Schneller als erwartet haben sich die meisten Filmkunsttheater vor allem auch Dank staatlicher Förderprogramme umgerüstet und den digitalen Erfordernissen angepasst. Die Kinos haben damit die Grundlage für ein nachhaltiges Geschäftsmodell gelegt: mehr Originalfassungen, Filmreihen, Sonderveranstaltungen und alternativer Content.

Das Kino ist für gute Filme mit dem richtigen Marketing immer noch die Nummer 1 bei der Auswertung. Der Filmstart auf der großen Leinwand trägt unverändert maßgeblich zum Erfolg auch in den nachfolgenden Auswertungsstufen bei. Gerade bei vielen unabhängigen deutschen wie europäischen Produktionen, künstlerisch anspruchsvollen Werken, Dokumentar- und Nachwuchsfilmen führt der Einsatz in den Filmkunstkinos überhaupt erst zu einer breiteren Bekanntheit und steigert die Verwertungschancen.

Nicht zuletzt eine flexiblere Programmierung im digitalen Zeitalter und die Pflege der Filme vor Ort beim lokalen Publikum sorgen für stabile Zahlen. Noch immer aber verharren Geschäftsbedingungen und -praktiken stark im analogen Zeitalter. Es ist daher an der Zeit, die Grundlagen für dieses Erfolgsmodell zu erneuern, um das Geschäftsmodell Kino nachhaltig zu sichern.

  1. Leihmieten im Durchschnitt bei 39 %

    Mit der Digitalisierung verschieben sich Aufgaben, aber auch die damit verbundenen Kosten. Damit alle Marktteilnehmer wirtschaftlich arbeiten können, müssen die über Jahrzehnte zementierten Leihmietensätze an die neuen Bedingungen angepasst werden. Aus Sicht der AG Kino – Gilde e.V. muss der Satz, wie in einigen anderen europäischen Ländern, auf durchschnittlich 39 % abgesenkt werden, um die entstandene Schieflage zu beheben.

    • a) Kostensteigerungen bei den Kinobetrieben

      Die Kostenstrukturen verschieben sich immer stärker zu Lasten der Kinos. Neben den Investitionen in die digitale Infrastruktur treiben Serviceverträge, Updates und höhere Investitionsrücklagen für die nächste Generation die Betriebskosten ebenso in die Höhe wie steigende Energiekosten und Mieten. Zudem stehen die Kinobetreiber nach der Umrüstung nun vor einem enormen Modernisierungsstau. Das Publikum erwartet nicht nur die beste Vorführtechnik, sondern auch gut ausgestattete Säle sowie eine Infrastruktur, die das Kino als Ort attraktiv macht. Von diesem Einsatz, den allein die Betreiber mit hohem unternehmerischen Risiko stemmen, wie auch vom deutlich intensivierten lokalen Marketing der Kinos, profitieren auch die Verleiher.

    • b) Einsparungen bei den Verleihern

      Auf der anderen Seite sparen die Verleiher mit Auslaufen der Hybridphase massiv bei der Produktion der 35-mm- Kopien. Zahlreiche digitale Projektoren sind bereits jetzt über VPF-Modelle abgezahlt. Der ursprünglich vorgesehene Verleihanteil von 20 Mio. EUR beim Treuhandmodell der FFA wird wahrscheinlich niemals erreicht werden. Es ist indes sogar zu beobachten, dass einzelne Verleiher VPF-Kosten über höhere Leihmieten refinanzieren wollen.
      Aus Sicht der Kinos ist es schwer nachzuvollziehen, wenn eine Erhöhung des Eintrittspreises, die zur Deckung der Investitions-, Begleit- und Folgekosten der Digitalisierung sowie der Modernisierungen nötig ist, zu bis zu 50 % an den Verleiher geht. Dieser profitiert dann von Preissteigerungen, ohne selbst höhere Kosten zu haben.

    Mit Blick auf diese harten Faktoren, aber auch mit Blick auf das gemeinsame Interesse, Filme in Deutschland weiterhin erfolgreich auszuwerten, ist eine Veränderung der Leihmietensätze auf durchschnittlich 39 % dringend geboten. Andernfalls müssten VPF-Zahlungen auch in Zukunft weitergeführt werden, um die genannten Einsparungen der Verleiher wirtschaftlich fair an die Kinos weiterzugeben.

