Zwischen 1939 und 1946 entstanden die besten “Sherlock Holmes”-Filme mit dem unverwechselbaren Basil Rathbone in der Titelrolle. Diese DVD-Box umfasst die letzten vier Folgen dieser Reihe – und noch einiges mehr an Extras.

Folge 9: Mit einem Ritualmörder bekommt es Holmes in „Die Frau in Grün“ (1945) zu tun. Bei allen Opfern handelt es sich um junge Frauen, denen nach dem Tod der Zeigefinger der rechten Hand abgenommen wurde. Holmes vermutet seinen Erzfeind Prof. Moriarty hinter den grausamen Morden. (Audiokommentar)

Folge 10: Auf eine „Gefährliche Mission“ (1945) begeben sich Holmes und Watson, als sie den Auftrag erhalten, den Sohn eines berühmten Wissenschaftlers nach Algerien zu begleiten. Dieser droht von kaltblütigen Verbrechern entführt zu werden.

Folge 11: In „Juwelenraub“ (1946) soll der Meisterdetektiv genau einen solchen verhindern, was ihm aber nicht gelingt. Stattdessen wird ein Edelstein von unschätzbarem Wert gestohlen und der Sohn der Besitzerin kaltblütig ermordet. Doch das soll nicht das letzte Verbrechen im Schnellzug von London nach Edinburgh bleiben…

Folge 12: Bei einem Einbruch wird im letzten Holmes-Abenteuer „Jagd auf Spieldosen“ (1946) lediglich eine scheinbar wertlose Spieldose entwendet. Doch Holmes hätte nicht seinen legendären Ruf, wäre ihm entgangen, dass von derselben Spieldose zwei weitere Exemplare existieren, die ebenfalls in einem Gefängnis gefertigt und mit wichtigen Hinweisen versehen wurden. (Zu dieser Folge gibt es einen aufschlussreichen Audiokommentar, u.a. mit der Hauptdarstellerin.)

Filminfos

O-Titel: The Woman in Green / Pursuit to Algiers / Terror by Night / Dressed to Kill (USA 1945/46)
Dt. Vertrieb: Koch Media
FSK: ab 12
Länge: ca. 266 Min.
Regisseur: diverse
Drehbuch: diverse
Musik: diverse
Darsteller: Basil Rathbone (Holmes), Nigel Bruce (Watson) u.a.

Die vier Episoden

Handlung von „Die Frau in Grün“ (The Woman in Green, 1945)

Drehbuch: Bertram Millhauser
Regie & Produktion: Roy William Neill
Länge: ca. 65 Min.

Chefinspektor Collins von Scotland Yard liest seinen Inspektoren die Leviten. Drei junge Frauen wurden kürzlich in ganz London ermordet, und allen fehlte der rechte Zeigefinger. Nachdem man das vierte Opfer in ihrer Kellerwohnung tot aufgefunden worden hat, bittet Inspektor Gregson Sherlock Holmes zu Hilfe. Holmes ist ebenso wie Gregson ungewöhnlich erschüttert von dem grausamen Mord, doch er bemerkt, wie fachmännisch der Zeigefinger entfernt wurde. Hier ist ein Chirurg am Werk.

Er geht mit Gregson in das Pembroke House, ein Tanzcafé mit Bar, wo er zu seiner Verwunderung den ehrenwerten Sir George Fenwick mit einer dubiosen Blondine weggehen sieht. (Dies ist die „Frau in Grün“ des Titels, was man aber wg. Schwarzweißfilm nicht sieht.) Es ist Lydia Marlowe (Hillary Brooke), wie Holmes erst viel später herausfindet. Mit Watson untersucht er den Tatort. Offenbar geht der Killer planvoll vor. Da meldet Gregson den fünften Mord, in der Edgeware Road.

In einer schäbigen Absteige in der Edgeware Road erwacht Sir George Fenwick mit einem Brummschädel. Draußen auf der Straße verkündet der Zeitungsverkäufer, dass schon wieder ein Mord geschehen sei. Als Fenwick in sein Portemonnaie schaut, entdeckt er zu seinem Entsetzen einen abgeschnittenen Finger! Ist er der gesuchte Mörder? Doch er kann sich an die vergangene Nacht nicht erinnern. Flugs eilt er zu Lydia Marlowe, wo ihm jedoch Prof. Moriarty (Henry Daniell) ein paar peinliche Fragen und eine hohe Forderung stellt.

