Über das südenglische Küstenstädtchen Broadchurch bricht ein exzessiver Medienrummel herein, als am Strand die Leiche eines 11-jährigen Jungen gefunden wird. Der Körper gibt den ermittelnden Detectives Alec Hardy (David Tennant) und Ellie Miller (Olivia Colman) mysteriöse Rätsel auf, die sie durch die ganze erste Staffel hindurch in Atem halten. (Text: MM/fernsehserien.de)

Filminfos

O-Titel: Broadchurch (GB 2013)
Dt. Vertrieb: Studiocanal
VÖ: 2015
EAN: 4006680070964 
Umfang: 2 Blu-rays 
FSK: ab 12
Länge: ca. 374 Min.
Regisseur: James Strong, Euros Lyn
Drehbuch: Chris Chibnall (Ausf. Prod.), Louise Fox
Darsteller: David Tennant, Olivia Colman, David Bradley u.a.

Die 8 Episoden à 45 Minuten

Folge 1: Entdeckung

Das malerische Küstenstädtchen Broadchurch: Der elfjährige Danny Latimer wird ermordet am Strand gefunden. Detective Inspector Alec Hardy ist neu im Revier und übernimmt den Fall mit der einheimischen Detective Sergeant Ellie Miller. Sie müssen nicht nur die erschrockenen Bewohner des Ortes besänftigen, der eine der niedrigsten Kriminalitätsraten des Landes hat. Kurz nach Bekanntwerden des Verbrechens fallen zudem hartnäckige Journalisten wie Karen White in Broadchurch ein. (Text: Puls 4) 

Folge 2: Geheimnisse 

Alec Hardy und Ellie Miller haben bei der Suche nach Dannys Mörder kaum Anhaltspunkte. Doch ein paar Bewohner offenbaren Geheimnisse: Bei Dannys Schwester Chloe findet die Polizei Drogen, die zu der Hotelinhaberin Becca Fisher führen. Dannys Vater Mark log in Bezug auf sein Alibi. Und Steve Connelly will übersinnlich begabt sein und gibt Hardy und Miller Hinweise. Indes stellt die Reporterin Karen White ihre eigenen Nachforschungen an. (Text: Puls 4) 

Folge 3: Alibi

Die Ermittler vernehmen Mark Latimer, den Vater des ermordeten Danny. Sein Alibi steht infrage und seine Fingerabdrücke wurden am mutmaßlichen Tatort sichergestellt. Schließlich gesteht die Hotelbesitzerin Becca Fisher eine Affäre mit Mark … Steve Connelly, der Alec Hardy und Ellie Miller den Hinweis gab, die Tat habe etwas mit Wasser zu tun, könnte Recht behalten: Die beiden Polizisten finden Marks Boot – und Blutspuren an Deck. Auch für Dannys Mutter hat Steve eine Botschaft. (Text: Puls 4) 

Folge 4: Vorwürfe

Die verkohlten Überreste eines Boots werden entdeckt, an dem neben anderen Spuren noch einzelne Haare gesichert werden können. Alec Hardy ist sich sicher, dass es das Boot ist, mit dem die Leiche von Danny Latimer transportiert wurde. Derweil wird die Bevölkerung allmählich nervös und drängt auf eine schnelle Aufklärung des Falls, während immer mehr Verdächtigungen laut werden. Olly gibt Hardy etwa den Hinweis, dass der Zeitungshändler Jack ein verurteilter Sexualstraftäter ist. (Text: Puls 4)

Folge 5: Verleumdung

Statt Antworten zu finden, stoßen Alec Hardy und Ellie Miller auf immer mehr Fragen: Warum hatte Danny zwei Handys? Mit wem hat er zuletzt telefoniert? Stammt das Geld, das in Dannys Zimmer gefunden wurde, von dem vorbestraften Jack Marshall? Dieser findet sein Gesicht kurz darauf auf der Titelseite des Herald wieder. Die öffentliche Verleumdung schürt das Misstrauen in Broadchurch und befeuert die Presse, mehr Details über die Vergangenheit des ehemaligen Lehrers herauszufinden. (Text: Puls 4)

Folge 6: Zusammenbruch

Jack ist tot. Nach dem Suizid des verleumdeten Zeitschriftenhändlers stehen die Bewohner von Broadchurch unter Schock und Alec Hardy gilt als schlechtester Polizist Englands, weil er ihn nicht geschützt hat. Der Detective, der immer öfter kollabiert, nimmt derweil Paul ins Visier: Der Pfarrer ist trockener Alkoholiker und hat engen Kontakt zu den Kindern der Gemeinde. Beth lernt Cate Gillespie kennen, deren Kind ebenfalls getötet wurde und die keine gute Meinung von Hardy hat. (Text: Puls 4)

