Als polnische Krankenschwestern in Schweden einer Reihe brutaler Morde zum Opfer fallen, sieht die Reichskripo die Gelegenheit, die A-Gruppe nach zwei Jahren zu reaktivieren. Kerstin Holm, ein früheres Mitglied der Gruppe, wird zur Leiterin ernannt. Die offizielle Rolle der A-Gruppe bei der Polizei ist die Aufklärung komplexer, gewalttätiger Verbrechen mit Verbindungen ins Ausland.

Kerstin baut ihr Team mit den früheren Mitgliedern Nyberg, Chavez, Svenhagen und Söderstedt wieder auf, doch ihr wird auch – ein wenig gegen ihren Willen – eine neue Rekrutin zugeteilt: Ida Jankowicz, eine drahtige und doch kräftige Jungpolizistin mit außerordentlicher Sprachbegabung. (gekürzte Verleihinfo)

Fall: Opferzahl

Die A-gruppe, die Spezialeinheit um Kerstin Holm, hat wieder alle Hände voll zu tun, denn brutale Verbrechen lassen ganz Schweden den Atem stocken. In „Opferzahl“ verursacht die heftige Explosion einer Stockholmer U-Bahn in den Tunneln einen gewaltigen Schaden – und führt zum Tod fast eines Dutzends Passagiere. Ein bekenner-Anruf der „heiligen Reiter von Siffin“ lässt zunächst hoffen, die Täter zeitig festsetzen zu können. Doch schon bald muss die A-Gruppe feststellen, dass die Schreckenstat erst der Anfang war. Es entspinnt sich eine nervenaufreibende Hetzjagd, bei der politischer Extremismus von hass und Tod begleitet wird.“ (erweiterte ZDF-Information)

Fall: Bußestunde

Nachdem eine halbnackte Frau, von schweren Misshandlungen gezeichnet, durch das weihnachtliche Stockholm gestolpert ist, wird die A-Gruppe in „Bußestunde“ auf den international operierenden Drogenschmugglerring „Maximus“ angesetzt. Die Ermittlungen führen zu bizarren Entdeckungen: mehrere verprügelte und ermordete Frauen, die allesamt mit einem weißen Kissenbezug über dem Kopf aufgefunden wurden. Doch sind der oder die Serienmörder wirklich in den Reihen von „Maximus“ zu finden? (korrigierte ZDF-Info)

Filminfos

O-Titel: Arne Dahl vol. 4 (Schweden / Deutschland 2017)
Dt. Vertrieb: Edel Germany
VÖ: 1.12.2017
EAN: 4029759-118893
FSK: ab 16
Länge: ca. 240 Min. + 25 Min. Bonus
Regisseur: Lisa Farzaneh, Pontus Klänge
Drehbuch: Peter Emanuel Falck, Fredrik Agetoft
Musik: Niko Röhlcke
Darsteller: Malin Arvidsson, Shanti Roney (Hjelm), Alexander Salzberger, Vera Vitali, Magnus Samuelsson, Claes Hartelius u.a.

Die EPISODEN

Jede Folge ist etwa 90 Minuten lang.

Handlung von „Opferzahl“

Ein Bombenanschlag auf die U-Bahn von Stockholm mitten in der Nacht fordert neun Opfer – und das Leben des mutmaßlichen Selbstmordattentäters. Die Stadt steht erst einmal unter Schock, doch dann scharen sich die Sicherheitsdienste zusammen und beauftragen die A-Gruppe, die Abteilung für Verbrechen internationalen Charakters beim Reichskriminalamt mit der Ermittlung, die von Tillberg, dem Leiter der nationalen Sicherheitspolizei, der Säpo, geleitet wird, obwohl eigentlich Kommissar Frank der A-Gruppe vorsteht.

Kerstin Holm muss sich noch vom Tod ihres Freundes Ake Bengtsson erholen, bevor sie sich mit dem Rest der A-Gruppe zusammentun kann. Lauter bekannte Gesichter, das beruhigt die Nerven. Ihr Vorgesetzter Frank beauftragt das Team herauszufinden, woher der oder die Täter kamen, sie und ihr Motiv zu finden. Dies alles natürlich möglichst transparent: Alle Ergebnisse sind ins Intranet der Sicherheitsbehörden einzuspeisen. Transparenz und Kooperation sind das Gebot der Stunde.

Deshalb erhält die A-Gruppe über das Intranet Zugriff auf den Mitschnitt eines Bekenneranrufs, der mehr als sechs Stunden nach dem Anschlag bei einer kleinen Polizeistation irgendwo in den Vororten Stockholms einging. Schon diesen Umstand findet Kerstin Holm bereits seltsam, noch merkwürdiger ist der Name der Organisation, in deren Namen der Anrufer sich zum Anschlag bekennt: „Die heiligen Reiter von Siffin“. Neben den üblichen Beleidigungen von westlichen Frauen als Huren usw. sagt der Mann noch einige weitere Sätze, die wenig Sinn ergeben.