Als eine junge Dame (Eve Ambler) Holmes’ Wohnung betritt und um Hilfe bittet, nimmt der Fall eine drastische Wendung. Ihr Vater wird vermisst: Sir George Fenwick!

Mein Eindruck (VORSICHT, SPOILER!)

Bertram Millhauser war der kompetenteste Drehbuchschreiber der Serie, und so verwundert es nicht, dass diese Folge ungeheuer spannend und einfallsreich ist. Mehrere Merkmale des Falls verweisen auf Jack the Ripper: die jungen Frauen, der Chirurg. Eine Szene greift den Holmes-Fall „Das leere Haus“ wieder auf, in dem auf Holmes ein perfider Anschlag verübt – ganz klar die Handschrift Moriartys.

Holmes kommt über kurz oder lang der „Frau in Grün“ auf die Spur, und als er sie endlich entdeckt hat, geht er mit ihr in selbiges Pembroke House, um einen zu heben. Es folgt eine wundervolle Dialogszene, die stark an Cary Grant und Eva-Marie Saint in Hitchcocks „Der unsichtbare Dritte“ erinnert: Der eine will die andere aufs Kreuz legen und umgekehrt. Er geht mit zu ihr.

Nun kann Holmes demonstrieren, ob er in der Lage ist, a) mit Schlafmitteln und b) Hypnose umzugehen. Denn Hypnose ist die Schlüsseltechnik bei der Vorbereitung und Ausführung der Verbrechensserie. Doch Holmes hat für Lydia Marlowe, die ihn betäubt und hypnotisiert zu haben glaubt, eine Überraschung parat. Sehr gut gelungen sind die Spezialeffekte in dieser Szene, für die John P. Fulton verantwortlich war.

Der komödiantische Höhepunkt der Folge erfolgt jedoch schon davor. Dr. Watson glaubt als Arzt nicht an die Effektivität von Hypnosepraktiken und lässt sich selbst testen. Der Test wird ein voller Erfolg – für den Hypnotiseur, Dr. Onslow (Frederick Worlock). Watson macht sich hier selbst zum Narren, und Nigel Bruce zieht die Sache bravourös durch.

Handlung von „Gefährliche Mission“ (Pursuit to Algiers, 1945)

Drehbuch: Edward T. Lowe
Regie/Prod.: Roy William Neill
Länge: ca. 63 Min.

Holmes und Watson freuen sich schon auf den verdienten Urlaub in Schottland und haben sich dafür ausgestattet. Doch diverse merkwürdige Gestalten geben so auffällige Hinweise zu einem Date, dass es Holmes nicht schwerfällt, richtig zu kombinieren. Sie stoßen auf eine Gesellschaft ehrenwerter gentlemen, die sich als Wissenschaftler bezeichnen und Holmes um Hilfe bitten. Eine Woche zuvor sei ihr Kollege Hugh Stevens ermordet worden. Doch die Entdeckung, die er im Kampf gegen Tropenkrankheiten macht, sei in Aufzeichnungen versteckt, die nur Stevens’ Sohn finden könne. Diesen soll Holmes unbemerkt außer Landes und nach Algerien schaffen, damit die gegnerische Bande keine Chance hat, auch ihn zu töten. Holmes nimmt den Auftrag an.

Während Holmes mit Nicolas Stevens per Flugzeug nach Algerien startet, soll Watson per Schiff rüberschippern, um die Gegner auf sich zu ziehen und abzulenken. Die „S.S. Friesland“ ist ein schwedisches Schiff (da lacht der Ostfriese!) Hier soll die amerikanische Sängerin Sheila Woodbury auftreten, doch wie sich herausstellt, ist sie ebenfalls in geheimer Mission unterwegs und deshalb sehr nervös. Aber Watson ist so gutmütig und leutselig, dass er ihre Bedenken schnell zerstreut hat.

Zu Watsons Überraschung befinden sich Holmes und Nicolas Stevens ebenfalls an Bord! Stevens soll sich als Watsons Neffe ausgeben, er bandelt schon bald mit Miss Woodbury an. Ebenfalls an Bord gehen in Lissabon ein drei finstere Gestalten, die für Holmes & Co. ein paar böse Überraschungen vorbereiten.

