Ein unbescholtener Werbefachmann (Grant) gerät irrtümlich ins Fadenkreuz eines feindlichen Spionagerings. Gefährliche Profikiller hetzen ihn quer durch die USA. Schließlich kommt es auf dem Präsidenten-Denkmal am Mount Rushmore zu einem spektakulären Showdown. Der Film hieß deshalb ursprünglich „The Man on Lincoln’s Nose“.

Filminfos 

  • O-Titel: North by Northwest (USA 1959) 
  • Dt. Vertrieb: Warner, SZ-Cinemathek #25 
  • ISBN 3-86615-025-3 
  • FSK: ab 12 
  • Länge: ca. 131 Min. 
  • Regisseur: Alfred Hitchcock 
  • Drehbuch: Ernest Lehman 
  • Musik: Bernard Hermann 
  • Darsteller: Cary Grant, James Mason, Martin Landau, Eva Marie Saint, Jessie Royce Landis u.a.

Handlung 

Roger O. Thornhill, ein bereits zweimal geschiedener Werbefachmann von der New Yorker Madison Avenue, trifft sich kurz mal mit Geschäftsfreunden in einer Hotelbar, als ihn ein paar finster aussehende Gestalten mit einem Mann namens George Kaplan verwechseln. Sie entführen Roger kurzerhand und fahren ihn in einer Villa, die einem Mr. Townsend zu gehören scheint: Haussschild und Postadresse verraten Roger dies. 

Ein Mann, der sich nicht vorstellt (James Mason), bittet Roger, den er natürlich für den Regierungsmitarbeiter Kaplan hält, um seine Kooperation. Roger lehnt dies natürlich angesichts der abscheulichen Behandlung, die man ihm zukommen ließ, ab. Daraufhin ist für ihn der Exitus vorgesehen. Nachdem man ihn betrunken gemacht hat, setzen ihn die Killer in einen – wie sich herausstellt, geklauten – Sportwagen. Der betrunkene Roger überlebt die nächtliche Fahrt durch die Haarnadelkurven, bis er zu einem unfreiwilligen Stopp gelangt. 

2. Akt 

Roger beteuert seine Unschuld und so weiter, der Richter ordnet die Nachprüfung seiner Angaben an, die jedoch das Gegenteil ergeben. Daher bleibt ihm nichts anderes übrig, als dem mysteriösen Mr. Kaplan nachzuforschen, um seine Unschuld zu beweisen, bevor man ihn wegen Trunkenheit am Steuer und Autodiebstahl einbuchtet. 

Mr. Kaplan scheint es wirklich zu geben. Allerdings hat ihn niemand vom Hotelpersonal wirklich gesehen. Rogers Mutter hält sowieso nichts von ihrem Sohn und seinen Hirngespinsten. Also sucht Roger ihn in der UNO auf, wo Kaplan eine Rede halten soll. Hier sucht und findet er den echten Mr. Townsend. Der hat allerdings keine Ahnung, von welcher Nacht und von welchen Leuten Roger faselt. Als Roger ihm ein verräterisches Foto zeigt, trifft ein Messer den Rücken Townsends, geworfen von einem der Killer, die Roger vom Hotel aus gefolgt sind. Als Roger das Messer herauszieht, wird er fotografiert. Sofort hält man ihn für den Mörder. Sein Foto landet in allen Zeitungen, und sein Steckbrief taucht auf allen Bahnhöfen auf. Nun hat Roger offenbar einiges auf dem Kerbholz. 

Dennoch gelingt Roger die Flucht mit dem nächsten Zug nach Chicago. Dort soll Kaplan als nächstes logieren. Unterdessen erfahren wir aus einer Sitzung des „United States Intelligence Service“, was hinter Kaplan steckt: nämlich nichts. Er ist eine Erfindung des Geheimdienstes. Doch man kann Roger nicht helfen, ohne dabei den eigenen Agenten zu enttarnen, der in der nächsten Nähe der Zielperson Mr. Vandamm (James Mason) positioniert ist. Vandamm und seine Organisation muss enttarnt werden. Viel Glück, Mr. Thornhill! Oder sollten wir sagen: Mr. Kaplan? 

