Die Spur eines grausamen Verbrechens führt Kara Ben Nemsi und Hadschi Halef Omar, seinen Diener und Freund, von der Wüste Tunesiens über Mekka und Istanbul bis nach Albanien. Dort bekommen sie es mit dem Oberschurken hinter dem Verbrechen zu tun: mit dem Schut.

Basierend auf den Reiseerzählungen Karl Mays schrieb Regisseur Günter Gräwert diese 13-teilige erste Staffel von Kara Ben Nemsi Effendi“ für das ZDF. Es ist eine jener wunderbar aufwändig produzierten TV-Serien, die man „Straßenfeger“ nannte und die üblicherweise in der Weihnachtszeit ausliefen. Jede Folge war nur etwa 25 Minuten lang und lief im Vorabendprogramm. Seit 30 Jahren war die Serie nicht mehr zu sehen.

Ich habe seinerzeit „Kara Ben Nemsi Effendi“ als großer Karl-May-Fan mit an den Bildschirm gefesselt Augen verfolgt und fand die Umsetzung nicht nur großartig, sondern sogar ziemlich werkgetreu – etwas, was man von den damaligen Winnetou-Filmen wie „Old Shatterhand und Winnetou im Tal der Toten“ nicht mehr behaupten konnten, auch nicht von den zwei lahmen Kara-Ben-Nemsi-Verfilmungen mit Ralf Wolter als Hadschi Halef.

Die Frage stellt sich, ob die DVD-Version heutigen Ansprüchen standhält.

Filminfos

O-Titel: Kara Ben Nemsi Effendi – Staffel 2 (D 1973)
Dt. Vertrieb: www.kochmedia-dvd.de
FSK: ab 12
Länge: ca. 366 Min.
Regisseur und Drehbuch: Günter Gräwert
Produzent: Elan-Film Max Gierke & Co., ZDF
Musik: Martin Böttcher (Komponist der Winnetou-Filme)
Darsteller: Karl-Michael Vogler (Kara), Heinz Schubert (Halef), Ferdy Mayne (Sir David Lindsey), Aldo Sambrell (Manach el Barscha), Heinz Baumann, Peter Schiff (als Ilia), Günter Lamprecht, Lorenzo Robledo (als Junak), Gerd Baltus, Ricardo Palacios (als Kolami), Eduardo Fajardo (als Schut) u.a.

Handlungsabriss

Episode 1: Die Entlarvung des Mübarek

Hadschi Halef steht in dem Balkan-Kaff Ostromdscha vor einem Gericht, das ihn beschuldigt, einen Gendarmen getötet zu haben. Da aber der „Getötete“ bei der Verhandlung selbst anwesend ist, hat Kara Ben Nemsi bei Halefs Verteidigung beste Argumente. Danach wird auch noch der Mübarek als Bettler Busra und Scharlatan entlarvt.

Des Weiteren präsentiert man dem Gericht die drei in der Höhle des Mübarek von Omar Ben Sadek gefangen gehaltenen Verbrecher, unter denen auch Barud el Amasat ist, den die Gefährten schon lange suchen. Mit Hilfe des Kodscha Bascha können diese und der Mübarek aber wieder entfliehen. Auch Kara und seine Freunde können bei einem Feuergefecht vor der Hütte des Mübarek die weitere Flucht der Verbrecher nur kurz aufhalten, denn diese sprengen das ganze Haus in die Luft.

Episode 2: Die Brüder Aladschy

Die Brüder Aladschy gelten nicht nur als die gefährlichsten Mordgesellen des Balkans, die Bevölkerung glaubt sogar, dass ihre Pferde unverwundbar seien. Das bringt Kara auf die Idee, von Halef das gleiche zu behaupten. Das will man am nächsten Tag auch beweisen. Kara bastelt deshalb an einem trick, um zum geeigneten zeitpunkt nur mit Platzpatronen auf Halef zu schießen. Dieser verkündet, dass nicht nur er, sondern auch Kara und Omar kugelfest seien. Der beste Schütze des Dorfes solle auf sie schießen.