Mein Eindruck

Die Handlung schleppt sich nicht sonderlich einfallsreich oder spannend dahin, bis es zu den erwarteten Übergriffen und Anschlägen kommt. Natürlich werden einige Identitäten vertauscht, sodass der Zuschauer – und der ahnungslose Watson – aus allen Wolken fällt. Ein zeichen, dass hier Zeitgeschunden werden sollte, ist Nigel Bruces Auftritt als singender Liederinterpret, begleitet von „Miss Woodbury“. Als Schotte besingt er das schöne Loch Lomond. Sehr schön ist die Szene zwischen Holmes und dem Anführer der Schurken, einem Mr. Gregor. Die „double-entendres“ sind erlesen. Ansonsten ist dies nach meiner Meinung und der der Kritiker die schwächste aller zwölf Folgen von Universal. (20th Century hat ja ebenfalls zwei Holmes-Filme gedreht.)

Handlung von „Juwelenraub“ (Terror by Night, 1946)

Drehbuchautor: Frank Gruber
Regie/Prod.: Roy William Neill
Länge ca. 67 Min.

Der „Star of Rhodesia“ ist ein verfluchter Diamant, denn alle seine Besitzer starben eines unnatürliche Todes. Nun trägt ihn Lady Carstairs (Mary Forbes). Deren Sohn begrüßt Holmes auf dem Londoner Bahnhof Euston, denn Holmes hat sich anheuern lassen, den Diamanten zu bewachen. Schon einmal sei ein Raubversuch unternommen worden.

In den Schnellzug nach Edinburgh steigt aber auch eine Dame in Schwarz, die einen Sarg in den Frachtwaggon dirigiert. Vivian Vedder nimmt im gleichen Luxus-Personenwaggon wie Lady Carstairs Platz. Dort sind die Abteile alle reserviert, so dass mitunter pro Abteil nur ein oder zwei Personen untergebracht sind.

Ungeduldig wartet Holmes auf seinen Assistenten Watson, doch der kreuzt erst in allerletzter Sekunde auf, zusammen mit einem früheren Kollegen namens Major Duncan-Bleek (Alan Mowbray). Um das Ensemble komplett zu machen, steigt auch Inspektor Lestrade von Scotland Yard in diesen Waggon. Er wolle in Schottland angeln gehen, behauptet, doch Holmes lacht nur. Ihm vergeht das Lachen, als er beim Abendessen eine schriftliche Warnung erhält, sich herauszuhalten. Offenbar sind die Räuber bereits an Bord.

Die Lage wird ernst, als Lestrade in Carstairs’ Abteil die Leiche des Juniors entdeckt und der begehrte Klunker verschwunden ist. Holmes lässt den Wagen sofort abriegeln, doch er hat den Sarg im Frachtwaggon nebenan vergessen…

Mein Eindruck

Auch diesmal wieder ein abgeschlossenes Verkehrsmittel. Diese Folge ist ein clever gemachtes Verwirrspiel, das den Zuschauer gehörig auf Trab hält. Die Handlung nutzt den begrenzten Platz optimal aus und wartet mit etlichen Überraschungen auf. Holmes wird aus dem Zug gestoßen! Der Sarg ist ein Versteck, der Klunker eine Fälschung – oder doch nicht? Und was haben all die verdächtigen Passagiere des Waggons auf dem Kerbholz? Sind die Polizisten echt oder ebenfalls gefälscht? Tausend Fragen und die Antworten erfährt man nur, wenn man die Folge bis zum Schluss gesehen hat. Erstklassig! Nur Fans von Modelleisenbahnen dürften bemerken, dass die angeblichen Außenaufnahmen von verschiedenen (!) Zügen einer Modelleisenbahn stammen.

Handlung von „Jagd auf Spieldosen“ (Dressed to Kill, 1946)

Drehbuch: Leonard Lee
Regie/Prod.: Roy William Neill
Länge: ca. 69 Min.

Auf einer Auktion werden Spieldosen, die im Gefängnis kostenlos hergestellt wurden, für happige fünf Pfund das Stück angeboten. Kein Wunder, dass keiner zugreift. Die drei Exemplare werden schließlich für ein und zwei Pfund pro Stück verhökert. Kurz danach taucht ein Gentleman, der sich als Colonel Cavanagh ausgibt, diese drei Spieldosen für insgesamt 5 Pfund zurückkaufen. Tja, meint der Inhaber des Auktionshauses, er könne ihm die Namen zweier Käufer nennen, aber die junge Dame, die einen Antiqitätenladen hat, müsse er selbst finden. Cavanaghs Fahrer Hamid ist der Mann fürs Grobe, dennoch liest er gerade ein Buch. Aber wohl nur, weil es von Hilda Courtney signiert wurde.