    Entscheidend ist überdies auch, dass Verleiher ihre Kostenvorteile nicht nur einzelnen großen, sondern allen Marktteilnehmern weitergeben und auch im Übrigen ihre Geschäftsbedingungen (z.B. bei den Mindestgarantien) endlich an die veränderten Rahmenbedingungen anpassen.

  2. 2. Zusammenarbeit verbessern.

    Neben den Verleihern beeinflussen mittlerweile immer stärker auch Vertriebsagenturen und Logistikdienstleister die Prozesse. Deshalb müssen Aufgaben klar definiert werden, damit die Abläufe im digitalen Kinoalltag reibungsloser funktionieren. Die Kinobetreiber erwarten von den Verleihern, dass sie den hohen Qualitätsanspruch, den sie selbst mit dem DCI-Standard gesetzt haben, auch im Alltag praktizieren.

    • a) Qualität und Verfügbarkeit der Filmkopien / Trailer und Werbung

      Das Kino braucht optimale Abspielqualität. Nicht nur die Projektoren, sondern auch die Festplatten müssen den Anforderungen im Kinoalltag entsprechen und den Qualitätsstandards genügen. Dazu gehört Fehlerfreiheit, ein rasches Aufspielen auf die Server und nicht zuletzt der Verbleib der Festplatten im Kino für die Dauer des Filmeinsatzes. 20 wandernde Festplatten bei Bundesstarts mit 80 Kopien sind inakzeptabel. Dies gilt auch für das Eingreifen in die Programmierhoheit durch automatische Vorschaltung von Trailern auf DCPs.

      Geradezu absurd ist die häufig aufwendige Suche nach Trailern und Werbemitteln, die meist erforderlich ist, um die Filme der Verleiher überhaupt bewerben zu können. Die AG Kino – Gilde wird in Kürze den Verleihern die Möglichkeit geben, über das Webportal programmkino.de selbstständig Filmdaten einzugeben und mit den jeweiligen Trailerdownload-Portalen zu verlinken.

    • b) Schlüssel / Fassungen

      Es besteht Einigkeit in der Branche, dass Filme durch Verschlüsselung bestmöglich zu schützen sind. Allerdings führt der Schlüsselfetischismus häufig zu unnötigem Bürokratismus. Nötig ist ein einheitlicher Schlüssel für alle Fassungen (Sprachen, 2D, 3D, etc.) um flexibler zu sein sowie eine klare Beschriftung der Dateien und eine rechtzeitige Schlüsselanlieferung und Gültigkeit, um nach wie vor notwendige Tests durchführen zu können.

    • c) Zusatzkopien

      Die Problematik der Zusatzkopien muss geklärt werden. Unabhängig von VPF-Zahlungen ist die Belieferung für die Verleiher erheblich günstiger geworden. Die bislang bezugsberechtigten Kinos sind nach wie vor darauf angewiesen, an Starts und frühzeitigen Einsätzen beteiligt zu werden. Wir schlagen daher sowohl beim BKM als auch in der FFA vor, dass Filme, die mit deutscher Produktions- und/oder Verleihförderung ausgestattet werden 3% ihrer Startkopien als Zusatzkopien an berechtigte Kinos zur Verfügung stellen.

    • d) Technikoffenheit:

      Noch immer sind etliche kleine Kinos im ländlichen Raum wie in den Großstädten nicht mit DCI-zertifizierten Projektoren ausgerüstet. Es ist hinreichend diskutiert, dass hier auf den teuren DCI-Kopierschutz zu Gunsten von anderen verschlüsselten Systemen (z.B. E-Cinema) verzichtet werden könnte, ohne dass ein technischer oder wirtschaftlicher Mehraufwand entsteht.

Viele Verleiher haben dies erkannt und handeln entsprechend. Auch die Majors sollten sich einem „deutschen Weg“ hier nicht verschließen. Wir fordern daher weiter eine technikoffene (verschlüsselte) Belieferung ab der 6. Spielwoche. Dies wäre im Übrigen auch die Lösung für den Open-Air-Bereich.

Unverändert setzt sich die AG Kino – Gilde e.V. dafür ein, dass die öffentlich geförderte Kinodigitalisierung nicht die Unabhängigkeit der Filmtheater gefährdet und zu einer Reduzierung der Programmvielfalt und des Marktanteils nationaler und europäischer Filme führt.

Berlin, 7. Januar 2014
Der Vorstand der AG Kino – Gilde deutscher Filmkunsttheater e.V.

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