Folge 7: Verdacht

Alec Hardy, der eigentlich wegen seiner Herzrhythmusstörung im Krankenhaus bleiben soll, entlässt sich selbst, um den Mordfall wieder aufzunehmen. Seine Kollegin Ellie Miller vernimmt derweil Susan Wright, die ganz offensichtlich etwas zu verbergen hat. Die Frau, die selbst eine Familientragödie miterlebt hat, gesteht schließlich, dass sie in der Tatnacht am Strand war. Sie behauptet sogar den Täter zu kennen … (Text: Puls 4) 

Folge 8: Enthüllung

Der Pfarrer Paul hat Alec Hardy Toms Laptop übergeben. Darauf findet er E-Mails, die belegen, dass Tom und Danny sich kurz vor dem Mord zerstritten hatten, weil Letzterer einen neuen Freund gefunden hatte. Tom drohte Danny sogar, ihn zu töten. Derweil hat der vermeintliche Täter Dannys Handy wieder angeschaltet. Hardy verfolgt das Signal. Wird nun endlich herauskommen, was in der schicksalshaften Nacht geschah? (Text: Puls 4)

Gesamteindruck

Die Serie unterscheidet sich grundlegend von den sattsam bekannten Ermittler-Serien à la „Morse“ oder „Vera“ insofern, als hier pro Episode kein ganzer Fall gelöst wird, sondern der jeweilige Ausschnitt aus dem ganzen Fall, der in acht Episoden geschildert wird. Dadurch tritt automatisch die Ermittlung in den Hintergrund und das menschliche Drama in den Vordergrund. 

Infolge dieser Struktur baut das Drama eine zunehmende emotionale Wucht auf, die schließlich alles Mögliche plausibel erscheinen lässt. Und dass der Zuschauer bis zum Schluss durchhält, ist gesorgt: Alle (auch die Schauspieler) erfahren erst in der letzten Folge den Namen des Mörders. 

Dynamisches Duo

Weil das Drama alle und jeden in Broadchurch erfasst, kann es nicht ausbleiben, das Detective Sergeant Ellie Miller tief involviert wird, wenn es um die seelischen Folgen der Tat, der Verdächtigungen und der Befragungen geht. In ihrer Betriebsblindheit sieht Miller das Unheil nicht kommen, das ihr gesamtes bisheriges Leben zerstören wird. 

Der Detective Inspector an ihrer Seite, Alex Hardy, ist alles andere als hilfreich: Erstens bekommt er zunehmend Herzprobleme, die ihn schließlich außer Gefecht setzen, zweitens ist er durch eine missglückte vorausgegangene Ermittlung vorbelastet: Er ermittelt in Broadchurch nicht, um die Wahrheit zu finden, sondern um seine Karriere zu retten. Mitgefühl ist von ihm wohl kaum zu erwarten. Weil Miller und Hardy so grundverschieden sind, ergänzen sie sich auf ideale Weise. 

Opfer

Von vornherein ist klar, dass Danny Latimer zu den Todesopfern gehört. Doch es wird noch ein weiteres geben, und dafür sorgen die Dorfbewohner selbst. Sie alle sind irgendwie von der Pädophilenhysterie infiziert, die in Großbritannien seit Jahrzehnten grassiert – völlig zu Recht übrigens, und wer will, kann registrierte pädophile Straftäter im Internet finden. Weil Danny in dunkle Machenschaften mit mehreren Männern verwickelt war, stehen alle Männer, die mit Jungs zu tun haben, unter Generalverdacht. Und wehe, jemand tanzt aus der Reihe und verwehrt sich der gemeinschaftlichen Hetzjagd…

Die Rolle der Presse

Von Anfang spielt die Presse eine unrühmliche, aber wichtige Rolle, auch bei der Hetzjagd. Deshalb tauchen die Figuren, die sich mit der Lokalzeitung „Daily Herald“ assoziieren, schon frühzeitig auf und stehen durchgehend im Rampenlicht. Da ist die Herausgeberin und Chefredakteurin, dann ihre Anzeigenverkäuferin Beth Latimer (Mutter von Danny), der Volontär Olly Stevens (Jonathan Bailey) und die Großstadtreporterin Karen White (Vicky McClure). 

Olly und Karen wühlen im Dreck und decken Querverbindungen auf sowie „vergrabene Leichen“, die diverse ältere Menschen im Keller haben. Es erweist sich von tragischer Ironie, dass gerade jene Bürger, die einem vergangenen Unglück entkommen wollten, nun von der Sensationspresse bloß und an den Pranger gestellt werden. Nur Susan Wright (Pauline Quirke) wehrt sich ihrer Haut, wenn auch an der falschen Adresse: „Ich kenne Männer, die dich vergewaltigen würden“, droht sie der Herausgeberin. 

