Die Frau eines Adligen, der durch eine Kriegswunde zeugungsfähig ist, lässt sich mit einem strammen Wildhüter ein, der es schafft, dass sie sich in ihn verliebt und ihren gefühlskalten Mann verlässt. Was ist nur aus den braven viktorianischen Heimchen am Herd geworden? Constance (die ‚Beständige‘) ist eine moderne Rebellin. Natürlich wurde das Buch sofort bei seinem Erscheinen 1928 verboten. 

Regisseur Jaeckin setzte mit diesem Streifen seine erfolgreiche Reihe des Weichzeichnersex fort, die er 1973 mit „Emmanuelle“ begonnen und 1975 mit „Die Geschichte der O“ und „Madame Claude und ihre Gazellen“ (1976) fortgesetzt hatte. Stets stand ihm die Weichzeichneroptik der Kamera von Robert Fraisse hilfreich zur Seite. Denn Zweck der Filme war nicht, harten ungeschönten Sex zu zeigen, sondern Literatur-„Verfilmungen“ auf Softsex-Niveau anzubieten – quasi: Porno mit kulturellem Anspruch als Deckmäntelchen. Daher erfolgte oftmals die Freigabe ab 16 Jahren. Und das Ergebnis ist durchaus schön anzusehen.

Filminfos

  • O-Titel: Lady Chatterley’s Lover (GB/F, 1981), DVD: 01/2003
  • FSK: ab 16
  • Länge: ca. 90 Min.
  • Regisseur: Just Jaeckin
  • Drehbuch: Christopher Wicking, Just Jaeckin, Marc Behm (nach dem gleichnamigen Roman von D.H. Lawrence (1928))
  • Musik: Stanley Myers & Richard Harvey
  • Darsteller: 
    • Sylvia Kristel: Lady Constance Chatterley
    • Shane Briant: Lord Clifford Chatterley
    • Nicholas Clay: Wildhüter Oliver Mellors
    • Ann Mitchell: Mrs. Ivy Bolton
    • u.a.

Handlung

Es ist das Ende des Edwardianischen Zeitalters, aber keiner weiß es. Lord Chatterley (Briant) hat soeben die schöne, doch keineswegs jungfräuliche Constance (Kristel) geheiratet, angeblich „die Tochter eines Künstlers“, wie man tuschelt. Man empfindet sie offenbar als nicht seinem Stand gemäß. Doch er hat selbst Ambitionen hinsichtlich der Malerei, wie sich später erweist. Voll Energie stürzt er sich in eine Fuchsjagd ebenso wie in den Weltkrieg, der im September 1914 ausbricht. 

Als Clifford querschnittsgelähmt und nervenkrank zurückkehrt, ist Constance noch kinderlos und wie es aussieht, wie sie es vorerst noch bleiben: Cliff ist zeugungsunfähig und künstliche Befruchtung noch nicht erfunden. Dennoch beginnt Connie sich, angeregt von Erzählungen einer ältlichen Adligen, Sorgen über das Altern zu machen. Sie träumt vom Urbild ungebändigter sexueller Energie: einem weißen ungezähmten Hengst. Zum Glück gibt ihr der vernünftige Gatte carte blanche, sich einen geeigneten Geliebten zu nehmen, um so zu einem Kind zu kommen, also einem Erben. Allerdings muss Connie da in ihrer Naivität als Nicht-Adlige etwas missverstanden haben. Cliff erwartet, dass sie einen Adligen als Galan nimmt. Es kommt ganz anders, und damit beginnt das Unglück.

Da Cliffs neue Pflegerin, Mrs. Bolton (Mitchell), ihr empfohlen hat, möglichst viel an die frische Luft zu gehen, begegnet Connie auf ihren Spaziergängen auf den weitläufigen Ländereien von Wragby Hall dem Wildhüter Oliver Mellors (Clay), und zwar ausgerechnet in einem Augenblick, als der sich an einem Eimer Wasser völlig entkleidet vor seiner Hütte wäscht. Offenbar hat Connie so etwas Schönes noch nie in ihrem Leben gesehen und atemlos beobachtet sie Mellors aus einem Versteck heraus. Die Entdeckung verändert Connie, und wir sehen sie erstmals nackt vor dem Spiegel stehen (nach immerhin 26 Minuten).

