Dr. Tony Hill ist ein gefragter Psychologe. Eigentlich arbeitet er ganz normal in einem Krankenhaus, aber wenn Detective Inspector Carol Jordan ihn um Hilfe in einem kniffligen Fall bittet, ist er stets zu Diensten. Seine analytischen Fähigkeiten helfen ihm, sich genau in den Täter hineinzuversetzen und ein ausführliches psychologisches Profil von ihm zu fertigen, dass der Polizei der fiktiven englischen Großstadt Bradfield hilft, den Fall zu lösen. 

Nach Büchern der bekannten Kriminalromanautorin Val McDermid entstanden jeweils ca. 90-minütige Folgen, von denen sich drei – „Das Lied der Sirenen“, „Schlussblende“ und „Mein ist die Rache“ – in der ersten Staffel befinden. 

Filminfos

  • O-Titel: Wire in the blood, season 1 (GB 2002)
  • Dt. Vertrieb: Edel:Motion, epix
  • VÖ: 2.9.2011
  • EAN: 4047879330124 (epix-Ausgabe)
  • FSK: ab 16
  • Länge: ca. 285 Min.
  • Regisseur(e):Andrew Grieve, Nick Laughland, Roger Cartland
  • Drehbuch: Alan Whiting, Val McDermid, Patrick Harbinson
  • Musik: The Insects 
  • Darsteller:Robson Green, Hermione Norris, Alan Stocks, Holly Scourfield, Daniel Ryan, Joe Tucker, Tom Chadbon, Mark Letheren

Die EPISODEN

Folge 1: Das Lied der Sirenen

Vier Männer werden in Bradfield tot aufgefunden, alle vor ihrer Ermordung auf das Grausamste gefoltert und verstümmelt. Als der Profiler Tony Hill zum Ermittlungsteam von DCI Carol Jordan hinzugezogen wird, gerät er plötzlich selbst ins Visier des Wahnsinnigen und muss ein ganzes psychologisches Können aufbieten, um sein Leben zu retten. 

Mein Eindruck

In diesem Krimi führt die bekannte britische Autorin das Gespann Carol Jordan und Tony Hill erstmals zusammen. Und die beiden erweisen sich als äußerst effektiv in ihrer Zusammenarbeit. Zudem kommen sie sich auch privat recht nahe, doch Tony Hill ist kein einfacher Charakter, er verbirgt etwas vor ihr. Nicht nur wird er als empfindsamer Mensch (wie wir alle) dargestellt, sondern auch noch mit einer Sucht nach Videogames. Das ist eine bedeutende Abweichung vom Buch; in dem ist er nämlich süchtig nach Telefonsex und lernt auf diese Weise Angelica kennen. In der TV-Version kommt sie zu ihm. Dadurch wird er von jeder Schuld entlastet.

Carol hat von ihm den Tipp bekommen, dass der wahre Täter – und nicht etwa der Schwulen-Clubbesitzer Stevie – etwas mit Computern und Kommunikationselektronik zu tun haben könnte. Zum Glück ist Carols Bruder Michael einschlägig vorbelastet und vermittelt entsprechende Kontakte. Es geht um ein interessantes Spiel namens 3D Discovery, bei dem der Spieler die Köpfe der Figuren durch Fotos von realen Personen ersetzen kann. Cool, nicht wahr? Doch wenn diese Personen bereits getötete Opfer sind, erhält das Spiel seinen ganz eigenen, makaberen Charakter. 

Die Autorin zeichnet sich durch ein besonders tiefes Verständnis für die Polizeiarbeit aus, wie sie schon mehrfach bewiesen hat. Diesmal zeigt sie, wie sich bestimmte Polizisten so in eine falsche Annahme verrennen und auf einen falschen Verdächtigen – nämlich Stevie – festlegen können, dass nicht nur die Arbeit der Cops behindert wird, sondern auch ein Unschuldiger zu Tode kommt. Die (sehr realistisch dargestellten) Schreie des gefolterten Polizisten O’Connell hätten verhindert werden können, wenn gewisse Cops nicht so stur gewesen wären – oder wenn der Druck der Öffentlichkeit geringer wäre.