Gilbert Emery, ein alter Schulkamerad Watsons, betritt Holmes’ Wohnung, begrüßt Watson und bittet um Hilfe. Bei ihm sei kürzlich eingebrochen worden. Er sei ein Sammler von wertvollen Spieldosen, doch von allen Exemplaren nahmen die Einbrecher ein fast wertloses Stück mit. Holmes verschafft sich einen Eindruck von Emerys eindrucksvoller Sammlung. Dann zeigt Emery ihm jene Spieldose, die er tags zuvor auf einer Auktion kaufte, wegen der schönen Melodie. Merkwürdig, aber unternehmen kann Holmes momentan nichts. Das ändert sich.

Hilda Courtney (Patricia Morison) besucht Mr. Emery, um dessen Sammlung zu bewundern. Als sie schließlich doch noch die gesuchte Spieldose findet und sich von Emery amourös umarmen lässt, platzt dem eifersüchtigen Hamid die Hutschnur und er befördert Emery ins Jenseits. Was für ein Trottel, schimpft Courtney und steigt zu Cavanagh ins Auto. Jetzt haben sie natürlich auch noch die Bullen am Hals.

Ganz recht. Und für Holmes & Watson ist es jetzt natürlich Ehrensache, den Mord an ihrem Freund Emery aufzuklären. Alles scheint mit drei Spieldosen zu tun zu haben. Als sie zum Besitzer der zweiten Dosen gelangen, öffnet eine Putzfrau (ebenfalls Patricia Morison!), die sie in breitem Cockney anschnauzt und dann abdampft. Zu spät merkt Holmes, dass er gerade von einer Diebin übertölpelt worden ist ist wie seinerzeit von Irene Adler. Watson findet ein verschrecktes Kind und tröstet es.

Holmes muss dringend die Käuferin Nr. 3 finden, bevor die Schurken ihr ebenfalls das Lebenslicht ausblasen. Aber er rätselt schon, was es mit den Spieldosen auf sich haben könnte.

Mein Eindruck

Wie der kenntnisreiche Audiokommentar deutlich macht, verfügt diese Folge zwar über Tempo und Witz, aber auch über eine gewisse Unlogik. Der Witz liegt in den zwei Verweisen auf Irene Adler, die jeder Holmes-Fan aus der Kurzgeschichte „Ein Skandal in Böhmen“ kennt und zwar deshalb, weil sie die einzige Lady ist, die es schafft, den Meisterdetektiv zweimal auszutricksen. Mrs. Courtney legt in Watsons Wohnung ebenfalls eine Rauchbombe, um ein Versteck (von was wohl?) herauszufinden.

SPOILER!

Zweimal kommt dem Detektiv sein getreuer Watson zu Hilfe, und dessen Einfälle strapazieren die Logik übermäßig. Erstens muss man die Töne der Spieldosen mit Buchstaben gleichsetzen, dann wird eine Botschaft draus. Sie bezeichnet ein Versteck von Druckplatten. Zweitens kommt Watson nur durch Assoziation auf den Namen des Hauses des gesuchten Arztes. Und nie im Leben käme man darauf, dass es sich um eine verstorbene Geistesgröße des 17. oder 18. Jahrhunderts handeln könnte.

Die Unlogik beginnt jedoch an dem Ort, an dem alles beginnt: im Gefängnis. Wenn nämlich der Gefangene, der die Druckplatten versteckt, keine andere Kommunikationsmöglichkeit, seinen Kumpanen das Versteck der Platten zu verraten, als die drei Spieldosen, wie erfahren dann diese Kumpane – Mrs. Courtney & Co. – dann überhaupt von den Spieldosen und der verborgenen Botschaft?