Doch Mellors behandelt Constance zunächst abweisend, weil er sie für eine hochnäsige Adlige hält. Währenddessen findet Mrs. Bolton zunehmend persönlicheren Zugang zu Sir Clifford, dessen Fähigkeit zu normaler Bewegung sie trainiert und mit dem sie Schach spielt. Die Frage stellt sich Connie, was wohl passieren würde, wenn sie von Mellors ein Kind bekäme. Sie zählt auf das Verständnis ihrer Gatten. Schließlich hat sie ja seine Erlaubnis, nicht wahr?

Nachdem sich Mellors für seine Grobheit entschuldigt hat, finden die beiden zueinander. Beim Kontrollieren der Fasanenbrut, die sie auf Cliffords Geheiß vornimmt, kommt es zu einem ersten hitzigen Liebesakt zwischen Connie und Mellors. Das zweite Stelldichein ist da schon wesentlich romantischer, und das Paar findet Glück und Wonne im Stroh. Aus diesen intimen Begegnungen erwächst nicht platte Geilheit, sondern echte Liebe. Nach einer Weile erbittet Mellors von ihr eine ganze Nacht mit ihm, und sie sagt zu: Sie binden sich aneinander.

Unterdessen beschließt der auf Gelderwerb bedachte Sir Clifford, seine Mine in den englischen Midlands wieder zu eröffnen und macht umsichtige Pläne für Investitionen. In der folgenden Nacht feiern Connie und Mellors ihre Liebe und würden am liebsten heiraten. Das er sie mit Blumen schmückt wie eine Maikönigin, ist ein Ehegelöbnis wie aus heidnischen Zeiten. Mellors war selbst einmal verheiratet, aber er schickte die Frau weg, weil sie immer nur Sex wollte. Mit Connie hat er weit mehr als „die Fickerei“, wie er sich ungeschminkt ausdrückt: eine Vereinigung der Seelen.

Doch Connies Fernbleiben von ihrem (separaten) Bett während dieser Nacht wird von Clifford, der seine trainierten Muskeln aufs Äußerste fordert, entdeckt und führt zu üblen Folgen. Diese beiden Szenen sind kontrapunktisch gegeneinandergesetzt. Anscheinend leben Connie und Mellors in ihrer privaten Traumwelt. Connie tanzt sogar im Morgenregen und feiert ihre neu gefundene sexuelle Freiheit und Realität. Sie ruft: „Alles ist echt!“

Clifford reagiert menschenverachtend und ungerecht: nämlich mit Mellors‘ Entlassung und indem er Constance, sein „untreues“ Weib, nach Frankreich zu ihrer Schwester schickt. Connie zerreißt alle seine Briefe und entdeckt, dass sie schwanger ist. Sie kehrt zu Mellors zurück, der sich inzwischen in Cliffords Mine seinen Lebensunterhalt erarbeiten muss. Wie ein Tier muss er im Untergrund schuft und entsprechend entmenscht sieht er mit all dem Kohlestaub aus, als er wieder ans Tageslicht kommt. Er spare für die Überfahrt nach Kanada, erzählt er ihr. Sie erzählt ihm von ihrer Schwangerschaft und verspricht, mit ihm zu gehen. Inzwischen hat die stille, intrigante Mrs. Bolton Connie vollständig ersetzt. Vielleicht bleibt Clifford doch nicht der letzte der Chatterleys.

Unterschiede zur literarischen Vorlage

Es gibt zwei Fassungen des Romans von D.H. Lawrence, die sich v.a. durch ihren abweichenden Schluss unterscheiden. Beide wurde von der Zensur 1928 auf den Index gesetzt, und erst 1960 konnte die erste vollständige Ausgabe auch in England erscheinen. Das Gericht warf dem Buch Obszönität und Immoralität vor. Dabei ist Lawrence jedoch einer der moralischsten Schriftsteller, die es gibt; vielfach wurde bereits seine oberlehrerhafte Neigung zur Belehrung beklagt. 

Es gibt in den zwei Fassungen keine „obszönen“ beziehungsweise pronografischen Beschreibungen, denn der geschlechtliche Akt ist kein Selbstzweck, sondern stets Ausdruck innerer Zärtlichkeit und Verbundenheit. Die Sprache weigert sich, auf scheinheilige Weise die Lüsternheit eines Publikums zu bedienen. Lawrence schreibt vielmehr ehrlich und genau, benutzt daher also auch die Ausdrücke, die ein Mann des Volkes wie Mellors benutzen würde, und dazu gehört eben auch „ficken“. Im Film ist dies der einzige Ausdruck, der so ehrlich gebraucht wird. Das spricht nicht gerade für das Drehbuch.

