„Du bist doch die Schlampe, dir mir den Mittelfinger gezeigt hat.“ „Nenn‘ mich noch einmal Schlampe, und du bekommst persönlich von mir einen Abschiebestempel, und zwar zwischen deine Beine.“ –

Komödien aus Deutschland: dieser Exportartikel will in qualitativer Hinsicht und modernen Blockbuster-Zeiten einfach nicht so funktionieren, wie es sein sollte (siehe auch „Traumschiff Surprise“ und Konsorten)… Aber woran liegt das eigentlich genau? An mangelnder Inspiration, am nur noch pubertären Holzhammerhumor, welcher mittlerweile regelmäßig unter die moralische und körperliche Gürtellinie zielt? Fehlt es wirklich an „geistreichen“ Pointen, am deutschen „Stil-Kopier-Eifer“ in Punkto amerikanisch zotiger bzw. belangloser Komödien-Spässe (wie beispielsweise „American Pie“), einem erkennbarem, eigenem Stil oder an dem ewig durchexerzierten „Bäumchen wechsel dich, tausch‘ die Kleider“-Spiel der Marke „Der Schuh des Manitu“ von Michael Bully Herbig? Oder liegt es an dem fehlendem Willen, mehr Komödienklasse als Masse im Genre abliefern zu wollen, weil nur der Erfolg an den Kinokassen letzten Endes zählt?

„Sie haben unsere Kinder gefunden.“ „Wirklich, wo sind sie?“ „Allein am Strand.“ –

Ist Qualität im Kino nicht mehr gefragt? Wirft man im aktuellen Kinojahr 2012 einen genaueren Blick auf das aktuelle „Prequel“ zur deutschen, überaus erfolgreichen, auf eigenwillige Art pointierten ARD Erfolgsserie „Türkisch für Anfänger“ (Sende Jahre: 2006 – 2008), so muß man genannte Dinge bzw. die gestellte Frage eindeutig in Betracht ziehen. Denn letztendlich erweist sich „Türkisch für Anfänger“ nicht gerade als das gelobte Komödien-Highlight, für das es vielerorts gehalten wird, sondern eher als seichter Zwischendurch-Kino Snack, der sich in Punkto Inszenierung und Qualität locker dem Vorabend-Niveau täglicher ARD und RTL Soaps wie auch Comedy Beiträgen anpasst, sich quasi eher für beinharte „Türkisch für Anfänger“ Serien-Fans als ansprechend erweist und mit seiner dargebotenen Qualität im Kino kaum überzeugen kann.

„Kaum sitzt man einmal auf einer einsamen Insel, dann hat man keine geile Frau dabei.“ –

„Türkisch für Anfänger“ spielt mit seinen teils zotigen, doch hin und wieder durchaus amüsanten Klischees, treibt sie auch ab und an in kontroverser Manier auf die Spitze (Cems Rap-Persiflage), durchbricht sie Dank fehlendem Mutes aber nie vollständig bzw. räumt „vollständig“ mit ihnen auf. Nach den kurzen 100 Minuten erkennt man, dass die „Liebe“ nun mal keine kulturellen Grenzen kennt. Welch weise und nicht zu erahnende Erkenntnis. Statt zu einer geistreich gewitzten Komödie, verkommt „Türkisch für Anfänger“ beinahe zu einer reinen Liebes- und Urlaubskomödie mit Flirtgarantie bzw. einem entsprechendem „date movie“, welches sich beim jung gebliebenem Publikum, inklusive dem gewollt freakigem, hippen und modernen, manchmal auch hektischen Style und den schrägen Momenten (wenn selbst der Strand durch Darstellerin Josefine Preuß nach dem entsprechendem Flugzeugabsturz mal so eben zum Gernanys Next Topmodel Laufsteg umfunktioniert wird) recht zügig anbiedert. Natürlich inklusiv dem zwischendurch auftauchendem Justin Bieber auf dem T-Shirt des älteren Geschlechts, zwei Momenten zum fremdschämen per Karaoke-Einlagen und dazugehörigen Britney Spears Songs, wobei man sich dann ab und an schon mal fragen darf, aus welchem Kinojahr „Türkisch für Anfänger“ eigentlich wirklich stammt?

„Knüpfen Sie neue Urlaubsbekanntschaften.“ –

Letzten Endes bringt die gesamte Inszenierung alle Beteiligten, genauer gesagt, beide bekannte Familien aus der ARD Erfolgsserie, am Schluss in fröhlicher Manier, nachdem einige typisch deutsche, platt getretene Kömodien Irrungen und Wirrungen inklusive unvermeidbarem Verkleidungsklamauk als spießige und bürokratisch wirkende Zeitgenossen überstanden sind, zusammen, erst am Strand und dann in Berlin. Ziemlich mager, möchte man meinen… Denn „echte““zwischenmenschliche Probleme und Situationen erweisen sich Dank der Inszenierung eher als angerissen bzw. als nicht näher ausformuliert. Der Zuschauer / die Zuschauerin wird lediglich Zeuge von typisch deutschen Komödien-Versatzstücken (Stichpunkt „Das Hotelzimmer“), sprich Klamauk-„Situatiönchen“, die ihr Potential schon nach der Hälfte der Laufzeit gehörig verschießen, etwa wenn in „Türkisch für Anfänger“ bzw. auf der besagten Insel die ansässigen „Einheimischen“ auch noch für die wohl blödeste Plotkrücke des Kinojahres 2012 herhalten müssen.