Hierbei spielen die Medien eine ganz besondere Rolle. In ihrer Jagd nach einer heißen Story übt die Reporterin Penny Burgess nicht nur Druck auf die Polizeiführung aus, sondern interviewt auch die Leute mit der falschen Meinung. Sie scheut sich auch nicht, mit Cops ins Bett zu gehen. Dabei erfährt sie dann auch noch, wie die Polizeiführung die Presse an der Nase herumführt. Prächtig! Dass Penny Burgess davon nicht entzückt ist, kann man sich denken. Leider ist ihre Arbeit alles andere als konstruktiv bei der Auffindung des wahren Täters. 

Die Handlung gipfelt in einer packenden Szene, in der Tony Hill alle seine kunstvolle Psychologie aufbieten muss, um seinen Hals zu retten. Denn Angelica ist eine Sirene, die wie in Homers Odyssee auf einer Insel lebt, die mit Knochen bedeckt ist…

Folge 2: Schlussblende

Amanda Vance, die lesbische Ehefrau des ehemaligen Spitzensportlers Jacko Vance und selbst ein TV-Star, findet ihren Lieblingshund verblutet in ihrer Badewanne. Außerdem hat sie zahlreiche Drohbriefe erhalten, die ihre Geliebte Betsy, die Managerin, nun der Kripo in Gestalt von Carol Jordan übergibt. Aber es sind beileibe nicht alle. Denn das lesbische Verhältnis soll auf keinen Fall an die Öffentlichkeit gelangen. Stattdessen gerät der Wachmann Dowling unter Verdacht. Er ist ein Stalker und glaubt, er habe eine besondere Beziehung zu Jack Vance. Hat er auch die Mädchen aus Nordengland auf dem Gewissen, die in den letzten Jahren verschwunden sind?

Tony Hill kommt mit seinem Lehrkurs „Profiling von Serientätern“ ganz gut voran. Die Studenten in seinem Kurs sind jung und ehrgeizig, jedenfalls die meisten. Er ahnt nicht, dass Sharon Bowman in ihn verliebt ist und herausgefunden hat, dass er in Bradfield selbst zum Opfer eines Sexualmörders geworden ist (siehe „Das Lied der Sirenen“). Er gibt ihr eine knifflige Aufgabe aus dem echten Leben. Carols Besuch überrascht ihn positiv. Auf unerwartete Weise stellt sich über Dowling eine Verbindung zwischen der Serie verschwundener Mädchen und dem Fall im hause Vance ein…

Unterdessen hockt Donna Doyle, eine junge Schülerin aus Northumberland, wimmernd vor Angst in einer finsteren Zelle. Sie tadelt sich selbst, dass sie ins Auto dieses Mannes gestiegen ist, angetan mit ihrem besten Kleid. Aber was er dann in seiner „Zuflucht“ mit ihr getan hat… Ihr gebrochenes Jochbein beginnt sich zu entzünden. Sie hat Hunger und Durst. Wird sie jemand rechtzeitig finden?

Mein Eindruck

Der Fall führt Tony Hill und seine Kollegen von der Kripo auf die Spur eines Serienmörders, der sich hinter seiner Fassade eines prominenten TV-Stars und Exspitzensportlers verschanzt. Der Verdacht gegen den Stalker Dowling lenkt aber massiv vom wahren Täter ab. Jordan regaiert zu langsam. Sie findet es abstrus, dass die Frau eines Stars lesbisch sein könne. Wie lächerlich wirkt diese Haltung heute! Überhaupt macht Jordan in dieser Folge, wie schon in Folge 1, eine äußerst schlechte Figur. 

Die Figur des bornierten Cops McCormack wurden ebenso gestrichen wie die der eifrigen Hill-Schülerin Shaz Bowman. Das ist wirklich ein Jammer, denn der Zuschauer würde sich ja gerade mit Bowman stark identifizieren. Dann Tony Hills Kombinationsgabe führt dann die letzte heiße Spur zum Versteck des Mörders, und dieses liegt, wie es der Zufall und die Autorin wollen, beinahe im Zuständigkeitsbereich von Carol Jordan. Tatsächlich ist es von Cops schon überprüft worden, aber sie zogen unverrichteter Dinge wieder ab – und überließen Donna ihrem Schicksal. 

Die Spannung steigt bis zum angedeuteten Action-Finale, denn nicht nur fragt sich der Zuhörer, ob die Hilfe für Donna Doyle noch rechtzeitig eintrifft. Und ob es noch Hilfe für Jack Vance geben kann, dessen Opfer er selbst in der Kripozentrale vorgeführt bekommen hat. 

