Barry Kane (Robert Cunnings) ist Flugzeugmechaniker in Los Angeles. Eines Tages wird er Zeuge eines Bombenanschlags auf die Fabrik, in der er arbeitet, beidem sein bester Freund getötet wird. Da der Täter unerkannt entkommt, gerät Kane selber in Verdacht der Sabotage. Um seine Unschuld zu beweisen, macht er sich auf die Suche nach dem wahren Täter. Eine erbarmungslose Hetzjagd von Boulder Dam bis nach New York entbrennt, bei der jeder mal Gejagter und Jäger ist. Auf der Freiheitsstatue kommt es zur finalen Konfrontation… (Verleihinfo) „Saboteure“ ist ein remake von Hitchcocks Film „Sabotage“ aus dem Jahr 1936.

Filminfos

  • O-Titel: Saboteur (USA 1942)
  • Dt. Vertrieb: Universal
  • VÖ: 16.05.2013
  • EAN: 5050582941364
  • FSK: ab 16
  • Länge: ca. 108 Min.
  • Regisseur: Alfred Hitchcock 
  • Drehbuch: Peter Viertel, Joan Harrison, Dorothy Parker (!)
  • Musik: Frank Skinner
  • Darsteller: Robert Cummings (Kane), Priscilla Lane, Otto Kruger (Mr Tobin), Alma Kruger (Mrs Sutton), Alan Baxter, Vaughan Glaser (Mr. Martin) u.a.

Handlung

In einer schwerbewachten Flugzeugfabrik ereignet sich in der Lackiereei eine schwere Explosion, bei der etliche Opfer zu beklagen sind. Der Hauptverdächtige ist ein gewisser Frank Fry. Barry Kanes Freund Ken Mason geht bei der Explosion drauf, und es stellt sich heraus, dass Fry an Masons Tod die Schuld trägt. Da er selbst zu den Verdächtigen zählt, geht Kane zu Masons Mutter, um herauszufinden, was dahintersteckt: Erst wenn er die wahren Schuldigen gefunden hat, ist er entlastet. 

Als er dem Gespräch des FBI mit mrs Mason, die ihn versteckt, lauscht, erfährt er, dass es gar keinen Frank Fry gebe. Aber es gibt eine Spur: Frys Briefadresse in Springville. Dort lebt nur ein gewisser Mr Tobin, der vorgibt, nie was von Fry gehört zu haben. Als in der Hand von Tobins Köchin unversehens eine Pistole erscheint, macht sich Kane schleunigst aus dem Staub. Die Cops sind weiter hinter ihm her, doch er entkommt in eine Hütte in den Bergen. 

Dort lebt ein alter Mann, doch der ist zum Glück blind. Mr. Martin war einst Komponist. Als seine hübsche Nichte Patricia (Priscilla Lane) eintrifft, um ihn zu besuchen, erweist sie sich als Fotomodell aus New York City. Sie entdeckt, dass Kane immer noch Handschellen trägt, also genau jener Entflohene ist, den die Polizisten überall suchen. Nun beginnt ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen den beiden, in dem mal sie ihn, mal er sie überlistet. Ist seine Story wirklich wahr, dass er unschuldig sei? 

In Soda City unweit des Hoover-Staudamms werden sie getrennt. Kane folgt einem der Sabotage-Agenten nach New York City. Im Haus der reichen Suttons, wo gerade ein Empfang stattfindet, sieht er Patricia wieder: als Gefangene! Der Sheriff, an den sie sich in Soda City wandte, hat sie verraten – er steckt mit Mr. Tobin unter einer Decke. Die Sabotage-Organisation plant für den nächsten Tag eine große Aktion – und Kanes vorzeitiges Ableben. 

Können die beiden überleben und zusammenkommen? In einem dramatischen Finale finden wir es heraus: ganz oben an der Fackel der Freiheitsstatue…

Mein Eindruck

„Frank Fry“ nennt Pat „die kleine Miss Liberty“ (in den Untertiteln), und das ist genau die Rolle, die der Figur der Pat auf den Leib geschrieben ist: Sie ist kein Mensch aus Fleisch und Blut, sondern die Allegorie der Freiheit. Aber bis barry Kane dies erkennt, dauert es eine Weile. Einmal hat sie ihn überlistet und er sieht ein Werbeplakat mit Pats Gesicht darauf und dem Slogan: „She’ll never let you down“ – „sie wird Sie nie im Stich lassen“. Das ist in diesem Moment pure Ironie. Aber die Ironie verfliegt, je mehr Kane auf Pat angewiesen ist, bis er schließlich mit der Staatsmacht in Gestalt des FBI zusammenarbeitet. 

