„You’re gonna die. That’s what’s happening.“ –

„Smokin‘ Aces“, „Das A-Team 2010“, „Das Gesetz der Ehre“: betrachtet man das bisherige Oeuvre von Regisseur Joe Carnahan, so kommt man bisher in den Genuss von nicht mehr als gerade mal mittelmäßigen Produktionen. Und vor allem „Das A-Team 2010“ reißt als gagaeske, mehr hirnlose Effekte als Substanz Produktion“ in dessen Schaffen nachwievor keine Bäume aus. Und so tendierten die Erwartungen seines neuesten, mit (bekannten) Horrormotiven versehenen Existenzial- und Abenteuerreißers bei recht anspruchsvollen Filmfreunden im Kinojahr 2012 bis dato gegen Null. Überraschenderweise fällt „The Grey – Unter Wölfen“ aber aber als konsequenter Gegenentwurf zu „Das A-Team 2010“ dann doch nicht so aus, wie man es eigentlich von einem Regisseur wie Joe Carnahan erwarten würde. Gibt man „The Grey“ eine Chance und hält bis zum Ende des gesehenen durch (bitte auch den Abspann zu Ende schauen), so dürften einem das vergleichsweise ordentliche Script, die daraus extrahierte Story, die handwerklich superbe Qualität und die entsprechenden Darstellerleistungen, vor allem von Liam Neeson, wohl zusagen. Und ebenso sind im Kinojahr 2012 wohl Produzent Ridley Scott, seines Zeichens Regisseur von Meisterwerken wie „Blade Runner“, „Gladiator“ und „Alien“, dessen Haus und Hof Komponist Marc Streitenfeld und die Drehbuchverantwortlichen Ian Jeffers und Ian Mackenzie Jeffers mit unter auch ein Grund für den aktuellen Qualitätszuwachs im Thriller und Abenteuer Genre.

„Man is a wolf to man.“ –

Vor Sichtung von „The Grey – Unter Wölfen“ gilt für genrekundige Fans aber: wer unbedingten Realismus in Joe Carnahans aktuellem Existenzialdrama erwartet, sich etwa daran stößt, das Wölfe normalerweise keine Menschen angreifen, wird es mit gesehenem nicht ganz leicht haben. Viel mehr funktioniert Regisseur Joe Carnahans Film als eine seit dem ins Leben gerufenen weißen Hai von Steven Spielberg bereits etablierte Metapher, als Fabel/Mär des wohl am Ende nie zum guten zu bekehrenden Menschen. Der Gegner, sprich die Natur, erscheint in den Köpfen der Protagonisten und des Betrachters als Ausdruck der eigenen, angestachelten Gewaltbereitschaft als psychologisch und visuell überhöht, nur geht es auch aktuell mittels solcher genutzter Stilelemente nie darum, die Natur zu verunmglimpfen und eine unnötige Hetzkampagnen gegen dessen Bewohner (aktuell den Wölfen) zu veranstalten, wie beispielsweise in der Vergangenheit gegen den weißen Hai, da hatten wohl eine Menge Betrachter Steven Spielbergs Film mißverstanden und in der Vergangenheit für einen schlechten Ruf des Films und der Natur gesorgt. Das mißverstehen sollte man auch bei „The Grey – Unter Wölfen“, tunlichst vermeiden, denn der Mensch ist bekanntermaßen das schlimmste Tier von allem auf unserem Planeten. Und gerade dessen eigene Natur und daraus resultierende Handeln gegen seine Umwelt erfährt in „The Grey – Unter Wölfen“ wie einst schon in Steven Spielbergs „Der weiße Hai“ gegen Schluss die passende kritische Abrechnung mittels des Einzug erhaltenen, minimalistischen John Carter und Ridley Scott „Zehn kleine Negerlein“ Horror Prinzips, denn mitunter erweist er sich als sich als grausamer, erfindungsreicher und verkommener als sein Gegner selbst. Man betrachte sich nur die letzte Einstellung im Film, in welcher Liam Neeson als Protagonist Ottway in der Not trickreich gegen die Natur entsprechende Waffen für den Kampf erfindet. Nur sind die trickreichen Waffen diesmal im Finale keine zu zerstörenden Gasflaschen, sondern zerschlagene, auf den Fingern haftende Gegenstände. Und seine erlittene Notlage nach dem Flugzeugabsturz und der daraus resultierende Kampf gegen die Natur erweist sich als gestellte( (Lebens)probe aufs Exempel, als Test der Charakterstärke, ob man letztere Auseinandersetzung überleben kann bzw. nach eventuellem überleben „überhaupt“ in der Lage ist, seine eigene, gewalttätige Natur vollständig zu hinterfragen, zu kritisieren, eventuell ihr sogar für immer zu entsagen (in Kontrast zur gewalttätigen, männlichen Natur werden immer wieder Bilder zärtlich anmutender, privater Momente eingestreut, welche ebenso in mythisch klarer Hinsicht die Grundlage zum persönlichen, existenziellen weiterbestehen bilden). Ob dies Liam Neeson in seiner Rolle gelingt und ob er es schafft, „seiner“ gewaltätigen Natur in der restlichen Zeit seines Lebens zu entsagen, zu einem firiedlichem Zuhause zurückzukehren und es vollbringt, mit der Natur/Umwelt in Einklang als auch Harmonie zu leben, muß zwecks Interpretationsspielraumes bzw. notwendigen Austausches über den Film natürlich offen bleiben.

„Hold your breath!“ –

Der Kampf gegen die Natur ist also „DER“ Kampf gegen sich selbst, der ab und an in Erkenntniss der eigenen, schlechten Natur und des versagens sogar aufgegeben wird: Auf engstem Raum gelingen Regisseur Joe Carnahan einige bemerkenswert inszenierte Spannungsmomente (Stichwort „Der Abgrund“), welche auch nach einmaliger Sichtung nichts von ihrem Reiz verlieren dürften, aber freilich nicht an die Meisterschaft/inszenatorische Klasse eines John Carpenter („The Thing“), Steven Spielberg („Der weiße Hai“) oder Ridley Scott („Alien“) heranreichen. Ebenso verzichten die Scriptverantwortlichen auf etwaige Charakterentwicklungen der meisten Protagonisten, welche bekanntermaßen wie Schachfiguren auf dem tödlichen Spielfeld hin- und hergeschoben werden, was man dem Film durchaus zum Nachteil auslegen könnte. Andersherum erfährt „The Grey – Unter Wölfen“ auf Grund dieser Verzichte eine entsprechende Dynamik, welcher man lange schon nicht mehr in Genre beiwohnen durfte. Unter Zuhilfenahme des minimalistischen, passenden Scores von Marc Streitenfeld, der gefühlvollen Herangehensweise von Joe Carnahan in den authentisch-intimen zwischenmenschlichen Momenten und der adrenalinfördernden Actionsequenzen wird man zum Zeuge von einem der wohl packensten und sehenswertesten Filme im bisherigen, noch jungen Kinojahr 2012.

Fazit: Regisseur Joe Carnahan erfindet mit „The Grey – unter Wölfen“ das Genre keineswegs neu, seinen Film sollte man trotzdem unbedingt gesehen haben.

[Wertung]

blockbusterandmore: 3.5 out of 5 stars (3,5 / 5)

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