Diese Folge von „Heißer Verdacht“ umfasst drei Episoden:

“Kind vermisst”: Detective Superintendent Jane Tennison ermittelt gegen einen Pädophilen, der in Verdacht steht, einen grausamen Babymord begangen zu haben.

In „Seilschaften“ wird der Manager eines angesagten Clubs in einem Londoner Nobelvorort tot aufgefunden. In Tennisons Visier gerät Szenegängerin Maria Henry.

„Der Duft des Todes“: Zwei Frauen wurden auf dieselbe Art und Weise ermordet wie Jahre zuvor sechs andere Opfer. Sitzt der damals Verurteilte zu Unrecht hinter Gittern oder will ein trittbrettfahrer Tennison in die Irre führen?

Filminfos

O-Titel: Prime Suspect (GB 1995)
Dt. Vertrieb: Koch Media
FSK: ab 16
Länge: ca. 305 Min.
Regisseur: John Madden, Sarak Pia Anderson, Paul Marcus
Drehbuch: Paul Billing, Eric Deacon, Guy Hibbert
Musik: Stephen Warbeck
Darsteller: Hellen Mirren, Beatie Edny, Robert Glenister, Lesley Sharp, Tracey Keating, Richard Hawley, Jack Ellis u.a.

Handlung von “Kind vermisst”

Die alleinstehende Mutter Susan Covington liegt mit blutendem Kopf im Flur ihrer Wohnung, als ihr Kindermädchen Carolyn sie auffindet. Susans 14 Monate alte Tochter Vicky Warwick ist nirgends zu finden. Susan wird ins Krankenhaus gebracht, Chief Superintendent Jane Tennison von der Metropolitan Police benachrichtigt. Jane löst entdecken, dass CSI Thorndike, den sie ablöst, einen Pressebericht zu Vicky lanciert hat, wonach der mutmaßliche Entführer 20.000 Pfund Lösegeld fordert. Jane ist empört, denn der Bericht gefährdet sie, falls der Entführer durchdreht.

Als Susan wieder vernehmungsfähig ist, sagt sie aus, einen auffälligen Mann im Fernham park gesehen zu haben, und auf ihrer Fotokamera findet sich das Bild, das diesen mann zeigt. Es handelt sich um Chris Hughes, einen vorbestraften Pädophilen, der bei Dr. Patrick Schofield in psychologischer Betreuung war. Doch Schofield will aus ethischen Gründen die Unterlagen über Hughes nicht herausrücken. Hughes wird trotzdem festgenommen, muss aber nach einer gewissen Frist wieder entlassen werden, weil man ihm nicht nachweisen kann, etwas mit Vickys Verschwinden zu tun zu haben. Zudem gibt ihm seine Freundin Ann Sutherlands, selbst alleinstehende Mutter zweier Töchter, ein Alibi.

Erst als man Vickys Leiche tags darauf an einem Flussufer findet, ist er zerknirscht bereit, den Polizeibeamten eines der Sitzungsvideos von Chris Hughes zu zeigen. Jane und ihre Kollegen sind erschüttert, wie der Mann über Kinder redet. Doch Hughes selbst wurde im Alter von 5 Jahren sexuell missbraucht. Als Janes Kollege Tony Mulliman sich gegen jede Regel das Sitzungsvideo und die Hughes-Akte schnappt, zeigt er beides Ann und es gelingt ihm tatsächlich, sie umzustimmen. Sie zieht ihr Aussage zurück.

Doch die erneute Verhaftung Hughes läuft derartig schief, dass es ihm gelingt, sich in Anns Wohnung zu verbarrikadieren und die Bewohner als Geiseln zu nehmen. Werden Anns kleine Töchter und sie selbst dies überleben?

Mein Eindruck

Die Story ist verdammt clever eingefädelt, um den Zuschauer ebenso zu verwirren wie Jane Tennison und Co. Der Zuschauer sollte sich von Anfang an fragen, ob Hughes wirklich der Entführer Vickys ist. Durch die Schnitttechnik des Films werden Assoziationen hergestellt, die sich später nur schwer wieder lösen lassen. Der Schluss ist daher mehrfach überraschend. Aber ich werde nichts darüber verraten.