Mit „Türkisch für Anfänger“ wird man lediglich Zeuge einer weiteren Familiendramödie in Soap-Manier. Postkartenidyllenoptik ohne tieferen Sinn und weitere Zusammenänge. Vom komödiantischem Anspruch ist in „Türkisch für Anfänger“ keine Spur, auch wenn einem ab und an etwas vermeintliche „Screwball“-Leichtigkeit zuzufliegen scheint. Scheut man den Vergleich zur Konkurrenz im Kinojahr 2012 nicht, beispielsweise in Form der französischen Komödie (aktuell „Ziemlich beste Freunde“), muß man sich bei diesem deutschem Komödienbeitrag schon so seine Gedanken in Punkto Qualität machen.

Bereits zu Beginn von „Türkisch für Anfänger“ zeigt Regisseur und Autor Bora Dagtekin, wohin der Hase in den nächsten 100 Minuten in Punkto Inszenierung laufen wird: „Türkisch für Anfänger“ offenbart sich gleich als sexuell verklemmte Nummernrevue aus Orgasmusspäßen und Gummipenissen, klemmig gräulicher Sexualmoral des weiblichen Geschlechts in den entsprechenden Wechseljahren, wenn kein „richtiger“ Mann für die Familienführung zugegen ist (oder anderen Dingen), späteren, schlichtweg kopierten „American Pie“-Zoten (statt einem Socken einer Muschel auf dem Geschlechtsteils von Arnel Tacie(!)). Auch auf die altbackennen Wettspielchen wie „er hat mit mir doch geschlafen, nein hat er nicht“ will die die Komödie nicht verzichten, ebenso wenig wie auf die ein oder anderen Genre-Beiträge einer schon zur Genüge durchdeklinierten „Coming-Of-Age“-Erzählung, die unter Gebühr zwar auf ihre belanglose Art zu „unterhalten weiß“ und hin und wieder leicht die Lachmuskeln strapaziert, etwa wenn Lena Schneider aus ihrem Mauerblümchendarsein erwacht und zwischen ihr und Cem Oztürk die Fetzen fliegen. „Ein“ Highlight des Filmes in dieser Hinsicht stellt dann auch Lenas Faux Pas nach einem Streit mit Cem dar, wenn sie einem.. zum Opfer fällt und die entsprechenden körperlich grotesken, aberwitzigen Reaktionen zeigt… Die richtigen guten Pointen / starken Brüller sind über die komplette Laufzeit nichtsdestotrotz dünn gesät.

Fazit: „Türkisch für Anfänger“ offenbart nicht den Eindruck, als ob die letzten Quentchen an Herzblut oder Energie in das aktuelle Projekt und die zur Schau gestellten Szenerien gesteckt worden wären, sondern man eher nur darauf bedacht war, einen klassischen deutschen „Mehr Schein als Sein Komödien-Vertreter“ abliefern wollte. Leider lässt sich diese Tatsache dank der zu einfältig gestrickten Erzählformel zu schnell erkennen. Als leichtes und seichtes Urlaubsdramödchen kann zu keiner Zeit das manchmal aufblitzende Potential zum Thema Spaß und Integration / Migration, deutsch-türkischer Freundschaft/Liebe vollständig abgeschöpft werden.

Selbst Comedy-Stars wie Kayar Yanar („Was guckst du“) haben in dieser Hinsicht mehr zu bieten und bieten den Vorteil, dass das eigene „Programm“ innerhalb der vorgegebenen Zeit auch wirklich erschöpft ist, nicht gestreckt und auch im Leerlauf verschleiert werden muss. Die Mühlen in Sachen deutscher Komödie drehen sich auch weiterhin in die falsche Richtung, das Gebotene erweist sich am Ende als leider sehr sehr mäßig. Aus diesem dünnen Stoff hätte man lieber einen reinen Fernsehfilm fürs abendliche ARD-Programm produzieren sollen. Vorteil nebenbei: man hätte Kosten sparen können. Und bei Bedarf könnte man beim vorliegendem, niedrigem Niveau relativ zügig umschalten, anstatt sich mühselig durch 100 Minuten Laufzeit zu quälen.

[Wertung]

blockbusterandmore: 2.5 out of 5 stars (2,5 / 5)

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