Der brutal misshandelte Körper einer jungen Frau wird in einem schäbigen Appartement in Zentral-London entdeckt. Detective Chief Inspector Jane Tennison (Mirren) übernimmt den Fall, nachdem ihr ermittelnder Kollege zu Tode gekommen ist. Sie muss sich gegenüber ihren männlichen Kollegen beweisen, die keine Frau als Boss akzeptieren wollen. Sie gerät zunehmend in Bedrängnis, als ein weiterer Mord nach dem gleichen Muster geschieht – obwohl ihr Hauptverdächtiger in U-Haft sitzt.

Filminfos

O-Titel: Prime Suspect (GB 1991)
Dt. Vertrieb: kochmedia-dvd.de
FSK: ab 16
Länge: ca. 203 Min.
Regisseur: Christopher Menaul
Drehbuch: Lynda La Plante
Musik: Stephen Warbeck
Darsteller: Helen Mirren (als Jane Tennison), John Bowe (als George Marlowe) u.a.

Handlung

Es ist etwa 2:10 Uhr in der Früh, als Detective Chief Inspector (DCI) John Shefford von der Londoner Mordkommission am Tatort eintrifft. Der Mann ist allgemein beliebt, obwohl er früher mal bei der Sitte in Manchester gearbeitet hat. Sergeant Otley, seine rechte Hand, steckt ihm klammheimlich ein schwarzes Adressbüchlein zu und Shefford lässt es in seinen Innentasche verschwinden. Das nennt man wohl Unterschlagung von Beweismaterial. Wir wissen, was davon zu halten ist. Shefford kannte die Tote. Und nicht bloß flüchtig…

Die junge und sehr tote Frau muss einmal sehr schön gewesen sein. Jetzt weist sie allerdings vielfache Prellungen, Einschnitte an den Oberarmen, einen Strick um die Handgelenke und zahlreiche Einstiche in Oberkörper und Schritt auf. Kein schöner Anblick, doch der Coroner ist einiges gewöhnt. Er schätzt die Tatzeit auf Mitternacht. Die Wohnung, die über einem wummernden Nachtklub liegt, ist eine Nuttenabsteige und so liegt der Verdacht nahe, dass auch die Tote im horizontalen Gewerbe tätig war.

Der Ermittlungserfolg stellt sich unglaublich schnell ein: Spuren einer Blutgruppe, die derartig selten ist, dass der Polizeicomputer nur einen einzigen Namen auszuspucken weiß: George Marlowe. Marlowe ist ein 40-jähriger Vertreter für Farben und Lacke, der mit seiner Freundin Moira Hanson in Kilburn wohnt. Diese Moira hat Haare auf den Zähnen und raucht wie ein Schlot – kein Wunder, sie war auch mal Prostituierte und ist arbeitslos gemeldet. (Illegal geht sie allerdings einem Job als Aushilfskosmetikerin nach.) Marlowe tut, als könne er kein Wässerchen trüben.

Im Verlaufe ihrer Vertuschungsaktion präsentieren Otley und Shefford die Prostituierte Della Mornay als das Mordopfer. Gerade als sie bei ihrem DC Superintendent Kernan die Anklage für Marlowe beantragen, erleidet Shefford eine dramatische Herzattacke, der er bis zum Eintreffen im Krankenhaus erliegt – ausgerechnet am Geburtstag seines Sohnes. Quizfrage; Wer wird Sheffords Nachfolger?

Schon steht DCI Jane Tennison auf der Matte von Kernans Büro. Sie ist schon auf 180, denn der Leiter der Mordkommission hat sie zugunsten von Shefford bei der Zuteilung des Falls Della Mornay übergangen, obwohl sie es war, die Bereitschaft hatte. Ein typisch männliche Klüngelei, von der sie noch einiges mehr zu spüren bekommen wird. Obwohl Kernan also gegen sie ist, wird er vom Commander überstimmt, der von einem Kollegen eine Empfehlung für Tennison erhielt. Jane kann endlich loslegen und zeigen, was sie draufhat!

