Detective Chief Inspector Jane Tennison (Mirren) hat es in ihrem zweiten großen Fall mit einer stark verwesten Frauenleiche zu tun. Die Suche nach der Identität des Opfers und des Mörders führt sie in einen sozialen Brennpunkt Londons, der erst kürzlich durch die Ausübung polizeilicher Gewalt in die Schlagzeilen geriet. Tennison muss ihren Scharfsinn, ihren Mut und ihr Mitgefühl aufs Äußerste strapazieren, um den Täter aufzuspüren.

Dieser Teile der Serie „Heißer Verdacht“ wurde mit einem Emmy für die „herausragende TV-Serie“ ausgezeichnet.

Filminfos

O-Titel: Prime Suspect (GB 1992)
Dt. Vertrieb: kochmedia-dvd.de
FSK: ab 12
Länge: ca. 196 Min.
Regisseur: John Strickland
Drehbuch: Allan Cubitt
Musik: Stephen Warbeck
Darsteller: Helen Mirren (als Jane Tennison), Colin Salmon (als Detective Robert Oswalde) u.a.

Handlung

DCI Jane Tennison ist ein Jahr nach den Ereignissen um George Marlowe, den Serienkiller, wieder solo und daher einem amourösen Abenteuer nicht abgeneigt. Detective Robert Oswalde, den sie u.a. für ein Seminarvideo ins Verhör nimmt und der in einem anderen Revier (Westend Lane) arbeitet, ist ein schmucker Kerl mit markantem Schädel, gute einsneunzig groß, 31 Jahre alt und blickt sie mit äußerst wachen Augen an. Andere, weniger Tolerante würden allerdings sagen, er weise einen gravierenden Schönheitsfehler auf: seine dunkelbraune Haut. Das hindert Jane nicht daran, mit ihm eine sexy Nacht zu verbringen – soweit es der Dienst zulässt. Und dieser lässt nicht einmal zu, dass sie mit ihm ein Gläschen Schampus schlürft. Das Telefon ruft sie fort. Ob sie sich wohl auf seine Diskretion verlassen kann? Er verlässt sie indigniert.

Mister Biswanda hat ein Problem. Er ruft die Polizei an und wenig später stehen ein Dutzend Leute vor seinem Haus, von der Spurensicherung, von den auf Ruhe bedachte Officers ganz zu schweigen. Denn Mister Biswanda, ein pakistanischer Einwanderer, hat eine Leiche in seinem Garten entdeckt. Handelt es sich etwa um Simone Cameron, jene schwarze Jugendliche, die seit Jahren gesucht wird? Ihre Mutter steht jammernd an der Straße und trägt ihr Scherflein bei zum allgemeinen Aufruhr in der Honeyford Road, die hauptsächlich von Einwanderern bewohnt wird. Hier ist man nicht gut auf die Polizei zu sprechen, seit sie Derek Cameron, Simones Bruder, angeblich unschuldig ins Gefängnis gesteckt hat.

Als Tennison am nächsten Morgen ihre Kollegen instruiert, weist sie als erstes daraufhin, dass es sich bei der Honeyford Road um sowohl ein soziales als auch, da ein Anwalt sich zum Sprecher der Einwohner gemacht hat, um ein politisches Pulverfass handelt. Fingerspitzengefühl sei also gefragt. Natürlich hört keiner auf sie, und alles geht schief, was nur schiefgehen kann.

Was in Mr Biswandas Garten ausgegraben wurde, ist das Skelett einer jungen Frau, die vielleicht 15 bis 16 Jahre alt war. Ihre Hände waren hinter ihrem Rücken mit einem Ledergürtel gefesselt, der eine auffällige Schnalle aufweist: einen Indianerkopf. In der Tasche, die man neben ihr findet, stecken zwei wertvolle Armreifen aus Elfenbein, die ebenso wie das daneben liegende Gewand aus Westafrika stammen. Die Tote kam wohl aus gutem Hause, aber was hatte sie in dem Ausländerghetto zu suchen?