3. Akt 

Roger hat das Glück, von einer jungen Blondine beschützt zu werden, die sich Eve Kendall nennt, 26, „industrial designer“. Sie scheint obendrein eindeutige Absichten zu verfolgen. Nicht nur verbirgt sie ihn vor den Staatspolizisten, die Roger suchen, sondern sie lädt ihn sogar zu einer Liebesnacht in ihrem luxuriösen Privatabteil ein. Roger könnte es schlechter treffen und zeigt sich nicht undankbar. „You’re a big girl – in all the right places, too.“ Sie wartet nicht mit einer Replik: „You’re a big boy now.“ Boy meets girl, boy loves girl, girl ditches boy. Er ahnt nicht, dass sie Vandamm und seinem Assi Leonard heimlich eine Botschaft schickt… 

Bei der Ankunft in Chicago hilft sie ihm deshalb, an den Polizisten vorbei zu gelangen, doch sie liefert ihn Vandamms Leuten aus, indem sie ihn weit hinaus aufs flache Land schickt. Doch werde er George Kaplan treffen. Doch dort wartet nur der Tod – in Gestalt eines angreifenden Doppeldeckers, der Roger im Tiefflug aufs Korn nimmt… 

Mein Eindruck 

In „Der unsichtbare Dritte“ – gemeint ist der nichtexistente Lockvogel Kaplan – gibt es immer etwas Neues zu entdecken. Hitchcock machte seinem Drehbuchautor Ernest Lehman eine Wunschliste: Er wollte schon immer mal… 1) eine Verfolgungsjagd auf dem Mt. Rushmore drehen, 2) einen Mord im UNO-Gebäude und 3) einen Tornado, der einen Mann in einer menschenleeren Gegend verfolgt. 

Die Wunscherfüllungsmaschine 

Von Lehman wurden ihm die ersten beiden Wünsche erfüllt, doch wie sollte man einen Tornado steuern? Nun, aus dem Wirbelwind wurde ein Doppeldecker, der Roger O. Thornhill im Tiefflug über ein abgeerntetes Feld jagt. Bevor es losgeht, blickt die Kamera aus großer Höhe auf den ankommenden Roger hinab, als sähen wir mit Gottes Augen. Mit Spannung warten wir, wie sich diese moralische Nullnummer, die sich die Initialen R.O.T. gegeben hat, so fern jeglicher Zivilisation schlägt. Nun, wie sich zeigt, ist es das Flugzeug, das dabei draufgeht und nicht Roger. Der Rauchpilz der Explosion steigt auf und erinnert dabei an einen Tornado. 

Wie schon in vielen anderen seiner Agentenabenteuer – darunter „Saboteur“ – findet der Showdown auf einem erhöhten Punkt statt. Hier stellt sich heraus, ob die Hauptfigur der Gefahr standhält oder untergeht und in die Tiefe fällt. Roger hält Eve fest, sobald er sich von ihrer Loyalität und Liebe überzeugt hat – um sie dann zu heiraten: Aus ihrem „Vorschlag“ (proposition) ist ein Heiratsantrag (proposal) geworden. 

Die ganze Welt ist eine Bühne! 