SPOILER ENDE

Die DVD

Technische Infos

Bildformate: 1,33:1
Tonformate: D in DD 2.0, Englisch in DD 2.0
Sprachen: D, Englisch
Untertitel: D
Extras:

  • Trailer zu „Juwelenraub“ und „Jagd auf Spieldosen“
  • Alternative Vor- und Abspänne
  • Alternative Synchronfassungen zu „Frau in Grün/ Juwelenraub / Spieldosen“
  • Audiokommentar zu „Die Frau in Grün“ und „Jagd auf Spieldosen“
  • Sir Arthur Conan Doyle beantwortet Fragen (mit Untertiteln)
  • 24-seitiges Booklet mit Fotos
  • Bildergalerien

Mein Eindruck: die DVD

Die Qualität des Bildes der vier Folgen ist überragend, ganz besonders dann, wenn man sich die alten Vor- und Abspänne anschaut. Der Ton ist je nach Synchronisation – Englisch, Westdeutsch oder DDR – unterschiedlich, aber überall auf dem Niveau von DD 2.0, wie man es im Fernsehen hört, also durchschnittlich.

EXTRAS:

  1. Trailer zu „Juwelenraub“ und „Jagd auf Spieldosen“: Diese Originaltrailer sind zwar gewohnt reißerisch, liegen aber in unüberarbeiteter Bild- und Tonqualität vor, zudem ohne Untertitel.
  2. Alternative Vor- und Abspänne: Auf der CD Nr. 3 finden sich insgesamt 20 Vor- und Abspänne zu folgenden Filmen (inkl. Alternativtitel):
    • Der Hund von Baskerville
    • Die Abenteuer des S. Holmes
    • Verhängnisvolle Reise
    • Gespenster im Schloss
    • Das tödliche Ritual
    • Das Spinnennest
    • Die Spinnenfrau
    • Die Kralle
    • Die scharlachrote Kralle
    • Die Perle der Borgia
    • Perle des Todes
    • Das Haus des Schreckens
    • Das Haus des Grauens
    • Die Frau in Grün
    • Die weiße Blume des Vergessens
    • Gefährliche Mission
    • Juwelenraub
    • Sarg mit doppeltem Boden
    • Todbringende Spieldose

    Die Alternativtitel stammen in der Regel aus DDR-Produktion. Der Vorspann der DDR-Versionen ist immer der gleiche und hebt auf Schauermotive ab. Lustig ist es festzustellen, dass die westdeutschen Synchronisateure von einer „englischen Kriminalserie“ sprechen, ihre ostdeutschen Kollegen aber von einer „amerikanischen“. Interessant ist auch der Vergleich der jeweiligen Schlusszeilen, die total voneinander abweichen. Einmal ist sogar der Bildhintergrund verschieden. Die Ossis sollten wohl keine kanadischen Tannenwälder zu sehen bekommen.

    Dieses Extra mag zwar für den Filmhistoriker recht erhellend sein, schreckt den Normalinteressierten aber durch eine deutlich verminderte Bildqualität etwas ab.

  3. Alternative Synchronfassungen zu „Frau in Grün/ Juwelenraub / Spieldosen“: Die west- und die ostdeutsche Synchronfassung sind grundverschieden. Details würden jetzt zu weit führen, aber das Booklet geht detailliert auf die Unterschiede bei jeder Folge darauf ein. Der Sammler sei darauf verwiesen. Zu erwähnen ist, dass auch die westdeutschen Synchronleute ihr Fett abkriegen. Lokalpatriotismus zählt also nicht.
  4. Audiokommentar zu „Die Frau in Grün“ (mit Untertiteln): Wie schon bei den Audiokommentaren zu „Der Hund von Baskerville“ und „Die Abenteuer des Sherlock Holmes“ (siehe meine Berichte) kommen wieder Fachleute zu Wort, die sich zudem gewandt ausdrücken können. David Stuart Davies, der Herausgeber des „Sherlock Magazine“ kommentiert „Die Frau in Grün“ gewohnt kenntnisreich.

    Interessant ist wieder mal der Kampf mit der Zensur, dem Breen Office. Millhausers ursprüngliche Idee, die weiblichen Opfer acht- bis neunjährige Mädchen sein zu lassen, wurde rundweg abgelehnt. Deshalb wudnert sich der Zuschauer, warum der Chirurg Dr. Simnell, der die immer die Finger abtrennt, eine Puppe in Händen hält. Sie passt zu den Mädchen, aber nicht zu den jungen Frauen. Ursprünglich sollte Dr. Watson unter der Hypnose sogar die Hosen ganz ausziehen: no way!!!

    Fazit von Davies: ausgezeichnete Ideen des Stammautors Millhauser, aber schwach und fehlerhaft in der Ausführung (amerikanische Straßenschilder in einer englischen Szene usw.).

