Als der hochrangige russische Beamte Boris Kusenov (Per-Axel Arosenius) zusammen mit seiner Familie in die USA flüchtet, wird er sofort vom US-Agenten Michael Nordstrom (John Forsythe) befragt. Die Amerikaner erhoffen sich wertvolle Informationen von dem Überläufer. Nordstrom stellt aber schon nach kurzer Zeit fest, dass sich Kusenov wenig kooperativ zeigt und keine Lust hat, sein altes Land zu verraten. 

Schlussendlich kann er ihm aber doch noch entlocken, dass ein französischer Spionagering mit dem Namen „Topas“ streng geheime NATO-Informationen an die Russen übergeben hat. Dadurch ist die Sicherheit des Militärbündnisses bedroht. Zusammen mit seinem französischen Kollegen André Deveraux (Frederick Stafford) macht sich Nordstrom an die schwierige und gefährliche Aufgabe, den Spionagering ausfindig und unschädlich zu machen. (Filmstarts.de)

Filminfos

  • O-Titel: (USA 1969)
  • Verleih: Universal
  • Erscheinungsdatum: 06.02.2014
  • ASIN: B00H8KRWYCdc
  • FSK: ab 16  
  • Länge: 127 min.
  • Regie: Alfred Hitchcock
  • Drehbuch: Samuel Taylor („Vertigo“) nach dem Roman von Leon Uris
  • Musik: Maurice Jarre
  • Kamera: Jack Hildyard
  • Darsteller: Frederick Stafford (André Devereaux), Michel Piccoli (Granville), John Forsythe (Nordstrom), Karin Dor (Juanita), Philippe Noiret, Dany Robin (Nicole Devereaux), Michel Subor (Francois Picard), John Vernon (Parra), Per-Axel Arosenius (Boris Kusenov) u.v.a.m.
  • Budget: 4 Mio. $
  • Preis: derzeit ca. 13 €

Handlung

Moskau, die Militärparade am 1. Mai 1962: Raketen und Panzer, stolze und besorgte Gesichter angesichts des Kalten Krieges mit den USA. Kopenhagen, Dänemark, die russische Botschaft: Die Familie Kuzenov geht in die Stadt zu einer Besichtigung. Der Tochter Tamara gelingt es, ihre russischen Beschatter auszutricksen und die amerikanische Botschaft anzurufen: Der russische Botschafter Kuzenov will überlaufen und seine Familie mitnehmen. Ob die Amis wohl helfen könnten?

Na, und ob die Amis helfen wollen! In einer ausgeklügelten Aktion gelingt es, die Familie über Wiesbaden nach Washington, D.C. auszufliegen. Dort erhalten die Kuzenovs in einem hübschen Schloss im Wald Asyl. Doch Tamara stellt bald frustriert fest, dass sie nur einen goldenen Käfig gegen einen anderen eingetauscht hat. 

An der französischen Botschaft in Washington taucht André Deveraux auf und berichtet dem Botschafter von dem russischen Überläufer, den die Amis jetzt hätten: Kuzenov sei Nachrichtenoffizier und besitze zahlreiche Codes der Russen, denn er sei der stellvertrende Chef des KGB gewesen. Daher erkenne er Fälschungen von Dokumenten und Nachrichtenbotschaften – ein sehr wertvoller Mann für Frankreich. Aber er gibt an, den Codenamen TOPAS eines russischen Topagenten nicht zu kennen. Lügt er etwa? Aus welchem Grund?

Deveraux trifft Mike Nordstrom (Forsythe) in Washington, um mit über Kuzenov und den mysteriösen TOPAS zu sprechen. Mike, der schon lange mit André befreundet ist, bewundert dessen schöne Frau Nicole und ihre mit dem Journalisten Picard verheiratete Tochter Michelle. Devereaux ahnt nicht, dass Nicole einen französischen Liebhaber hat (Michel Piccoli)…

Die Amis haben spitzgekriegt, dass die Russen den Kubanern etwas geliefert haben. Sind es etwa Langstreckenraketen? Der kubanische Revolutionsführer Rico Parra (John Vernon) hat einen supergeheimen Vertrag mit den Russen geschlossen. Sein Sekretär Uribe besitzt davon eine Kopie. Uribe ist zwar bestechlich, doch er hasst die Amerikaner. Der einzige, der Uribe diese Vertragskopie abluchsen kann, ist daher André Deveraux.

