England um 1900: Die schöne und zwanglose Ursula Brangwen hasst alle konventionellen Werte, sucht Gleichberechtigung und wird dafür von Eltern und Gesellschaft geächtet. Der Regenbogen, unberührbar und kurzlebig, steht für das, wonach sie sucht: Wahrheit, Leidenschaft und Freiheit. Zügellos gibt sie sich allen Gelegenheiten hin und genießt die sinnlichen Aspekte des Lebens. 

Ihre Turnlehrerin Winifred, ein Freigeist, bestärkt sie und macht sie mit ihren sexuellen Gefühlen vertraut. Ursula geht nach London und erlebt als Lehrerin Alpträume mit einem lüsternen Schulvorstand. Bei Winifrieds Hochzeit trifft die Leidgeplagte nach Jahren ihren Verehrer Anton wieder, und die Liebe flammt auf. Aber auch von Anton will sie sich nicht in die verhassten Konventionen zwingen lassen. Kurz darauf wird der Soldat nach Indien abgeordnet. Als Ursula von ihm schwanger wird, erfährt sie, dass der Geliebte dort geheiratet hat. Wird sie das Kind behalten?

Ken Russell, der exzentrische Regisseur der Rock-Oper „Tommy“, hielt sich hier sehr zurück. Die DVD bietet angeblich die ungekürzte deutsche Fassung. 

Filminfos

  • O-Titel: The Rainbow (GB 1989)
  • Dt. Vertrieb: Indigo / Epix
  • EAN: 4047879400865
  • Dt. Veröffentlichungsdatum: 13.11.2009
  • Preis: 14,99 EUR
  • FSK: ab 16
  • Länge: ca. 108 Min.
  • Regisseur: Ken Russell
  • Drehbuch: Ken & Vivian Russell nach dem gleichnamigen Roman von D.H. Lawrence
  • Musik: Carl Davis
  • Darsteller: Sammi Davis (Ursula), Paul McGann (Vater), Glenda Jackson (Mutter), David Hemmings (Onkel) u.a.

Handlung

Nordengland, Ende des 19. Jahrhunderts. Schon mit fünf Jahren will Ursula zum Regenbogen laufen. Seine Versprechen ist gar zu schön. Doch ihr Vater hält sie gerade noch zurück, bevor sie in den Bach fällt. Die Brangwens leben in einem alten Pfarrhaus unweit der Kirche, in der Mr Brangwen als Organist und Küster arbeitet. 

Ihre erste ernsthafte Begegnung mit dem anderen Geschlecht ereignet sich, als der junge Soldat Anton zu Besuch kommt, ein Schützling ihres Onkels Harry, eines Grubenbesitzers. Anton nimmt ihre Fantasie gefangen, und Ursula verliebt sich in den feschen Jüngling so sehr, dass sie mit in die verlassene Kirche und sich dort von ihm küssen lässt. Sehr unschicklich, weiß sie, aber genau das reizt sie. 

Im Schwimmunterricht fällt ihre unkonventionelle Art der Turnlehrerin Winifred auf, die auch gleich Annäherungsversuche unternimmt, die Ursula keineswegs zurückweist. Ganz im Gegenteil: Bei einem Stelldichein in Winifreds Landhäuschen genießt Ursula das Küssen und Streicheln. Zusammen mit Fred genießt sie ein Bad im Teich – hüllenlos, versteht sich. 

Von Fred erfährt sie mehr über die Männer und was die wollen: meist nur das Eine. Wie brutal diese Wesen sind, erfahren sie selbst, als sie friedlich auf den Berg wandern und fast einer Minensprengung zum Opfer fallen. Ihre nächste Bekanntschaft mit einem Mann verläuft auch nicht viel besser: Der Kunstmaler verspricht ihr zwar ein Modellhonorar beim Aktstehen, doch er wünscht sich auch, dass sie sich von ihm schlagen lässt. Da zieht Ursula die Grenze und verübelt es ihrer Freundin Fred ein wenig, sie mit einem solchen Sadisten verkuppeln zu wollen. 

Inzwischen hat sie die Abschlussexamen bestanden und sucht nun zur Verwunderung ihres Vaters keineswegs einen Mann zum Heiraten, sondern Stelle zum Arbeiten. Na, sowas! Er weigert sich, dieses „unmoralische“ Verhalten zuzulassen, aber sie setzt sich wenigstens teilweise durch und zieht in die nächste Stadt, um dort an einer Schule als Lehrerin zu unterrichten. Leider stellt sich auch der Direktor als Schürzenjäger heraus. Erst als sie wutentbrannt einen renitenten Schüler mit einem Rohrstock derart verdrischt, dass der Stock bricht (Symbol, Symbol!), lässt der erschrockene Direx von ihr ab. 