Das Thema Pädophilie war 1995, als der Film gesendet wurde, ein ziemlich heieß Sache, und weltweit wurden Medienberichte veröffentlicht, die in erster Linie Männer dem Generalverdacht der Pädophilie aussetzten. Und dieser Verdacht machte bekanntlich nicht vor katholischen Priestern halt. Dass es aber auch andere Gründen dafür geben könnte, wenn ein kleines Kind verschwindet, gibt dieser Film auf mutige Weise zu bedenken. Der Schluss ist in seiner Logik zwar ein wenig holprig, kann aber halbwegs überzeugen. Jedenfalls ist der Darstellerin der Susan Covington eine erstklassige Szene gelungen.

Übrigens soll nicht verschwiegen werden, dass in der deutschen TV-Fassung einige Szenen fehlen, die nun auf der DVD in OmU-Fassung nachgeliefert werden. Dadurch erfahren wir mit einiger Verspätung und Erschütterung, dass Tennison ein Kind abtreiben lässt und ihr Kollege Tony Mulliman selbst mal ein missbrauchtes Kind war. Diese Themen waren offensichtlich zu heikel für das deutsche Publikum des Jahres 1995, wenn es nach den Fernsehgewaltigen hierzulande ging. Leider ist auf den DVDs nirgendwo vermerkt, wann die Episoden ausgestrahlt wurden.

Handlung von “Seilschaften”

In dem Londoner Vorort Hadley Green wird der ehemalige Manager des Huntington Country Clubs (HCC) Dennis Carradine tot aufgefunden, offenbar hat er sich erhängt. Doch ein Liebespärchen hat sich in diesem Haus ein wenig zu lautstark verlustiert, und Nachbarn versuchen, seiner habhaft zu werden. Der Mann, Micky Thomas, kann entkommen, doch Sheila Bower landet auf der Polizeiwache.

CSI Jane Tennison wird verständigt und nimmt mit Freuden die Gelegenheit wahr, den ewigen Budgetschlachten zu entrinnen. Als Verstärkung erhält sie ihren langjährigen Mitstreiter DS Richard Haskins und Detective Sergeant Christine Cromwell, die aus einfachen Verhältnissen in der Gegend stammt, genauer gesagt aus der gleichen Sozialbausiedlung wie Sheila Bower. Dieses Team übernimmt die Arbeit, die eigentlich dem lokalen Polizeichef Raymond gebührt (der mit Cromwell ein Verhältnis hat). Daher gibt es schon bald Rangeleien, wer was darf und was nicht. Tennison setzt sich mit aller Härte durch.

Aber sie hat nicht mit der lokalen Kommunalpolitik gerechnet. Deren Kopf scheint James Greenleas zu sein, der an einigen Strippen zieht: als Vorsitzender des Polizeibeirats und als Vorsitzender des Wohnungsbaukomitees. Selbstredend kennt er Polizeichef Raymond, der ihm aufs Wort gehorcht. Die Mittelklasse trifft sich im HCC, an dem Paul Endicutt 30 Prozent besitzt. Der Alkoholiker scheint nicht nur dunkle Geschäfte zu machen, sondern auch nicht gerade der treuste Ehemann zu sein, wie Cromwell und Tennison herausfinden.

Dennis Carradine hat sich gar nicht selbst erhängt – er wurde mit einem Kabel erdrosselt. Kurz vor seinem Tod hat er 180.000 Pfund in eine marode Bauruine investiert, die panamaischen Anwälten gehört. Wieso? Und wo ist das Geld, das er von seiner Mutter Olive hatte, geblieben? Die Anwältin der Carradines, Maria Henry, tut ahnungslos und unschuldig, mauert und beruft sich auf das Anwaltsgeheimnis. Sie ist die härteste Nuss, die Tennison je zu knacken hatte. Selbst dann noch, als es einen zweiten Toten gibt und Paul Endicutt Maria Henry als Mitschuldige bei der Beseitigung Carradines (er wollte einen Baubetrug auffliegen lassen) nennt, schweigt Henry eisern.

Da kommt Tennison der Zufall zu Hilfe, als Henrys 15-jährige Tochter Polly mit Gesichtsverletzungen ins Polizeihauptquartier eingeliefert wird. Vielleicht lässt sie sich als Hebel einsetzen, um die Eiserne Lady zu knacken.