Kane ist nämlich selbst eine Allegorie: Er steht für den ehrlichen, aufrechten, verantwortungsbewussten Amerikaner – das erntet bei Mr Tobin, dem Kopf der Verschwörung nur Spott und Hohn. Mr Tobin lebt in einem Alte-Welt-Ambiente, das vor Pracht und Dienstboten nur so strotzt. Er wirkt eher wie ein Kaiser oder Despot, der als Kaufmann mit anderen Tyrannen Geschäfte macht. Er will den drohenden Krieg, um daran zu verdienen, indem er der Gegenseite hilft; er will den Krieg nicht, um der Sache der Freiheit zum Recht zu verhelfen, wie es Kane will. 

Der Film zeigt deutlich den Einfluss von John Buchans Krimi „Die 39 Stufen“ und AH’s eigener erfolgreicher Verfilmung, die sich in GB großer Beliebtheit erfreute. Das Motiv der Verfolgung eines Unschuldigen taucht wieder in „Der unsichtbare Dritte“ auf. Kenner spötteln, dass Hitchcock im Grunde immer wieder nur die gleiche Geschichte erzählte. 

Wie in den beiden genannten Filmen reist der beschuldigte Unschuldige quer durchs Land, um an seine Bestimmung zu gelangen: den wahren Schuldigen, die Gerechtigkeit und die Hand der schönen Frau, die er von seiner Unschuld überzeugen muss. Pat ist die Vertreterin des Publikums und somit die höchstrichterliche Instanz, vor der Kane aussagen und agieren muss. 

Allerdings haben die Schurken die besseren Szenen und Zeilen. Sehr ironisch ist die Schießerei in der New York Radio City Music Hall. Während auf der Leinwand gerade eine Dreiecksgeschichte die obligate tödliche Wendung nimmt, fliegen auch im Zuschauerraum blaue Bohnen und treffen auch schon mal einen plötzlich „schläfrig“ aussehenden Zuschauer. Es scheint sogar, als rufe der Dialog auf der Leinwand die Leute im Publikum zu korrektem Verhalten auf: „Run for your life!“ In der Synchronisation wie in den Untertiteln geht diese Doppeldeutigkeit verloren. 

Der Showdown auf der Freiheitsstatue ist derart weltberühmt, dass ich nichts Neues verrate. Frys Leben hängt buchstäblich an einem wollenen Faden, nämlich dem seines Ärmels. Er ist sogar bereit, für sein leben Kane zu entlasten. Doch als der Saum des Ärmels reißt, kommt für ihn jede Hilfe zu spät. Dieser Saum wird in Großaufnahme gezeigt, damit wir die Symbolik verstehen: Kane hat ihm nicht wie einem ehrlichen, aufrechten Bürger die Hand gegeben, sondern nur seinen Ärmel gepackt. Doch das, was den Verräter mit der Gemeinschaft verbindet, ist keine Verbindung, die von Bestand ist. Er ist ein bezahlter Mietling, ein „turncoat“, also Wendehals. Und solche Leute von zweifelhafter Loyalität kann man im Krieg sicherlich nicht gebrauchen. 

Die Blu-ray

Technische Infos

  • Bildformate: 1,77:1 (4:3)
  • Tonformate: DTS 2.0
  • Sprachen: D, Englisch, viele weitere 
  • Untertitel: D, Englisch, viele weitere
  • Extras:
    • Filmessay „Saboteur: genauer betrachtet“
    • Storyboards
    • AH’s Skizzen
    • Produktionsfotos
    • Original-Kinotrailer

Mein Eindruck: die Blu-ray

Bild und Ton sind von unterschiedlicher Qualität. Deutlich wird, dass das Bild auf beste Qualität getrimmt wurde – eine saubere Leistung der Restaurateure. Den Ton konnten sie natürlich nicht mehr so toll hinbekommen, denn das Ausgangsmaterial sah nur Mono-Klang vor. DTS 2.0 ist also die unterste Klangqualität, die auf der Blu-ray zu liefern war. 

Sehr wichtig sind die deutschen Untertitel. Sie weichen von der Synchronisation auf eine Weise ab, dass man hier schon politische Zensur riechen kann. Sehr deutlich wird das an den Kommentaren auf die Inschrift in der Fackel der Freiheitsstatue, die von Pat zitiert wird. Untertitel: „sehr traurig“. Synchronisation: „großartig“. 

EXTRAS

  1. Filmessay „Saboteur: genauer betrachtet“ (35:20 min): Der Hauptdarsteller Norman Lloyd, der den Frank Fry spielte, erzählt, wie der Film entstand. Es war AH’s erster großer Film für David Selznick bei Universal und entstand 1942 unter dem Eindruck des Angriffs auf den Kriegshafen Pearl Harbor auf Hawaii im Dezember 1941.