  5. Audiokommentar zu „Jagd auf Spieldosen“ (mit Untertiteln): Diesmal kommentieren Richard Valley vom „Scarlet Street Magazine“ und die Aktrice Patrice Morison („Hilda Courtney“), während ein gewisser David Gregory moderiert. Auch bei dieser Folge wurde heftig zensiert, besonders an der Erscheinung jener Dame, die „dressed to kill“ ist, nämlich Mrs. Courtney. P. Morison plaudert herrlich aus dem Nähkästchen und was sie durchstehen musste, damit sie so züchtig aussah, wie die Zensurbehörde es wollte, und dennoch „Mr. Emery“ verführen konnte. Im Antiquitätenladen trägt sie den schrecklichsten Hut, den ich jemals gesehen habe. Der Originaltitel dieser Folge lautete „Prelude to Murder“ – völlig nichtssagend.

    Morison befand sich, obwohl in Hollywood in der „britischen Kolonie“ lebend, 1940 in London und erlebte live einen deutschen Luftangriff mit. Außerdem arbeitete ihre Mutter im britischen Geheimdienst und überwachte den Postverkehr und las viele von Arthur Conan Doyles Briefen. Morison erzählt noch unglaubliche Details über R.W. Neill und den Horrordarsteller Vincent Price. (An dieser Stelle leistet sich die Übersetzung in den Untertiteln einen Schnitzern: Statt „Chicago“ muss es richtig „Chicano“ heißen.)

    Höchst besorgt war die Zensurbehörde auch über den Gasanschlag auf Holmes. Kein Zuschauer sollte diese Methode daheim nachmachen können. Deshalb ist die Gasvorrichtung, die am Automotor montiert wird, aus deutscher Produktion, doch der Verweis auf den Holocaust an den Juden unterbleibt. Das wiederum zog eine Menge lokaler Zensuren nach sich. Ungeachtet der tatsache, dass diese Szene sowieso völlig unsinnig ist. Holmes kann sich in Nullkommanix befreien, nachdem die Gangster weggefahren sind. Seine Vergeltung lässt nicht lange auf sich warten.

  6. Eine Filmerinnerung an Sir Arthur Conan Doyle: Sir Arthur Conan Doyle himself erklärt, wie er dazu kam, eine Figur wie Holmes zu erfinden. Nein, er wolle keine weiteren Holmes-Geschichten mehr schreiben, sondern sich lieber dem Spiritismus widmen.
  7. 24-seitiges Booklet mit Fotos: Das Booklet bietet umfassende Infos. Jede Folge ist mit den Credits gelistet und zwar auch für die zwei Synchronfassungen. Eine kritische Würdigung sowohl des Films wie auch der Synchronisationen schließlich an. Den zweiten Hauptteil bilden ausgewählte Schauspielerbiografien und die Biografien drei Synchronsprecher. In der Mitte findet sich eine Doppelseite Werbung für ein PC-Spiel auf DVD: „Sherlock Holmes jagt Arsène Lupin“. Es soll bereits das vierte seiner Art sein.
  8. Bildergalerien: Jede CD weist je eine Bildergalerie auf. Diese zeigt meist Szenenfotos, manchmal aber auch Fotos vom Dreh.

Unterm Strich

Mit Ausnahme von „Gefährliche Mission“ (Pursuit to Algiers) haben mir die vier Folgen in dieser DVD-Box ausgezeichnet gefallen. Sie sind spannend, humorvoll, wendungsreich und somit unterhaltsam. Durch die optimale Bildqualität kann man sie auch heute noch sehr gern anschauen, ohne Augenkrebs zu bekommen – ganz im Gegensatz zu den Trailern, Vor- und Abspännen, die beigefügt sind.

Vom umfangreichen Bonusmaterial gefielen mir am besten die zwei Audiokommentare durch Fachleute und eine Originaldarstellerin sowie das umfangreiche und mit Informationen vollgestopfte 24-Seiten-Booklet. Das Gesamtergebnis empfiehlt sich jedem Sherlock-Holmes-Sammler – und das ist die Zielgruppe – als ein Must-have. Für Holmes-Einsteiger könnte es jedoch eine Nummer zu teuer sein.

[Wertung]

Mima2016: 5 out of 5 stars (5 / 5)

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