Die Antwort liefert die Vergangenheit. Bis 1986 wohnte in Mr Biswandas Haus ein Weißer namens David Harvey. Der Mann ist inzwischen 55 Jahre alt und droht bald an Lungenkrebs zu sterben. Das Haus gehörte aber nicht ihm, sondern einem Schwarzen namens Vernon Allen, der ebenfalls in der Honeyford Road wohnt. Seine Frau Esme führt einen Schnellimbiss und sein Sohn Tony arbeitet im Supermarkt. Demnächst will Tony die Jurastudentin Sarah heiraten. Doch weil diese auf ihre Rechte pocht, ist es für die Polizei schwierig, an Tony heranzukommen und ihn zu befragen. Zudem erhält Tennison von ihrem Boss Kernan, der um seine Beförderung bangt, Order, die Finger von Sarah zu lassen. Allerdings macht Kernan einen Fehler: Er zieht Robert Oswalde hinzu, um mehr Manpower auf die Straße zu bekommen.

Oswalde, selbst Schwarzer, hat keine Skrupel gegenüber Angehörigen seiner eigenen Hautfarbe und schießt sich auf Tony ein. Denn Tony hat als einziger der Allen-Familie auf die Tonrekonstruktion des Gesichts der Toten reagiert – mit einem heftigen Asthmaanfall. Er weiß etwas, und Oswalde will es aus ihm herausholen, egal wie. Leider übt er dabei zu starken Druck aus…

Der politische GAU, den alle zu vermeiden hofften, tritt ein. Die Honeyford Road Community gerät in Aufruhr, die Presse veranstaltet ein Schlachtfest, die Dienstaufsicht tritt in Aktion und ein Prozess gegen die Verantwortlichen in den Reihen der Polizei ist unvermeidlich. Köpfe werden rollen. Doch wer hat Joanna Fagumba getötet? Da erleidet David Harvey einen Herzinfarkt. Wird er sein Heheimnis mit ins Grab nehmen? Tennison scheint von der Lösung des Falls weiter entfernt zu sein denn je.

Mein Eindruck

Ging es in „Prime Suspect“ noch um Sexismus, so stehen nun Rassismus und Ausländerhass auf der Agenda, die im Film verhandelt wird. Im Jahr 1992 waren es noch Inder, Pakistani und Westafrikaner, die den Behörden Probleme bereiteten. Wie man weiß, sind es inzwischen die erwachsenen Söhne der moslemischen Einwanderer, die zu den Bombenlegern in London gehören. In den TV-Nachrichten ist immer wieder die Rede davon, dass Ausländer und ihre Kinder sozial, politisch und wirtschaftlich benachteiligt seien. Die Produzenten von „Operation Nadine“ legen wirklich die Finger in die Wunde. Und es kommt noch mehr.

Wir sehen Schwarze, die Reggae-Musik machen, und etliche Videos, auf denen auch Bob Marley auftaucht. Auch Joanna Fagumba und Tony Allen sind Mitglieder einer Reggaeband – in der gleichen Reggaeband. Dass der soziale Kontakt auch zu sexuellen Kontakten vertieft wurde, liegt nahe, aber wer wird denn gleich mörderisch handgreiflich werden? Tennison & Co. tasten sich weiter vor. In zwei clever geschnittenen Verhörszenen enthüllt der Film häppchenweise die mögliche Wahrheit.

Der erste Parallelschnitt: Tennison verhört den sterbenden David Harvey, während fast gleichzeitig Robert Oswalde Tony Allen zusetzt. Der zweite Parallelschnitt: Sarah, Tonys Verlobte, erzählt Tennison, was in der Mordnacht wirklich geschah. Parallel dazu sehen wir, wie es der Mörder – gerade in diesem Moment- mit einem weiteren Opfer erneut tut. Es ist schier unerträglich, und kann wirklich an die Nieren gehen.

Durch diese Parallelführung erweist sich Regisseur John Strickland seinem Kollegen Christopher Menaul, der „Prime Suspect“ drehte, als deutlich überlegen, mit kräftiger Unterstützung durch den Drehbuchautor Cubitt und den Cutter. Die emotionale Durchschlagskraft dieser Szenen packt nicht nur den Zuschauer, sondern auch die Jury des Peabody Award dazu bewogen, den Film auszuzeichnen, u.a. für seine Integrität.

