Ein irischer Kleinstadtpolizist interessiert sich für alles Mögliche – nur nicht für den Drogenring, der sogar einen FBI-Agenten in die Stadt führt.Ein irischer Dorfbulle am Arsch der Welt: Sergeant Gerry Boyle (Brendan Gleeson) ist zynisch, eigensinnig und nur ein bisschen korrupt, ein Einzelgänger, der seinen jungen Kollegen McBride nicht für voll nimmt. 

Als auf der Jagd nach Kokainschmugglern FBI-Agent Everett (Don Cheedle) in seinem Revier auftaucht, fühlt Boyle sich eher gestört. Erst als McBride über Nacht verschwindet, wird der Dorfbulle aktiv. Ihm wird klar, dass die Drogenschmuggler den Cop verschwinden ließen und seine Vorgesetzten von den Gangstern bestochen wurden. Wie einst John Wayne zieht er zusammen mit dem FBI-Mann los, um den Koksschmugglern das Handwerk zu legen. (Quelle: Cinefacts.de)

Filminfos

O-Titel: The Guard (IR 2011)
Dt. Vertrieb: Ascot Elite
EAN: 7613059801653
VÖ: 23.3.2011 [Kauf-DVD]
FSK: ab 16
Länge: ca. 92 Min.
Regisseur/Drehbuch: John Michael McDonagh
Produzenten: Don Cheadle, Flora Fernandez Marengo, Andrew Lowe, Ed Guiney, Chris Clark
Musik: Calexico
Darsteller: Brendan Gleeson, Don Cheadle, Fionnula Flanagan, Mark Strong, Liam Cunningham, Rory Keenan, Pat Shortt, David Wilmot, Katarina Cas, Dominique McElligott, Sarah Greene u.a.

Handlung

Sergeant Gerry Boyle ist ein unkonventioneller, abgebrühter Polizist im äußersten Westen der irischen Insel. Die Grafschaft Connemara ist zwar landschaftlich wunderschön, aber in spaßtechnischer Hinsicht kaum auszuhalten. Doch in dieser Hinsicht weiß sich Gerry zu helfen: Wenn er nicht einem Unfallopfer die Meth-Pillen klaut oder einen Horrorfilm aus den Seventies schaut, macht er an seinem freien Tag im nahen Galway einen drauf, indem er zwei Nutten aus Dublin einlädt. Gerry, so merken wir schnell, hat zwar einen finsteren Humor, ist aber kein Kostverächter. 

Mit seinem neuen Assi Aidan McBride, einem Frischling aus der Hauptstadt, untersucht er einen merkwürdigen Mord in einem Ferienhaus. Ein anonymer Anrufer beschuldigt jemanden aus dem lokalen Pub, doch der hat bloß einem anderen Wirtshausgast eins über die Rübe gegeben. Der Chef ruft ihn in die zentrale: Ein leibhaftiger FBI-Agent (Cheadle) erklärt den versammelten Dorfpolizisten, dass aus den USA eine Schiffsladung Kokain an Irlands Gestaden erwartet werde. Der Wert: eine halbe Milliarde Dollar. Gerry weist daraufhin, dass von den vier irischen Gangstern, die die Ladung in Empfang nehmen sollen, einer in seiner Leichenhalle liegt. 

Nun heißt es, nach den restlichen drei Schurken Ausschau halten. McBride ist in seinem Übereifer zu unbesonnen, das Trio auf der Straße anzuhalten – und bezahlt für diese heroische Tat mit dem Leben. Seine Witwe Gabriella wendet sich an Gerry. Doch der ahnt schon, dass hier irgendetwas oberfaul ist, als sämtliche Polizeikräfte auf einmal nach Cork verlegt werden, also in den Süden der Insel. Nicht einmal dann, nachdem der psychopathische Killer O’Leary bei ihm vorbeigeschaut hat, vermag Gerry den FBI-Agenten Wndell Everett davon zu überzeugen, dass der Deal nicht in Cork, sondern in Galway stattfinden wird. 

