Die Westernstadt Warlock wird von der Cowboyhorde des Ranchers McQuown tyrannisiert. Nach einem Mord wissen sich die Bürger nur dadurch zu helfen, dass sie einen Revolverhelden als Marshall zu einem fürstlichen Gehalt engagieren. Der sorgt für Ruhe in der Stadt, doch er bringt auch seine eigene Vergangenheit mit – und das sorgt für neuen Ärger.

Es handelt sich um eine restaurierte Fassung mit zuvor nicht in der dt. Fassung enthaltenen Szenen, die mit dt. Untertiteln gezeigt werden. Diese Szenen umfassen beinahe 30 Minuten, sind also recht umfangreich. Allein auf den Prolog, in dem der Sheriff verjagt wird, entfallen mindestens sechs Minuten.

Filminfos

O-Titel: Warlock (USA 1959)
FSK: ab 12
Länge: 117 Min.
Regisseur: Edward Dmytryk
Drehbuch: Robert Alan Aurthur nach dem gleichnamigen Roman von Oakley Hall
Musik: Leigh Harline
Darsteller: Henry Fonda (als Clay Blaisdell), Richard Widmark (als Johnny Gannon), Anthony Quinn (als Tom Morgan), Dorothy Malone (als Lily Dollar), Dolores Michaels (als Jessie Marlow), DeForrest Kelley (als Curley), Wallace Ford, Tom Drake u.a.

Handlung

Das Städtchen Warlock liegt zwar mitten in einem idyllischen Tal irgendwo in Arizona, doch nicht alles steht zum Besten. Wieder einmal reitet die Cowboytruppe des Ranchers McQuoen von der San Pablo Ranch in die Stadt und tyrannisieren die Bewohner. Es gibt zwar einen Sheriff, doch diesen Schlappschwanz haben die übermütigen Jungs im Handumdrehen verjagt. Doch nicht alle Coboys sind böse Jungs. Johnny Gannon (Widmark) sieht dem wilden Treiben vom Rande zu, er ist sowieso ein Sozialfall, der nur zum Pferdehüten gut erscheint. (Später erklärt er Lily, welches psychologisches Problem er hat.) Und auch der kreuzfidele Curly (DeForrest „Pille“ Kelley) scheint einer der Vernünftigen zu sein.

Das Bürgerkomitee beschließt nach einem Mord, den Revolverhelden Clay Blaisdell (Fonda) als Marshall zu engagieren, damit er für die Einhaltung von Gesetz und Ordnung sorgt. Clay ist als „Der Mann mit den goldenen Colts“ weithin im Westen bekannt: Er ist unglaublich schnell. In seinem Schlepptau befindet sich stets der Saloonbetreiber Tom Morgan (Quinn), der auch gleich den „French Palace“ eröffnet, in dem Clay logieren darf. Die junge Bürgerin Jessie Marlow (Dolores Michaels) bändelt mit Clay an und gedenkt ihn zu heiraten. Daraus wird leider nichts.

Clay jagt MCQuown und dessen Banditen aus der Stadt, dennoch sieht sich der Sheriff der Nachbarstadt bemüßigt, einen amtlichen Hilfssheriff einzusetzen. Gannon meldet sich freiwillig und nimmt sein Amt verdammt ernst. Doch die McQuowns geben keine Ruhe. Sie haben sich auf Viehdiebstahl und Postkutschenraub verlegt. Als Tom Morgan gesteckt bekommt, dass seine alte Erzfeindin Lily Dollar (Dorothy Malone) im Anrollen ist, obendrei auch noch mit einem Mann, der Clay und Morgan zur Rechenschaft ziehen will: Sie sollen seinen Bruder, Lilys Freund, auf dem gewissen haben. Morgan befürchtet beträchtlichen Flurschaden, was ihrer beider Image angeht, und reitet los.