Schwächen

Dennoch gibt es ein paar offene Fragen. Die offensichtliche betrifft Oswalde. Warum wartete er die ganze Nacht im falschen Wohnwagen auf den Mörder? Dieser Wohnwagen ist als Fotolabor eingerichtet, also nicht zum Wohnen. Wo übernachtet dann aber der Mörder? Sicherlich in einem zweiten Wohnwagen. Warum sucht Oswalde nicht danach? Er entdeckt ihn am nächsten Morgen durch puren Zufall. Das ist wohl die schwächste Stelle in der Logik des ganzen Films.

Die zweite Schwäche betrifft DCI Tennison. Sie hat sich in einem Jahr stark verändert, vor allem wegen des Wechsels des Drehbuchautors. Wollte sie zuvor noch der anerkannte Kumpel und Boss – primus inter pares – des Polizeireviers Southampton Row sein, so spielt sie nun die karrieregeile Chefin, die einen Kollegen wie Frank Birkin durchaus auch mal abkanzelt. Widersprüche tauchen auf: Sie kann einem Sterbenden das Händchen halten und mit einem Schwarzen ins Bett gehen, aber dann kämpft sie auch noch gegen die politischen Intrigen auf der Führungsebene. Sie ist so vielseitig, dann sie schon wieder übermenschlich erscheint.

Positiv

In „Prime Suspect“ rauchten alle Beteiligten, ob Mann oder Frau, jung oder alt, wie die Schlote, und eine Zigarette lag stets in Reichweite. In „Operation Nadine“ hingegen sind alle abstinente Nichtraucher geworden, mit einer bezeichnenden Ausnahme: Superintendent Kernan darf noch. Der Grund für diese durchgehende Nichtraucher-Order ist offensichtlich: Wenn David Harvey an Lungenkrebs stirbt, muss man die Zuschauer doch davor warnen – und nicht sie auch noch zum Rauchen ermuntern, indem man alle Bullen quarzen lässt. Täten sie das dennoch, würden sie das Warnsignal, das von Harveys Krebstod ausgeht, annullieren. Dafür hätte es sicherlich keinen Peabody Award gegeben.

Die DVD

Technische Infos

Bildformate: 1,33:1
Tonformate: D in DD 2.0
Sprachen: D, Englisch
Untertitel: Keine
Extras: Keine

Mein Eindruck: die DVD

Die Bildqualität ist ebenso bescheiden wie die des Tons. Von Stereoeffekten kann bei diesem DD-2.0-Sound kaum je die Rede sein. Das Bild ist matt und und wirkt im Vergleich zu heutiger Qualität geradezu verschwommen, ist aber selbstverständlich die übliche Fernsehqualität. Von digitaler Überarbeitung keine Spur.

Von Extras gibt es nichts zu erzählen, alldieweil sie nicht vorhanden sind. Eine Kapiteleinteilung betrachte ich nicht als Bonus, obwohl sie sich als nützlich erweist. Somit ist zu konstatieren, dass die DVD-Fassung ziemlich genau der Qualität einer VHS-Ausgabe entspricht. Daher erstaunt der hohe Preis, den Koch Media dafür verlangt: Mit 25 Euronen, sogar 5 Euro mehr als für Teil 1, darf man zugreifen.

Unterm Strich

„Operation Nadine“ ist sogar noch besser als Teil 1, „Prime Suspect“. Dies betrifft die realistische Darstellung der heißen Themen Rassismus und sexuelle Gewalt. Dass ein Schwarzer in Polizeigewahrsam zu Tode kommt, findet man in TV-Krimis auch nicht alle Tage. Besonders eindrucksvoll ist die zweimal ausgeführte clevere Parallelführung von Szenen, die sehr viel miteinander zu tun haben. Das scheint die Spezialität des Drehbuchautors zu sein, und der Regisseur weiß das Maximum herauszuholen. Allerdings verschenkt er diesen Bonus durch eine Schwachstelle in der Logik (siehe oben). Die Vergewaltigungsszene fand ich für FSK12 schon ein wenig gewagt.

Mit 25 Euro ist diese 1:1-Übertragung der VHS auf DVD recht teuer. Man ist mit dem Video genauso gut bedient und kommt vermutlich billiger weg.

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