Überraschung: Ein simpler Aktenvergleich offenbart, dass es sich beim Mordopfer keineswegs um Della Mornay handeln kann. Die Fingerabdrücke stimmen nicht überein! Die Konsternation unter den Kollegen ist groß, doch einer weiß natürlich Bescheid: Sgt. Otley, der sich zum Anführer der Opposition gegen Tennison ernennt und ihr Knüppel zwischen die Beine wirft, wo es nur geht. Für ihn war John Shefford ein Heiliger. Doch als Tennison früher oder später auf Otleys und Sheffords Machenschaften stößt, lässt sie Otley durch Empson, einen Mann ihres Vertrauens, ersetzen und erzielt rasch weitere Erfolge.

Doch als sie Marlowe aus Mangel an Beweisen aus der U-Haft entlassen muss und er sich auch noch artig bei ihr bedankt, wird ihr eine weitere Tote gemeldet, die die gleichen Verletzungen und Merkmale wie die inzwischen identifizierte erste Tote aufweist. Tennison könnte sich in den Hintern beißen. Aber das ist noch längst nicht alles. Denn sie ist offenbar einem Serienmörder auf der Spur, der seit sieben Jahren sein Unwesen treibt…

Mein Eindruck

Da sich der Stand der Kriminologie rasant weiterentwickelt, wäre es nicht angebracht, diese Darstellung kriminalistischer Methoden an heutigen Maßstäben zu messen. Die Computer, die im Bild auftauchen, zeigen noch zeichnorientierte Bildschirmmasken – steinzeitlich. Die Fotografie und Spurensicherung sind noch auf ähnlichem Niveau und mit heutiger Technik überhaupt nicht zu vergleichen. Schwamm drüber.

Daher liegt die Stärke – und die Schwäche – der Londoner Ermittler um DCI Tennison in ihrem Zusammenspiel als Team von Kollegen. Heilige Helden wie John Shefford haben ausgedient, Teamworker wie Tennison und Empson gehört die Zukunft. Sie teilen ein, delegieren und lassen Infos ranschaffen. Der Höhepunkt dieses optimalen Zusammenspiels ist die gleichzeitige (!) Beschattung und Verfolgung von George Marlowe und Moira Hanson kurz vorm Finale des Falls. Das ist Feinarbeit, die wie am Schnürchen klappt – und den ersehnten Erfolg bringt. Die Kopfhörer, die die Beamten tragen, passen zwar schon in Ohrmuschel, erscheinen aber im Vergleich zu heute noch klobig. Macht nix: Auf die Verständigung kommt es an.

Doch es ist nicht immer so, schon gar nicht am Anfang, als Tennison den heiligen Shefford demontiert und damit eine verdeckte Rebellion durch Otley & Co. auslöst. Als sogar Kernan selbst sie ablösen will, versteckt sie sich einfach und wartet, dass ihre Ermittlerkollegen Erfolg haben. Das riskante Spiel auf Zeit trägt Früchte. Gut auch, dass die Frauen zusammenhalten. In ihrer Assistentin, die man wegen ihrer pummeligen Figur zunächst nicht für voll nimmt, hat Tennison, ohne es zu ahnen, eine solidarische Helferin, die ihr zu einem Durchbruch nach dem anderen verhilft.

Ein wichtiger Aspekt der Polizeiarbeit ist natürlich auch die Öffentlichkeitsarbeit. Hier erlebt Tennison Höhen und Tiefen. Der absolute Höhepunkt ist ihr Auftritt in der Fernsehsendung „Crime Night“, die unserem „Aktenzeichen XY … ungelöst“ entspricht. Hier werden Fälle mit Schauspielern nachgestellt und die Zuschauer um Hinweise gebeten. Der absolute Tiefpunkt: Der Hauptverdächtige George Marlowe gibt ein ausführliches Interview, in dem er sich über Tennison und die angeblich ungerechte Behandlung beschwert. Die Fotos sprechen nicht gerade für die verdeckten Ermittler. Zeugen fallen damit ebenfalls aus.