Für den Schluss hat sich Just Jaeckin ebenso wie später Ken Russell die Version „John Thomas & Lady Jane“ gewählt: Mellors und Connie verlassen die englischen Zustände und fahren nach Kanada. Die beiden Namen haben sich Connie und Mellors selbst gewählt. ‚John Thomas‘ ist im Englischen traditionell eine Umschreibung für den Penis, so wie im Deutschen der Name ‚Johannes‘. Dem entsprechend ist ‚Lady Jane‘ ein sehr hübscher Name für den damit bezeichneten Körperteil.)

Mein Eindruck: der Film

Im Gegensatz zu der moralischen Ehrlichkeit und gesellschaftlichen Relevanz der Vorlage kann sich der Film Just Jaeckins nicht entscheiden, ob er nun lieber ein Gesellschaftsdrama oder eine erotische Entwicklungsgeschichte erzählen will. Daher wird beides in die zur Verfügung stehenden 90 Minuten gepackt. Leider ist die Folge, dass sowohl das eine wie auch das andere zu kurz kommt. Immerhin wird einerseits klar, dass Connie auf unerlaubte und nicht ungestrafte Weise die Schranken ihrer Klasse überschreitet. Sie entspricht nicht mehr viktorianischen Ideal einer Frau, die sich bescheidet und demütig gehorcht, um sich im Dienst des Gatten aufzuopfern. Wozu auch? Er kann ihr keine Kinder machen.

Was sie statt dessen findet, ist eine zärtliche und innige Beziehung zu einem schönen Mann, selbst wenn dieser angeblich weit unter ihr steht. Mellors ist weder ein Dummkopf oder Rüpel, noch ungebildet. Er weiß gut mit Worten umzugehen und sagt „ihrer Ladyschaft“ immer genau die richtigen Worte (außer am Anfang). Er zwingt sie folgerichtig, sich mehrmals zu ihrer Liebe zu ihm zu bekennen und nichts unter den Teppich zu kehren. Auch er zahlt einen Preis: Zunächst muss er sich von Sir Clifford demütigen lassen, indem er (zusammen mit Connie) dessen Motorwagen aus dem Schlamm schiebt, schließlich wird sogar entlassen und muss in Sir Clifford Kohleschacht seine Gesundheit ruinieren.

Die Darsteller

Diese gesellschaftliche Ebene weicht allerdings zunehmend hinter den schwülstigen Bildern zurück, die Just Jaeckins Weichzeichneroptik für die Sexszenen zwischen Sylvia Kristel und Nicholas Clay findet. Kristels Körper mag ja sehr ansehnlich sein, doch ihr Gesichstausdruck kennt nur zwei Formen: Lippen zu, Lippen geöffnet. Ansonsten ist sie lediglich große Augen, wallendes Haar und weibliche Rundungen. Sie ist die denkbar größte Fehlbesetzung für die Figur der Connie. 

Anders hingegen Nicholas Clay: Ihm steht mimisch ein größeres Repertoire zur Verfügung, darf es aber in den Sexszenen kaum je ausspielen. Einzige Ausnahme: die Blumenszene in der „heidnischen Hochzeit“. Er erzählt von seiner Vergangenheit und spinnt sich mit Connie eine gemeinsame Zukunft.

Diesen beiden lebhaften Liebenden steht die kalte, steinerne, vernünftige Marmorwelt von Wragby Hall gegenüber: Sir Clifford und Mrs. Bolton. So wie es im Schach um Sieg oder Niederlage und dazu dienliche Schachzüge geht, so manipulieren diese beiden ihre Umwelt nach Gutdünken und aus egoistischen Motiven. Clifford ist zu Connie ungerecht und verachtend. (Im Buch ist er ob ihrer Beziehung zu einem Domestiken absolut angeekelt und hasst sie dafür, aber habe sie ihn beschmutzt.)

Vermutlich wollte Jaeckin die Rebellion einer schönen Frau erzählen, für die Sex sowohl frauliche Erfüllung als auch lebensspendende Energiequelle darstellt. Doch aus der Rebellion wird ganz schnell eine Verstoßung aus dem Paradies der materiellen Annehmlichkeiten. Bis auf die „Hochzeits-„Szene bleibt es bei einer Art Peepshow, in der vor allem Kristels seidene Garderobe zu bewundern ist. Und ob der Blümchen-Sex der „Hochzeits“-Szene so anregend ist, darf ebenfalls bezweifelt werden. Man fühlt sich hinterher wie aus einem lauwarmen Bad kommend. Daher ist die FSK-Freigabe ab 16 Jahren voll gerechtfertigt.