Danach reitet Kara los, um als Scherif verkleidet die beiden Aladschy aufzustöbern. Vielleicht wissen sie mehr über den Schut.

Episode 3: Das Geheimnis der Schluchthütte

Kara hat sich den Fuß verrenkt, muss aber dem Chirurgus Dr. Marterstein erst einmal die Vozüge eines Gipsverbandes beibringen. Über den Gastwirt Ilia gelangen sie an den Pferdehändler Tschurak, der mit dem Schut verwandt ist. Kara gibt sie hier als Mitglied der Schutbande aus und bittet Tschurak, ein Treffen mit dem Schut in der Schluchthütte zu arrangieren. Diese Hütte entpuppt sich jedoch als größte Falle, in die er und seine Gefährten bislang hineingetappt sind.

Episode 4: Knapp am Tode vorbei

In ihrem Gefängnis hat Kara eine gute Idee. Die Freunde bilden eine menschliche Pyramide und so kann Kara aus der Dachluke heraus den Feind unter Feuer nehmen. Er trifft Tschurak und den Mübarek und vertreibt auch die beiden Aladschy. Kara belauscht, dass sie einen erneuten Überfall planen, doch Kara & Co. können diesem Hinterhalt entwischen.

Allerdings ist Kara inzwischen der Blutrache verfallen, die bekanntlich in Albanien bis heute gepflegt wird. Er lässt im Gasthaus des Ilia eine Bürgerwehr aufstellen, um die Schutbande am Derwisch-Grab zu stellen. Da wird auf ihn ein Mordanschlag verübt…

Episode 5: Der Tschakan des Skipetaren

Der reisende Schneider Afrit bietet Kara & Co. an, sie auf kürzeren Wegen zu führen. Auf dem Weiterritt bleibt Kara zurück, um sich davon zu überzeugen, dass Hajdar, der Bruder Tschuraks, der ihm Blutrache geschworen hat, ihm auch tatsächlich folgt. Haidar sich inzwischen mit der gesamten Schutbande verbündet, und nun könntes für Kara & Co. eng werden.

Kara erfährt bei dem beluaschten Gespräch der Bande von einem gewissen Suef, der ihn und seine Freunde in die Falle locken soll. Spuren machen Kara misstrauisch. Nach einer Auseinandersetzung mit Hajdar bringt der verschlagene Afrit Kara und seine Begleiter zu einem alten Schloss.

Episode 6: Der Turm der alten Mutter

Afrit reitet ins Schloss voraus, um Kara und seine Freunde anzumelden. Sie werden nun zwar vom Schlossherrn selbst empfangen, aber nicht im Schloss einquartiert, sondern im „Turm der alten Mutter“. Beim Rekognoszieren beobachtet Halef den Schlossherrn beim Vergiften der Speisen – prost, Mahlzeit! Kara findet eine Geheimtür, und Omar stößt auf Spuren der Schutbande. Sind sie mitten in der Höhle des Löwen gelandet?

Episode 7: Der Überfall

Mit Israd, einem neuen Führer, erreichen sie einen Einödhof. Das Bauernpaar wurde von der Schutbande ausgeraubt. Deshalb erzählt die Bäuerin freimütig, wo die Bande übernachtet und dass sie weiter zu einem Schwefelbrenner namens Scharka will. Auch der ominöse Zettel, den Kara von Barud hat, ergibt jetzt wieder einen Sinn, denn im Karanirwan-Han wollen ihre Feinde Hamd el Amasat und den Schut treffen.

Bei einer Rast während der Verfolgung zeigt Kara Israd seine Wurfkünste mit dem Tschakan, den die Skipetaren als Waffe verwenden. Während Halef allein auf die Schutbande stößt, wird er überwältigt und soll Schreckliches erleiden, wenn er nicht gesprächig ist.

