[Einleitung]

James Cameron hat es geschafft. Er hat zweimal im Lotto gewonnen. Zweimal zur richtigen Zeit im richtigen Kino. Erst mit Titanic und nun mit seinem „revolutionären“ 3D Film Avatar. In Sachen Einnahmen ist Avatar nun auf #1 der Welt. Nun, nicht wirklich, aber Cameron hätte es gerne und tut auch schon wieder so, als ob er der König der Welt wäre („I think a comet would have to hit the Earth for it to not beat Titanic“). Als er letztens den Golden Globe für die beste Regiearbeit erhalten hat konnte er sein Getue nicht verstecken. Arrogant stolzierte er auf die Bühne und nahm den Preis dankend, erwartend (?) an. Nun hat er den Oscar im Visier. Den hätte er gerne, sehr gerne, glaub ich. Niemand anderen soll die goldene Statue erhalten. Nur eine Person gönnt er den Preis aber doch: Seiner Ex-Frau Kathryn Bigelow („I‘d be pissed off if somebody else won, but I wouldn‘t mind if she won.“). Die hat es verdient. Sehr nett von Cameron, dass er wenigstens einer Person den Preis gönnt. Wirklich sehr nett der Kerl. So viel Geld wie Avatar eingespielt hat, kann sich Cameron seine Arroganz aber auch leisten. Ist ja sogar noch kostenlos.

[Kritik]

Aber was ist dieses Avatar? Experience it in IMAX 3D. So sollte das meiste aus der Filmerfahrung geholt werden. Ich habe Avatar leider nicht im IMAX gesehen, dafür einmal in 3D und einmal in 2D. Und beide Male empfand ich nicht, dass dieser Film den großen Hype verdient hat. Der beste Film des Jahres? Der Dekade? Revolutionäres 3D? Naja. Er war gut. Bei weiten hat er jedoch nicht die Worte verdient, die ihm zugesprochen werden. Unverständnis macht sich breit. Unverständnis gegenüber den Leuten, die den Film die Höchstwertungen geben, obwohl er doch so offensichtliche Mängel hat. Unverständnis gegenüber den Kritikern und Jurymitgliedern, die dem Film sogar Preise verleihen und zum Trotze aller Avatar-Gegner diesen Film so hochjubeln, sodass die Masse ihn finanziell auf krasseste Weise unterstützt.

Man merkt wahrscheinlich, dass ich nicht viel vom Hype halte und je mehr es davon gibt, Avatar bei mir schlechter abschneiden wird. Aber auch jetzt schon gilt meine Meinung als Mindermeinung im Hinblick auf die große Masse an positiven Kritiken. Es wurde eigentlich schon alles über den Film geschrieben und soweit es geht zerrissen. Das hindert mich aber nicht daran meine 50 Cent in die Schale zu werfen.

Das größte Problem, dass ich mit Avatar habe sind die Menschen, die diesen Film lieben und alle Makel des Films ausblenden. Die Makel sind da, ohja. Kurz gefasst hört sich der Film nämlich überhaupt nicht gut an: Die Story ist banal und obsolet, vorhersehbar und plump. Die Dialoge sind unausgereift und in keinster Weise originell. Die Musik ist – bis auf 10 wirklich wahnsinnige Sekunden! – einfalls- und ernergielos, deplatziert und langweilig. Die Charaktere sind Klischées und können nur in Maßen Emotionen entwickeln, auf der Leinwand und in dem Zuschauer. Leona Lewis Themesong ist beknackt und nerviger als Celine Dions My Heart Will Go On.

Was man dem Film wirklich anrechnen kann, aber auch nur das: Die Optik. Es sieht schön aus. Der 3D Effekt ist jedoch selten überwältigend. Den Großteil des Films können die Szenen in 3D nicht überzeugen. Überraschenderweise sind es gerade die ruhigen Szenen in der Basis, in denen der 3D-Effekt am besten wirken kann. Der Unterschied zu 2D ist demnach nicht allzu groß. Wenn man die Möglichkeit hat, dann würde ich dennoch die 3€ mehr zahlen. Denn dafür ist Avatar schließlich gemacht. Um auf der Leinwand in 3D zu glühen und besonders die Pflanzen Pandoras in voller Pracht zu zeigen. Nicht, um eine tolle Story zu erzählen, nicht, um den Zuschauer auf intellektueller Ebene zu überwältigen. Avatar will den Zuschauer einfach nur berieseln, einfach nur Spaß bereiten. Das empfinde ich als kein Problem. Viele Filme sind nur auf die reine Unterhaltung aus ohne Rücksicht auf Logik.

