Bei einem Unfall in der DDR wird US-Physiker Dr. Martino schwer verletzt. Russische Ärzte ersetzen seine Gesichtshaut und Teile seines Körpers durch Metall. Wieder zurück in den USA will ihm niemand glauben, da er seine Identität nicht mehr zweifelsfrei nachweisen kann. (Damals gab es wohl keine DNS-Tests.) Der Mann aus Metall wird für einen gefährlichen Geheimagenten aus dem Osten gehalten.

Filminfos

O-Titel: Who? (GB 1974)
Dt. Vertrieb: E-M-S
FSK: ab 16
Länge: ca. 89 Min.
Regisseur: Jack Gold
Drehbuch: John Gould nach dem Roman „Zwischen zwei Welten“ von Algis Budrys
Musik: John Cameron
Darsteller: Elliot Gould (FBI-Agent Roberts), Trevor Howard (Azarin), Joseph Bova (Dr. Lucas Martino), Ed Grover, Ivan Desny (General Stürmer), Kay Tornborg (Edith Hayes) u.a.

Handlung

Dr. Lucas Martino ist ein hoher Geheimnisträger des sogenannten Neptun-Projekts. Als der amerikanische Physiker bei einem Besuch in der DDR, die damals zum Ostblock gehörte, bei einem durch Autounfall – er wird abgedrängt – schwer verletzt wird, beginnen sich seine Auftraggeber Sorgen zu machen – aber nicht um ihn. Das ist aber noch nichts gegen das, was noch folgt. Da er sehr schwere Verletzungen davongetragen hat, ersetzen russische Ärzte unter dem Kommando von Oberst Azarin seine Gesichtshaut und seinen linken Arm durch Metall, sein Herz wird von einer Nuklearbatterie angetrieben.

Als er sechs Monate später in den Westen zurückkehrt, erkennen ihn daher die Leute von FBI und Außenministerium kaum wieder. FBI-Agent Rogers fragt sich, ob man ihm einen Kuckuck ins Nest legen will und kann die Identität des Rückkehrers nicht eindeutig bestätigen. Also unterzieht er Martino peinlichen Verhören, in der Hoffnung, dass ein Zusammenbruch das Geheimnis endlich freigibt. Rogers bleibt hartnäckig gegenüber der Armee und der Regierung. Er hält das Risiko, einen feindlichen Agenten an das geheime Neptun-Projekt, das die Gewinnung von Energie aus dem Meer zum Ziel hat, heranzulassen, für zu groß.

Martino beginnt schließlich, an seiner eigenen Identität zu zweifeln, und fragt sich, ob die russische Technik, die ihm das Überleben ermöglicht hat, nicht auch in der Lage sein könnte, ihn zu manipulieren, ohne dass er es merkt. Klartext: Haben die Russen auf Azarins Befehl bei ihm eine Gehirnwäsche vorgenommen? Oder schlimmer noch: Haben sie einen zweiten Metallmann hergestellt, nämlich Martinos ehemaligen Mitarbeiter am Neptun-Projekt Frank Heywood? Heywood wüsste fast alles, was Martino weiß.

In Miami hängt sich Rogers meit seinen Leuten an Martinos Fersen und folgt ihm misstrauisch. Doch Martino bekommt durch einen Versprecher eines Agenten heraus, dass er überall abgehört wird und zieht die Konsequenzen. Er ahnt nun, dass er zwischen zwei Fronten lebt. Man vertraut ihm nicht mehr, denn man weiß, dass die Russen wissen, an welchem Projekt er gearbeitet hat. Er wird nie mehr in seine frühere Position zurückkehren können. Martino gibt seinen Kampf um sein früheres Leben und um seine Arbeit für die Regierung auf und nimmt eine neue Identität an: die des Metallmannes…

Mein Eindruck

Der Regisseur konzentriert sich ganz auf den inneren Konflikt der Hauptfigur seines Films. Die Action ist lediglich Begleiterscheinung. Nun muss man sich natürlich fragen, wie es gelingen soll, diesen inneren Konflikt auf dem Gesicht eines Mannes darzustellen, dessen Gesichtshaut durch eine Metallmaske ersetzt wurde. Man kann noch so lange in die Augen von Dr. Martino (Joseph Bova) schauen, man wird doch keine menschliche Regung davon ablesen können. Das erweist sich, wie Martino selbst sagt, sowohl als Nach- wie auch als Vorteil: Niemand kann auf seinem Gesicht ablesen, ob er lügt. Dies hat mehrere Konseuqnzen, auch in ästhetischer Hinsicht.