Siffin, so lässt sich ruckzuck herausfinden, war im Jahr 657 eine der Schlachten zwischen Sunniten und Schiiten, in denen um die künftige Richtung des Islam ging. Auch sie brachte keine Entscheidung, und so ist das Schisma bis heute erhalten geblieben. Über tausend Jahre lang. Der Haken an diesem Verweis: Kein Terrorismusexperte hat laut Säpo je von dieser Organisation gehört, die sich auf Siffin beruft. Wie echt kann der Anruf also sein, fragt sich Kerstin Holm.

Die Anordnung der Leichen in dem gesprengten U-Bahnwaggon erscheint indes Arto Söderstedt keineswegs zufällig. Fast alle Toten befanden sich am hinteren Endes des explodierten Waggons C, bis auf eine Frau, die anscheinend dort die Tür blockierte. Eine zweite Frau, die Fahrgästen als „Verrückte“ erschien, blockierte die nächste Tür, so dass eine spät kommende junge Frau bis zum vorderen Waggonende eilen musste, um noch einen Sitz zu ergattern.

Was sollten diese „Wächterinnen“ mit den Männern tun, fragen sich Arto Söderstedt und Jorge Chavez. Und warum waren diese Männer nachts um halb eins von ihren Wohnungen aufgebrochen, um quer durch die Stadt zu einem unbekannten Ort zu fahren? Was hatten sie im Sinn? Als Jorge Chavez auf seinem Computer Zeuge wird, wie eine der Leichen – Person 2 – vor seinen Augen aus dem Protokoll der Gerichtsmediziner gelöscht wird, ahnen er und Arto, dass in ihrem eigenen System der Wurm drin ist…

Unterdessen

Paul Hjelm, der mal der Partner von Kerstin Holm (sowohl privat als auch in der A-Gruppe) war, leitet jetzt die Abteilung für Innere Ermittlungen, quasi die Dienstaufsicht. Eine männliche Reinigungskraft, die ihn als Informant kontaktiert, hat in der fraglichen Nacht vor dem Eingang zur U-Bahn-Station, in der die Explosion der Bombe stattfand, eine bemerkenswerte Beobachtung gemacht. Ein Mann wollte gerade in die Station hinuntergehen, drehte aber sofort nach der Explosion wieder um. „Es war ein Polizist“, ist Arvid überzeugt.

Mit ein paar genialen Verhörtricks und gründlichem Stöbern im EDV-Archiv gelingt es Paul, die Identität dieses Polizisten, den Arvid schon mal gesehen hatte, herauszufinden. Bei dem Gesicht auf dem Polizeivideo wird ihm ganz mulmig zumute…

Mein Eindruck

Das Thema von Dahls Thriller über die A-Gruppe ist Schrecken. „Terror“ ist heute die geläufigere, aber leider auch inflationär und manipulierend verwendete Bezeichnung. Dass Terror ein Werkzeug ist, das unversehens außer Kontrolle geraten kann, ist zwar eine Binsenwahrheit, verdient aber in den Augen des Autors offensichtlich ständige Verdeutlichung und Betonung.

Bekenner

Es gibt eine ganze Reihe von Erzeugern dieses Terrors in dem Szenario, das aufgezeigt wird. Da sind zunächst die „Heiligen Reiter von Siffin“. Sie sind tatsächliche Amateure, erfährt die A-Gruppe von der Säpo, dem schwedischen Verfassungsschutz. Dummerweise haben sich die Amateure, die sich zu dem „Anschlag“ bekennen, einen Namen herausgesucht, den bereits eine andere, weitaus gefährlichere Gruppe für sich beansprucht – und die keinerlei unerwünschte Reklame möchte.

Feminismus

Aber wer hat die Bombe, die den Waggon zerfetzte, ausgelöst, wenn es nicht die Amateure aus der Vorstadt waren? Die zweite Spur führt deshalb zu den „Wächterinnen“, die sexgeile Mittvierziger auf einen U-Bahntrip eingeladen haben. Doch auch diese selbsternannten Hasserinnen von „Schwanzfechtern“ verfügen über keine Bomben. Und unter den Sexgeilen, die sie einluden, hat bestimmt keiner eine Bombe mitgebracht. Wirklich? Die Säpo weiß da etwas ganz anderes.