Episode 8: Der Tod des Mübarek

Dschemal soll die Gefährten zum Teufelsfelsen führen, wo die Banditen einen Überfall auf sie geplant haben. Kara erkennt, dass auch Dschemal zu den Schurken gehört, und ist auf der Hut. In der Nähe treibt sich ein Bär herum, der ein Pferd gerissen hat. Auf einem Bauernhof erwartet Kara dieses gefährliche Tier, dem er eine Falle gestellt hat. Doch Halef schießt zu früh, und der Bär findet ein weiteres Opfer…

Episode 9: In der Teufelsschlucht

Schon früh hat der bauer Junak seinen Hof verlassen, um die Banditen zu warnen, und Dschemal deckt ihn mit einer Ausrede. Als Kara auf Junaks Spuren stößt, weiß er Bescheid und enttarnt gleichzeitig Dschemal. Am Teufelsfelsen, zu dem Dschemal sie führen muss, pirschen sich Kara & Co. an die Banditen heran. Ihr Überfall wird ein voller Erfolg.

Während sie die Banditen gefesselt zurücklassen, versuchen sie schleunigst die Hütte des Schwefelbrenners Scharka zu erreichen, bevor dieser gewarnt wird und seinerseits den Schut warnt. Dennoch sind Scharka und sein Verbündeter Marko bereitet, den Gefährten eine Juwelenhöhle zu zeigen.

Episode 10: Die Juwelenhöhle

Kara & Co. spielen Scharka und Marko gegenüber die harmlosen Reisenden. Marko, ein Vertrauter des Schut mimt ebenso einen „harmlosen“ Geologen. Die Juwelenhöhle, die sie den Freunden zeigen, entpuppt sich als tödliche Falle, doch Kara ist gewarnt. Durch einen zweiten Eingang steigen er und Halef in die Höhle. Dabei erlauschen sie, dass die Schutbande ihren alten Freund Sir David Lindsay gefangenhält, der am Abend in die Höhle gebracht werden soll.

Die drei Freunde reiten deshalb weiter, um aus sicherer Entfernung zu beobachten, wie ihre Verfolger und später auch Sir David bei Scharka eintreffen.

Episode 11: Der Vertraute des Schut

Omar und der befreite Sir David bewachen die gefangenen Schurken. Unterdessen stößt Halef in Scharkas Hütte nicht nur auf ein Waffenlager, sondern auch Schätze, darunter Rüstung und Schwert eines gewissen Stojka Vites. Ernste Drohungen entlocken Scharka, dass Vites derzeit ein Gefangener des Schut sei.

Marko gibt ihnen eine genaue Beschreibung der Höhle des Schut. Kara erkennt, dass noch viele Gefahren auf dem Weg dorthin liegen. Tatsächlich erweist sich der Weg nach Rugova als von den Männern des Schut abgesichert und es kommt zu einem Feuergefecht.

Episode 12: Der Schut

Die Freunde haben auf dem Weiterritt einen neuen Verbündeten kennengelernt. Es ist Kolami, ein Gastwirt aus Rugova. Mit einem Kahn gelangen er, die Gefährten und zwei Gendarmen auf dem Fluss zu einem Stollen. Auf dem Weg durch die Höhle des Schut kömmen sie zu dem Steg über den Spalt, von dem Kara weiß, dass auch hier äußerste Vorsicht geboten ist.

Danach finden sie endlich die Gefangenen Vites und Galingré, den Franzosen, von dem sie schon in Tunesien erfuhren. Der Schut erscheint und eröffnet das Feuer auf alle. Es kommt zu einem Zweikampf zwischen dem Schut und Kara. Doch Halefs Unüberlegtheit löst eine Sprengladung aus…

Episode 13: Rih

Da Kara dringend Beweise für die Verbrechen des Schut finden muss, bricht er mit den Gefährten und dem gefangenen Schut schon früh zu dessen Karanirwan-Han auf. Die Höhle des Löwen wirkt jedoch verlassen, allerdings weiß Kara, dass sich hier oder in der Nähe an die 24 Männer aufhalten müssen.