Na schön, dann muss er es eben selbst mit den restlichen Gangstern aufnehmen. Zum Glück verhilft ihm ein IRA-Waffenfund zur entsprechenden Ausrüstung…

Mein Eindruck

Brendan Gleeson hat eine Paraderolle erwischt. Sein Gerry Boyle ist ein Rassist, Nutten-Freier, Drogenkonsument und Waffenschieber. Er hat keine Skrupel, der IRA versteckte Waffen zurückzugeben oder Unfallopfer ihre Drogen zu klauen. Aber er lässt sich nicht wie der Rest der Cops bestechen. Unter seiner Abgebrühtheit, die viel mit Realismus zu tun hat, verbirgt Gerry, der Antiheld, ein romantisches Herz, das viel für die Mädels, Witwen und vor allem für die krebskranke Mutter übrighat. Wenn er kämpft, weiß er, wann und wofür es sich zu kämpfen lohnt. 

Das kann man von senem Gegenstück, dem smarten FBI-Agenten Wendell Everett, glaubhaft gespielt von Don Cheadle, nicht unbedingt behaupten. Everett ist smart, steckt voller Fakten, doch wie ist er als mensch? Das lässt sich leicht bei einem Guinness oder zweien herausfinden, und es zeigt sich, dass Everett eigentlich ein feiner Kerl ist (der auch mal flunkert). Er ist bloß nicht sicher, woran er mit Gerry ist: Ist der Cop unglaublich dumm oder unglaublich schlau? 

Diese Freundschaft ist natürlich Voraussetzung für den Showdown mit den Gangstern. Wird Everett rechtzeitig auftauchen, um Gerry bei der Festnahme der Drogengangster beizustehen? Deshalb spielen sowohl Heldentum als auch Rassismus eine große Rolle in diesem Film. Barack Obama hat die Rassismusfrage inzwischen zum Glück entschärft, doch nun kämpft der Streifen v.a. gegen die Westernklischees des machohaften Sheriffs an. 

Die Western-Musik unterstützt diese Klischees noch, doch die Dialoge unternehmen alles, um die Klischees zu unterminieren. Diese treffen v.a. auf die drei irischen Gangster zu: Sheehy (Cunningham) ist der knallharte Kopf des Trios, liest aber Nietzsche und Schopenhauer; Cornell (Strong) leidet unter ennui, einer existentiellen Langeweile und sehnt sich nach nichts so sehr wie einem zünftigen Shootout; O’Leary schließlich ist der obligatorische Psychopath, der als Serienmörder herhalten muss. Ihn nervt diese Rolle, der eigentlich sei er ja bloß ein Soziopath. Den Unterschied könne er aber auch nicht erklären, meint er. 

Das Finale ist zünftiges Rumgeballere, bei dem jeder sein Fett wegkriegt, und auch schon mal das Koks in die Luft fliegt. Aber was wird aus unserem Oberhelden Gerry Boyle? Auf diese Frage soll der Zuschauer selbst die Antwort finden. Auf jeden Fall macht der Film aufgrund seiner Wendungen, seiner genau gezeichneten Charaktere und vor allem wegen seiner schrägen Dialoge viel Spaß. 

Die DVD

Technische Infos

  • Bildformate: Widescreen (2.35:1 – anamorph)
  • Tonformate: D in DTS und DD 5.1, Englisch in DD 5.1
  • Sprachen: D, Englisch
  • Untertitel: D
  • Extras:
    1. Making of
    2. Interviews
    3. Kurzfilm „Second Death“
    4. Behind the Scenes
    5. Outtakes
    6. Deleted Scenes
    7. Regiekommentar
    8. Originaltrailer
    9. Trailershow

Mein Eindruck: die DVD

Die Qualität von Ton und Bild ist auf dem Stand der Technik, also ausgezeichnet. Obwohl die deutschen Untertitel ganz OK sind, sollte man sich das Vergnügen gönnen, den Streifen im Original anzusehen, denn die deutsche Synchronisation ist wirklich nicht das Gelbe vom Ei. 