Es kommt zu einer der Schlüsselszenen des Films, die ebenso komplex wie folgenreich ist. Zwei von McQuowns Banditen stoppen die Postkutsche, in der Lily sitzt, und rauben eine Geldkiste. Als Robinson aussteigt, wird er plötzlich niedergeschossen, aber nicht von ihnen. Erschreckt, dass es noch jemand auf die Kutsche abgesehen hat, hauen sie ab. Auch Tom Morgan steckt sein Gewehr ein und reitet nach Hause. Als Lily in der Stadt eintrifft, behauptet sie als Einzige, dass es drei Täter waren, die die Kutsche angegriffen haben. Doch wer soll der unbekannte Dritte sein? Wie auch immer: Drei Cowboys werden zur Fahndung ausgeschrieben.

Sie stellen sich, um mit dem Marshall zu verhandeln. Darunter ist, wie Johnny entsetzt feststellt, auch sein Bruder Billy. Doch McQuown denkt gar nicht daran, sich diese Chance entgehen zu lassen. Er postiert mehrere Männer im Hinterhalt, die den Marshall hinterrücks erschießen sollen, wenn es zu einer Schießerei kommt. Die Szene ist ebenso komplex wie explosiv. Als Billy nicht klein beigibt, gibt es nur einen Weg: den Shootout. Doch wer wird ihn überleben?

Die DVD

Technische Infos

Bildformate: 2,35:1 (16:9)
Tonformate: DD 2.0
Sprachen: D, Engl.
Untertitel: D
Extras: Bildergalerie, Dt. Originaltrailer, 4-seitiges Booklet mit Fotos und Artikel

Mein Eindruck

Es wäre müßig, die Ausführungen von Richard Oehmann im Booklet zu wiederholen. Deshalb werde ich mich auf das Notwendigste beschränken.

Es klingt seltsam, aber „Warlock“ ist sowohl ein klassischer als auch ein ungewöhnlicher Western. In der endlich restaurierten Fassung ist er knapp zwei Stunden lang und hat somit beinahe schon die Länge eines ausgewachsenen Dramas. Edward Dmytryk, der Regisseur von „The Caine Mutiny“ und „Murder my Sweet“, mochte keine Western. Wer je Humphrey Bogart in „Caine“ erlebt hat, kann sich vorstellen, welche psychologischen Kenntnisse der Regisseur einbringen konnte – und das tat er auch in „Warlock“ ausgiebig. Alle fünf Hauptfiguren sind in ihrer jeweiligen Situation gut zu verstehen, denn sie werden (vielleicht mit Ausnahme Jessies) alle mit einer Vergangenheit ausgestattet, die sie geformt hat. Warlock bedeutet für alle die Wende.

Für die „schwermütige Law-and-order-Parabel“ (Oehmann) hat Dmytryks Studio 20th Century Fox drei große Stars engagiert. Fonda spielt den Revolverprofi in der Sinnkrise, Quinn seinen ambivalenten Adjutanten und Lebensgefährten, der am Ende ist. Widmark steigt vom Außenseiter zum Mittelpunkt und Garant von law and order auf. Folglich befindet sich sein Johnny Gannon auf einem gefährlichen Kollisionskurs mit Fondas Blaisdell und dessen Adjutanten Morgan. Als Morgan ausrastet, weil Blaisdell ihn endlich durchschaut (v.a. wegen der Robinson-Sache), bleibt die Konfrontation nicht aus.

Also weist „Warlock“ doch eine ganze Reihe von brenzligen Schlüsselszenen auf, die man gemeinhin als Shootouts bezeichnet. Stets wird der Shootout als zwangsläufiger Endpunkt einer nachvollziehbaren Entwicklung gezeigt: Aus diesen und jenen Gründen muss es dazu kommen. Hier wird nichts dem Zufall oder der Willkür überlassen.

Und deshalb ist auch am Schluss nicht nur dem Zuschauer, sondern auch Blaisdell klar, dass die Zeit des gedungenen Revolvermanns – und mag er noch so gesetzestreu sein – vorbei ist, ähnlich wie in „Spiel mir das Lied vom Tod“. Nun ist mit Gannon das Gesetz eingezogen, das hoffentlich auch Ordnung mit sich bringt. (Bekanntlich kommen bei Leone ja dann die ausbeuterischen Eisenbahnbarone.)

Schauspiel der Helden

An Ausdruck und Performance der fünf Hauptfiguren und ihren jeweiligen Gegnern gibt es absolut nichts auszusetzen. Sie sind eine Augenweide, zum Beispiel die ruhige, souveräne Art, wie Henry Fonda in einen Showdown geht – das hat einfach Klasse. Die Musik, die Leigh Harline komponiert hat, passt dazu hervorragend.

