In einer Welt des 21. Jahrhunderts hat ein Gottestaat sämtliche Gefühle als konflikterzeugend verboten. Natürlich gibt es Sünder, Abweichler und eine Untergrundbewegung. Spannend wird es, als einer der Systemverteidiger vom Saulus zum Paulus bekehrt wird und beginnt, das menschenverachtende System aus den Angeln zu heben: eindrucksvolle Kampfszenen sind garantiert.

Filminfos

O-Titel: Equilibrium (USA 2002), DVD: 06.2003
FSK: ab 16
Länge: 102,5 Min.
Regisseur: Kurt Wimmer (Jan de Bont?)
Drehbuch: Kurt Wimmer
Musik: Klaus Badelt („The Time Machine“, „Fluch der Karibik“)
Darsteller: Christian Bale, Emily Watson, Sean Bean, Taye Diggs, William Fichtner, David Hemmings u.a.

Handlung

Nachdem der 3. Weltkrieg vorüber ist, erkennen die Überlebenden, dass man sich keinen weiteren derartigen Konflikt leisten kann: Niemand würde die Zerstörung überstehen. Da Emotionen als Auslöser von Kriegen angesehen werden, verbietet man sie im Staate Libria per Gesetz – mit weitreichenden Folgen. Jeder Mensch muss fünfmal am Tag die emotionshemmende Substanz Prozium einnehmen, die seine Gefühle unterdrückt. Außerdem werden sämtliche Bücher und Kunstwerke verboten, da sie an frühere, gefühlsbetonte zeiten erinnern.

Für die Eliminierung von Menschen, die sich den Anordnungen widersetzen, ist eine Organisation verantwortlich, deren Mitglieder als „Kleriker“ bezeichnet werden. Der Chef des Kleriker-Ministeriums „Equilibrium“ ist der Grammaton-Kleriker, und der Beste dieser Truppe von Spezialkräften ist John Preston (Bale).

Als Preston nach dem Tod seines Partners Errol Partridge (Sean Bean) sein Prozium absetzt, erkennt er allmählich die faschistischen Strukturen hinter dem theokratischen System Librias. Er ist selbst indirekt dessen Opfer, denn seine schöne Frau Viviana (Alexa Summer) wurde wegen einer Sinnesstraftat völlig überraschend verhaftet (und eliminiert). Er vermisst sie, lebt nur mit zwei Kindern zusammen. Er fühlt sich von seinem klugen Sohn Robbie (Matthew Harbour) überwacht, ebenso von seinem neuen Partner Brandt (Taye Diggs). Preston versteckt seine Prozium-Pillen in der Wand hinter dem Badezimmerspiegel.

Zu einer entscheidenden Wende in seinem Leben wird die Begegnung mit der neuen Gefangenen Mary O’Brien (Emily Watson). Ihr Vergehen: Sie hat ein gefühlsbetontes Geheimzimmer eingerichtet. Schon bald muss sie enden wie Viviana: Verbrennung im Hochofen. Doch er verliebt sich in die Schöne, die seine Existenzberechtigung als Kleriker infragestellt. Die Prozium-Abstinenz lässt ihn endlich auch die Schönheit von Farben und Musik – Beethovens Fünfte rührt ihn zu Tränen – wahrnehmen.

Um einen kleinen Welpen zu retten, vernichtet er in einem furiosen Kampf eine komplette Klerikerpatrouille, die das Gebiet der Résistance durchkämmt. Als Preston herausfindet, dass Mary die Geliebte seines Gedichte lesenden Partners Partridge war, erkennt er, dass selbst die eigenen Reihen nie so geschlossen waren, wie man ihn immer glauben machen wollte.

Preston nimmt Kontakt mit dem Untergrund auf und wird eingeschleust. In einem Lügendetektortest wird seine Liebe zu Mary offenbart. Man bittet ihn, den VATER zu vernichten, den obersten Herrscher in Librias Theokratie. Allerdings dürfte er Schwierigkeiten haben, unbehelligt ins Allerheiligste der Klerikerzentrale vorzustoßen: Er steht bereits unter schwerem verdacht wegen seiner Besuche bei Mary. Als er diese Frau kurz vor ihrer Hinrichtung an der Hand berührt, wirkt das wie eine Offenbarung auf ihn: Sie erinnert ihn an seine geliebte Frau und bildet eine Verpflichtung, Viviana zu rächen.

