Gibt es Leben im All? Diese Frage beschäftigt die Menschheit seit langem. Sechs Menschen brechen auf, um vielleicht eine Antwort zu finden. Ihr Ziel ist Europa, der eisstarrende Mond des Jupiter. Unter seiner Eisdecke wird ein bis zu 100 km tiefer Ozean vermutet. Wissenschaftler haben dort auch ungewöhnliche Wärmezonen entdeckt. Zwei Frauen und vier Männer sind bereit, in diese feindliche Welt vorzudringen, denn wo Wasser ist, könnte auch Leben existieren.

Ihre Expedition führt sie mehrere 100 Millionen Kilometer weit ins Unbekannte. Als kurz vor dem Ziel der Funkkontakt zur Erde abreißt, ist das kleine Team ganz auf sich allein gestellt. Ein Staubkorn in der unendlichen Tiefe des Alls. Was ist mit Raumschiff Europa One passiert?… (Amazon.de)

Filminfos

O-Titel: Europa Report (USA 2013)
Dt. Vertrieb: Ascot Elite
VÖ: 22.10.2013
EAN: 7613059402416 (Blu-ray)
7613059502413 (3D-Blu-ray)
7613059902411 (Limited Edition/Steelbook-Blu-ray)
FSK: ab 12
Länge: ca. 90 Min.
Regie: Sebastián Cordero
Drehbuch: Philip Gelatt
Musik: Bear McCreary
Darsteller: Christian Camargo (Dr. Daniel Luxembourg), Michael Nyqvist (Andrei Blok), Daniel Wu (William Xu), Karolina Wydra (Dr. Katya Petrovna), Sharlto Copley (James Corrigan), Anamaria Marinca (Rosa Dasque), Embeth Davidtz (Dr. Samantha Unger), Dan Fogler (Dr. Sokolov), Isiah Whitlock Jr. (Dr. Tarik Pamuk)
Preis: 16,99 EUR

Handlung

Das privatwirtschaftlich gebaute Raumschiff „Europa One“ ist seit Monaten zum Jupitermond Europa unterwegs, um unter dessen dicker Eisschicht nach Leben zu forschen. Da bricht die Kommunikationsverbindung zur Erde ab. Um den Schaden zu reparieren, den wahrscheinlich ein Mikrometerorit verursacht hat, steigen die Ingenieure, Andrei und James, aus und gehen außenbords. Es kommt zu einer Katastrophe – die Mission steht vor dem Abbruch. Und dabei hatte alles so gut begonnen…

Monate später erreicht die Europa ihr Ziel und geht in eine Umlaufbahn. Sie suchen auf dem Mond nach heißen Stellen, also Hotspots. Dort scheint es Unterwasservulkane zu geben. Die Landefähre koppelt sich vom Raumschiff ab, wobei sie laufend Daten sendet, die an Bord archiviert werden, um bei nächster Gelegenheit zur Erde gefunkt zu werden. Aufgrund dieses Materials reimen sich die Missionsleiterin Samantha Unger und ihre Kollegen zusammen, was schließlich auf dem Mond passiert sein muss. Denn seitdem hat man von den Kosmonauten nichts mehr gehört oder gesehen.

Der erste Fehler passiert schon bei der Landung: Sie verfehlen ihr Ziel, einen Hotspot, um rund hundert Meter. Das bedeutet, sie bekommen keine verwertbaren Daten. Dennoch beginnt man mit einer Bohrung durchs dicke Eis. Dieses ist jedoch brüchig, denn die Schwerkraft des Riesenplaneten walkt die Materie durch wie Knetmasse: Eisbeben!

Erstmals sieht Andrei ein schnell sich bewegendes Licht. Kann doch nicht sein! Ist Andrei seit jener Katastrophe überhaupt noch zurechnungsfähig? Da, sie stoßen durchs Eis! Wow, so viele Mikroorganismen. Und schon wieder: ein grelles Licht! Begleitet von einem Temperaturanstieg um satten 50°C. Die Biologen sind von den Socken. Was kann das nur sein?

Die Außenbordkamera fällt aus – Jupiters Magnetosphäre ist gigantisch, und ebenso seine radioaktive Strahlung, die jeden grillt, der zulange draußen ist. Dennoch meldet sich Katya, die Biologin, freiwillig, einen Exkurs zu wagen. Hundert Meter nur – aber durch die Strahlenstürme des Planeten? Ungute Erinnerungen an jene Katastrophe werden geweckt…

Doch Katya setzt sich durch. Sie geht außenbords und nimmt Proben vom Eis aus der Bruchzone. Jetzt wird’s gefährlich. Ist sie nicht schon zu lange der Strahlung ausgesetzt? Sie hat aber noch genug Sauerstoff für den Rückweg. Als auch sie ein grelles Licht sieht, darf sie näher rangehen. Sie schaltet ihre eigene Helmlampe aus, doch es ist bereits zu spät. Was immer dieses grelle Licht mitbringt, durchbricht das Eis, Katya versinkt, sie ist unter Wasser, sie sendet immer noch – dann nur noch Stille. Andrei, ihr Bruder, war gegen diesen Exkurs.

