sondern im Keller der Bankfiliale daneben!

Mein Eindruck

Die Lösung dieses Falles ist recht ausgefallen, wenn man bedenkt, dass es zunächst um eine Haarfarbe geht. Aber der Ausgang der Geschichte ist durchaus packend und actionreich, als Holmes’ Falle für John Clay zuschnappt. Ironie und Humor kommen ebenfalls nicht zu kurz. Der Hintergrund verweist auf internationale Bankgeschäfte auf Regierungsebene zwischen Frankreich und Großbritannien. Und wie so oft steckt auch diesesmal der „Napoleon des Verbrechens“ dahinter: Professor Moriarty. Er beschließt, dass es das letzte Mal war, dass ihm Holmes dazwischengefunkt hat…

Handlung von Episode 13: „Sein letzter Fall“ (O-Titel: The final problem)

Man schreibt das Frühjahr 1891, als John Watson nach längerer Abwesenheit wieder in die Baker Street zurückkehrt. Holmes war selbst vier Monate im Auslandseinsatz, v.a. in Frankreich. Mrs Hudson berichtet, der Detektiv sei nach einem Streit mit einem älteren Mann, der ein „Gesicht wie ein Teufel“ habe, aus dem Haus geeilt. Da klopft Holmes am Fenster, damit Watson ihn einlässt – im Obergeschoss! Und wie er nur aussieht! Er ist beschmutzt und hutlos. Er sagt, ein Luftgewehr ziele auf ihn und bittet seinen Freund, alle Jalousien herunterzulassen. Offensichtlich ist Gefahr im Verzug.

Holmes berichtet, er habe in Paris wieder einmal eines von Moriartys clever eingefädelten Verbrechen vereitelt: den Diebstahl, die Fälschung und hundertfache Verhökerung des berühmtesten Gemäldes der Welt – der „Mona Lisa“! Nachdem ihn die Pariser Regierung mit einem Orden geehrt hatte, holte er sich in London eine handfeste Drohung ab, von Moriarty. Der kündigte an, sich an Holmes zu revanchieren. Bislang sei er drei Mordanschlägen entgangen. Jetzt will Holmes auf den Kontinent, um vor dem finalen Prozess gegen Moriartys Organisation auszuspannen.

Holmes und Watson schaffen es durch List unbehelligt bis in Berner Oberland, wo sie im Englischen Hof von Holmes’ Freund Peter Steiner absteigen. Durch ein Telegramm von Mycroft wissen sie, dass Moriarty der englischen Polizei entwischt ist. An den Felshängen unterhalb der Eiger-Nordwand beobachten die zwei Detektive scharf die Reisegruppen, als plötzlich ein verdächtiges Pfeifen Holmes’ Ohr um Haaresbreite verfehlt – ein Scharfschütze! Doch er sagt seinem Freund nichts davon.

Am nächsten Tag wollen sie gerade zu den Reichenbachfällen emporsteigen, als ein fingiertes Telegramm Watson zu Peter Steiner zurückruft: Eine Lady sei krank geworden. Während Holmes weitergeht, kehrt Watson zu einem Peter Steiner zurück, der von nichts weiß – und eilt sofort Holmes hinterher: Dieses Täuschungsmanöver ist offensichtlich eine Finte des Erzfeindes Moriarty. Wird Watson noch rechtzeitig an den Fällen eintreffen, um seinen Freund zu retten?

Mein Eindruck

Diese Folge zeichnet sich durch viele besondere Merkmale aus. Hier sehen wir Darsteller Jeremy Brett voll im Clinch mit mehreren Ganoven, die ihm ans Leder wollen. Und es gibt die Episode mit der authentischen Entwendung der „Mona Lisa“, nur dass ihr Fund dem Meisterdetektiv zugeschrieben wird. Als wäre dies nicht genug, folgt nun der sehr lange und sachte eingefädelte Showdown mit Erzfeind Nr. 1 in den Alpen.

Die Bergkulisse ist nicht gerade die eines Heimatfilms, wenn ein Schuss Holmes nur um Haaresbreite verfehlt, oder? Dennoch wagt sich der Detektiv wieder hinauf zu jenem von Watson so unheilvoll beschriebenen Wasserfall, als ginge Jesus hinauf nach Golgatha, der Schädelstätte, um sich dort seinem Schicksal zu stellen – und es anzunehmen, was auch immer der Preis dafür sein mag.

Schließlich sehen wie zwei Gestalten die tiefen Fälle hinabfallen – es ist ein langer Flug in die Tiefe. Dennoch fällt es nicht schwer, die beiden Seile zu erkennen, die die zwei Stuntmen – sie werden im Abspann gesondert erwähnt – vor dem Absturz bewahren. Folglich sehen „Holmes“ und „Moriarty“ aus wie zwei Zirkusartisten, die sich nicht anmerken lassen wollen, dass sie von Seilen gehalten werden.