EXTRAS

  1. Making of (ca. 10 min): Dieser Werkstattbericht kommt mit einem aufdringlichen Off-Kommentar daher, der uns darüber informiert, dass der Streifen der Lieblings des Publikums des Sundance Film Festivals und der Berlinale 2011 war – so angestaubt ist der Streifen also bereits. Neben diesem unnötigen PR-Senf sollte man sich auf die Interview-Statements der beiden Stars und einiger Nebenfiguren konzentrieren. Diese sind direkt dem Interview-Block entnommen. 
  2. Interviews: Hier findet man mal ausführliche (Gleeson, Cheadle), mal kurze (Rest) Interviews mit folgenden Mitwirkenden. Ein Interview mit dem Regisseur glänzt durch Abwesenheit – ein guter Grund, sich den Regiekommentar (s.u.) reinzuziehen.  
    • Brendan Gleeson (als Gerry Boyle)
    • Don Cheadle (als Ausführender Produzent und Schauspieler)
    • Mark Strong (als Gangster Clive Cornell)
    • Liam Cunningham (als Ober-Gangster Sheehy)
    • David Wilmot (als Psychopath O’Leary)
    • Chris Clark (als Produzent)
  3. Behind the Scenes (18:30 min): Dies sind zwar die für ein B-Roll üblichen Beobachtungen vom Dreh, aber hier finden sich auch wertvolle Statements von Gleeson, Cheadle und Cunningham, die sich ihre eigenen Gedanken über den Film, den Dreh, die Schauspielerkollegen und den Regisseur gemacht haben. Als Schmankerl kommt noch die Musik hinzu, und so bekommt der Zuschauer einen unerwartet unterhaltsamen und lustigen Drehbericht. 
  4. Outtakes (3 min): Diese Pannen sind natürlich Versprecher oder Momente, in denen der Schauspieler seinen text vergessen hat. Es gibt jede Menge zu lachen. 
  5. Deleted and Extended Scenes (26 min): Die meisten dieser Szenen, die an einem Stück anzusehen sind, bieten eine interessante Erweiterung der Version, die es in den Film geschafft hat. Da gibt es einiges Witziges und Interessantes zu entdecken. Eine Szene ist komplett aus der Endfassung gestrichen worden, und zwar jene, in der Gerry mit der Witwe Gabriella nach dem Begräbnis von Aidan McBride spazierengeht. Nur diese Szene erklärt nämlich, warum Gabriella weint, als sich Gerry von ihr verabschiedet, bevor er zum Showdown mit den Gangstern aufmacht. 
  6. Regiekommentar: Hab ich mir aus Zeitgründen nicht angehört. Sorry. 
  7. Originaltrailer und deutscher Trailer: Wie üblich bieten die beiden Trailer die Highlights des Films und versuchen eine spannende Geschichte zu erzählen. Wichtiger sind aber die schrägen Sprüche und Szenen. 
  8. Kurzfilm „Second Death“ (anno 2000, 11:06 min): Jim ist ein Ex-Polizist, der allabendlich durch die Pampa zu Dorfkneipe wandert, um sich dort regelmäßig vollaufen zu lassen. Den Grund erfahren wir von seinem Kollegen Gerry, der noch im Dienst ist: Vor zwei Jahren suchten die beiden die zehnjährige Helen Rainey, die davongelaufen war. Nun hat sich Helen umgebracht (auch in „The Guard“ ist viel von Selbstmorden die Rede).

    Die Gesellschaft im Pub besteht aus Spielern, beim Schach oder beim Pool-Billard. Letztere verschönern sich den Abend mit Kokain. Die Wirtin Ashley schickt Jim wieder nach Hause. Wieder hört auf dem Weg das unheimliche Kichern. Und als er allein daheim ein letztes Glas trinkt, erscheint ihm der Geist – eine wunderschöne Helen Rainey. Sie ist gekommen, um ihn heimzuholen…

    Eine typisch irische Geschichte: sehr traurig, ironisch, viel Whisky, viel Musik, und immer hart am „Sweet Hereafter“. 
  9. Trailershow: Die Trailershow ist dem Hauptfilm vorgeschaltet und lässt sich nur durch Schnellvorlauf oder Kapitelspringen umgehen. 
    1. The Hunter (mit Willem Dafoe, Sam Neill, Frances O’Connor)
    2. Rampart (mit Woody Harrelson als Bad Lieutenant)
    3. Take Shelter (Mystery-Horror)
    4. Dark Fields (Texas-Thriller mit Sam Worthington)