Preston ist nun entschlossen, sämtliche Barrieren zu durchbrechen, die sich zwischen ihn und den VATER stellen sollten – und wie sich zeigt, sind das eine ganze Menge unterschiedlichster Natur. Es folgt ein langer, furioser Showdown.

Mein Eindruck

„Equilibrium“ – Gleichgewicht – kam nie in unsere Kinos, aber auf Video und DVD ist er inzwischen ein Kultfilm. Das liegt aber wohl nicht so sehr an der recht einfach gestrickten Handlung einer Wandlung vom Saulus zum Paulus, sondern vielmehr an den exzellent inszenierten und fotografierten Schwert- und Gun-Duellen.

Action-Kino

Wie sich das für einen Actionfilm gehört, steigert sich der Schwierigkeitsgrad dieser Kämpfe von Mal zu Mal. Zunächst hat es Preston nur mit unausgebildeten Abweichlern zu tun, in der Szene, in der er den Welpen rettet, jedoch bereits mit beinahe Ebenbürtigen: In wenigen Minuten macht er eine komplette Patrouille Polizisten nieder. Dabei ist der Zuschauer nicht so sehr von der Schnelligkeit verblüfft, sondern von der Handhabung der einzelnen Waffen. Es schadet auch nicht, dass der Darsteller beim Kämpfen keine Miene verzieht, keinen Kratzer abbekommt und anscheinend kaum aus der Puste ist.

Das Finale setzt der Action dann die Krone auf. Die Schwierigkeit steigert sich noch einmal, indem Preston nun sein neuer Partner Brandt (Diggs) gegenübertritt, mit dem er sich bislang nur bei Übungen (Stockkampf, Schwert usw.) auseinandersetzen musste. Anschließend sieht sich Preston jedoch einer intellektuellen Herausforderung entgegen…

Während die Kämpfe mit Spezialeffekten angereichert sind, scheinen diese in der rein menschlichen Handlung vollständig zu fehlen. (Man könnte sie allenfalls mit geübtem Auge erkennen.) Was den Film auf ähnliche Weise wie „1984“ unsympathisch macht, sind die durchweg unterkühlten, nein, unterdrückten Gefühle. Das jagt dem Zuschauer doch so manchen Schauder über den Rücken und man sehnt sich schon nach dem nächsten Kampf.

Darstellerkunst

Die Darsteller zwingt diese Ästhetik der Unterdrückung und Entmenschlichung dazu, in minimalsten Gesten und vor allem in Blicken Emotionen und Wünsche zum Ausdruck bringen zu müssen. Bei einer „Sünderin“ wie Mary O’Brien ist selbst das noch ein Problem, obwohl sie bereits über ihr unausweichliches Schicksal Bescheid weiß. Doch Emily Watson versteht es, wie schon in „Breaking the Waves“, mit geringsten Mitteln größte Wirkung zu erzielen.

Christian Bale hat es da schwerer: Sein Gesicht ist fast immer versteinert. Ihn hindert an Emotionalität, dass er zunächst ein Kleriker unter Prozium ist, dann, als er Prozium schon abgesetzt hat, dass er ein Mann ist, und Männer dürfen nun mal weder weinen noch lachen – jedenfalls nicht in Libria (das scheint auch in anderen Weltgegenden nicht unbekannt zu sein). Daher mutet uns sein Tränenausbruch, wenn er zum ersten Mal im Leben Beethovens Fünfte hört, wie ein Schock an. Dieser Wendepunkt gibt fortan seinem Charakter eine andere Ausrichtung, in jeder Hinsicht.

Ein Science Fiction-Film?