Die Zurichtung des Buches zu einer TV-Episode finde ich in höchstem Maße bedauerlich. Gerade mal noch die Grundzüge des Plots sind erkennbar, und der Stalker Dowling ersetzt Shaz Bowman komplett, um den „roten Hering“ zu spielen, der auf die falsche Fährte führt. 

Folge 3: Mein ist die Rache

Vor drei Jahren wurde der Pädophile Paul Gregory von einem Schöffengericht freigesprochen, die elfjährige Trudi Hibbert entführt, missbraucht und getötet zu haben. Doch auf einmal tauchen in Bradfield tote Frauen auf, die ein Nummernschild um den erdrosselten Hals tragen. Carol Jordan rätselt zusammen mit Anthony Hill, warum dabei die Nummer 1 fehlt. Inzwischen ist jedoch die Öffentlichkeit, angestachelt auch von den Medien, der Überzeugung, dass Paul Gregory wieder zugeschlagen hat. Ein Stein zertrümmert seine Fensterscheibe, er wird gemobbt. 

Die seltsamen dunklen Flecken, die alle Opfer um den Mund aufweisen, sind der Schlüssel. Es handelt sich um Drückerschwärze – von den Zeitungsartikeln, die ihnen in den Mund gestopft wurden, bevor sie erdrosselt und mit einer Tüte erstickt wurden. Die Zeitungsartikel jedoch befassen sich mit dem Freispruch an Paul Gregory. Es handelt sich um Hinrichtungen, aus Rache für den Freispruch des Pädophilen. Denn alle Opfer waren damals die Geschworenen. 

Endlich stellt sich Gregory und gesteht, er habe die neuen Morde begangen. Während Jordans Boss Brandon triumphiert, ist Hill äußerst skeptisch. Wie sich zeigen soll, hat er sowohl Recht als auch Unrecht…

Mein Eindruck

Diese Folge inszeniert mit Gusto die Hexenjagd auf den Pädophilen. Tatsächlich kann so ein Szenario in Großbritannien und Deutschland jederzeit passieren, denn alle Pädophilen werden mit ihren Wohnorten im Internet angegeben und identifiziert. Dabei ist aber bald klar, dass nicht nur der Mob nach Gregorys Leben trachtet, sondern auch der unbekannte Rächer, der die Geschworenen meuchelt. 

Nun ist Hill gefragt, und seine besondere Methode der Empathie mit Opfern wie auch Tätern. Der Höhepunkt SEINER Jagd nach dem Rächer findet an dem unwahrscheinlichsten Ort statt: im ordentlichen Heim einer der geschworenen. Sie wird als Gefährdete natürlich von einem Kollegen Jordans beschützt, der sogar bei ihr wohnen darf. Nun bekommt er von Hill die seltsame Aufforderung, nach einem Anzeichen von Wahnsinn in diesem vorbildlichen Heim zu suchen…

Für mich ist dieser Anfang des Showdowns jedoch nicht die beste Szene, die diese Folge vorzuweisen hat. Diese findet vielmehr bei einem weiteren jungen Mädchen irgendwo auf dem Lande statt. Seitdem Hannah Kielty missbraucht worden ist, hat sie kein Wort mehr gesprochen. Robson green wendet seine beeindruckende Darstellungskunst auf, um plausibel zu machen, wie Anthony Hill die Verstummte wieder zu Sprechen bringt – und dass sie den wahren Täter preisgibt…

Dies scheint die erste Folge zu sein, die nicht nach einer Romanvorlage McDermids inszeniert wurde. Man verspürt keine Zurückhaltung mehr, sondern eine wilde inszenatorische Energie, die sich auch in innovativer Kameraarbeit bemerkbar macht – als sei die Regie auf einmal entfesselt worden. 

Die DVD

Technische Infos

  • Format:16:9 – 1.77:1, Anamorph, Dolby, HiFi Sound, PAL, Widescreen 
  • Sprache:Deutsch (Dolby Digital 2.0), Englisch (Dolby Digital 2.0)
  • Untertitel: Deutsch, Englisch 
  • Region:2 
  • Extras: Trailershow

Mein Eindruck: die DVD

Die erste deutsche Ausgabe erfolgte im November 2006, und sie wies offenbar einen Produktionsfehler auf der 3. Disc auf. Die vorliegende Neuausgabe weist diesen Fehler nicht mehr auf. Die Bild- und Soundqualität ist einwandfrei, wenn auch mit DD 2.0 auf Fernsehniveau. Allerdings fiel mir ein fetter Bassklang auf, der besonders auf einer Heimkinoanlage gut zum Tragen kommt. Die tiefen Bässe sorgen für ein unheimliches, sehr ungemütliches Gefühl.