Dass der Erfolg mit Opfern erkauft wird, dürfte offensichtlich sein. Tennison verliert ihren Freund Peter, weil sie einfach keine Zeit für seine wichtigen Termine hat. Und wenn sie sich mal zum Liebesspiel bereitfindet, steht garantiert sein Sohn Joe in der Tür, weil er nicht schlafen kann. Stressigen Job und funktionierendes Privatleben zu vereinen, ist die Quadratur des Kreises: Für Tennison geht die Gleichung nicht auf.

Die Schauspieler

Die Darstellung der Polizeiarbeit ist sehr realistisch und mittlerweile zum Standard und Markenzeichen englischer Krimis geworden – vergleiche auch „Auf alle Fälle Fitz“. Helen Mirren, inwzischen zur OSCAR-Preisträgerin avanciert, steht fast immer Mittelpunkt des Geschehens, doch sie darf auch mal Gefühl und Empfindung zeigen, nicht nur daheim, sondern auch vor ihren fast durchweg männlichen Kollegen. Motto: eine Frau steht ihren Mann.

Sie hat in der schmallippigen Moira Hanson eine ebenso harte Gegenspielerin, die erst ganz am Schluss und nur unter weiblichen Augen zusammenbricht. Ihr hätte ich bereits am Ende der ersten Halbzeit alles zugetraut, auch sechs Morde an jungen hübschen Frauen. Doch da ist noch ihr Freund George Marlowe. John Bowe spielt ihn mit einer entwaffnenden Unschuldsmiene und Aufrichtigkeit – und genau das ist ja sein Trick, auf den man nicht hereinfallen sollte. Selbst als er vor Gericht steht und sich für „nicht schuldig“ erklärt, hat der Zuschauer Zweifel. Das ist völlig in Ordnung, denn warum sollte es ihm besser gehen als den Polizisten?

Junge Zuschauer seien vor den erschreckenden Abbildungen von schweren Verletzungen und Verwesungszuständen gewarnt. Diese sind natürlich in der Fernsehfassung entfernt worden, aber in der FSK16 können sie einem durchaus auf den Magen schlagen. Die Folterkammer des Mörders erinnert nicht von ungefähr an „Das Schweigen der Lämmer“…

Die DVD

Technische Infos

Bildformate: 1,33:1
Tonformate: D in DD 2.0
Sprachen: D, Englisch
Untertitel: keine
Extras: Keine

Mein Eindruck: die DVD

Die Bildqualität ist ebenso bescheiden wie die des Tons. Von Stereoeffekten kann bei diesem DD-2.0-Sound kaum je die Rede sein. Das Bild ist matt und und wirkt im Vergleich zu heutiger Qualität geradezu verschwommen, ist aber selbstverständlich die übliche Fernsehqualität. Bei großen Flächen von einheitlicher Farbe, etwa bei einer unifarbenen Tapete, ist deutlich eine horizontale Dreiteilung des Bildes zu erkennen – nicht sehr schön. Von digitaler Überarbeitung keine Spur.

Von Extras gibt es nichts zu erzählen, alldieweil sie nicht vorhanden sind. Eine Kapiteleinteilung betrachte ich nicht als Bonus, obwohl sie sich als nützlich erweist. Somit ist zu konstatieren, dass die DVD-Fassung ziemlich genau der Qualität einer VHS-Ausgabe entspricht. Daher erstaunt der hohe Preis, den Koch Media dafür verlangt: Mit 20 Euronen darf man zugreifen.

Unterm Strich

Obwohl diese Krimiserie erste Sahne ist, so erscheint sie doch heute in technischer Hinsicht völlig überholt und in erster Linie von historischem Wert. Alles daran hat sich mittlerweile weiterentwickelt. Aber als Gegenstück zu „Das Schweigen der Lämmer“ taugt diese Episode immer noch.

Die DVD ist nur dann gegenüber der VHS vorzuziehen, wenn man einen geringeren Preis dafür zahlen muss. Ansonsten ist die Qualität so ziemlich dieselbe. Sogar die Optik der DVD-Box im Schuber ist die gleiche. Ein Fall für Sammler?

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