Doch Europa, unterstützt vom mächtigen Jupiter, lässt auch die überlebenden vier Besatzungsmitglieder nicht mehr entkommen: Der Notstart endet in einem Rücksturz…

Mein Eindruck

Der Zuschauer ist gut beraten, sich sehr für Astrophysik zu interessieren und mindestens einmal Kubricks Meisterwerk „2001“ sowie „Sunshine“ gesehen zu haben. In beiden Fällen halten an sich langweilige, unglaublich lange Sternenreisen den Kern für eine Katastrophe bereit. Bei Kubrick ist es der Computer HAL, der die beiden überlebenden Astronauten Bowman und Poole ins Verderben stürzt – in „“Sunshine“ reicht schon der Glutofen der Sonne.

Pseudo-Wissenschaft

Wissenschaftlich fundierte Spielfilme (Dokus gibt es ja reichlich) sind derzeit wieder in. Das zeigt der Erfolg eines ISS-Dramas wie „Gravity“, das zwar nicht sehr realistisch IST, aber so AUSSIEHT und dabei George Clooney und Sandra Bullock richtig gut aussehen lässt. Ein weiteres gutes Drama ist der unterschätzte „Moon“ von einem jungen Engländer. Überhaupt haben die Briten mal wieder den gesunden Menschenverstand und die Wissenschaft zurück ins Weltall gebracht. Sie haben ja auch den Satelliten erfunden.

Die NASA hat die Produktion von „Europa Report“ angeblich intensiv beraten. Auf der Basis bereits existierender Wissenschaft und Technik unternimmt der Film einen spekulativen, aber realistischen Blick in die Zukunft. Der für „Pans Labyrinth“ Oscar-prämierte Produktionsdesigner Eugenio Caballero entwirft ein so realistisch aussehendes Ambiente, dass man meint, Zeuge einer gerade stattfindenden Weltraummission zu sein.

Leerstelle

Aber macht das bereits einen guten Spielfilm aus? Die ganze Zeit hatte ich das Gefühl, als würde alle Schauspieler und ihre zugehörigen Rollen um eine Leerstelle rotieren und dabei ständig von ihr wegsehen. (In den Florentiner Uffizien hängt ein Gemälde von Michelangelo, das genauso funktioniert.) Diese Leerstelle sind die zwischenmenschliche Beziehungen – ein nicht ganz unbedeutendes Aspekt bei einer Mission, auf der ein halbes Dutzend Menschen zwei Jahre lang zusammengepfercht sind. Weiblichen Zuschauern dürfte dieses Manko schon nach fünf Minuten auffallen. Es lässt die Handlung nämlich emotional relativ kühl und unterdrückt wirken. Ein Wohlfühlfilm sieht anders aus.

Erst nach der Hälfte des Films wird diese Lücke halbwegs durch eine extrem lange Rückblende erklärt: Die Crew ist von der Katastrophe traumatisiert, zu der es bei einem Außenbordeinsatz kam. James Corrigan, der für seine Familie daheim alles per Videoblog dokumentiert hat (der dann ebenfalls in die Mockumentary-Struktur eingebunden wird), zieht den Kürzeren und Andrei Blok (Nyqvist) springt dem Tod gerade noch von der Schippe.

Spannung

Es ist kein Zufall, dass diese Rückblende direkt vor Katyas verhängnisvoller Exkursion gebracht wird. Dadurch steigt die Anspannung und Beklemmung im Zuschauer. Ob das aber auch bereits Spannung“ ist, wage ich zu bezweifeln. Wir ahnen ja durch diesen Wink mit dem Zaunpfahl bereits überdeutlich, dass diese Exkursion nicht gut enden wird. Was bleibt, ist allenfalls „suspense“ im Sinne von Hitchcock. Dabei interessiert vor allem das „Wie?“ und die emotionale Reaktion des betroffenen Opfers. Suspense aber könnte für manchen Zuschauer zuwenig sein. Viele setzen nämlich Spannung mit Action gleich, obgleich es auch Action gibt, die sterbenslangweilig wirkt – nämlich dann, wenn sie völlig sinnlos erscheint.