Mein Eindruck

Puh, dieser Fall ist äußerst komplex und kann beim Zuschauer, der nicht wie ein Schießhund aufpasst, durchaus Verwirrung herbeiführen. Auf der kriminellen Ebene geht es um zwei Morde und ein abgefackeltes Auto, aber auf der sozialen Ebene geht es um Klassenkonflikt zwischen besitzender Mittelklasse (Country Club) und Sozialhilfeempfängern (von Arbeiterklasse kann man hier wohl nicht sprechen), die in einem Wohnsilo vegetieren. Drittens wirkt Tennison als auswärtige Polizistin quasi als Spaltpilz für diesen Filz an Korruption, der in dieser Gesellschaft herrscht.

Die Episode ist sehr ambitioniert, doch nur derjenige dürfte sich gut unterhalten fühlen, der das Dickicht aus Beziehungen zu überblicken vermag.

Handlung von “Der Duft des Todes”

Christine Bromwell, eine 16-jährige Schülerin aus einem Londoner Stadtteil, wird vermisst, und ihre Eltern machen sich große Sorgen. Sie würden sich noch mehr Sorgen machen, wenn sie wüssten, was die Polizei am Bahndamm in der Nähe gefunden hat: In einem Müllsack liegt die leiche von Marjorie Miller, einer etwa 50-jährigen Polizistenwitwe. Was die Kripobeamten in höchstem Maße beunruhigt, sind die Spuren von Fesselung und Aufhängen an Marjories Handgelenken: Es ist die Signatur, die George Marlow an allen seinen sechs Opfern hinterließ.

Jane Tennison brachte ihn seinerzeit hinter Gitter (in Episode 1 der Serie). Doch wenn Marlow einsitzt, wer verübte dann den Mord an Miller und – wenig später – an Christine Bromwell? Ist Marlow Opfer eines Justizirrtums, wie es das Buch des Journalisten Mark Whitehouse behauptet, der mit Moira, der verstorbenen Freundin Marlows, gesprochen hatte? Die mittlere Polizeihierarchie beurlaubt Tennison wegen Befangenheit und setzt Mitchell ein.

Doch Mitchell setzt auf das falsche Pferd und verbeißt sich in Spuren aus der Vergangenheit, die zu nichts führen. Richard Haskins Ersuchen, die Kontakte Marlows im Knast zu befragen, werden eiskalt abgeschmettert – bis es zu spät ist?

Unterdessen hat Tennison viel Zeit für sich selbst – und für ihre Beziehung zum Psychologen Patrick Schofield (Episode 1 dieser Staffel). Als sie per Zufall anhört, wie Whitehouse, dessen Buch sie als „Schrott“ verdammt, Schofield anruft und mit Vornamen nennt, wittert sie Verrat und beginnt zu schnüffeln. Sie stößt auf eine Akte über sich selbst. Was soll das? Ein heftiger Streit bringt die Wahrheit zutage, sie aber nicht weiter. Inzwischen wird eine dritte Frau als potentielles Marlow-Opfer vermisst. Marlow hat seine Opfer immer nach drei Tagen umgebracht, die Zeit wird knapp.

Da stößt Schofield sie mit der Nase auf die Spur des auffälligen Parfüms, mit dem alle Opfer geradezu bespritzt waren: Gardenia. Könnte es sein, dass der Trittbrettfahrer von Marlow oder Moira erfahren hat, welche Bedeutung dieses Parfüm besitzt? Ein Wettlauf um Leben und Tod beginnt.

Mein Eindruck

Wow, diese Episode ist mit Abstand die beste der Staffel! Hier erleben wir Jane Tennison auf sonderbaren Abwegen, und Helen Mirren hat Gelegenheit, ihre Vielseitigkeit unter Beweis zu stellen. Im Seebad Brighton spielt sie die nette Schwiegertochter, im Knast die knallharte Psychokriegerin und auf dem Tanzparkett am Schluss das aggressive Biest, das den sich höhergestellt dünkenden Kollegen den Rotwein ins Gesicht schüttet. Außerdem arbeitet sie quasi undercover hinter den Kulissen, alldiweil sie ja nicht nur beurlaubt, sondern auch noch vom Dienst suspendiert worden ist. Ihr Boss Mike Kernan hält jedoch ebenso zu ihr wie ihr Mitstreiter Richard Haskins, der mir immer sympathischer wird und eine eigene Serie bekommen sollte.