Dieser begibt sich auf eine lebensgefährliche Mission, die durch die Begegnung mit Rico Parras Geliebter Juanita (Karin Dor) nicht gerade weniger gefährlich wird, Juanita, seine ehemalige Geliebte, soll für Devereaux Fotos von den Raketen besorgen…

Mein Eindruck

„Topas“ ist AH’s Verarbeitung des gleichnamigen Bestsellers von leon Uris über die Kuba-krise aus dem Jahr 1962. Dass das junge Publikum 1969 sowohl in USA als auch besonders in Europa (nach Mairevolte in Paris und Niederschlagung des Prager Frühlings 1968) anderes im Kopf hatte als den Kalten Krieg von anno dunnemals, lässt sich leicht nachvollziehen. 

Aber auch innerhalb des Filmgeschäfts der USA erschien der Film wie ein Fremdkörper. Nach dem Zsammenbruch des Studiosystems 1960-1966 und den Riesenerfolgen von „Easy Rider“ und „Bonnie & Clyde“ erschien die Spionagegeschichte wie ein rückblickender Anachronismus in einer Zeit des Umbruchs. Entsprechend fielen die Zuschauerreaktionen aus. Mehr dazu in den Extras, wo der Filmkritiker L. Maltin den Film würdigt. 

Ein weiteres Handicap des Films war die Tatsache, dass er keine Stars aufwies, die in den USA bekannt waren. Michel Piccoli und Karin Dor waren bekannte Namen des Euro-Kinos, und John Forsythe hätte noch längst nicht „Denver-Clan“-Ruhm erreicht. Offenbar wollte AH die Geschichte in den Vordergrund stellen. Sie ist spannend genug. Und es gibt einige klassische Hitchcock-Momente, in der die Bilder Bände sprechen. 

Knall & Stille

So ist etwa die Szene im Porzellanladen (ein sehr symbolischer Ort) bis heute bekannt dafür, wie man Stille und Schweigen einsetzen kann, um Spannung aufzubauen – bis zum Knall, als die Porzellanfigur auf den Boden auftrifft. Ebensolche stille Verzweiflung signalisiert der Tod Juanitas. Kunstvoll fällt ihr dunkelviolette Robe auf den Marmorboden und es sieht aus, als breite sich eine Blutlache nach allen Seiten aus. Diesmal kommt der Knall VOR der Stille. Auf dramatische Hammerszenen wie in „Vertigo“ oder „Psycho“ wartet das Publikum hingegen vergeblich. 

Farbcodea

Die titelgebende Spionagegruppe trägt den Namen eines gelben Quarzsteins. Da sie mit Frankreich assoziiert wird, ist die Farbe Gelb eng mit allen französischen Dingen im Film verknüpft: Die Lampenschirme, Stühle und Blumen im Haus der Devereaux‘ in Washington, D.C. bzw. Georgetown sind gelb. Nordstrom bringt den Devereaux ein gelbes Bukett nach New York City. Dort trägt der Florist, der Devereaux hilft, einen gelben Kittel. Juanita schlüpft in einen gelben Rock, als sie beschließt, ihrem Exlover Devereaux zu helfen. Gelbe Rosen schmücken das Zimmer Granvilles, des Top-Spions, und Jarre stürzt in Paris auf ein gelbes Auto in den Tod.

All dies sind keine Zufälle, sondern Folgen von AH’S Anweisungen an seinen Bühnenbildner Henry Bumstead. Doch diese Spionagegruppe ist ein kommunistisches Komplett, daher sind häufig Kombinationen von Gelb mit Rot zu sehen. Parras roter Bart, Granvolles roter Morgenmantel, ein roter Aktenkoffer, rote und gelbe Picasso-Harlekins und vieles mehr. Das Gelb wird so mit Tod und Blutvergießen assoziiert. Das Violett von Lavendel ist hingegen mit emotionaler Tiefe und Schärfe verknüpft, so etwa bei Juanitas Tod. 