Im Inneren des Hauses stößt Kara auf die Frau und die Mutter des Schut. Die Schuta verrät Kara sogar eine Geheimtür. Schließlich gelangen sie zum Privatgemach des Verbrecherkönigs , in dem sich eine weitere Geheimtür findet. Als die Männer des Schut über sie herfallen, kommt es zum Endkampf, in dessen Verlauf es dem Schut gelingt, zu Pferd zu entkommen – aber er kommt nicht allzu weit, denn Rih ist schneller…

Mein Eindruck

Die Handlungsdarstellung der TV-Serie, die Günter Gräwert maßgeblich gestaltete, unterscheidet sich von allen Karl-May-Kinofilmen radikal. Nicht hektische Action ist angesagt, sondern auch Psychologie, Charakterisierung, Kultur und Stimmung. Es sind diese Aspekte, die die Serie auch heute noch für Erwachsene ansehbar machen. Wer sich seine Erinnerungen an Karl-May-Romane erhalten möchte, ist hier immer noch gut bedient, was man von den Kinofilmen keineswegs behaupten kann.

Die zweite Staffel, die zwei Jahre später gedreht und gesendet wurde, ist weitaus mehr als die erste Staffel auf Action und eine flotten Handlungsführung bedacht. Fast in jeder Episode findet eine Schießerei oder zumindest eine Explosion statt. Wenn es nicht gerade ein gefährlicher Bär ist. Es gibt nur selten Ausflüge in Nebensachen, so etwa den amüsanten Besuch bei Dr. Marterstein, der die Erfundung des Beingipses sogleich zu einer lukrativen Geschäftsidee umfunktioniert. Der Regisseur Gräwert ließ es sich nicht nehmen, diese Rolle selbst zu spielen.

Der Rote Faden der 1. Staffel

Die erste Staffel verfügt ebenso wie die zweite über einen durchgehenden roten Faden: Die Mörder von Paul Galingré und Sadek sind dingfest zu machen und der Gerechtigkeit zuzuführen. Dass dabei auch Halef eine Frau (Hanneh, die Blume des Orients) und Kara einen edlen Rappen namens Rih „erwerben“, gehört zu den reizvollen Schnörkeln der zentralen Handlung.

Und um diese Kostbarkeiten zu „erwerben“, müssen unsere Helden eben Prüfungen und Abenteuer bestehen. Eben diese Motivierung der Abenteuer geht Hand in Hand mit der psychologischen Charakterisierung der Helden. Halef könnte man leicht als läppischen Maulhelden abtun, der bei jeder sich bietenden Gelegenheit seinen ellenlangen Namen kundtut, wenn er nicht so viele positive Seiten zeigen dürfte.

Kara Ben Nemsi könnte man als Superhelden und Oberchristen abtun, wenn er nicht ständig in Gefahr geriete und gegenüber Halefs Andersgläubigkeit größte Toleranz zeigen würde. Außerdem ist er aber ein sehr ritterlicher Bursche, der sich durchaus um Frauen, Tiere und ältere Herren Sorgen macht. Dafür hat er aber keinerlei Mitleid mit korrupten türkischen Beamten, Verbrechern und anderen Halsabschneidern. Wir erfahren, dass Kara im Wilden Westen wertvolle Erfahrungen gesammelt hat, wie im Fährtenlesen und Spurensuchen sowie im Werfen des indianischen Tomahawks. Dass er auch den skipetarischen Tschakan, ein zum Werfen geeignetes Hackbeil, handhaben kann, verwundert uns nicht, erfreut aber umso mehr.