Doch wie sein Schicksalsgenosse Richard Hannay in „Die 39 Stufen“ muss Roger zuvor eine Menge Rollen spielen, die Identität eines nichtexistenten Lockvogels annehmen und insgesamt ein Theaterstück des Absurden spielen, in dem er eigentlich nichts zu suchen hat. Er lobt sogar die Frau, die Mrs. Townsend spielt, mit den sarkastischen Worten: „What a performance!“ 

Doch je unwahrscheinlicher die Wendungen in diesem Plot werden, desto lustiger wird es für uns. Als Roger seinen Rivalen Vandamm auf der Auktion wiedertrifft, wirft ihm Vandamm seine verschiedenen Rollen vor – herrje, und jetzt auch noch den eifersüchtigen, nachtragenden Liebhaber. Roger gibt Kontra: „Ich schätze, als nächstes haben sie für mich die Rolle eines Toten vorgesehen.“ Das ist in der Tat so. Denn Eve schießt Roger mit einer Pistole nieder, die mit Platzpatronen geladen ist. Da ihr Mit-Agent das nötige Blut vorweisen kann, gilt Roger, der sofort abtransportiert wird, fürderhin als verstorben. Die Hetzjagd ist zu Ende. 

Fortschritte 

Denkt Roger wenigstens. Doch der „Professor“, Eves Führungskader im Geheimdienst, hat für sie die Ausreise an der Seite Vandamms vorgesehen. Roger muss jedoch den von ihm verursachten Vertrauensbruch zwischen Vandamm und Eve wieder kitten – daher die ganze Charade mit seinem Tod. Und nun soll alles für die Katz gewesen sein? Er täuscht seinerseits den „Professor“ und begibt sich zu Vandamms Villa über dem Mt. Rushmore, um Eves Leben zu retten. Keine Sekunde zu spät, denn Leonard (Martin Landau) hat Eves Platzpatronenpistole entdeckt und Vandamm überzeugt ihren Gestapo-Trick demonstriert. Vandamm scheint wirklich in seinen Gefühlen verletzt zu sein, doch das hindert ihn nicht daran, Eves Tod zu planen. Roger spielt Mäuschen und muss sich entscheiden: Er wählt die Gefahr und ein Leben an ihrer Seite. 

Wie Richard Hannay muss sich auch aus dem moralisch und menschlich haltlosen Thornhill – er ist zweimal geschieden – ein Mensch entwickeln, der sich zu bestimmten Werten bekennt und bereit ist, dafür sein Leben einzusetzen. Dies steht im krassen Gegensatz zu der Haltung der Geheimdienste, die schon mal ein oder zwei Leben zu opfern bereit sind, solange sie dadurch an eine Geheiminformation herankommen. 

Menschen wie Spielzeug 

Auf der Auktion sitzen sowohl Vandamm als auch der „Professor“ im Publikum, als Roger hereinplatzt und alles kaputtmacht. Was hier verhandelt wird, ist nicht nur Kunst, sondern auch ein menschliches Sexobjekt von hohem Tausch- und Kaufwert: Eve Kendall. Als erstes sehen wir, wie sich Vandamms Hand streicheln über ihren nacken bewegt, als wäre sie seine Sklavin. Und Roger hat – aus seiner Sicht – völlig Recht, wenn er sie anklagt, sich für einen anderen Mann (Vandamm) von Fremden wie ihm selbst vögeln zu lassen, solange sie oder vielmehr ihr Besitzer einen Vorteil daraus zieht. Erst als der „Professor“ eröffnet, dass Eve eine Doppelagentin ist, merkt Roger, was er angerichtet hat: „Oh, no!“ ruft er, und das ist wohl sein menschlichster Moment im ganzen Film. 

Wissenswertes 

Der O-Titel „North by Northwest“ könnte ein Zitat aus Shakespeares „Hamlet“ sein: „I am but mad north-northwest“. Will heißen: Seine geistige Kompassnadel weicht nur sehr wenig von der normalen Nord-Ausrichtung ab. Das Schlüsselwort ist jedoch „mad“: verrückt. Die Stationen, die der Held passieren muss, liegen – mit Ausnahme von Glen Cove, dem Sitz der russischen Delegation in den 1950er Jahren – Richtung Nordwesten. Natürlich fliegt Roger von Chicago nach Rapid City mit einer Fluggesellschaft namens Northwest Airlines. Der Film sollte anfangs den Titel „The Man on Lincoln’s Nose“ tragen, aber offenbar wurde dies nicht als international verständlich angesehen oder war einfach zu lang für ein Filmplakat. 