Unterm Strich

„The Guard“ erinnert an den letzten Gunfight abgetakelter Helden à la „Rio Bravo“. Tatsächlich findet Hauptdarsteller Gleeson, dass sein Cop weniger ein Ire auf dem Lande ist als vielmehr ein alter Western-Held, der zugleich als Antiheld auftritt. Boyle ist zugleich ein eingefleischter Romantiker, der viel für das schöne Geschlecht übrig hat – was bei Katholiken und anderen Marienverehrern keineswegs verwundert. 

Zu dieser wohlbehüteten Innenseite seines Wesens gehört auch die tragische Sterbegeschichte seiner Mutter, die einen ergreifenden Moment des Schmerzes darzustellen weiß. (Die Langfassung unter den Extended Scenes lohnt sich.) Boyle kann offensichtlich mit dem Tod als einem integralen Teil des Lebens umgehen. Er weiß beispielsweise ganz genau, dass er die Jugendlichen in der Szene nicht davon abhalten kann, besoffen und zugedröhnt über seine Landfstraße zu rasen – und bei der Fahrbahnverengung in die Begrenzungsmauer zu rasen. Diese erste Szene erzählt uns schon sehr viel von seinem Fatalismus. 

Die äußere Seite seines Wesens zeigt sich in einem schrägen und vielfach schwarzen Humor, der seinen „“Partner“ Wendell Everett auf die Frage bringt, ob Gerry sehr doof oder sehr clever ist. Gerry hat Wendells Rüstung von Amtswürden in Nullkommanix durchbohrt, etwa durch rassistische Bemerkungen, die den Kollegen einfach nur megapeinlich sind. 

Rassismus, alte Helden, versteckte Integrität, aber auch Lebenslust und kollegiale Kameradschaft – all dies sind die notwendigen Zutaten für die Inszenierung des Showdowns, in dem die alten helden zeigen, was sie draufhaben. Der Zuschauer darf anschließend entscheiden, ob der verschwundene Gerry wirklich tot ist – oder doch mit der Stärke eines Olympiaschwimmers auf und davon ist. Der Junge, der als eine Art Chorus auftritt (und gerry zu den IRA-Waffen führt), würde die Fragen, ob Gerry tot ist, spontan so beantworten: „Klar nich!“

Mir hat der Film bei ersten Ansehen bestens gefallen, denn er gibt etliche verblüffte Lacher her. Beim zweiten Sehen kennt man die Lachstellen aber schon, und es sind andere Qualitäten, die den Film sehenswert machen: seine genaue Figurenzeichnung, die schrägen Dialoge, die Bilder von der Küste Connemaras usw. 

Insgesamt bietet der Streifen zunehmend spannende Unterhaltung mit Tiefgang, Romantik, Humor und Anrührung. Seltsamerweise zertrümmert Regisseur McDonagh vor allem amerikanische Klischees und Vorbilder, so als wären die USA das Gelobte Land für die Iren. Das waren sie auch lange Zeit. Ist also die Botschaft die, dass die Iren erst einmal daheim aufräumen sollten – und dass ur-irische Typen wie Gerry Boyle genau die Eigenschaften aufweisen, um diesen Job zu erledigen? 

Die DVD

Die Silberscheibe ist von einwandfreier Qualität, was Bild und Ton angeht – es gibt auch die Blu-Ray dazu. Das Bonusmaterial könnte man sich umfangreicher gar nicht wünschen, und hier versteckt sich so manche Perle, wie etwa die 26 Minuten erweiterter und geschnittener Szenen, aber auch ausführliche Interviews, die etwas mehr über die glücklichen Umstände der Produktion beleuchten. Wie sonst bekäme man solche erstklassige Darsteller wie Gleeson und Cheadle in nur wenigen Wochen zusammen? Einziges Manko ist das PR-mäßig aufgezäumte Making-of. 

Fazit

Mima2016: 4 out of 5 stars (4 / 5)

Lass ein paar Worte da:

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.