Das Einzige, was ich bemängeln könnte, ist das gemächliche Tempo der restaurierten Fassung. Wer mehr Tempo will, greift dann eben zu verstümmelten Version. (Den gleichen Trade-off findet man etwa bei den Extended Editions von Jacksons „Herr der Ringe“-Trilogie.)

Die DVD

Unter den Extras bietet die unscheinbar betitelte „Bildergalerie“ eine Fülle von Text- und Fotomaterial, das von Filmplakaten und Szenenfotos bis zu Inhaltsangabe, Filmkritiken, Programmheften und Biografien reicht. So bietet sich mit Hilfe der Stopp-Funktion die Möglichkeit, die Biografien von Widmark, Fonda und Quinn (die herangezoomt werden) zu lesen. Besonders die Szenen- und Starfotos sind von hoher Qualität. Die zwei Frauen stehen gleichberechtigt neben den drei Hauptdarstellern.

Der deutsche Kinotrailer ist etwas Besonderes: Henry Fonda himself begrüßt die Kinozuschauer und bemüht sich redlich, sie für die kommende Attraktion „Warlock“ zu begeistern. Ebenfalls in deutscher Sprachsychronisation. Übrigens trägt „Warlock“ ursprünglich den deutschen Titel „Der Mann mit den goldenen Colts“. Gemeint ist die Figur des Clay Blaisdell, den Fonda verkörpert. Ansonsten ist der Trailer ein abschreckendes Beispiel, wie ein Filmbild NICHT aussehen sollte: voller Artefakte, Streifen und dergleichen. Diese sind im eigentlichen Film größtenteils bereinigt worden.

Das Booklet

Die vierseitige Broschüre verblüfft den Western-Kenner zunächst einmal mit einem Szenenfoto auf dem Cover, das er noch nie gesehen hat! Kein Wunder, denn es stammt aus einer geschnittenen Szene, dem Prolog. Der bisherige Sheriff wird von McQuowns Cowboys aus der Stadt gejagt: Sattellos, um die Schande zu vergrößern, sitzt er auf einem Pferd. Vor ihm ist als einer der Cowboys DeForrest Kelley zu erkennen, der Mediziner in StarTrek. Was die Aufnahme so lustig macht, ist die Tatsache, dass vier von fünf der Männer die Augen gerade geschlosssen haben – lauter Schlafwandler.

Auch auf der Rückseite ist ein interessantes Foto abgedruckt. Es zeigt den Showdown zwischen einem Mann und Clay Blaisdell. Und in der Sekunde der Aufnahme sieht es ganz danach aus, als würde Clay einen Mann kaltblütig abknallen, der noch nicht einmal die Hand gehoben hat, um seine Knarre zu ziehen. Irgendwie passt dies gar nicht zu Clays Image als aufrechter Gesetzeshüter. Des Rätsels Lösung: Es handelt sich um den Showdown mit Billy Gannon, und aus dem Bild wurde einen von Billys Kumpels herausretuschiert (man kann die Stelle rechts erkennen).

Richard Oehmanns Artikel ist kenntnisreich und journalistisch formuliert. Da gibt es nichts zu beanstanden. Lustig fand ich aber seine Formulierung, dass die Erotik der Dorothy Malone angeblich „waberte“, und dass er DeForrest Kelleys Figur „Pille“ in „StarTrek“ als „staatstragend“ bezeichnet. Außerdem geht der Artikel nicht auf die restaurierte Fassung ein, scheint also bereits etwas älter zu sein.

Unterm Strich

„Warlock“ sollte jeder Western-Kenner auch in der restaurierten Fassung gesehen haben: Dies ist jetzt der „state-of-the-art“. Diese DVD-Edition ist sorgfältig vorbereitet, Bild und Ton erheblich verbessert und die Extras um nützliche Informationen angereichert worden. Alles weitere Wissenswerte habe ich bereits oben gesagt. Im Grund muss nur noch der Preis beim jeweiligen Anbieter stimmen, dann sollte man zugreifen.

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