Das Wiedersehen mit Onkel Harry, dem Minenbesitzer, führt zu einem unerwarteten Ereignis: Während sich Ursula über dessen „ausbeuterische Methoden“ ereifert, zeigt sich Winifred von dem Junggesellen außergewöhnlich stark angezogen. Wo Ursula in dem Massentöten von Kaninchen nur den ungerechten Tod erblickt, schaut Fred weiter und führt ihr neuen Monate später ihr kleines Neugenorenes vor. 

Doch bis es dahin kommt, steht Ursula ein Wiedersehen mit dem Soldaten Anton, ihrem ersten Freund, bevor. Er macht sie zur Frau. Aber will sie ihn wirklich heiraten und ihm nach Südafrika in den Burenkrieg folgen? Nach einer Zeit des Verliebtseins und der Freiheit kommt doch schließlich der Moment der Wahrheit, in der er sie zur Rede stellt…

Mein Eindruck

Sex ist bei David Herbert Lawrence, der 1915 die literarische Vorlage lieferte (die sofort verboten wurde), nie Selbstzweck. Der Geschlechtsakt zwischen Mann und Frau ist vielmehr die Begegnung mit einer Urkraft des Menschlichen, die es ermöglicht, mit der Vergangenheit abzuschließen und Kraft für Weiterentwicklung zu schöpfen. Das mag hgeutzutage naiv klingen, aber für Ursula Brangwen, die Hauptfigur, bedeutet die homo- wie die heterosexuelle Liebe eine fortwährende Selbstbestätigung. Dies ist ihr Aufforderung genug, Freiheit und Unabhängigkeit zu suchen statt in die alten Verhaltensweise der Vergangenheit zurückzufallen, wie sie von ihrer Mutter befolgt werden. 

Lawrence hat die Geschichte Ursulas 1920 in „Women in Love“ (Liebende Frauen) weitererzählt. Und Ken Russell ließ darin wieder Glenda Jackson auftreten, die in „Regenbogen“ Mutter Brangwen spielt. In beiden Filmen beutet der Regisseur die Möglichkeit der Vorlage weidlich aus, nackte Körper unverstellt und ungeschönt zu zeigen. So sehen wir Frau wie Mann vor allem in natürlicher Bewegung statt in lasziver Pose. 

Bei Lawrence ist manipulative Verführung selten angesagt, und auch Russell will den Zuschauer nicht verführen und aufgeilen, sondern dessen moralische Verklemmtheit vielmehr durch Darstellung schöner Natürlichkeit herausfordern und überreden. Deshalb gibt es auch so wenige Sexszenen in diesem Film. Lediglich die Erweckung Ursulas zur Frau ist von epischer Länge. Als Anton sie auf dem Bett des Hausherrn (Onkel Harry, wer sonst?) entjungfert, starrt Ursula in das silberne Gesicht des Vollmonds. 

Das muss etwas zu bedeuten haben, spürt der Zuschauer, aber was? Wer sich ein wenig in der antiken Mythologie auskennt, der wird den vollen Mond sofort mit der Mondgöttin Selene bzw. Diana (bzw. deren Vorgängerinnen) assoziieren. Von jeher ist der Mond ein Symbol der weiblichen Fruchtbarkeit, alldieweil der Mondzyklus mit dem Menstruationszyklus der Frau (mehr oder weniger) übereinstimmt: 28 Tage. Wenn also Ursula ihre Seele der Mondin weiht und ihren Körper der Liebe öffnet, so wird sie dadurch nicht nur in rein körperlichem Sinne zur Frau. Sie ist eine Verkörperung der Fruchtbarkeit, bereit, Leben hervorzubringen. 

Aber macht sie das auch gleich zu einem Heimchen am Herd? Mitnichten! Ihre Menschwerdung muss also noch weitergehen, und so kommt es dann auch. Sie wird schwanger, opfert sich aber nicht weder dessen Erzeuger noch dem Kind. Dass sie am Schluss mitsamt „Baby an Bord“ wieder zum Regenbogen aufbricht, mag ebenso naiv wirken wie der Anfang, aber der Kreis ist damit geschlossen – und mehr sollen Symbole eh nicht bewirken. 

Die filmische Umsetzung

Die Geschichte entspricht der eines Bildungsromans, indem sie die Jugend und Frauwerdung bzw. Selbstfindung einer selbstbestimmten Frau schildert. Das ist eigentlich ein Thema, das jede Menge Drama und Erotik in sich birgt, doch die schmalzige Musik von Carl Davis übertüncht fast alles mit einem Zuckerguss, der suggeriert, dass dies alles ja gar nicht so ernstgemeint sei. Die Kleine werde sich die Hörner abstoßen und sich dann unters männliche Joch begeben – Friede, aus, Amen. 