Erst ein Schicksalgang à la Jesus, dann der Abflug im Kampf mit dem Widersacher – das ist ein bisschen viel biblische Symbolik auf einmal.

Das BUCH über die erste Staffel

Das Buch ist ein erster Auszug aus Michael Cox’ 1999 veröffentlichtem Buch „A Study in Celluloid: A Producer’s Account of Jeremy Brett as Sherlock Holmes“ – ein etwas sonderbarer Titel. (Die zwei weiteren DVD-Boxen enthalten die restlichen Seiten, so dass der Sammler schließlich ein komplettes Buch erhält.)

Das Buch umfasst schätzungsweise 96 nicht nummerierte Seiten. Zehn bis 20 Prozent davon entfallen auf sehr schön reproduzierte Farbfotos von wichtigen Figuren (Holmes etc.) sowie Szenen. Der Text an sich stammt von Michael Cox, der die vier Staffeln 1984-1991 für Granada Television produzierte.

Die erste Staffel lief nicht so wahnsinnig gut, wurde aber ab 1985 auch in den USA ausgestrahlt, was doch einiges einbrachte. Jeremy Brett war trotz des Ablebens seiner Frau Joan bereit, die Rolle in den späteren Staffeln weiterzuspielen. David Burke als Watson wurde in der 2. Staffel durch Edward Hardwicke ersetzt, der dieser Figur eine erhebliche Tiefe und Integrität hinzufügte. (Es soll angenommen werde, dass der Tod seines Freundes 1891 ihn veränderte und ernster werden ließ. Diese Annahme erscheint plausibel.)

Änderungen

In allen Staffel überarbeiteten die Drehbuchautoren, Aufnahmeleiter und Skriptredakteure die Vorlagen von Conan Doyle teils ganz erheblich, und Cox dokumentiert die Änderungen dankbarerweise penibel. Die Änderungen dürften nicht zur Freude jeden Holmesianers ausfallen, tragen aber meist ganz erheblich zu einer besseren TV-Unterhaltung bei. So ist etwa die Titelfigur „Frances Carfax“ in der 3. Staffel bei Conan Doyle durchweg abwesend oder tot –und was wäre daran unterhaltsam?

Erste vs. 2. Staffel

Ein signifikanter Bruch in der Produktion soll nicht verschwiegen werden. In den zwei Jahren zwischen 1986 und 1988 änderte Jeremy Brett die Interpretation seiner Figur. War Holmes zuvor ein geschniegelter Gentleman ohne Fehl und Tadel, aber mit etlichen Macken, so erscheint er ab 1988 als ein glaubwürdiger Mensch. Seine Frisur ist nicht von Brillantine geglättet, sondern fällt frei, kurz und vor allem natürlich. Sein Outfit hat sich der Realität ebenso angenähert wie sein Auftreten. Er lacht mehr und geht auf die Menschen zu. Kurzum: Jeremy Brett wirkt wie ausgetauscht. Aber es ist ein Wandel zum Positiven.

Lückenhafte Angaben

Michael Cox liefert Hintergrundinformationen zu allen 13 Episoden, doch die technischen Angaben erstrecken sich nicht auf das Personal und nicht auf Episodenlänge oder Entstehungszeit. Auch den Originaltitel sucht man vergeblich, was den Zuschauer mitunter in eine missliche Lage versetzt: Der Film setzt ihm den englischen Titel vor (den deutschen in den Untertiteln), die CDs und das Buch liefern aber nicht diese, sondern die deutschen Titel. Beide in Einklang zu bringen, ist ihm überlassen. Viel Erfolg!

Mein Gesamteindruck von allen Folgen

Sicherlich trägt der Hauptdarsteller jeden Sherlock-Holmes-Film, und in dieser Hinsicht musste sich Jeremy Brett einigen beeindruckenden Vorgängern stellen (wozu ich nicht unbedingt Hans Albers zähle). Brett kann aber auch Pluspunkte verbuchen: Er ist Theaterschauspieler, kann sich also jederzeit glaubwürdig bewegen und artikulieren. Er verleiht seiner Holmes-Darstellung einige markante Züge, fügt hier ein paar Macken hinzu – das mokante Zucken der Mundwinkel beispielsweise – nimmt dort ein paar lächerliche Attribute weg, so etwa die überdimensionale Krummpfeife.

Dafür wirkt seine Figur kompetenter, um nicht zu sagen gefährlicher. In der letzten Episode sehen wir, dass er sich seiner Haut zu erwehren weiß – er war mal Boxer. Das macht aus ihm aber noch keinen Actionhelden. Schließlich ist Holmes eher für seine Kombinationsgabe bekannt als für den brachialen Einsatz von Körpergliedern.