Als Film des Science Fiction Genres bedient sich „Equilibrium“ eines einfachen Kniffs, um den Zuschauer, den er in der Gegenwart ansprechen will, zu erreichen: Er überspitzt die Verhältnisse bis zur Kenntlichkeit und/oder kehrt sie um. Die daraus abzulesende Warnung an den Zuschauer kann dieser, wenn er ein ganz klein wenig nachdenkt, auf seine eigene Welt beziehen und diese in einem anderen Licht betrachten.

Mit anderen Worten: Wenn in Libria Gefühle vollständig eliminiert werden, dann lässt uns die daraus resultierende Welt erkennen, wie wichtig Gefühle für unsere eigene Welt sind: in welchen Formen sie auftreten, für welche Beziehungen sie wichtig bzw. unerlässlich sind und wie man sie aufrechterhält. Preston ändert sich vor allem deswegen, weil man ihm a) Liebe entzogen hat, als man seine Frau verhaftete, und b) indem ihm man ihm verbotene Liebe anbietet – er kann Mary treffen und sogar berühren.

Ein Gottesstaat?

Wer oder was aber ist diese Instanz, die es in der Hand hat, etwas Elementares und Menschliches wie Gefühle zu verbieten und Widerstand zu vernichten? Es ist eine Priesterkaste, die „Kleriker“, die unter dem Vorsitz des „Vaters“ operiert. Diese Theokratie hat es einfach zum Glaubenssatz erhoben, dass Emotionen verderblich seien, und das zum Gesetz gemacht, das durchgesetzt wird. Ein Glaubenssatz kann jedoch nicht mit Mitteln der Logik außer Kraft gesetzt werden (man versuche einmal, die Existenz Gottes logisch zu begründen oder zu widerlegen), sondern nur durch eine Art Glaubenskongregation. Diese kann es nicht geben, dass es nur einen Alleinherrscher gibt – schlau ausgetüftelt!

Hier unterscheidet sich das Modell Libria eindeutig vom Modell der Römisch-katholischen Kirche und entspricht viel eher dem Großen Bruder eines George Orwell. Die Anwendbarkeit der politischen Kritik des Films auf die Gegenwart ist also eingeschränkt. Das war sicher kein Zufall. Man würde sich in Hollywood ungern einen Bannstrahl vom Vatikan oder aus Mekka einfangen.

Die Leih-DVD

Technische Infos

Bildformate: 1,33:1 (4:3)
Tonformate: D & GB in DD 5.1, Deutsch in DTS
Sprachen: D, GB
Untertitel: keine!
Extras der Leih-DVD: Originaltrailer, Trailershow (The 51st State; Halloween Resurrection; Andromeda; Hellborn; U-571)

Übrigens soll es davon auch eine SVCD-Version geben.

Mein Eindruck: die DVD

Die Extras der Leih-DVD sind kaum der Rede wert: Sie bestehen nur aus Werbung. Auch Untertitel glänzen durch Abwesenheit. Der einzige Lichtblick sind der phänomenal gute DTS-Sound, der besonders in den Actionszenen beeindruckend zum Tragen kommt.

Unterm Strich

Da diese Handlung so dünn ist, hatte ich stellenweise doch stark den Eindruck, als sei dieser Science Fiction-Streifen ein Vehikel für die Actionszenen. Auf die kommt es in der Tat an, und sie lösen die höchsten Ansprüche an gut inszenierte Schwert- und Gun-Kämpfe ein. Da gibt es nichts zu meckern. Die Hintergrund-Story ist zwar keineswegs blanker Unsinn, wie in so manch anderem Actionthriller, reißt aber auch noch ganz vom Hocker. Die Gründe dafür habe ich bereits oben unter dem Stichpunkt „Darstellerkunst“ dargelegt.

Für Actionfans ist „Equilibrium“ ein gefundenes Fressen. Wer den DTS-Sound rauskitzeln kann – DTS-Decoder im DVD-Player und ordentliche Heimkinoboxen vorausgesetzt -, für dessen Ohren wird der Film zum Fest.

Ein Gedanke zu „Kritik: Equilibrium (DVD)“

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