Die auf manchen Internetseiten angegeben Untertitel konnte ich nicht entdecken. Das überrascht nicht. Es wäre das erste Mal, dass das ZDF, der deutsche Sender, Untertitel angeboten hätte. 

Als „Bonus“ enthält die 3. CD dieser Staffel eine sechsminütige Trailershow. Sie enthält Trailer zu folgenden DVD-Boxen:

  • Der Preis des Verbrechens vols 1 & 2
  • George Gently vol. 1
  • Lewis – der Oxford-Krimi, Staffel 3
  • Inspektor Barnaby vol. 12

Unterm Strich

Ich habe die Lesungen gehört, ich habe die Hörspielfassungen genossen – und jetzt habe ich auch die eigentlichen TV-Verfilmungen kennengelernt. Zwischen McDermids Romanvorlagen und den TV-Umsetzungen liegen Welten, ganz besonders in der Folge „Schlussblende“, bei der zwei zentrale Figuren rausflogen und eine andere erfunden wurde. Auch in „Lied der Sirenen“ wurde Hills Mitwirkung komplett entschärft, so dass er nun als unschuldiges Opfer dasteht – ganz im Gegensatz zum Buch. 

Die dritte Folge beschäftigt sich ebenfalls mit Sex. In „Lied der Sirenen“ war es S&M-Sex samt Folter, in „Schlussblende“ dann S&M-Sex mit Teenagern, Lesben-Sex sowie Stalking. In „Mein ist die Rache“ werden die Opfer schließlich noch jünger. Doch den Elfjährigen stehen neue Opfer gegenüber, deren Tod nichts mit Sex zu tun hat – mal eine Abwechslung. Es handelt sich um Hinrichtungen im Zuge eines Rachefeldzugs. 

Man sieht also: auch dies ist wieder starker Tobak und nichts für schwache Nerven. Als einziger steht Robson Green in diesem Angriff auf die Nerven seinen Mann. Die Gründe dafür habe ich oben angedeutet: Sein lebhaftes Mienenspiel ist faszinierend und sorgt immer für Überraschungen. Er liebt es, den Freak zu spielen, der die Antworten hat. ganz besonders schräg sind seine Selbstversuche, so etwa, wenn er sich selbst erdrosselt und eine Tüte aufsetzt. Was kommt zuerst – Tüte oder Seil? Das sind die seltenen Momente der Ironie, die die Serie amüsant machen können. 

Die Regie lässt ihm lediglich ein ebenbürtiges Gegenüber, und das ist Hermione Norris als DCI Jordan. Allerdings scheint Norris Schlaftabletten geschluckt zu haben, denn sie zeigt die meiste Zeit nur ihre Standardmiene Nr. 1 – ein knallhartes Pokerface -, und es muss schon etwas Gravierendes oder Lustiges passieren, bevor sie Standardmiene Nr. 2 aufsetzt: die bewundernde Verführerin. Der Unterschied ist nur an ihren Augen und der Öffnung ihrer Lippen abzulesen. Wenn sie mit ihrer Katze spricht, ist sie am menschlichsten. Dann bekommen wir sie allerdings immer nur von hinten zu sehen…

Die DVD

Der Sound ist ebenso von hoher Qualität (in DD 2.0) wie auch das Bild. Von Gegriesel konnte ich nichts feststellen. Möglicherweise wurde hier in der Neuausgabe nachgearbeitet. Untertitel fehlen wie üblich, und statt irgendwelcher Extras gibt es nur Werbung in Gestalt einer Trailershow. Also alles wie gehabt. Dennoch lässt sich Edel diese DVD-Box ordentlich entlohnen. Wer kann, sollte sich die Komplett-Box zulegen: sechs Staffeln für nur 95 Euronen (gebraucht z.Zt. 85 Euro) statt über 120 Euro. (Die Ladenpreise schwanken zwischen 20 und 31 Euro). 

Mima2016: 4.5 out of 5 stars (4,5 / 5)

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