Das Thema einen Serienmörders ist bereits in Episode 1 von Staffel 1 durchgespielt worden. Das Grauen, das seine Taten auslösen, ist echt. Und als das dritte Opfer endlich gefunden wird, wagt die Kamera aus Respekt nicht, die Frau zu zeigen, die drei Tage Höllenqualen erlitten hat. (Es ist Linda Matthews, 36, Mutter einer 12-jährigen Tochter.)

Mindestens ebenso erschütternd ist das abschließende Verhör des Täters durch Mitchell und Kaskins (Tennison muss sich einem Disziplinarverfahren unterziehen). Der Täter wollte „wissen, wie es ist“, was Marlow getan hat. Er sagt, es „war die Hölle“, und deshalb wollte er dies immer wieder erleben. Was zunächst wenig Sinn zu ergeben scheint, aber wenn man einen Junkie fragt, warum er immer weiterspritzt, dann kriegt man die gleiche Antwort: Weil man diesen Kick braucht.

Wie schon in Episode 1 dieser Staffel finden sich auch hier ergänzte Szenen, die nur in Englisch mit Untertiteln vorliegen. Dazu gehört unter anderem die tolle Schlussszene, in der Tennison triumphiert.

Die DVD

Technische Infos

Bildformate: 1,33:1
Tonformate: D in DD 2.0, Englisch in DD 2.0
Sprachen: D, Englisch
Untertitel: keine
Extras: keine

Mein Eindruck: die DVD

Die Qualität von Bild und Ton sind erheblich besser geworden, wenn man sie mit den Episoden der ersten Staffel vergleicht. Wie eine Einblendung zeigt, liegt der Ton in Dolby Surround vor. Man sollte sich davon aber keine Wunderdinge erwarten. Es wirkt akustisch nur einfach besser als der normale TV-Ton, den man gewöhnt ist. Im Bild sind keine Artefakte etc. zu entdecken, sondern die Bildqualität nähert sich bereits digitaler Qualität an.

Da es absolut null Beiwerk gibt, kann man nur das Fehlen jeglichen Bonusmaterials und aller Werbung konstatieren. Ein Booklet hat es bei dieser Serie noch nie gegeben, und diese DVD macht in dieser Hinsicht keine Ausnahme.

Unterm Strich

Waren die ersten Staffeln schon ziemlich ehrgeizig und tabubrechend, so lässt sich auch diese 4. Staffel nicht anders als ambitioniert bezeichnen. Kindesentführung, Pädophilie, Korruption und Morde auf dem Lande in der feinen Mittelklasse und schließlich ein unheimlicher Serienkiller von Frauen und Mädchen – das ist eine wuchtige Mischung, die jeden Krimiliebhaber zufriedenstellen dürfte. Allerdings fand ich die mittlere Episode „Seilschaften“ ziemlich komplex inszeniert und befürchte, dass so mancher Zuschauer durch die drei Themen, die hierin verknüpft sind, verwirrt sein könnte.

Die Staffel stellt wieder einmal die große Klasse von OSCAR-Preisträgerin und Golden-Globe-Gewinnerin Helen Mirren eindrucksvoll unter Beweis. Kein Wunder, dass sie inzwischen mit der Serie synonym geworden ist und genügend moralische Integrität und Autorität erworben hat, um auch die Queen spielen zu können – mit Bravour. Mirrens helfer sind aber auch nicht von Pappe, und darunter hat mir besonders „Richard Haskins“ gefallen, der als einziger seit der ersten Episode der ersten Staffel dabei ist.

Schade, dass die DVD so lieblos in der Ausstattung angeboten wird. Vielleicht soll dadurch der Preis gedrückt werden, wer weiß. Lediglich ein Schuber veredelt die Doppel-DVD-Box zu einem Sammlerobjekt. Aber wer ein Fan von „Heißer Verdacht“ ist, wird sich wohl auch mit den erstklassigen Filmen an sich zufriedengeben.

[Wertung]

Mima2016: 4 out of 5 stars (4 / 5)

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