Denn die Säpo, die auch die „Person 2“ aus dem Intranet verschwinden lässt, kocht ihr eigenes Süppchen. Sie schützt die schwedische Syrienbeauftragte Anna, die am nächsten tag einen Friedensvertrag zu Syrien unterzeichnen will. Doch dagegen hat jemand etwas. Sie gerät ins Visier jenes Scharfschützen, die auf die Siffin-Amateure auf dem Gewissen hat. Diese Spannung hält bis zum Schluss an.

Gratwanderung

Arne Dahl hinterfragt die Rolle der Säpo. Säpo-Mann Göran Tillberg deckt seinen eigenen Sohn und wurde am Eingang zur U-Bahnstation von Arvid gesehen. Die Säpo wandelt, ähnlich deutschen Verfassungsschutz, einen schmalen Grat, indem sie Terror in Kauf nimmt und V-Leute in die Szene einschleust. Wie man in der folgenden Episode sieht, ist sie sogar noch zu viel mehr in der Lage.

Handlung von „Bußestunde“

Beim Shoppen in der Weihnachtszeit entdecken Nyberg und Ida von der A-Gruppe, wie eine halbnackte Frau über die Straße stolpert. Sie ist mit den Resten von Klebeband gefesselt, das mit dem Namen eines Fitness-Studio bedruckt ist, das in der Nähe liegt. Dort stoßen die beiden Cops nicht nur auf die blutige Stätte der Folterung der Frau, sondern auf kistenweise gelagerte Steroide und Anabolika im Wert von zig Millionen schwedischen Kronen.

Kommissar Frank, der logistische Leiter der A-Gruppe, hält Kerstin Holm von der Frau fern und setzt sie auf die Drogenmafia namens „Maximus“ an, die von einem Mann namens Carrera geführt wird. In deren Hauptquartier entdeckt das Team nur eine zugedröhnte Frau namens Mikaela, die geliebte des Bosses, doch ein Mann kann wegen Kerstins Unaufmerksamkeit entkommen – und wird vor dem haus von einem Killer erschossen. Carrera hinterlässt zwei Söhne. Sebastian ist introvertiert, Max extrovertiert. Max taucht unter.

Unterdessen hat sich Paul Hjelm von seinem Freund, dem „internationalen Berater“ Tore Svensson, der wie Paul ein Fan von James Bond ist. Er hat schon viel für den Geheimdienst und Verfassungsschutz Säpo erledigt, nun freut sich Tore auf einen Angelurlaub. Doch der Wohnwagen am See geht explosionsartig in Flammen auf, und als Paul dort die Trümmer untersucht, pfeift ihn Helena Runstedt von der Säpo zurück. Er entdeckt trotzdem einen wichtigen Hinweis, und dieser führt ihn zu einem USB-Stick, auf dem Tore die brisante Personalakte eines sehr speziellen Säpo-Agenten versteckt hat. Wieder geht ein Killer um, und allmählich bekommt Paul Angst. Er kopiert die Akte an Chavez, der sie analysiert – ihm gehen die Augen über: Das ist ja unser Killer!

Wenig später bekommt Paul den Auftrag von Kommissar Frank, der Anzeige gegen Kerstin Holm wegen Pflichtverletzung im Dienst nachzugehen. Alles halb so wild, denkt Paul, doch er hat die Rechnung ohne Helena Runstedt gemacht…

Mein Eindruck

Die Serie der ermordeten und gefolterten Frauen scheint rein gar nichts mit der Säpo-geschichte zu tun zu haben. Aber gewiefte Dahl-Kenner wissen, dass der Kultautor immer so arbeitet: Er bringt die unwahrscheinlichsten Szenarien so zusammen, dass sie am Schluss völlig logisch erscheinen. Immerhin führt dieser Plot-Ansatz dazu, dass diese Folge sehr viel Abwechslung aufweist. An einer Stelle begreifen Arto und Nyberg, dass das nächste Opfer in einem noblen Hotel arbeitet und wahrscheinlich das geringste ahnt, dass es ins Visier eines eiskalten Killers geraten ist. Eine echte Hetzjagd entspinnt sich – nicht die erste und nicht die letzte.

Eine weitere fesselnde Szene entspinnt sich, als ein junger Mann, der die Frauen von der Schule kannte, sich das Leben nehmen will, indem er aus dem Fenster eines Hochhauses springt. In letzter Sekunde kann Nyberg mit seinen Bärenkräften den Absturz verhindern, und der Junge erweist sich als wahrer Informationspringbrunnen. Indem sie seinen Hinweisen folgen, stößt die A-Gruppe nicht nur Hjelms eigene Säpo-Ermittlung, sondern auch auf den Serienkiller – ein extrem packender Showdown folgt.