Schwierigkeiten

Wie schon während der zweiten Hälfte der 1. Staffel mangelt es nicht an Figuren auf der Gegenseite. Sie alle aufzuzählen, ist überflüssig. Ich verweise auf die obenstehenden Inhaltsabrisse. Die Figuren aber auch optisch auseinanderzuhalten, ist nicht einfach. Hier muss der Zuschauer aufpassen wie ein Schießhund, um nicht völlig durcheinanderzugeraten. Die Fülle der Figuren, die im Land der Skipetaren verfolgt werden, trägt nicht gerade zur Übersichtlichkeit bei. Hier leistet das Booklet mit seinen Rollenaufstellungen und Inhaltsangaben unentbehrliche Hilfe. (Darauf habe ich mich in den obigen Inhaltsabrissen gestützt, aber auch auf eigene Notizen.)

Humor

Ein von der ersten Minute an herausragendes Merkmal der Serie ist zudem der feine Humor. Das ist nicht der Klamauk eines Eddi Arent aus den Kinostreifen, sondern eine feinere Ironie. Allein schon die Tatsache, dass der kleine Hadschi Halef, der ebenso wie seine Vorväter nie Mekka gesehen hat, in Folge 1 von Staffel 1 seinen Sidhi zum Islam bekehren will, trieb mir ein Schmunzeln ins Gesicht. Auch Sir David Lindsey, gespielt vom formidablen Ferdy Mayne, hat eine Art Humor, allerdings eine ganz andere. Allerdings erweist er sich in Folge 13 von Staffel 2 auch als Macho: Er hoffe, dass auch Frauen mal in der Lage sein werden, Tee zu kochen.

Pathos

Der Humor bildet das nötige Gegengewicht zum mitunter sehr ernsten Pathos des männlichen Ehrenkodex, wie er zum Beispiel in der Staffel-1-Begegnung mit Scheich Mohammed Emin und seiner Frau Amscha deutlich hervortritt. Auch die Gesetze der Wüste, wie etwa der Racheschwur Omar Ben Sadeks, der das Blut von Hamd und Barud el Amasat fordert, werden nie ins Lächerliche gezogen, sondern stets ernstgenommen. Das fand ich schon beim ersten Sehen einen ganz wesentlichen Pluspunkt der TV-Serie, einen Vorteil gegenüber den Kinostreifen, die ich nie ernstnehmen konnte (außer vielleicht bei Winnetous Tod).

Die Nebenrollen

Die Dreharbeiten fanden in Bulgarien und beim spanischen Almeria statt, so dass die Produktionsfirma Elan Film auch eine Reihe von namhaften spanischen Darstellern verpflichtete und sie in passende Kostüme steckte. Natürlich musste ihr Originaldialog synchronisiert werden, und so kommt es, dass der Zuschauer unvermittelt einen oder zwei recht vertraute Synchronstimmen vernimmt,die das Gebotene doch beträchtlich aufwerten.

Auf der Seite der Schauspieler gibt es nur einen Totalausfall zu verzeichnen, und das ist der Darsteller des Schut. Diese Figur ist eigentlich jener Endpunkt, auf den alle Ermittlungsbemühungen seitens Kara Ben Nemsis hinauslaufen. Doch als er den Mann, der der Schut sein muss – er nennt sich Kara Nirwan – endlich in den Händen hat, gibt dieser keinen Piep von sich, was auf die Dauer doch etwas eintönig ist. Der Schut-Darsteller Eduardo Fajardo gibt im ganzen Film, also in Folge 12 und 13, kaum fünf Wörter von sich. Das ist angesichts der Bedeutung seiner Rolle ziemlich enttäuschend.

Die Optik

Regisseur und Kameramann haben sich etwas einfallen lassen, um zu kaschieren, dass sie nur so wenig Einstellungen drehen konnten (das Geld erlaubte nicht mehr) und deshalb die Szene ziemlich statisch aussah. Immer wieder späht Kara durch sein ausziehbares Teleskop – entsprechend rund und umgrenzt ist auch das Blickfeld, das die Kamera zeigt. Gleiches gilt für Schlüssellöcher, Wanddurchbrüche, Gitterfenster und dergleichen mehr.