Der Killer

Dass Jupiter ein Killer sein muss, wird nur dem erfahrenen Auge deutlich vor Augen geführt: ein kleiner farbiger Balken im Helm-Diskplay des jeweiligen Astronauten zeigt den Grad der Radioaktivität an, der er oder sie gerade ausgesetzt ist (in Millisievert). Je röter dieser Balken ist, desto höher die Strahlendosis. Dennoch setzt die besessene Biologin Katya höchst unvernünftig ihre Exkursion fort. Als sie ins brüchige Eis bricht, konnte ich mir nur sagen: „Recht so, das hat sie verdient!“ Denn die Gesetze der Physik vergeben nicht, wenn man sie missachtet.

Auch die Magnetosphäre und die Schwerkraft des Riesenplaneten haben es in sich. Die Magnetosphäre sorgt dafür, dass alle elektromagnetischen, sprich: elektronischen Schaltkreise in Mitleidenschaft gezogen werden. Es ist genauso, als würden lauter kleine EMPs (siehe „The Matrix 1“) auf die Umgebung einprasseln. Warum das Raumschiff „Europa One“ nicht dagegen gehärtet wurde, bleibt das Geheimnis seiner dämlichen Konstrukteure.

Die immense Schwerkraft, die immerhin zwei Dutzend Monde eingefangen hat, sorgt dafür, dass das Eis von Europa regelrecht durchgewalkt wird und brüchig wird. Woher dabei diese „heißen Stellen“ rühren sollen, bleibt ein Rätsel. Vielleicht meinten die NASA-Experten, da unten könnte es „black smokers“ geben, also Austrittsschlote vulkanisch aufgeheizten Wassers. Der Jupitermond Io ist gespickt mit solchen Vulkanen.

Allerdings gibt es noch einen zweiten Killer. Dieser füllt das letzte Bild, das „Europa One“ beziehungsweise seine Landefähre überträgt. Mehr darf darüber nicht verraten werden, aber dieser Killer muss natürlich optimal an diese lebensfeindliche Umgebung angepasst sein. Wie so ein Riesenviech von Kleinstlebewesen leben kann, ist ein weiteres Rätsel. Vielleicht ist es nur das letzte Glied einer Nahrungskette, die ansonsten im Dunkeln bleibt.

Die DVD

Technische Infos
Bildformat: 16 : 9 (2,35 : 1, anamorph)
Audio: DTS 5.1 (Deutsch), Dolby Digital 5.1 (Deutsch, Englisch)
Untertitel: Deutsch
Extras: O-Trailer, Making-of Visual Effects, Fotogalerie Filmszenen / Hinter den Kulissen, Bio- / Filmografien, Fakten & Informationen „Jupitermonde“, Alternative Posterentwürfe, Trailershow

Mein Eindruck: die DVD

Dass die Bildqualität einer Blu-ray top ist, hilft dem Zuschauer wenig: Die meiste Zeit ist das Bild nämlich gestört. Und das mit voller Absicht. Wie schon erwähnt, dreht James Corrigan die ganze Zeit ein Homevideo. Dessen „Found Footage“ bildet einen großen Teil der Bilder, aber auch die Kameras innen- und außenbords rackern sich ab, möglich alles zu erfassen.

Mit ihrem kühlen Blick (ein wichtiger Teil des Ästhetik dieses Films) schauen wir also zu, wie James Corrigan wie weiland Frank Poole ins Weltall abdriftet, wie Andrei Blok dem Tod um Haaresbreite entkommt und wie der Captain zu Tode stürzt. Und obwohl all dies dramatische Begebenheiten sind, bleibt das Kameraauge unbeteiligt und buchstäblich „objektiv“ – sofern es nicht eine Bildstörung gibt. Will man das alles auch noch in 3D und als Limited Edition im Steelbook sehen? Ich glaube, das muss nicht unbedingt sein.

Eine Bildstörung ist gleichbedeutend mit Chaos, und Jupiter, der Killer, sorgt für reichlich Chaos (s.o.). Das Bild wird verzerrt, in Falschfarben getaucht, fällt kurzzeitig aus und schließlich sogar zurückgespult. Das ist nicht sonderlich schön. Eine DVD reicht also völlig aus, um diesen Bildsalat „genießen“ zu können. Der Ton hingegen ist ebenfalls top. Dumm nur, dass dich im Weltall niemand schreien hört…