Die DVD 

Technische Infos 

  • Bildformate: 1,85:1 (anamorph, gedreht in Vistavision) 
  • Tonformate: D in DD 1.0, Englisch in DD 5.1 
  • Sprachen: D, Englisch 
  • Untertitel: D, Englisch, Englisch für Hörgeschädigte 
  • Extras: 
    • Begleittext zur SZ-DVD 
    • Begleittext zum Making-of 

Mein Eindruck: die DVD 

Die Silberscheibe Nr. 25 aus der SZ-Cinemathek (Edition 2005) bietet lediglich zwei Sprachen an: Deutsch und Englisch. Das bedeutet leider einen Riesenunterschied in der Qualität des gebotenen Sounds. Zwar liegt für beide Sprachen Dolby Digital vor, doch für Deutsch nur in 1.0-Qualität, für Englisch dagegen in Sechskanal-Sound 5.1. Man braucht aber nicht traurig zu sein, wenn man kein Englisch versteht: Dieser Sechskanalton entpuppt sich als auch nicht viel besser als Dolby Surround. Denn die Surround-Charakteristik wird einfach nicht ausgenutzt, so dass der Klang recht gewöhnlich wirkt. 

Das Bild hingegen ist ausgezeichnet. Man merkt zwar ständig den Unterschied zwischen einer Aufnahme im Studio (häufig mit eingeblendetem Hintergrund) und einer vor Ort, doch das macht nichts, wenn die Qualität der Farben, des Lichts und des Kontrasts stimmt. Und dies trifft für alle Aufnahmen zu, sogar auf dem Mt. Rushmore. 

Extras 

Wie bei allen DVDs der SZ-Cinemathek sind zwei Begleittexte abgedruckt: eine allgemeine Würdigung und ein paar Hintergrundinfos zur Entstehungsgeschichte des Films. Ich habe letztere Infos in meinen Text eingearbeitet. Die Würdigung unter „Mein Eindruck“ stammt ausschließlich von mir. Die DVD bietet ansonsten außer dem Serien-Trailer keine Extras. 

Unterm Strich 

Auch „Der unsichtbare Dritte“ ist eine jene Kombination aus Agententhriller und Screwball-Komödie, die zu Hitchcocks Markenzeichen geworden ist. Daher erinnert der Film in vielen Aspekten an frühere und spätere Werke, insbesondere an „Die 39 Stufen“ von 1935: ein Unschuldiger wird per Zufall zum Verdächtigen und muss sich mit den Schurken anlegen und ihr Geheimnis lüften, um seine Unschuld beweisen zu können. Dabei duchläuft er nicht nur mehrere Rollen, von denen eine ausgefallener als die vorhergehende ist, sondern er durchläuft auch eine menschliche Entwicklung. 

Durchweg ergreift jedoch der Regisseur die Chance, seine Darstellungskunst auszureizen – siehe oben. Wir hingegen fühlen uns inzwischen mehr durch die geschliffenen Dialoge unterhalten, mit denen sich die Figuren traktieren. In „Der unsichtbare Dritte“ gehören besonders die Dialoge zwischen Roger und Eve dazu. Aber ich habe selten einen derart ätzenden Kommentar auf eine Frau gehört, wie ihn Roger auf der Aktion zu Eve abgibt. Hinterher, sobald er die Wahrheit über Eve erfahren hat, tut es ihm sehr Leid. 

Schade, dass diese Cinemathek-Editionen keine Extras auf der DVD anbieten. Zu diesem Film, der bis heute im Free-TV gezeigt wird, gäbe es sicher jede Menge zu sagen. Auch Bio- und Filmografien sucht man wieder vergeblich. 

FAZIT: Daher kann leider nicht die volle Punktzahl für das Endergebnis geben: vier von fünf Punkten. 

Mima2016: 4 out of 5 stars (4 / 5)

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