Freie Wissenschaft

Aber als Wissenschaftler setzt Martino sowieso auf den verbalen Diskurs, auf freien Gedankenaustausch, und nicht auf das Erteilen oder Empfangen von Befehlen wie Regierungsagenten oder –beamte. Hier stößt die Story zum Kern des Themas vor: Lässt sich dieser wissenschaftliche Diskurs von seinen Trägern abtrennen oder ist stets auch das An-Sehen und die Reputation des jeweiligen Meinungsvertreters von Bedeutung? Mit anderen Worten: Ist es so etwas wie freie Wissenschaft überhaupt real möglich?

Wie sich herausstellt, ist sie es nicht. Sie ist stets gebunden an das Individuum, das sie betreibt. Und wenn dessen Identität nicht feststeht, so hat es ausgespielt. Die Spielregeln der Wissenschaft ähneln darin denen der Politik und der Geheimdienste. Rogers, differenziert gespielt von Elliot Gould, kann davon ein Lied singen. Zum Neptun-Projekt erhält auch seinesgleichen nur Zutritt mit dem richtigen Identitätsausweis.

Identität

Das zweite Thema ist natürlich menschliche Identität. Wie lässt sie sich überprüfen, nachweisen, bekräftigen, wiederherstellen – und zerstören? Dies ist das Zwischenreich der Geheimdienste und liefert dem Film einige Anreize für die Dramaturgie. Der Ausgangspunkt ist folgender: Oberst Azarin hat hier einen hochkarätigen West-Wissenschaftler eingefangen und will selbstverständlich sämtlich Geiminformationen aus ihm herausholen. Er versuch, Martinos Identität zu bestätigen – genau wie die Amerikaner später.

Tatsächlich werden die Verhöre, denen Martino auf beiden Seiten unterzogen, durch den Schnitt so parallel geführt, dass die Rückblenden zeitgleich zu den sechs Monate später stattfindenden Ami-Verhören stattfinden. Die Parallelität legt die Ähnlichkeit der beiden Systeme offen und zeigt, dass sich das Individuum nirgendwo seiner Freiheit sicher sein kann, sollte seine Identität infrage gestellt sein. Die Rechte des Einzelnen nichts, sobald das Interesse des Systems überwiegt. Azarin will die Neptun-Informationen, auch um den Preis einer Gehirnwäsche Martinos. Dieses Vorgehen wird aus medizinischen Gründen abgelehnt. Deshalb verfällt er auf den Plan, einen Doppelgänger des Metallmannes zu erschaffen, mit Frank Heywood als Martinos Ersatz…

Auf raffinierte Weise beginnen wir Martino nicht nur aus seinem eigenen Blickwinkel zu sehen, sondern auch aus dem des FBI-Agenten Rogers. Weil für Martinos Point-of-view nur die subjektive Kamera eingesetzt wird, können wir nie sicher sein, wer er vor seiner Verwandlung in den Metallman war – Martino oder Heywood? Mit wem von den beiden hat es Rogers nun zu tun? Wie würden wir uns entscheiden? Diese spannende Ungewissheit wird bis kurz vor Schluss aufrechterhalten, doch nur mitdenkende Zuschauer dürften davon etwas mitbekommen.