Extras

  1. O-Trailer und Dt. Trailer (1:51 bzw. 1:56 min): Die beiden Trailer sind inhaltlich fast identisch, indem sie mit der Pressekonferenz beginnen und dann das sich entfaltende Drama an Bord andeuten. Der deutsche Trailer enthält zusätzliche Kritikerzitate.
  2. Making-of Visual Effects (ca. 6:40 min): Dieser einzige Werkstattbericht unter den Extras lässt den Regisseur zu Wort kommen und zeigt, wie die visuellen Effekte zustandegekommen sind. Da sehen wir Schauspielern an kränen und Kabeln baumeln – sehr hübsch, ungefähr wie auf der Kirmes, wenn der unförmige Raumanzug nicht wäre. Andererseits wurden jede Menge VFX aus dem Rechner generiert, so etwa bei Katyas fataler Exkursion. Laut Regisseur sollte der Look sehr realistisch und glaubwürdig sein. Deshalb hat er sich ja auch von der NASA beraten lassen, so etwa bei den Mikroorganismen im Europa-Ozean. Alles sollte wissenschaftlich aussehen.
  3. Fotogalerie Filmszenen / Hinter den Kulissen (2:29):Selbstablaufende Diaschau mit spannender Filmmusik.
  4. Bio- / Filmografien: Texttafeln zu den Schauspielern, dem Komponisten, dem Kameramann und Caballero, dem Bühnenbilder und VFX-Spezialisten. Seitenlange Lebensbeschreibungen und Listen von gedrehten Filmen – aktuell bis 2012.
  5. Fakten & Informationen „Jupitermonde“: Texttafeln mit Infos darüber, wie die vier größten Jupitermonde von Galileo Galileo entdeckt und beobachtet wurden – wofür er dann eingekerkert wurde. Der Fokus liegt auf Europa. In den letzten Jahren wurden Indizien für und wider einen Wasserozean auf diesem Mond gefunden. Da sollte man auf jeden Fall nachgucken.
  6. Alternative Posterentwürfe (1:50): Selbstablaufende Diaschau mit Filmmusik. Zum Sterben langweilig. Auf was für ulkige Ideen die Illustratoren gekommen sind!
  7. Trailershow:
    • Metallica – Thruough the Never
    • Odd Thomas
    • Emperor (mit T.L. Jones, Matthew Fox)
    • Schattenkrieger – The Shadow Cabal (Fantasy)
    • Cargo – Da draußen bist du allein
    • Grabbers (siehe meinen bericht)
    • Renaissance (Animationsfilm, Thriller)
    • Der Unsichtbare – The Invisible Man (TV-Serie der Seventies mit David McCallum)

Unterm Strich

Eigentlich sollte dieser Zukunftsfilm ein sehr dramatisches Stück Filmkunst sein, wie es Kubrick mit „2001“ zu erzeugen wusste (das szenenweise ebenfalls sehr kühl inszeniert ist). Doch „Europa Report“ bemüht sich um wissenschaftliche Glaiubhaftigkeit, sowohl in den Figuren, den Kulissen und in den Bildern. Diese Bilder bleiben allzu häufig in der Mitteldistanz stecken, statt uns die Figuren näher zu bringen.

Die einzige Sequenz, in der diese Haltung aufgegeben wird, ist die lange Rückblende in der Mitte des Films, der dadurch geradezu zweigeteilt wird. OK, am Anfang des Films erfahren, dass es diese Katastrophe gegeben hat, und der Abbruch der Mission wird diskutiert. Aber wirtschaftlich-wissenschaftliches Interesse übertrumpft menschliche Interessen – wie so oft in der Privatwirtschaft.

Nach der Katastrophe hoffen wir, dass es besser wird, aber dieser Wink mit dem Zaunpfahl lässt uns das Schlimmste erwarten. So kommt’s denn auch, vor allem durch die massive, geballte Unvernunft der Akteure. Die Drehbuchautoren haben sich derart viele Freiheiten genommen, dass vom wissenschaftlichen Anspruch rein gar nichts mehr übriggeblieben ist.

Dafür dürfen wir uns an zahlreichen ungewöhnlichen Todesarten delektieren, die das Weltall auf einem Silbertablett serviert. In diesem Film gibt es mehr als nur einen Killer, und zwei davon sind unsichtbar: menschliche Dummheit und die Allgegenwart eines Riesenplaneten.

Die Blu-ray

Die Blu-ray ist ihr Geld nicht wert, wie ich oben bereits anedeutete. Die Bilder sind, da es sich ja um „Found footage“ handelt, meist gestört und von minderer Qualität. Dafür reicht die DVD. Ebenso ist die Tonqualität nicht ausschlaggebend, wenn in einer Szene Minuten lang Stille herrscht.

[Wertung]

Mima2016: 3 out of 5 stars (3 / 5)

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