Diese vermutlich für den US-Markt konzipierte Musik hätte von jenem Gericht verordnet sein können, das 1915 das Buch verbot und so Lawrence und seine Frau Frieda von Richthofen, die Schwester des deutschen Fliegerasses Manfred von Richthofen, zu armen Leuten machte, die während des Krieges unter Hausarrest gestellt waren, weil sie ja Spione hätten sein können. 

Eine realistische Musik müsste ganz anders klingen, nämlich so wie man sie in modernen Verfilmungen von „Lady Chatterley“ (1926) oder „Söhne und Liebhaber“ (1913) zu hören bekommt: abwechslungsreich, dynamisch, durchaus mit klassischen Instrumenten, aber mit modernen Rhythmen. 

Symbolik

Ansonsten ist gegen die Inszenierung an sich nichts einzuwenden. Russell ist ein scharfer Beobachter, und seine Frau Vivian schrieb am Drehbuch mit. Peinlichkeiten gibt es nicht, aber dafür eine Menge Symbolik für den, der einen Blick dafür hat – beispielsweise der zerbrochene Rohrstock des Direktors als Symbol des Endes seiner männlichen Herrschaft. Oder die ausbrechenden Pferde, vor denen Ursula Reißaus nehmen muss. Sie stehen für männliche sexuelle Kraft, die nicht gezügelt wird, etwa in einer Vergewaltigung. Der Film ist angefüllt mit solchen Metaphern, doch werden sie entweder ganz ausgespielt wie die Pferdeszene oder dezent eingefügt, wie die Stockszene.

Die DVD

Technische Infos

  • Bildformate: 1,78:1 (16:9 )
  • Tonformate: D in DD 2.0, Englisch in DD 2.0
  • Sprachen: D, Englisch
  • Untertitel: keine
  • Extras:
    • Original-Trailer
    • Epix-Trailershow

Mein Eindruck: die DVD

Bild und Ton entsprechen dem eines guten Fernsehers, aber keineswegs dem etablierten High Density-Niveau. Wenn der Player Upscaling auf 1080 Bildzeilen beherrscht, ist das bild sehr erträglich. Doch der Ton lässt sich bei DD 2.0 nur begrenzt verbessern. Untertitel gibt es keine, und das ist bei einer Literaturverfilmung ein Ärgernis.

Extras:

Der Originaltrailer liegt nur in englischer Sprache vor. Vor allem auf die Story wurde Wert gelegt, doch natürlich geizt der Verleih nicht mit den Schauwerten, vor allem den nackten Körpern. 

Das zweite Extra ist die Trailershow, aber dabei handelt es sich lediglich um Werbung für meist nicht sonderlich überragende Filme, von denen ich noch nie gehört habe. 

Unterm Strich

Zwanzig Jahre nach seinem meisterlichen Film „Liebende Frauen“ liefert der britische Exzentriker Ken Russell („Tommy“) dazu die Vorgeschichte. Die Geschichte der Emanzipation Ursula Brangwens faszinierte mich mit stimmigen Bildern und Dialogen, einer ausgewogenen Mischung aus Ironie und Gefühl und verfügt mit Sammi Davis („Auf den Schwingen des Todes“), Amanda Donohoe („Castaway“) und Glenda Jackson, die bereits in „Liebende Frauen“ mitwirkte, über gute Schauspieler. Sie lassen die Szenen nie peinlich werden, verführen den Zuschauer aber auch nicht mit zur Schau gestellten Posen, wenn sie nackt auftreten (außer natürlich als Aktmodell).

Vielmehr biedert sich nur die Musik dem Zuschauer an, um ihn mit einem Zuckerguss von schmalzigen Geigen einzulullen. Aber die Intention von Buchautor Lawrence und vermutlich auch von Regisseur Russell dürfte eine ganz andere gewesen sein. Sie wollen durch die Nacktheit und Eros die Klassenschranken überwinden, auch das moralische Tabu gegen die gleichgeschlechtliche Liebe brechen. Natürlich wird dabei auch das Skandalpotential ausgeschöpft, das seit 1915 dem verbotenen Buch anhaftet. Aber die Geschichte von Ursulas Emanzipation obsiegt. Das hat mich mit all den Mängeln versöhnt. 

Die DVD

Die Silberscheibe ist hinsichtlich Bild und Ton nur durchschnittlich, doch auf der Seite des Bonusmaterial fast eine Niete. Der Käufer erhältlich lediglich den O-Trailer und Werbung in der Trailershow. Die Hintergrundinformationen, die ich oben erwähnt habe, musste ich mir deshalb zusammensuchen. 

Die Silberscheibe ist hinsichtlich Bild und Ton nur durchschnittlich, doch auf der Seite des Bonusmaterial fast eine Niete. Der Käufer erhältlich lediglich den O-Trailer und Werbung in der Trailershow. Die Hintergrundinformationen, die ich oben erwähnt habe, musste ich mir deshalb zusammensuchen. 

Wertung

Mima2016: 3 out of 5 stars (3 / 5)

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