Die neue Belustigung der Massen heißt in der nahen Zukunft Rollerball. Doch was Actionprofi John McTiernan („Conan“) da inszeniert hat, weist weitaus weniger Tiefgang auf als das Original von 1975.
Auch die Extras der FSK18-Edition bringen nur wenig mehr Spaß als die Kinofassung.

Filminfos

O-Titel: Rollerball (USA 2002)
FSK: ab 18
Länge: ca. 94 Min.
Regisseur: John McTiernan
Drehbuch: Larry Ferguson, John Pogue nach dem O-Drehbuch von William Harrison
Musik: Eric Serra
Darsteller: Jean Reno (Petrowitsch), Chris Klein (Jonathan Cross), Rebecca Romijn-Stamos (Aurora), LL Cool J (Ridley) u.a.

Handlung

Der russische Unterweltboss Petrowitsch (Reno) zieht mit seiner Rollerball-Show von Staat zu Staat, der aus der untergegangenen Sowjetunion hervorgegangen ist: Kasachstan, Aserbeidschan, schließlich die Mongolei. Rollerball hat sich zu einer Massenattraktion entwickelt, und die Einschaltquoten der Fernsehsender steigen: Sie werden in Echtzeit gemessen. Je besser diese Ratings, desto höher Petrowitschs Profit und der seiner jeweiligen lokalen Partner. Allesamt skrupellose Geschäftemacher. Und damit der Rubel auch künftig rollt, passen ausgebildete Killer auf seine Mannschaft auf.

Petrowitschs Mannschaft sind die Roten Reiten. Kapitän ist zwar Ridley, aber der Superstar ist unbestritten Jonathan Cross (Klein). Als die beiden spitzkriegen, dass einer der Unfälle, die bei dem harten Spiel auftreten, fingiert war, stellt er Petrowitsch zur Rede – gegen den Rat von Ridley. Petrowitsch, der mit Luxus seine Investoren verwöhnt, verspricht, sich um das Problem zu kümmern. Doch Jonathans geheime Geliebte, seine Teampartnerin Aurora, weiß es besser: Je mehr Blut fließt, desto besser für die Ratings. Könnte sie das nächste Opfer sein?

Als ein Fluchtversuch mit dem Tod Ridleys endet, bedient sich Jonathans der Methoden, die Petrowitsch anwendet, um bei seinem Abschiedsspiel a) zu überleben und b) Petrowitsch und seine bande fertigzumachen.

Die DVD

Technische Infos
Bildformate: 2,35:1 (16:9)
Tonformate: D, GB und Ital. in DD 5.1
Sprachen: Dt., Engl., Ital.
Untertitel: jeweils Dt. und Engl. auch für Hörgeschädigte
Extras der Kaufversion (nicht im Verleih):

  • Making of Rollerball: Die Stunts
  • Interviews (mit Untertiteln): Jean Reno, Chris Klein, Romijn-Stamos
  • Biografien: Schauspieler & Regisseur
  • Audiokommentar der Schauspieler
  • Musikvideo: „Never gonna stop“ von Rob Zombie im Stil von Kubricks „Clockwork Orange“
  • Trailer & Teaser
  • Booklet

Gesamteindruck: der Film

Das Remake des Action-Klassikers von 1975 mit James Caan in der Hauptrolle setzt mehr auf Actionsequenzen als auf die Darstellung des Helden und seiner Überlegungen. Jonathan Cross lebt im Original in einer privilegierten Umgebung; bei McTiernan ist sein einziges Privileg das Fahren teurer Sportwagen. Immerhin setzt dennoch ein Umdenken bei ihm ein, je mehr ihm seine Freundin Aurora die Augen öffnet. Dies führt ihn unweigerlich auf Kollisionskurs zu Petrowitschs Interessen.

Brutale Action und aufwändiges Styling ersetzen in McTiernans Remake das, was das Original an menschlichem Interesse hervorhob. Letzteres kommt im Remake zu kurz, so dass bei so manchem Kritiker der Eindruck entstand, es handele sich um ein ödes Actionspektakel. Schuld daran ist vor allem die erste Hälfte des Films, in der wichtige Übergangsszenen zu fehlen scheinen – Szenen, in denen die Hauptfigur Cross den Zuschauer mit seinen Teamkameraden und dem Spiel Rollerbal bekannt machen sollte. Statt dessen übernimmt diese wichtige Funktion der amerikanische Sportkommentator. Er ist bis zum Schluss zu sehen und leitet die Aufmerksamkeit des Zuschauers. Die Dramaturgie ist in dieser Hinsicht nicht besonders geschickt.