    Robert Boyle war der Chefdesigner und war auch „The Wolf Man“ beteiligt. Interessant ist seine Erklärung der Explosion in der Flugzeugfabrik: Man sieht, wie die Leute nach oben fliegen – durch einen Trick der Aufnahmetechnik… Sehr spät im Film fährt die Kamera im Hafen von New York City am Wrack des Luxusdampfers „Normandie“ vorüber – laut Filmhandlung wurde dieses Schlachtschiff „Alaska“ durch eine Bombe der Saboteure versenkt.

    Ganz besonders wichtig ist der ausgeklügelt inszenierte und fotografierte Showdown auf der Freiheitsstatue im Hafen von New York City. Ein Modell wurde im Studio gebaut, die ganze Szene mit Storyboards geplant und dann in unzähligen Aufnahmen gedreht. trickreich ist besonders der „Sturz“ des Saboteurs: „einfach wunderbar“, meint Boyle. Er arbeitete danach an „Spellbound“ und AH’s TV-Serie mit.
  2. Storyboards (3:40 min): Die selbstablaufende Diaschau ohne Musik zeigt die Storyboards, die AH bei jedem seiner Filme anzufertigen pflegte, um Kameraeinstellungen festlegen zu können. 
  3. AH’s Skizzen (1:10 min): Hier werden die Skizzen gezeigt, die der Meister anfertigte, um etwa die Schlussszene planen zu können.
  4. Produktionsfotos (7:30 min): Dieser Beitrag zeigt schwarzweiße und farbige (!) Produktionsfotos sowie Filmplakate aus aller Welt. Wie immer aus dieser Zeit, als das Studiosystem noch existierte, gibt es Starporträts. 
  5. Original-Kinotrailer (1:55 min): Der Trailer ist im typischen Stil des Jahres 1941 gehalten, ein Aufruf zu Wachsamkeit, eine Vorbereitung auf den kommenden Krieg (der dann auch am 7.12.1941 ausbrach). 

Unterm Strich

„Saboteure“ zeigt, wie schon den englischen Filmen, den typischen Hitchcock-Touch: raffinierte Kameraeinstellungen, doppelbödige Dialoge und ein packendes Finale. Minuspunkte sind die Sprechblasen-Dialoge, die jede Hauptfigur von sich zu geben hat. Deshalb lobe ich mir die manchmal freimütiger formulierenden Nebenfiguren wie etwa der blinde Komponist oder „das lebende Skelett“ aus dem Wanderzirkus. Diese „common people“ sagen zuweilen Aussagekräftigeres als so mancher Hauptdarsteller, der nur eine Allegorie verkörpert. 

Der Film besteht aus vielen Kontrasten: Im Westen das weite Land der ehemaligen Frontier, im Osten die Zivilisation der reichen Städte. In der ärmlichen Berghütte wirkt daher Pat wie ein Fremdkörper, weil sie aus der großen Stadt stammt. Kane aus dem Westen und sie aus dem Osten sind dafür bestimmt, zueinander zu finden, aber nicht aus eigenem Antrieb, sondern durch die Dramaturgie. 

Kane und Pat – wenn sie zusammenkommen, ist das Land geeint. Und nur ein geeintes Land aus Gerechten und Aufrechten, so die Propaganda, kann den kommenden Krieg gewinnen. Leise wird Sozialkritik laut, als sich die Spitzen der New Yorker Gesellschaft, Mrs Sutton und Mr Tobin, als Saboteure und Kriegsgewinnler entpuppen. Opfer müssen auch sie bringen: Durch einen trick gelingt es Kane, Mrs Sutton um einen ihrer vielen Brillanten zu bringen – für angeblich wohltätige Zwecke. Wie man sieht, ist der Film von A-Z durchdacht. Studioboss David Selznick und Produzent Frank Lloyd dürften für einen guten Teil an der staatstragenden Endfassung verantwortlich gewesen sein.

Die Blu-ray

Die Silberscheibe, die Universal in der Hitchcock Collection am 27.9.2013 auf den Markt brachte, ist nur ein kleiner, aber nicht schlechter Teil eines großen Oeuvres. Das Bonusmaterial aus dem Jahr 2000 steht dem zu den großen Meisterwerken wie „Vertigo“ nur wenig nach, was den Umfang betrifft. Was die Qualität und Tiefe anbelangt, so können die Meisterwerke natürlich wesentlich größere Dokumentation plus einen Audiokommentar vorweisen – verdientermaßen. Aber „Saboteure“ erfährt durchaus eine gerechte Behandlung, mit einem exzellenten Bild etwa. 

Mima2016: 3 out of 5 stars (3 / 5)

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