Die Rolle der Kirche

Ein Glück, dass diese Serie nicht im berüchtigten Midsomer County spielt, wo Figuren bekanntermaßen eine sehr kurze Halbwertszeit aufweisen – jede Folge von „Inspector Barnaby“ erzählt davon. Regelmäßig trifft es überdurchschnittlich viele Frauen und ältere Pfarrer. So kommt es in Broadchurch zu der erfreulichen Ausnahme, dass ein junger Pfarrer seine Schäfchen betreut. 

Rev. Paul Coates (Arthur Davill), ein guter Freund der trauernden Latimer-Familie, bemüht sich, alles richtig zu machen. Aber was heißt das konkret? Er hält nicht nur die Totenrede auf Danny, sondern liefert auch dessen verschwundenen Laptop aus. Die Emails darauf sind für Hardy äußerst aufschlussreich. Fehlt nur noch Dannys Handy… Der Pfarrer scheint der einzige Mann am Ort zu sein, der keine eigene Agenda, kein geheimes Leben aufweist. Das ist natürlich ein Trugschluss. 

Die Blu-ray

Technische Infos

Bildformate: 1,78:1 (anamorph)
Tonformate: D in DTS 5.1 Surround, Englisch in DTS 5.1 Stereo
Sprachen: D, Englisch
Untertitel: D
Region: B
Extras:

  • Audiokommentar von Regisseur James Strong, Darsteller D. Tenant, Produzent Richard Stokes und Autor Chris Chibnall für Folge 1 und 8
  • Trailer
  • Geschnittene Szenen
  • Hinter den Kulissen
  • Wendecover
  • Trailershow

Mein Eindruck: die Blu-ray

Das Bild dieser Blu-ray ist gestochen scharf, so dass man sogar erkennen kann, wo das Bild manipuliert wurde – in den Aufnahmen am Strand und in einigen Innen/Außen-Kombinationen. Beim DTS-Ton ist es etwas überraschend, dass das englische Original „nur“ in Stereoton vorliegt, die deutsche Version jedoch in Surround-Sound. Üblicherweise ist die Qualitätsstufe umgekehrt verteilt, das Englische also höherwertig. 

Die deutschen Untertitel weichen wie so häufig etwas vom Original ab. Sie wurden sinngemäß übersetzt, nicht dem Wortlaut nach. Das fühlt sich in den Dialogen viel natürlicher an. In den Dokus gibt es Übersetzungsfehler. Da wird etwa das englische Wort „sermon“ als „Gebet“ statt als „Predigt“ übersetzt („Gebet“ bedeutet vielmehr „prayer“). 

Extras (OmU)

  1. Audiokommentar von Regisseur James Strong, Darsteller D. Tennant, Produzent Richard Stokes und Autor Chris Chibnall für Folge 1: Diesen Kommentar habe ich nicht abgehört. 
  2. Audiokommentar von Regisseur James Strong, Darstellerin Olivia Colman und Autor Chris Chibnall: Strong ist nur per Telefon oder Skype zugeschaltet, was schon mal Anlass für ein paar britische Insider-Witze liefert, die dem deutschen Zuschauer nicht so witzisch vorkommen. Nach etwa zwei Minuten mahnt Colman zu etwas mehr Ernsthaftigkeit. Sie beeindruckte am Skript Chibnalls die durchgehende „eigene Stimme“ der Figuren. Chibnall und Strong weisen darauf hin, dass die übliche Ermittlungsarbeit fast vollständig fehlt, außer wenn sie direkt eine Figur der Betroffenen angeht. Vor der Ausstrahlung von Episode 8, als die halbe Nation vor dem TV-Gerät saß, hatte Chibnall hohes Lampenfieber. Würde der Schluss gut aufgenommen werden? 
  3. Trailer (2:32): Der Trailer erzählt die Story, zeichnet aber bereits die Hauptfiguren nach, schon bald brechen verborgene Konflikte auf und Aggressivität wird sichtbar. 
  4. Geschnittene Szenen (25:36 min): Kann man sich komplett sparen, denn diese Szenen wurden nicht ohne Grund geschnitten.
  5. Hinter den Kulissen (25:23 min): Produzent Stokes charakterisiert die Serie (s.o.) und erklärt, warum alles darauf ankommt, dass sich der Zuschauer mit emotional interessanten Figuren identifiziert. Bei der ersten Leseprobe erläutern die meisten Darsteller, was sie von der Serie und ihrer Rolle darin erwarten. Tennant und Colman nehmen die Zuschauer mit trockenem britischem Humor auf die Schippe, als sie ihre Rollen als krasse Gegensätze charakterisieren, die sich „rein zufällig“ bestens ergänzen. 