Das Problem ist viel mehr, dass bei Avatar eine große Ausnahme gemacht wird. Hier ist es egal, dass die Story blöd ist. Hier ist es egal, dass die Dialoge blöd sind. Hier ist es egal, dass eigentlich alles, außer die Optik, blöd ist. Aber warum ist das so? Ist die Moral der Geschichte so überwältigend? Ist die Analogie zu aktuellen Krisen der Weltgeschichte so schockierend aufklärerisch? Nein. Fakt ist, dass Avatar inhaltlich ein schlechter Film ist. Die Außenfassade ist aber anscheinend ausnahmsweise Grund genug, alles andere zu vergessen. Aber warum funktioniert dann z.B. Transformers (gemeint ist nur der erste Teil) nicht? Wieso wird ein Film á la Transformers, was für mich den ultimativen Optik-Späßchen darstellt, der insbesondere in HD einfach überwältigend ist, von allen Seiten wegen der offensichtlich inhaltlichen Schwächen nicht akzeptiert? Ich verstehe es nicht.

Es muss auf der subjektiven Ebene liegen, dass es so einen Unterschied der Gefühle gibt. Aber auch hier kann ich nicht verstehen, warum computergenerierte Maschinen weniger Anklang finden, als computergenerierte Katzenmenschen aka Na‘vis. Gerade weil die Na‘vis den Menschen so ähneln und durch die Technik so weit es geht echt wirken, müssen sie auf charakterlichen Ebene überzeugen können. Das kann aber nicht geschehen, wenn sie die typischen Klischées erfüllen und nur nach Schema F handeln und agieren.

Oscarreif soll die Performance von Zoe Saldana gewesen sein nach einigen Meinungen („Her performance is a world-class performance“). Dem kann ich in keinster Weise zustimmen. Gerade in den Szenen als sie emotional ausbricht, entsteht eine Barriere zwischen Zuschauer und Na‘vi. Es ist einfach kein Gefühl da, das übertragen werden könnte. Sie schreit herum, heult herum und man fühlt nichts. Es liegt an der Unverhältnismäßigkeit zwischen Inhalt und Form, dass Avatar einfach nicht vollends überzeugen kann. Wäre der Film ohne Computeranimationen gedreht worden, wäre er sicherlich von vielen Seiten zerrissen worden. Womöglich der schlechteste Film des Jahres, der Dekade.

Das ist Avatar aber nun nicht. Die Optik kann halt größtenteils (auch ohne 3D) überzeugen und der Film kann stellenweise sogar mitreißen. Den Film aber einen Sonderstatus verleihen, die Makel vergessen und ihn in den Himmel loben? Nein. Avatars Geschichte – im Film und die Resonanz in der Filmlandschaft – ist so grässlich grün wie das Titelbild am Anfang des Abspanns. Es kommt einem so vor, als ob man nach der optischen Berieselei mit einem Paukenschlag ein hässliches Ätschiebätsch in Form dieses Titelbildes aufs Gesicht projiziert bekommt. Als ob da Cameron auf der Leinwand steht, mit dem Zeigefinger auf den Zuschauer gerichtet, ein süffisantes, schmieriges Grinsen im Gesicht, luftholend für die alles zusammenfassenden zwei Silben, die ein gewisser Simpsons Charakter nur zu gerne ausstößt: HAHA. Danke für das Geld, ihr Trottel.

Avatar 2 wird bestimmt kommen. Cameron will sein Lottoglück bestimmt nochmal versuchen, aller guten Dinge sind drei. Die Oscars stehen bald an. Wenn Avatar den Preis als bester Film gewinnt, dann wird das ein trauriger Tag für die Filmlandschaft und dessen Audienz.

[Wertung]

Khitos: 3 out of 5 stars (3 / 5)

Info: Alle Zitate sind von James Cameron aus dem Interview mit dem Magazin EMPIRE in Ausgabe 249

Lass ein paar Worte da:

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.