Todesboten

Blumen tauchen in zahlreichen Schlüsselszenen auf: Gelb und Rot wie oben erwähnt, dann auch in Szenen wie beim New Yorker Floristen, in den Wohnungen und Hotelzimmern, ja, selbst Juanitas Kleid öffnet sich bei ihrem Tod wie eine gebrochene Blüte. Mit anderen Worten: Die welkenden Pflanzen sind Vorboten nahen Todes, also von Gefahr. In New York stürzt ein Mann aus dem Fenster eines Hotels, landet auf einer Markise und kann unverletzt fliehen. In Leon Uris‘ Roman findet sich nichts dergleichen. Sie sind Samuel Taylors ureigene Erfindung. 

Opfer der Macht

Juanitas Spione, die Mendozas, werden gefasst und brutal gefoltert. Es ist kein Zufall, dass Senora Mendoza aussieht wie Michelangelos „Pietà“. Ihr Mund erschein in Nahaufnahme, als sie den fatalen Namen verrät, der Parras Herz bricht und Juanitas Schicksal besiegelt: „Juanita de Cordoba“ flüstert sie. Als Devereaux das Buchgeschenk Juanitas öffnet, wissen wir bereits, um welchen Preis sie den Mikrofilm in dessen Innenumschlag hineinpraktiziert hat: für ihr Leben. 

Viele weitere Opfer in den Spionage- und Widerstandsgruppen werden zwischen den Rädern der Supermächte zermalmt, so auch Granville, der Top-Spion „Topas“ selbst. Am offiziellen Schluss hören wir einen Schuss in seiner Wohnung: Selbstmord. (Dass kein Piccoli zu sehen ist, lag am Zeitdruck, siehe Maltins Kommentar unten). Nur Menschen ohne jegliches Gewissen überleben: Kuzenov, der Überläufer, ist in Wahrheit ein Doppelagent. Das ist die bittere Ironie. Wer den Film genau anschaut, erkennt genau AH’s Handschrift und vernimmt die anklagende Botschaft, die der Künstler AH kodiert darin versteckt hat. 

Die Blu-ray

Technische Infos

  • Tonformat: DTS HD Master Audio 2.0 in Englisch, DTS Digital 2.0 (Mono) in Deutsch, DTS Digital 2.0 (Mono) in Spanisch, DTS Digital 2.0 (Mono) in Italienisch, DTS Digital 2.0 (Mono) in Japanisch, DTS Digital 2.0 (Mono) in Französisch, DTS Digital 2.0 (Mono) in Russisch, DTS Digital 2.0 (Mono) in Portugiesisch
  • Untertitel: Deutsch, Englisch, Spanisch, Italienisch, Japanisch, Französisch, Dänisch, Norwegisch, Schwedisch, Finnisch, Russisch, Brasilianisch, Niederländisch
  • Bildformat: Widescreen (1.85:1)
  • Bildnorm: HD 1080p
  • Bonusmaterial: 
    • Alternative Enden
    • „Topaz“: Eine Würdigung durch den Filmkritiker und Historiker Leonard Maltin
    • Storyboards: Die Mendozas
    • Produktionsfotos
    • Original-Kinotrailer

Die Blu-ray: mein Eindruck

Das Bild des Films, das ja aus dem Jahr 1969 stammt, wurde fabelhaft restauriert und kann sich mit kräftigen Farben sehen lassen. Der Ton liegt nur im Original als DTS HD Master Audio 2.0 vor, also mit Stereoton. Alle anderen Tonspuren nutzen nur Mono-Klang. Vorteil der Blu-ray gegenüber der DVD: Sehr viele Sprachen werden in Tonspur und Untertiteln unterstützt.

EXTRAS

  1. Alternative Enden
    1. Das Duell: Granville (Piccoli) wird von einem Scharfschützen erschossen. 
    2. Der Flughafen: Granville kommt davon, indem er nach Moskau zu seinen Dienstherren fliegt.
    3. Der Selbstmord: Granville begeht Selbstmord; das ist die veröffentlichte Fassung
  2. Würdigung durch Filmkritiker Leonard Maltin (29:20 min): Maltin, der jährlich einen bekannten Film- & DVD-Führer veröffentlicht, erzählt von der Entstehung dieses Films und zieht Parallelen zu „Foreign Correspondent“, einer ähnlich gelagerten Spionagegeschichte Hitchcocks aus dem Jahr 1940. Die stilmittel, die AH nutzt, sind schon ungewöhnlich: Stille statt Dialog, poetische Bilder statt Schreie in Juanitas Sterbeszene.