Damit suggeriert der Film, dass der Beobachter mehr weiß als die Schurken, die er im Visier hat und somit eine gewisse informationstechnische Überlegenheit (wenn nicht sogar eine moralische). In jedem Fall hat derjenige den Vorteil, der mehr sieht als der Gegner. Seltsam, dass die Verbrecher niemals ein Fernrohr dabei haben, sich aber statt dessen umso um Alkoholgenuss bemühen. Sie sind es hingegen, die regelmäßig für eine der vielen Explosionen in der 2. Staffel sorgen. Offenbar hatte die Produktionsfirma nun Geld für einen Pyrotechniker locker machen können. Alle Sprengungen sind effektvoll und recht gelungen, wodurch der Action-Faktor dieser Staffel nochmals um einige Prozentpunkte steigt.

Die DVD

Technische Infos

Bildformate: 1,33:1 (Vollbild)
Tonformate: D in DD 2.0
Sprachen: D
Untertitel: keine
Extras: 24-seitiges Booklet, Bonus-Disc: die Filmmusik von Martin Böttcher, auch von Outtakes

Mein Eindruck: die DVD

Ton und Bild:

Der Ton liegt in Fernsehqualität vor, allerdings im Standard Dolby Digital 2.0, so dass zwar kein Surround-Eindruck entsteht, aber doch alle Stimmen und Geräusche in einwandfrei verständlicher Weise übertragen werden. Darin unterscheidet sich der Ton von synchronisierten Filmen der fünfziger und sechziger Jahre, wo die Höhen überproportional wiedergegeben werden. Einen Stereo-Effekt konnte ich nicht feststellen.

Das Bild wurde restauriert, aber offensichtlich nicht remastered. Daher sind nur in Folge 5 und Folge 8 keine Artefakte wie etwa Streifen, Grießel und Einsprengsel zu finden, doch für die restlichen elf Episoden trifft dies leider zu. Besonders betroffen sind jeweils die ersten und die letzten Bilder einer Folge, denn über diese sind die Anfangs- und Endtitel gelegt. Ich war erschrocken, als ich die ersten Bilder der ersten Folge sah: Das Bild ist wirklich sehr grobkörnig, denn die Auflösung war damals sehr viel geringer als es heute der Fall ist. Wenigstens ließ sich in keiner Folge ein Überstrahleffekt von weißen Flächen in die umliegenden Pixel feststellen.

Die Extras:

  1. 24-seitiges Booklet: Meines Wissens zum ersten Mal ist einer gewöhnlichen DVD-Box über eine TV-Serie ein derart umfangreiches Booklet beigefügt: 24 Seiten voller Darstellerinfos und Inhaltsabrisse, mehrerer Vierfarbfotos und der kompletten Trackliste der Soundtrack-CD.

    Dieses zweite Booklet ist als Ergänzung zum umfangreicheren Booklet der 1. Staffel-DVD-Box zu sehen. Darin erhält der Filmfan nicht nur detaillierte Schauspielererwähnungen zu jeder einzelnen Folge, sondern auch recht detaillierte und sogar zutreffende Inhaltsabrisse der jeweiligen Folgen – natürlich mit dem Sendetermin der Erstausstrahlung.

    Über drei Seiten Text sind den Schauspielern gewidmet. Erstaunt nimmt man zur Kenntnis, dass sich auch Günter Lamprecht, der spätere Franz Biberkopf in Fassbinders „Berlin Alexanderplatz“ sich nicht zu schade für einen Auftritt in der Karl-May-Serie war.

    Überflüssig zu sagen, dass auch der Look des Booklets an die grünen Leinenbände des Bamberger Karl-May-Verlags angepasst ist – ebenso wie die Box und der Schuber. Man kann sogar das „Gewebe“ des Umschlags (aufgedruckt) sehen. Die mitunter doppelseitigen Vierfarbfotos unterstreichen den professionellen Eindruck, die das Booklet vermittelt. Ich wüsste nicht, was man hier noch hinzufügen könnte – der Fan kann rundum zufrieden sein.