Gegen die Darstellungskunst der vier Hauptrollen ist im Grunde wenig einzuwenden. Von den Spielern hat jeder seine eigenen Qualitäten – sie sind klar unterscheidbar. Ihnen steht Petrowitsch gegenüber, den Jean Reno mit sichtlichem Gusto spielt: Der Regisseur habe ihm carte blanche gegeben, wie er seine Figur gestalten sollte, erzählt Reno im Interview, und so habe er eben „die Sau rausgelassen“, wie man so sagt.

Die vorliegende Fassung der Kauf-DVD ist ungeschnitten und erst 18 Jahren freigegeben. Nun sollte man meinen, dass Blutfontänen links und rechts durch Bild spritzen. Dergleichen passiert jedoch nie. Nur und hin wieder erleiden die Spieler Knochenbrüche und so manche Blutspur ziert ein Gesicht. Allenfalls der Umstand, dass in der gemischtgeschlechtlichen Umkleide ein paar blanke Busen durchs Bild spazieren, hat dem Streifen ein X-Rating eingebracht. Dieser Umstand trägt aber eher zum Realismus der Geschichte bei. Die gastgebenden Länder sind so arm, dass sie keine besseren, sprich: getrenntgeschlechtlichen Umkleiden anbieten können.

„Rollerball“ ist eine Fassung von Ridley Scotts „Gladiator“: Das Rollerball-Spiel ist die Arena, in der der tödliche kampf stattfindet; Petrowitschs Leute und die anderen Teams sind jeweils der Zirkus, der in die Stadt kommt, um für einen Tag die Hauptattraktion zu sein. Und wie man bei Scotts Film gesagt bekommt, fühlt sich das Publikum nur dann richtig unterhalten, wenn auch Blut fließt. Passiert dies, schnellen die Ratings in die Höhe. Wie Reno im Interview erzählt, passiert dies bereits heute im US-Fernsehen (und anderswo sicher auch). Der Realismus, den der Regisseur in seine Geschichte einbaut, ist zwar zynisch, aber wahr.

Gesamteindruck: die DVD

Die Produzenten von Columbia Tristar & Helkon haben sich bei der Ausstattung der Kauf-DVD nicht lumpen lassen und ordentlich Zusatzmaterial draufgepackt. Allerdings fühlt man sich bei näherem Begutachten dieses Material doch ein wenig enttäuscht. Das Making-of beschränkt sich nur auf die Stunts, es gibt weder ein Behind-the-scenes noch Deleted Scenes.

Die Biografien bestehen aus Texttafeln, und das Musikvideo bietet einen Abklatsch von „Clockwork Orange“. Am interessantesten sind die Interviews, bei denen aber der Regisseur ebenso durch Abwesenheit glänzt wie beim Audiokommentar, der von den Schauspielern bestritten wird. Vielleicht ist McTiernan kein großer Redner, sondern ein Macher, der sich bereits mit dem nächsten Projekt herumschlägt.

Der Sound ist wie das Bild einwandfrei. Dolby Digital 5.1 wird zwar nicht für Surroundklang ausgenutzt, doch die Präsenz des Geschehens wird dennoch vermittelt.

Unterm Strich

Das „Rollerball“-Remake bietet Actionfreunden jede Menge rasanter Bewegungsabläufe und spektakuläre Stunts. In der FSK18-Fassung sind die Unfälle noch weitaus ungeschönter und somit brutaler als in der Kinofassung. Dafür kommt auch die Erotik nicht zu kurz.

Was den Film so problematisch macht, ist allerdings nicht die Darstellung von Gewalt oder Erotik, sondern die schlechte Dramaturgie, die zu einem abstumpfenden Übermaß an Gewaltdarstellung ohne Pause führt, und an dem zu geringen Interesse, das man der Hauptfigur entgegenbringt. Da wir Cross‘ Privatleben und seine Vergangenheit praktisch nicht kennenlernen, erscheint er austauschbar wie der Rest der Spieler – dass er letztlich gegen seine Ausbeuter triumphiert, könnte uns daher nicht gleichgültiger sein.

Dass Cross seine Geliebte, Aurora, von Petrowitsch an die Gegenmannschaft verkaufen lässt, soll den Zuschauer verwirren, doch die Logik dieser augenscheinlich verräterischen Handlung wird zu spät und zu undeutlich klar. Nur wer ähnlich zynisch denkt, kann Cross‘ Handlungsweise nachvollziehen – und wer freut sich schon über seinen eigenen Zynismus?

Das Bonusmaterial sieht auf den ersten Blick recht ansehnlich aus – mehr als man bei einer Action-DVD erwartet. Diese Fülle gibt es allerdings nur auf der Kaufversion und hat somit vertriebliche Gründe. Dass der Regisseur durch Abwesenheit auffällt, ist weniger schön.

[Wertung]

Mima2016: 3 out of 5 stars (3 / 5)

Lass ein paar Worte da:

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.