Die Ausstattung ist wie stets bei dieser Serie stilecht und über jeden Zweifel erhaben. Das betrifft die Drehorte ebenso wie die Kostüme. Auch die Musik fand ich stets recht passend. Gleiches kann man nicht unbedingt von den Drehbüchern sagen. Cox selbst meldet ja bereits Zweifel an der Qualität einiger Episoden an.

Es gibt aber auch Episoden, in denen ein wirklich einfallsreicher und wirkungsvoller Einsatz von Spiegeln und Schatten festzustellen ist. Der Zuschauer sollte man darauf achten, wie Blickwinkel und Sichtlinien trickreich ausgenutzt werden, um beengte Räumlichkeiten optimal auszunutzen. Dann wieder werden Korridore ausgenutzt, um die Figuren zu relativieren.

Ich bin kein Holmes-Fan, kenne aber zahlreiche seiner Fälle aus Hörbüchern. So kann ich zumindest beurteilen, wie werkgetreu diese TV-Filme sind. Es sind wohl die werkgetreuesten auf dem gesamten Markt. Inzwischen liegen auf DVD sämtliche vier Staffeln vor. Der Sammler sollte sich möglichst alle sichern, um das Buch von Cox komplett zu erhalten.

Die DVD

Technische Infos

Bildformate: 4:3
Tonformate: D in DD 2.0
Sprachen: D
Untertitel: D, Englisch
Extras: BUCH (s.o.)

Mein Eindruck: die DVDs

Die Filme wurden digital neu gemastered. Das war wohl auch sehr notwendig, denn selbst jetzt noch sieht man die relativ grobe Körnung des 1984/85 verwendeten Filmmaterials. Was mir immer wieder missfallen hat, waren die grünlichen Töne im grauen Teint der Figuren. Besonders die Haut von Jeremy Brett erinnert des öfteren mehr an die einer Wasserleiche als an die eines Lebenden.

Der Sound hat ebenfalls nicht gelitten, denn er erklingt glasklar – wenn auch nur in Dolby Stereo. In ferner Zukunft wird es vielleicht mal eine Sechs-Kanal-Aufnahme geben, allerdings mit einer anderen Synchronisation. Man vergleiche dazu auch die Verschlimmbesserungen an David Lynchs „Der Wüstenplanet“.

Untertitel

Ich empfehle dringend, alle Folgen mit eingeschalteten Untertiteln anzusehen. Das ist bei einigen Episoden zwar obligatorisch (wegen OmU), aber auch das Verständnis der anderen Episoden profitiert von den Untertiteln. Hier sind die zahllosen Namen richtig geschrieben, manchmal ist sogar mehr zu lesen als gesprochen wird.

Verpackung

Die Discs stecken im Buchumschlag, allerdings nicht in Taschen, sondern in normalen Plastikbetten mit der gewohnten Zentralnabe, die ins Loch der Disc passt. Der Transport ist also sicher. Im hinteren Umschlag liegen zwei Discs übereinander – auch kein Problem.

Das Navigationsmenü ist schnörkellos. Man kann entweder alle Episoden pro CD auf einen Schlag abspielen oder einzelne auswählen, auch mit Kapiteln. Bonusmaterial gibt es in digitaler Form keine, aber sie sind durch das Buch beinahe gleichwertig ersetzt. Dafür gibt es wenigstens keine lästige Werbung.

Unterm Strich

Die Episoden

Zu den hier gesammelten Episoden zählen recht bekannte wie etwa „Der blaue Karfunkel“ und „Ein Skandal in Böhmen“, in dem die einzig wahre Frau auftritt, die Holmes je Paroli bieten konnte: Irene Adler. Auch unbekanntere Folgen wie „Der Baumeister von Norwood“ oder „Der Dauerpatient“ sind hier gesammelt. Schmerzlich vermisst werden „Das Musgrave-Ritual“ oder „Das Marineabkommen“. Der Sammler sollte auf der DVD-Box der nachfolgenden Staffeln danach Ausschau halten. „Das Zeichen der Vier“ und Die fünf Orangenkerne“ wurden leider überhaupt nicht verfilmt, was eine Affenschande ist.

Das Buch und die DVD

Für rund 30 Euronen erhält der Holmes-Freund über elf Stunden an Filmen mit seinem größten Idol und als Zugabe – im Vergleich zu einer VHS – ein Buch, das mit Fotos und vielen Hintergrundinfos aufwartet. Preis und Leistung erscheinen mir in einem angemessenen Verhältnis vorzuliegen. Andere Verlage hätten locker zehn Euro draufgeschlagen.

[Wertung]


Mima2016: 4 out of 5 stars (4 / 5)

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