Die erotischen „Schauwerte“

Erst nach geschlagenen 26 Minuten dürfen wir Sylvia Kristel holländischen Astralkörper bewundern. Nach weiteren 25 Minuten sind zwar die Frauen beim Anblick von Nicholas Clay auf ihre Kosten gekommen, doch der erste Sex scheint das Entfernen von Kleidungsstücken in strategisch erforderlichen Stellen nicht nötig zu machen.  

Das bessert sich so nach und nach, so als ob es darum ginge, die Schauwerte der Kristel nur häppchenweise unters Volk bzw. an den Mann zu bringen. Der Höhepunkt ist eindeutig die ausgedehnte Szene in Mellors gemütlicher Hütte, wo Kristel und Clay wie unschuldige Kinder mit Blümchen Zärtlichkeit andeuten, bevor sie zur Sache kommen. Sie fallen also keineswegs voll hirnloser Geilheit übereinander her. Wenn Kristel danach hüllenlos im Regen tanzt, so erhaschen wir keinen näheren Blick auf ihre Schönheit, und eine heiße Sexszene im Regen wie in Kim Basingers „9 1/2 Wochen“ folgt ebenfalls nicht. Der Rest des Films zieht sich einfach endlos hin, denn er hat offenbar bereits sein Pulver verschossen.

Die DVD

Technische Infos

  • Bildformate: 16:9
  • Tonformate: DD 2.0
  • Sprachen: GB, D, I
  • Untertitel: GB, D, I, Spanisch, NL
  • Extras:
    • Trailershow: 
      • Das Ende einer Affäre (mit Julianne Moore, Ralph Fiennes und Stephen Rea, von Neil Jordan)
      • Ich träumte von Afrika (mit Kim Basinger und Vincent Perez)
      • Johanna von Orleans/Joan of Arc (von Luc Besson; mit Milla Jovovich, J. Malkovich, V. Cassel, Dustin Hoffman)

Mein Eindruck: die DVD

Weder Sound noch Bild entsprechen heutigen Standards, sondern sind auf dem Stand von 1981 verblieben. Hier würde eine Restauration Wunder wirken.

Die drei Trailer zeigen zwar interessante Charakterdramen, wovon sich aber zwei als Flops erweisen: „Das Ende einer Affäre“ und „Ich träumte von Afrika“. Luc Bessons „Joan of Arc“ wird selten im Fernsehen gezeigt. Die Auswahl solcher Filme belegt, wo Sony gerne sein Zielpublikum für „Lady Chatterley“ sähe, nämlich bei der erwachsenen Generation der Enddreißiger bis Mittvierziger, die Charakterdramen goutieren können. Schmeichelt sich Sony damit selbst oder dem Film „Lady Chatterley“?

Unterm Strich

Zwar ist die Fernsehfassung gegenüber der Fassung auf dieser Silberscheibe gekürzt worden, doch soll nicht zur Annahme verleiten, dass diese DVD-Fassung deshalb irgendwie „heißer“ sein muss. Sie ist noch wesentlich lahmer als die später von Kinorebell Ken Russell inszenierte Fassung, in der kein anderer als Film-„Boromir“ Sean Bean und Natasha Richardson das zentrale Liebespaar abgeben. (Auch sie fahren am Schluss nach Kanada.) In dieser Fassung findet richtig scharfer Sex statt, was man vielleicht als Ehrlichkeit begrüßen mag, was aber einen auf die Dauer in seiner Geistlosigkeit weitaus mehr anödet als Jaeckins Fassung in ihrer Zimperlichkeit und Verspieltheit.

Erotische Klassiker, die rund 30 Jahre lang verboten waren, sind also so oder so schwierig auf die Leinwand zu bringen, je nachdem, welche Generation sie erfreuen wollen. „Lady Chatterleys Liebhaber“ von Jaeckin ist zwar schön anzusehen, aber auch wieder langweilig durch seine Unentschiedenheit. Am besten, man lehnt sich zurück und genießt den gemächlichen Ablauf der Geschehnisse. Für ein einmaliges Ansehen sind genügend Schauwerte vorhanden, die sicher keinen Anstoß erregen.

Das Bonusmaterial enthält lediglich Programmhinweise in Form von Trailern. Es handelt sich also nicht um echte Extras. Daher kann man sich den Film ebenso gut auf VHS ansehen.

Ein Gedanke zu „Schöner Softsex mit Kulturanspruch“

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