Kyborg

Das dritte Thema ist das des kybernetisch verstärkten Organismus, vulgo auch Kyborg genannt. Innen wie außen ist Martino bis zur Unkenntlichkeit in einen roboterhaften Mechanismus verwandelt, zwar mit verstärkten Organen und Sensoren, aber auch mit typisch maschinenhaften Bewegungen, so etwa dann, als er unter Stress krampfhaft seinen Metallarm vor- und zurückbewegt und endlos den Satz wiederholt: „Ich bin Dr. Lucas Martino.“

Die Frage erscheint wie von allein in unserem Bewusstsein, ob wir Martino überhaupt noch als Menschen ansehen dürfen. Der Metallmann wird auf den Straßen Miamis als Fremdkörper, als Alien, angesehen und wagt nicht, frühere Wirkungsstätten zu besuchen und die Menschen dort anzusprechen. Selbst sein Besuch bei seiner früheren Verlobten ist von Beklemmung durch Fremdheit gekennzeichnet. Der Film beschreitet hier eine dünne Linie, indem er NOCH sagt, dass Martino ein Mensch sei und KEIN Roboter.

Wäre Martino als Roboter anzusehen, wäre er kein Teil der menschlichen Gemeinschaft mehr. Rogers haut es Martino klipp und klar um die Ohren. Die Verfassung schützt nur Menschen, noch Metallmänner! Will heißen: Metallmänner haben automatisch keine Rechte mehr und sind nur noch auf dem Statusniveau eines Sklaven zum Leben berechtigt. Deshalb verwundert es im Grunde, wie es Martino schließlich gelingt, Rechtsanspruch auf die Farm seiner verstorbenen Eltern zu erheben und diesen Grund und Boden zu bewirtschaften. Es ist aber klar, dass ihm dieser Besitzanspruch nur gebilligt wurde, und er kann ihm jederzeit entzogen werden.

Spannung

Wie gesagt, besteht die Spannung praktisch nur in psychologischer Hinsicht. Allerdings spricht der Film auch Freunde des Spionagefilms ganz direkt an. Der Anfang startet schon brenzlig mit der Explosion von Martinos Auto. Genau in der Mitte des Films findet ein Feuerüberfall auf die kleine Truppe von Martinos Begleitern statt, als Martino in das Flugzeug steigen soll, das ihn nach USA bringt. Dabei bleibt es nicht, und FBI-Agent Rogers darf bei einer rasant inszenierten Verfolgungsjagd seine Fahrkünste zeigen (oder die des Stuntfahrers). Wieder endet die Szene in einer Explosion.

Nach der Daumenregel, dass aller guten Dinge drei sind, müsste am Schluss ebenfalls eine Explosion folgen. Außerdem muss enthüllt werden, bei wem es sich um den Metallmann wirklich handelt – um Martino oder Heywood? Ich werde es jedenfalls nicht verraten.

Die DVD

Technische Infos

Bildformate: 4:3
Tonformate: D in DD 2.0
Sprachen: D
Untertitel: keine
Extras: Trailershow (Petroleum-Miezen, Die Wildgänse kommen, Der letzte Countdown, La carne –- Fleisch.)

Mein Eindruck: die DVD

So qualitätsvoll der Film, so enttäuschend die Umsetzung auf der Silberscheibe. Das Material, das aus dem Jahr 1974 stammt, wurde in keinster Weise überarbeitet. So empfand ich es als Schock, mit einem grieseligen Bild konfrontiert zu werden, das von weißen Pünktchen (Artefakten) nur so wimmelte. Hier hat sich der deutsche Verleih jedenfalls nicht die Mühe gemacht, eine Software für das digitale Remastering einzusetzen. Das Ergebnis ist wirklich nicht schön anzusehen. Der Sound ist auf dem minimalen Niveau eines TV-Films.

Extras gibt es keine, nur Werbung in Gestalt einer Trailershow versucht den Appetit des Cineasten zu wetzen. Nicht mit mir!

Diese DVD ist ein Reinfall, und man könnte sich genauso gut eine VHS-Kassette zulegen.

Unterm Strich

Film topp, DVD flop – so könnte man das Ergebnis meiner Beurteilung kurz und bündig zusammenfassen. Es ist mir völlig unverständlich, warum der Verleih die Gelegenheit verstreichen ließ, einen so qualitätsvollen SF-Film für die Nachwelt aufzubessern und wenigstens mit minimalen Extras wie etwa Bio- und Filmografien sowie einer Bildergalerie auszustatten. So etwas gibt es offenbar nur bei Koch Media.

Fazit: nur etwas für Kenner, die unbedingt dieses Meisterwerk gesehen haben wollen.

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