    Die Sneak Previews offenbarten eine verheerende Reaktion aus den Film und veranlassten den Meister zu zwei alternativen Enden. Das Publikum wies die Duell-Version als unplausibel zurück. Außerdem wurde massiv gekürzt, um etwa eine halbe Stunde. So wurden aus 150 Minuten nur noch rund 127. Die Vergleich zwischen kurzer und langer Version fand ich sehr aufschlussreich. So wurde etwa auch eine ganze Partyszene komplett geschnitten. 1999 tauchte ein Director’s Cut auf, der etwa 20 Minuten länger war als die bisherige Kinofassung.

    Was uns Maltin verschweigt, ist der immense Zeitdruck, unter dem UNIVERSAL den Regisseur gesetzt hatte. Das Studio zwang ihm dieses Projekt offenbar auf, denn es hatte die Rechte an dem Uris-Roman gekauft. Doch das Drehbuch, das der Autor geliefert hatte, war völlig unbrauchbar. Binnen 24 Stunden engagierte AH daher Samuel Taylor („Sabrina“, „Vertigo“). Dieser arbeitete unter einem solchen Druck, dass er eine Szene fertigstellte und diese sofort fotografiert wurde. Sorgfältige Planung war ausgeschlossen. Die letzte Schauspielerin wurde noch gecastet, als die Crew schon wieder nach Kalifornien zurückgekehrt war! 
  3. Trailer zu TOPAS (integriert in die Würdigung): Der Trailer wird von Maltin kommentiert. Er vergibt 3 von 4 seiner speziellen Sterne-Wertung. 
  4. Storyboards: Die Mendozas (12:30 min): Sehr aufschlussreiche Vergleiche zwischen den gezeichneten Szenen und der Endausführung. Toll gemacht ist die Szene, als die Mendozas in Havanna das sowjetische Schiff mit den Raketen an Bord fotografieren und dann flüchten müssen. 
  5. Produktionsfotos (6:10 min): Neben internationalen Filmplakaten sind hier Studio-Fotos von den Stars und dem Meister zu sehen. Ausnahmsweise lächelt AH hier. Auch AH’s Cameo-Auftritt ist hier zu sehen. 
  6. Der Originaltrailer (3:03 min): Diesmal ohne Kommentar durch Maltin.

Unterm Strich

Der Film ist Hitchcocks persönlicher, aber gut kodierter Kommentar auf den Kalten Krieg. Der Agent Devereaux steht im Mittelpunkt, wir folgen seinem verhängnisvollen Weg. Während er seine Geliebte Juanita aufsucht, um ihr einen tödlichen Auftrag zu geben, betrügt ihn seine eigene Frau Nicole mit einem anderen Topspion, nämlich mit TOPAS höchstselbst. Geheimnisse, Untreue, Verrat und Tod sind hier eng miteinander verknüpft. Wer genau aufpasst, erkennt die Signale für Gefahr anhand der eindeutigen Farbkodierung, die Hitchcock einfließen ließ. Gelb für Verrat und Untreue, Rot für Blut, Violett für Tod. 

Und doch ist dies kein politischer Film mit einer eindeutigen politischen Aussage. Das wäre einem Künstler wie AH zuwider gewesen. Die Botschaft ist auf der rein menschlichen Ebene eingeflochten, und dort erreicht sie den Zuschauer auch am unmittelbarsten. Es ist wirklich schade, dass wichtige Szenen geschnitten wurden (rund 20 Minuten, s.u.) und schließlich drei Enden gedreht wurden, aber der offiziell zu sehende Schluss ist immer noch der menschlich zufriedenstellendste. Der Topagent TOPAS „hat seine Schuldigkeit getan, er kann gehen“, das heißt, er ist entbehrlich. Ein Schuss fällt in die Stille – Knall und Stille sind häufig in diesem Film kombiniert. Es ist ein echter Hitchcock, und beileibe nicht der schlechteste. 

Die Blu-ray

Die Blu-ray bietet wenig mehr Extras als die DVD, doch das Bild ist von Top-Qualität. 

Mima2016: 4 out of 5 stars (4 / 5) (3 für den Film, 1 Bonus für die Extras)

Lass ein paar Worte da:

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.