Die DVD

Technische Infos

Bildformate: 1,78:1 (16:9)
Tonformate: D in DD 5.1, Schwedisch in DD 5.1
Sprachen: D, Schwedisch
Untertitel: keine
Extras: Trailershow, Interview mit Dahl, 15 Fragen an Dahl

Mein Eindruck: die DVD

Da die Dreharbeiten heutzutage alle digital aufgenommen werden, ist das Bild der DVD fast so gestochen scharf wie das einer Blu-ray. Der Sound, der im Format DD 5.1 vorliegt, hat das Klangniveau eines heutigen Standardfernsehers, klingt also annehmbar. Nur die Blu-ray bietet natürlich DTS-Sound.

Allerdings hat mir die Abmischung des Tons nicht zugesagt: Die Hintergrundgeräusche und die Musik drohen die Dialoge, die ja am wichtigsten sind, zu überdecken. Man muss die Lautstärke aufdrehen, um das gesprochene Wort zu verstehen, und gleich wieder runterregeln, um nicht von der basslastigen Musik betäubt zu werden. Hier hat die Tonregie Mist gebaut.

Das Malheur wäre zu ertragen, wenn es deutsche Untertitel gäbe, die den Dialog übermitteln würden. Aber auch diese glänzen durch Abwesenheit.

EXTRAS

  1. Interview mit Arne Dahl (20:02 min): 

Es ist sehr ungewöhnlich und höchst willkommen, dass der Bestsellerautor Arne Dahl (das ist sein Pseudonym) in deutscher Sprache antwortet. Er gibt zu persönlichen Vorlieben und Vorbildern Auskunft. Mit Interesse verfolgte ich, welche DEUTSCHEN Krimi-Autoren er gelesen hat, so etwa Friedrich Ani, Jan Kristin Wagner und Nele Neuhaus. Außerdem äußert er sich zum Phänomen des Schweden-Thrillers und dessen Verfilmungen, nicht zuletzt im Auftrag des ZDF. Orientiert an Bibel und Shakespeare, ist ihm Gewaltdarstellung kein Selbstzweck, sondern ein Mittel, um durch Lebensgefahr höchste Spannung und Aufmerksamkeit, ja, auch Empathie im Leser zu wecken.
  2. 15 Fragen an Arne Dahl (4:56 min): 

Die 15 Fragen sind alles Gegensatzpaare, so etwa „Meer oder Berge?“, „Stadt oder Land?“, „Realität oder Fiktion?“ und schließlich „Stones oder Beatles?“. Das entstehende Psychogramm ist ebenso aufschlussreich wie das Interview, fand ich.
  3. Trailershow

:

Unterm Strich

Die Handlungen der TV-Fassungen haben mit dem jeweiligen Original nur noch rudimentär etwas zu tun. Wer Komplexität, Bildung und vor allem Intelligenz sucht, der sollte sich an die Romane halten. Alles, aber auch wirklich alles wurde auf TV-Niveau heruntergezogen und so zurechtgebogen, dass sich männliche wie auch weibliche Zuschauergruppen angesprochen fühlen. Die Opfer sind alle weiblich: die Krankenschwestern, Kerstin Holm in der Rolle als Mutter und Ermittler zerrissen – erkennt man da kein Muster?

Die kritischen Aussagen des Autors bleiben entweder sehr kurz oder derart im Hintergrund, dass man von Andeutungen sprechen muss. Das finde ich sehr schade. Andererseits spielt die Inszenierung die Stärken eines Dramas aus: Der Zuschauer wird derart einbezogen, dass er sich mit den Opfern und Helden identifiziert, um so an deren Schicksal quasi teilzunehmen.

Action gibt es auch, und erfreut stellte ich fest, dass die Spannung, die durch mehrere Tötungen des Scharfschützen erzeugt wird, bis zum Schluss aufrechterhalten wird. Da gibt es wenig Leerlauf, und ruhigere Szenen sind Paul Hjelm überlassen, der durch seinen Darsteller Shanti Roney sehr ruhig und kompetent wirkt – ganz im Gegensatz zu Kerstin Holms Darstellerin.

Die DVD

Die Bildqualität ist in Ordnung, der Ton aber nicht, Hintergrundgeräusche und Musik überdecken die Dialoge, und da es nicht einmal Untertitel gibt, versteht der Zuschauer erst dann etwas, wenn er die Lautstärke richtig aufdreht – nur um dann vom Bass der Musik fast taub gedröhnt zu werden.

Bonusmaterial

Das Interview und die 15 Fragen machen den Zuschauer besser mit dem Autor bekannt. Ich fand diesen Bonus wertvoll, aber es fiel mir auch auf, dass Dahl nicht auf die großen Diskrepanzen zwischen seinen Vorlagen und der TV-Umsetzung eingeht. Auf dieser Strecke wurde massiv gekürzt, nicht zuletzt aus Zeit- und Kostengründen.

[Wertung]

Mima2016: 4 out of 5 stars (4 / 5)

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