  2. Die Soundtrack-CD: Während ich dies schreibe, höre ich diesen schönen Soundtrack an. Es handelt sich um nicht weniger als 53 Tracks. Natürlich ist kaum einer länger als zwei Minuten, und drei Minuten sind das höchste der Gefühle. Aber die Kunst beweist sich in der Beschränkung, und der Komponist hat das Beste aus den begrenzten Möglichkeiten gemacht, die das Fernsehen erlaubt. Jede Einstellungen hat nur eine sehr kurze Dauer, soll aber trotzdem über Tempo, Dynamik und Klangfarbe bzw. Instrumentierung ihre eigene Stimmung erhalten.

    Das Ensemble, das Böttcher einsetzte, ist in der Regel sehr begrenzt, meist Piano, E-Bass und E-Gitarre, aber auch viel Percussion. Die Titelmelodie wird auf dem Soundtrack auf vielfältige Weise variiert. Es gibt aber auch eine Szene, in der festlich-wilder Arabergesang erklingt und dazu entsprechend einhemische Trommelbegleitung. Es gibt auch ein chinesisches Thema (Nr. 23), denn Kara besucht in Edirne ein chinesisches Schattenspieltheater.

    Wenn man sich die Traktitel anschaut, so ist zu erkennen, dass vielen Figuren eine eigene Erkennungsmelodie zugewiesen ist. So können beispielsweise die beiden Aladschy-Brüder stolz auf ein eigenes Thema (Nr. 29) verweisen. Auch der Schut ist so ein Glücklicher (Nr. 47) Desweiteren fällt auf, dass es vier Tracks zu Outtakes, also nicht gesendeten Szenen, gibt. Als Bonustrack Nr. 53 hat der Soudntrack noch „Das Abenteuer ist zu Ende“ vorzuweisen, ein Track, der im Film fehlt, weil ja die Titel- beziehungsweise Abspannmelodie die Priorität besaß.

Unterm Strich

Im Gedächtnis bleibt von den 13 Folgen hauptsächlich eine lang sich hinziehende Verbrecherjagd zurück, die schließlich zum Drahtzieher aller Machenschaften führt, welche in Tunesien begannen: zum Schut. Innerhalb der damals bescheidenen finanziellen Möglichkeiten holte Gräwert zusammen mit dem Komponisten und seiner Darstellerriege das Maximum heraus.

Maximum bedeutet: abwechslungs- und temporeiche Action inklusive Explosionen, gefolgt von Humoreinlagen, wiederholter Einsatz der Gucklochoptik und insgesamt sehr viel weniger Romantik als in der ersten Staffel. Man kann die jungen attraktiven Frauen an zwei Fingern abzählen. Dafür gibt es umso mehr Schurken zu überwältigen, und deren Anzahl könnte den Zuschauer verwirren, gäbe es nicht einen gewissen Überblick durch das Booklet und seine Inhaltsabrisse. Dennoch sollte man möglichst die 1. Staffel gesehen haben, um die zahlreichen Verweise auf frühere Ereignisse zu verstehen.

Der Ton ist okay, aber das Bild eine Enttäuschung, stellenweise sogar eine Zumutung. Warum es ausgerechnet in den Folgen 5 und 8 so hervorragend ist, entzieht sich meinen Erklärungsmöglichkeiten. Vielleicht hat ein übereifriger Remastering-Experte hier Hand angelegt, oder dem Regisseur stand plötzlich viel besseres Filmmaterial zur Verfügung. Auffällig, dass die Szenen mittlerer Bildqualität alle draußen im Freien spielen, während die Szenen guter Qualität fast alle drinnen spielen.

Wie auch immer: Dem modernen Bildstandard genügt das hier vorgelegte Filmmaterial nicht. Der Sammler muss beide Augen zudrücken, um sich das Gebotene gefallen zu lassen. Einen Ausgleich bieten Booklet und Soundtrack-CD. Koch Media sollte in Remastering-Technik investieren.

[Wertung]

Mima2016: 3 out of 5 stars (3 / 5)

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