    Die Dreharbeiten fanden von August bis Dezember statt, so dass sich Dorset-Dörfer wie Bridport, Cleveland und West Bay ganz schön lange im Belagerungszustand befanden. Aber durch Drehgebühren usw. kurbelten Die Filmleute die lokale Wirtschaft an. 

    Eine erhebliche Rolle spielte beim Drehen, dass kein einziger Schauspieler wusste, wer der Täter sein würde, der dann in Episode 8 enthüllt würde. Jeder hielt sich folglich selbst für Dannys Mörder. Es wurden Wetten abgeschlossen und „aussagekräftige“ Verbrecherfotos angefertigt. 

    Den Abschluss dieser Doku bildet die Beobachtung einer Szene, in der Dannys letzte Skateboard-Fahrt nachgestellt wird. „Susan Wright“ verspricht die Offenlegung zahlloser geheimnisse. Das dürfte für eine ungemein spannende Serie sorgen, findet sie. Selber schuld, wenn man sich so eine Serie entgehen ließe! 
  6. Trailershow: Unforgettable – Staffel 1, Hannibal – Staffel 1 (mit Mads Mikkelsen), The Cop – Staffel 1, The Returned – Staffel 1, Titanic: Blood & Steel (über den Bau der RMS TITANIC anno 1911/12 in Belfast)
  7. Wendecover

Unterm Strich

Besonders weibliche Zuschauer, die über viel Einfühlungsvermögen und Empathie verfügen, dürften sich von diesem Krimi-Drama angesprochen fühlen. Die Ermittlung spielt nur die zweite Geige, wenn es darum geht aufzudecken, wer den jungen Danny auf dem gewissen hat. Daher ist es kein Wunder, dass alle den Namen des Täters erst in der letzten Folge erfahren. Inspector Alex Hardy kämpft zunehmend gegen seinen eigenen Körper, und DS Elly Miller ist zu sehr in die gemeinde integriert, um das Unheil kommen zu sehen, das ihr Leben zerstören wird. 

Diese Geduld fordernde Erzählstruktur schuldet David Lynchs und Mark Frosts TV-Serie „Twin Peaks“ sehr viel: Das Opfer ist diesmal nicht weiblich, sondern männlich, aber das ist schon alles an Unterschieden. Sogar ein Medium tritt auf, das die „Log Lady“ ersetzt. Natürlich hört keiner auf Steve Connelly, obwohl der es wirklich gut meint. 

Leider wird hier nicht das Loblied von kräftigem Kaffee und leckerem Kirschkuchen gesungen – dafür ist Broadchurch nicht weit genug von London entfernt. Ansonsten ist jedoch das Provinzleben in voller Kitschmontur vertreten: untreue Ehemänner, pleitegehende Hotelbesitzer, potentielle Pädophile beiderlei Geschlechts und vieles mehr. 

Unheilvoll dräuende XXL-Klippen im Abendlicht, brennende Boote – die symbolbefrachteten Bilder gehen fast an ihrem eigenen Gewicht unter. Wer Action und Spannung sucht, wird sicherlich woanders schneller fündig, und sei es auch in Midsomer County – dort ist immer „mordsmäßig“ was los. 

Die Blu-ray

Die Blu-ray bietet nicht nur ein gestochen scharfes Bild und ausgezeichneten Ton, sondern auch erfreulich viele Extras. Über deren Wert kann man sich indes streiten, denn die Inhalte und Aussagen kommen etwas unsortiert daher. Aussagen aus dem Behind-the-Scenes-beitrag muss der Zuschauer selbst mit Aussagen der Macher und Darsteller in den beiden Audiokommentaren korrelieren. Erst dann setzt sich so etwas wie ein Bild von der Produktion, ihren Bedingungen und Begleitumständen zusammen. Ein Making-of wäre zwar aufwendiger, aber sinnvoller gewesen. 

Die geschnittenen Szenen kann man sich ebenso sparen wie den Trailer (den man auf YouTube findet) sowie die Trailershow. Die Blu-ray mit ihren zwei Discs steckt in einer Banderole, die noch einmal die gleichen Infos und Szenenfotos wie die Amaray-Box der Discs liefert; der Zusatzwert ist also sehr begrenzt, will aber dennoch bezahlt sein. Daher habe ich mir die 2. Staffel nur auf DVD zugelegt, um, ohne an Qualität einzubüßen, Geld zu sparen. 

[Wertung]

Mima2016: 4.5 out of 5 stars (4,5 / 5)

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